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Die Herrin von Schlehdorn 

Roman von Leni Behrendt 

 

 

 

 

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Wohl selten hat ein Ort so viele Naturschönheiten 
aufzuweisen wie diese mittelgroße Provinzstadt. Vor ihren 

Toren erstreckt sich ein riesiger See, dessen bewaldete 
Inseln beliebte Ausflugsplätze sind, zu denen die 
erholungssuchenden Menschen auf Dampfern, Segel- oder 
Ruderbooten gelangen. Wenn man nun außerhalb der 
Stadt die Asphaltchaussee erreicht hat, kommt man nach 
drei Kilometern an eine Weggabelung. Links führt der Weg 
in den Stadtwald, rechts nach einem weiteren Kilometer zu 
einer Buchenallee, die nach dem Gut Schlehdorn führt, das 
man mit einem kleinen Paradies bezeichnen kann, so 
romantisch liegt es da. 
Sozusagen vor der Haustür flutet der See. Hinter dem Park, 
eine Sehenswürdigkeit für sich mit seinem alten 

Baumbestand, mit dem Weiher, auf dem Schwäne in 
majestätischer Ruhe dahinrudern, schließt sich der Wald 
an. An seinem Rande wuchern Schlehdornbüsche, denen 
das Gut seinen Namen verdankt. Auf der Wiese zwischen 
Park und Wald hüpft ein geschwätziges Bächlein seine 
unruhige Bahn dahin. 
Das Gehöft ist besonders gut eingebaut. Selbst auf dem 
großen Hof gibt es uralte Bäume und einen Teich, auf dem 
sich Gänse und Enten munter tummeln. Vor dem 
schloßartigen Wohnhaus breiten sich Anlagen mit üppigen 
Ziersträuchern, ein prächtiger Springbrunnen plätschert auf 
dem Rasenrund. Wahrlich glückliche Menschen, die ein so 

wundervolles Fleckchen Erde ihr eigen nennen dürfen! 
Und doch waren sie es nicht. Wenigstens Edgar Gerholt 
nicht, der vor einundzwanzig Jahren dort eingeheiratet 
hatte. Das taten vor dem ersten Weltkrieg so manche 
Offiziere, die nach einem flotten Leben in finanzielle 
Schwierigkeiten geraten waren. Also nicht lange gejammert, 
kurz entschlossen eine Gutstochter geheiratet, den 
geliebten bunten Rock ausgezogen und Landwirt gespielt. 
In manchen Fällen gereichte es den Herren zum Glück, in 
anderen zum Unglück, noch andere resignierten langsam. 
Zu diesen letzteren gehörte der Dragoneroberleutnant 

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Edgar Gerholt. Mit sechsundzwanzig Jahren hatte er sein 
Vermögen, das ihm sein Vater, ein höherer Militär, 

hinterlassen, verjuxt. Sein Gehalt reichte nicht aus, um ihm 
ein sorgloses Leben zu ermöglichen – also griff er zu, als 
Fräulein Kunigunde Ansleit ihm diskret zu verstehen gab, 
daß er sich um sie bewerben könne, ohne mit einem Korb 
von dannen ziehen zu müssen. Zwar war sie nicht schön, 
dazu fünf Jahre älter als er, wurde jedoch nach dem Tode 
der Eltern Alleinbesitzerin des herrlichen Gutes 
Schlehdorn. Das lockte. 
Der Mann ging mit den besten Vorsätzen in die Ehe, die 
ihm jedoch bald zerschlagen wurden, als die Gattin sich 
gleich nach den Flitterwochen als herrisch, kleinlich und 
beinahe boshaft entpuppte. Nach und nach kam der Mann 

zu der Erkenntnis, warum er geheiratet worden war. 
Wahrscheinlich hatte es Fräulein Kunigunde an Freiern 
gefehlt, die ihr zusagten. Außerdem fand der schneidige 
Oberleutnant Gnade vor ihren Augen. War er doch eine 
Persönlichkeit, mit der man prahlen konnte. 
Nach einem knappen Jahr wurde ein Töchterchen geboren, 
das die Mutter ganz in ihrem Sinne erzog. Kaum daß die 
Nase der kleinen Alheidis übern Tisch reichte, wurde ihr 
eingetrichtert, daß sie etwas Besonderes sei. Warum, ließ 
sich allerdings nicht ergründen. Weil sie ein bildhübsches 
Dirnlein war? Nun, davon gab es viele auf der Welt. Daß 
ihre Wiege in einem wohlhabenden oder gar reichen Hause 

stand? Auf einem solchen Fundament schaukelten noch 
andere. 
Die Mutter flößte Alheidis durch ihre ganze Art 
Bewunderung und Respekt ein, der Vater jedoch war etwas, 
auf das man ruhig herabschauen durfte. Sie mochte ihn 
ganz gern, weil er so gut aussah, viel besser als die Väter 
ihrer Freundinnen, aber das war auch alles. 
Es berührte sie wenig, als er in den Krieg zog und nach vier 
Jahren wiederkehrte. Sie hatte ja die Mutter, die ihr immer 
mehr zum Vorbild wurde. Von den darauffolgenden 
schweren Jahren merkte sie nichts, da sie ihr gewohntes 

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Leben fortsetzen konnte. 
Allerdings nicht das der früheren höheren Töchter. Denn 

als sie das Pensionat hinter sich hatte und somit ihre 
Erziehung beendet war, hielt die Mutter es für notwendig, 
die Töchter mit der Bewirtschaftung des Gutes vertraut zu 
machen, damit sie als ihre spätere Erbin es selbständig 
verwalten konnte. 
Für Kaffeekränzchen, gesellschaftlichen Sport, Flirt mit 
jungen Herren und dergleichen Dinge mehr, mit denen 
sich die meisten Töchter wohlhabender Eltern ihre 
nutzlosen Tage vertrieben, blieb Alheidis keine Zeit. Die 
Mutter nahm sie tüchtig heran, so daß die Landwirtschaft 
allmählich das A und O des blutjungen Mädchens wurde. 
So hatte Alheidis sich bereits gute landwirtschaftliche 

Kenntnisse erworben, als eine tückische Krankheit die 
Mutter in wenigen Tagen dahinraffte. Das war genau vor 
einem Jahr gewesen. 
Soeben kamen Vater und Tochter von dem Grab, auf das 
sie einen Kranz niedergelegt hatten, zurück. Es war so ein 
richtiges Novemberwetter, mit grauverhangenem Himmel, 
einem Gemisch von Schnee und Regen und einem Wind, 
der sozusagen bis auf die Knochen ging. Daher waren die 
beiden Menschen froh, als sie das Wohngemach erreicht 
hatten und sich am brennenden Kamin erwärmen 
konnten. 
»Das ist so recht abscheulich draußen«, sagte Edgar 

Gerholt, indem er eine Zigarre in Brand steckte. Er war 
immer noch ein interessanter Mann mit seinen 
siebenundvierzig Jahren. So ein Held mit angegrauten 
Schläfen, wie sie sogar jungen Mädchen noch gefährlich 
werden können. Aber nach einem solchen stand gewiß 
nicht des Mannes Sinn, sein Herz ging ganz andere Wege. 
Auf diesem befanden sich jetzt auch seine Gedanken. 
Keinen Blick hatte er für seine Tochter, die gleichfalls 
schweigend im Sessel lehnte. Ein junges Menschenkind, 
das die Natur gar reizvoll ausgestattet hatte. Über 
mittelgroß die Figur, dazu weich und biegsam wie eine 

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Gerte. Das Gesicht fein geschnitten, die Augen groß und 
blau, mit einem leuchtendgrünen Schimmer. Einzig schön 

war das mittelblonde Haar, das den Anschein erweckte, als 
wäre Goldstaub darübergestreut. Ungeachtet der 
modischen Pagen- und Wuschelköpfe trug Alheidis es glatt 
und über den Nacken fallend. Über Scheitel und 
Hinterkopf hinweg eine tiefe Welle, unten leicht geringelt, 
fiel diese gleißende Pracht so, wie die Natur sie diesem 
eigenartigen und sinnverwirrend schönen Menschenkind 
mitgegeben hatte. Das ganze Äußere des Mädchens war 
dazu angetan, Männerherzen zu betören, wonach ihm 
jedoch absolut nicht der Sinn stand. 
Äußerlich war Alheidis Gerholt ganz die Tochter ihres 
Vaters, während sie charakterlich der Mutter glich. 

Selbstherrlich und hochmütig, eigenwillig und 
unnachsichtig gegen die Fehler anderer. Kein gutes Erbteil, 
das sie da angetreten hatte. Und wenn sie auch einen Teil 
der guten Eigenschaften des Vaters mitbekommen haben 
sollte, so waren diese jedoch durch die falsche Erziehung so 
verschüttet, daß sie nicht durchzudringen vermochten. 
Als der Fernsprecher anschlug, verharrte Alheidis 
gleichgültig in ihrer Stellung, horchte aber auf, als der Vater 
sprach. Wie frohbewegt seine Stimme klang, wie warm sein 
Lachen. Es mußte wohl ein lieber Sprecher am anderen 
Ende sein, der ihn aus seiner sonstigen Reserve 
herauslockte. Er sagte nur einige Worte, und das »Auf 

Wiedersehen« berührte wie ein zärtliches Streicheln. 
»Mit wem sprachst du denn da?« fragte die Tochter 
verwundert, als er wieder Platz nahm. 
»Mit Frau Lyth.« 
»Wenn du doch endlich den Verkehr mit diesen Leuten 
lassen würdest«, entgegnete Alheidis verächtlich. »Seit drei 
Jahren bist du täglich mit ihnen zusammen. Du wirst dich 
nächstens bei der unmöglichen Familie, die tief unter uns 
steht, noch ganz einquartieren.« 
Nur mit Aufbietung aller Energie zwang sich der Mann zur 
Ruhe. Er mußte an sich halten, damit er der Tochter nicht 

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in das hochmütig lächelnde Gesicht schlug. Ein Entschluß 
stieg in ihm auf, den er gleich in Worte faßte: 

»Hast recht – «, sagte er gelassen. »Ich gedenke mich 
wirklich nächstens bei ›diesen Leuten und bei dieser 
unmöglichen Familie‹ ganz und gar einzuquartieren. Zwar 
widerstrebt es mir, dir das, was ich dir zu sagen habe, am 
Todestag deiner Mutter zu sagen, aber deine 
nichtachtenden Bemerkungen fordern mich direkt dazu 
heraus. Ich fühle mich nämlich noch nicht alt genug, um 
hier immer weiter zu resignieren, wie ich es einundzwanzig 
Jahre hindurch tat. Daher will ich noch ein Zipfelchen 
Glück erhaschen, worauf ja jeder Mensch ein Recht hat. 
Kurz und gut, ich möchte heiraten – und zwar die 
unmögliche Frau Lyth.« 

Mit einer ungestümen Bewegung fuhr das Mädchen hoch. 
»Das gestatte ich nicht, Papa -!« 
»Danach werde ich nun nicht gerade fragen«, entgegnete er 
mehr amüsiert als ärgerlich. »Wenn ich hier auch absolut 
nichts zu sagen habe, so bin ich dennoch freier Herr über 
meine Person – Gott sei Dank!« 
»Du hast aber Pflichten gegen deine Tochter.« 
»Ach, sieh mal an – «, er kniff die Augen zusammen und 
betrachtete sie angelegentlich. »Wer kein Recht hat, der hat 
auch keine Pflichten. Und ersteres hast du mir nie 
eingeräumt. Es ist schon eines Mannes unwürdig, sich von 
seiner Frau schurigeln zu lassen, aber von der Tochter, das 

dürfte an Demütigung grenzen.« 
»Dann wundere ich mich, daß du das Leben an Mutters 
Seite so lange ertragen hast«, lächelte sie verächtlich. 
Ein finsterer Zug trat in sein Gesicht. Verbissen antwortete 
er: 
»Ich mußte es, weil ich nach ihrer Ansicht ihr so viel Dank 
schuldete, den abzutragen, mein ganzes Leben nicht 
ausreichen würde. Das erklärte sie mir jedesmal mit 
hämischen Worten, wenn ich sie bat, uns in Güte zu 
trennen. Es kam dann zum erbitterten Streit, dem ich, wie 
ich ehrlich zugeben will, nicht gewachsen war. Langsam 

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resignierte ich, bis – ja, bis die Frau frei wurde, der auch 
heute noch mein ganzes Herz gehört.« 

»Interessant. Dein Herz ging also andere Wege – aber das 
Geld deiner Frau war dir gut genug.« 
»Erlaube mal!« fiel er ihr scharf ins Wort. »Du mit deinen 
zwanzig Jahren bist noch längst nicht reif genug, um eine 
so tiefgründige Angelegenheit richtig beurteilen zu können. 
Ich bin mit den besten Vorsätzen in die Ehe gegangen, 
habe deiner Mutter ehrliche Zuneigung entgegengebracht, 
die sie dann nach und nach in mir tötete. Denn sie – 
sowohl wie auch du – seid keine Frauen, mit denen ein 
Mann in Liebe und Eintracht leben kann. Solche Wesen 
lieben nämlich nur sich selbst. Und von dem Geld deiner 
Mutter hatte ich nicht sehr viel, weil sie mir ein Gehalt 

zahlte, wie es einem Inspektor zukommt. Nur daß ein 
solcher nicht der Sklave seiner Herrin ist, über den sie ganz 
nach Willkür herrschen kann.« 
»Warum ließest du dir das bieten?« 
»Weil ich Streitigkeiten wie die Sünde hasse. Und wie ich 
bereits vorhin erklärte, war ich deiner Mutter nicht 
gewachsen.« 
»Nicht sehr rühmlich für einen Mann«, zogen sich ihre 
Mundwinkel verächtlich nach unten. Doch ehe er etwas 
erwidern konnte, fragte sie: 
»Wann gedenkst du zu heiraten?« 
»Möglichst bald«, gab er wie widerwillig zurück. »Wir 

brauchen den äußeren Schein nun nicht länger zu wahren, 
da heute das Trauerjahr um meine verstorbene Frau um ist, 
und Frau Lyth schon seit zwei Jahren Witwe ist.« 
Alheidis fuhr auf, ihre Augen waren dunkel vor Zorn. Dann 
jedoch gab sie sich gelassen. 
»Schön«, näselte sie ziemlich hochmütig. »Ich werde dir 
das Geld auszahlen, das meine Mutter dir als Pflichterbteil 
hinterlassen hat. Damit dürfte dann alles geregelt sein, und 
wir haben nichts mehr miteinander zu schaffen.« 
In Edgar Gerholt kochte es. Aber noch immer beherrschte 
er sich. 

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»Man könnte das Geld«, sagte er leise, »auf Schlehdorn 
stehen lassen. Ich brauche es nicht so dringend. Für das 

Gut hingegen ist es notwendig.« 
»Nein«, sagte sie hart. »Du sollst haben, was dir zusteht. Ich 
arbeite nicht gern mit fremdem Geld.« 
Da erhob sich der Mann und ging ohne ein Wort zu sagen. 
Edgar Gerholt ritt nach dem Ort, wohin seine Sehnsucht 
ihn zog. Ein mittelgroßes Gut nur, doch tadellos gehalten, 
war sein Ziel. Das Haus, schlicht von innen und außen, 
konnte sich an dem Schlehdorner nicht messen, an trauter 
Behaglichkeit jedoch war es ihm über. Wie eine warme 
Welle überflutete es das Herz des Mannes, der wie ein 
müder Wanderer Schutz in den Mauern des Hauses suchte. 
»Was hat’s denn gegeben, Edgar?« fragte die Frau, über 

deren Hand er sich beugte, leise. »Du siehst so verbittert 
aus und zugleich gequält. Ist etwas mit deiner Tochter? « 
»O ja – «, lachte er hart auf, indem er sich in einen Sessel 
am Kamin sinken ließ. 
Da fragte sie nicht weiter, strich nur sacht über seine 
umwölkte Stirn und sorgte für Kaffee. Und als der Mann 
die erste Tasse geleert, dazu die appetitliche Schnitte, die 
ihm die Frau fürsorglich auf den Teller gelegt, gegessen 
hatte, wurde ihm wohler. 
Bei der Zigarre lachte er bereits wieder. Dann sprach er sich 
das Herz frei, worauf seine geduldige Zuhörerin dann 
traurig meinte: »Unter den Umständen müssen wir wohl 

von einer Heirat absehen…« 
»Ausgeschlossen!« unterbrach er sie entschieden. »Glaubst 
du etwa, ich ließe mir von so einem eigensinnigen Gör 
mein Glück zerstören?« 
»Es handelt sich um deine Tochter, Edgar.« 
»Aber um eine, die ihren Vater genauso schurigelt, wie ihre 
Mutter es tat. Wenn ich bei der schon einen Inspektor 
spielte, der überhaupt nichts zu melden hatte, so kann ich 
mir das von dem jungen Ding unmöglich bieten lassen. 
Dann würde ja das letzte bißchen Achtung, das ich noch 
vor mir habe, auch noch zum Kuckuck gehen. Das eine 

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Jahr habe ich aushalten müssen, aber jetzt ist endgültig 
Schluß. Mag sie allein auf ihrem Besitz herumwurschteln, 

sie wird schon noch durch Schaden klug werden. Wem 
nicht zu raten ist, dem ist auch nicht zu helfen und damit 
holla! Aber wenn du mich nicht haben willst…« 
»Edgar, ich bitte dich -!« hielt sie ihm flehend die Hände 
entgegen, die er einfing und nacheinander zärtlich küßte. 
»Na ja – «, brummte er verlegen. »Ist ja schon gut. Wo sind 
die Kinder?« 
»Die müssen jeden Augenblick erscheinen.« 
»Wie werden sie es auffassen, daß sie einen neuen Vater 
bekommen sollen?« 
»Freuen werden sie sich.« 
»Meinst du wirklich, Irene?« 

»Ganz bestimmt, Edgar. Du weißt doch, wie sehr sie an dir 
hängen. Da kommen sie übrigens, also können wir sie 
fragen.« 
Die Tür wurde schwungvoll geöffnet, und herein stürmten 
drei junge Menschenkinder. Als sie den Gast sahen, 
umringten sie ihn jubelnd. 
»Endlich läßt du dich wieder einmal blicken, du 
Ungetreuer«, begrüßte ihn der Sohn des Hauses, ein 
prächtiger Bursche mit seiner sehnigen Gestalt, dem 
frischen Gesicht und braunen Kraushaar. »Was meinst du 
wohl, wie sehr wir dich vermißt haben.« 
»Aber wirklich, Onkel Edgar«, schmiegte sich Roselind an 

seine Seite, ihn vorwurfsvoll dabei ansehend. »Wir haben 
dir doch nichts getan, und du bist so schlecht zu uns.« 
»Sehr schlecht – «, bekräftigte das Nesthäkchen. »Ich mag 
dich gar nicht mehr leiden.« 
Dabei zitterte das Stimmchen bedenklich. Der Mann zog 
sie an sich und zupfte neckend an den Locken, die dem 
reizenden Dirnlein im Farbton reifer Kastanien über die 
Schulter fielen. 
»Ei, Irmela, soll das wirklich dein letztes Wort sein? Dann 
kann ich ja wieder gehen…« 
Schon umschlangen ihn zwei Arme, und ein Mund drückte 

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sich auf seine Wange. 
»Na also – «, lachte er fröhlich. »Wenn ihr kleine Bande nur 

wüßtet, wie lieb ich euch habe, dann würdet ihr mir sofort 
Absolution meiner Sünden erteilen.« 
»Schon geschehen – «, tat der Sekundaner Bernd gnädig. 
»Du bist ja jetzt hier und damit genug.« 
»Und bleibst auch«, verlangte Roselind. 
»So -?« schaute er in die tiefblauen Augen des reizenden 
Backfischchens hinein. »Wenn ich dich nun beim Wort 
nähme, hm?« 
»Kannst du, Onkel Edgar. Wenn du nämlich nicht hier bist, 
dann fehlt uns etwas.« 
Die kleine Unschuld ahnte nicht, wie sehr sie mit ihren 
Bemerkungen dem Mann das Sprechen über das, was er auf 

dem Herzen hatte, erleichterte. So nebenbei meinte er: 
»Ich bliebe schon gern für immer hier – wenn ich nur 
wüßte als was…« 
»Als unser Paps – «, kam es spontan über die Lippen der 
zehnjährigen Irmela. »Das ist doch so einfach, nicht wahr, 
Mutti?« 
Diese senkte in peinlicher Verlegenheit den Kopf. Es war 
doch nicht leicht, seinen Kindern mit einem so 
schwerwiegenden Problem zu kommen. Eine Träne sprang 
glitzernd von ihrer Wimper, und das konnte der ruppige 
Junge mit dem weichen Herzen nicht ungerührt 
mitansehen. Er räusperte sich, als wolle er eine Rede halten 

und sagte dann kurz und bündig: 
»Geliebte Mutsch, zum Weinen ist das doch nun wirklich 
nicht. Machen wir die Sache kurz und schmerzlos und 
feiern wir fröhlich Verlobung.« 
»Junge, du gehst ja forsch vor«, lachte Gerholt herzlich. 
»Aber wenn du meinst…« 
»Und ob! Ohne Vater ist es auf die Dauer doch nichts. Man 
muß schon manchmal jemand haben, mit dem man reden 
kann wie Mann zu Mann. Daß ihr beide euch mögt, das 
merkt man doch. Außerdem wäre es ganz im Sinne unseres 
guten Papas. – Hm, nun laßt mich doch nicht soviel reden, 

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das ist ja scheußlich. Ihr Marjellchen könnt schließlich 
auch was sagen und nicht so dastehen wie vom Donner 

gerührt.« 
»Schlingel, komm her«, schmunzelte Edgar Gerholt. »Einen 
besseren Brautwerber als dich hätte ich mir gar nicht 
wünschen können. Schlag ein, mein Sohn, du bist 
erkannt!« 
Ein fester Händedruck unter Männern wurde getauscht, 
und dann wandte Edgar sich an die beiden Mädchen, die 
vor Freude nur so strahlten. Ihres Einverständnisses war er 
somit gewiß, da brauchte er nicht erst viele Worte zu 
machen. 
Schon längst betrachteten ihn die Kinder der geliebten Frau 
als zu ihnen gehörig und liebten ihn wie einen Vater und 

waren glücklich, daß er als solcher nun immer bei ihnen 
bleiben wollte. Wohl hatten sie mit inniger Liebe an ihrem 
verstorbenen Vater gehangen und ihm lange 
nachgejammert. Aber Kinder vergessen allmählich, zumal 
dann, wenn sie ein sonniges Zuhause haben und eine so 
gute Mutter, wie Frau Irene es nun einmal war. 
Obwohl sie in ihrem Leben manches Schwere mitmachen 
mußte, hatte sie sich nie ihrem Kummer hingegeben, um 
damit ihren Kindern den Frohsinn nicht zu nehmen. 
Sie hatte den Oberleutnant Lyth aus herzlicher Liebe 
geheiratet. In sorglosem Glück vergingen die ersten 
Ehejahre, das noch durch den kleinen Stammhalter gekrönt 

wurde. Doch als das zweite Kind zur Welt kam, sah die 
Zukunft nicht allzu rosig aus. Und schon sechs Wochen 
später durchgellte Kriegsgeschrei das bis dahin so friedliche 
Land. 
Jahre der Angst folgten für Irene Lyth. Angst um den 
geliebten Mann, die sie jedoch tapfer bezwang, wenn dieser 
sich zu kurzem Urlaub einfand. Als Lyth als Krüppel nach 
Hause kam, fand er sein zweites Töchterchen vor, eben erst 
geboren. Mit herzrührender Freude wurde er von der Gattin 
empfangen, dann unermüdlich gehegt und gepflegt. Sie 
blieb auch tapfer während der darauffolgenden unruhigen 

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Jahre, die jedoch erst bitter schwer wurden, als die Inflation 
das Vermögen verschlang. Man mußte von der Pension 

leben, die man dem Kriegskrüppel zahlte. Bis Irene nach 
dem Tode ihres Onkels, eines alten Junggesellen, dessen 
Gut erbte, da war man plötzlich aller Sorgen ledig. Zwar 
hatte sie keine Ahnung von Landwirtschaft, konnte auch 
bei ihrem Mann keine Unterstützung finden, aber dafür 
gab es einen tüchtigen Inspektor, der schon seit zwei 
Jahrzehnten das Gut verwaltete. Eine ehrliche, biedere 
Haut, der seinem neuen Brotherrn bald ebenso treu 
ergeben war, wie er es dem Verstorbenen gewesen. 
Das Haupt der Familie jedoch siechte langsam dahin, da er 
außer den äußeren auch noch innere Verletzungen 
davongetragen hatte. Mit Liebe und Geduld umhegte ihn 

seine Frau. Freute sich mit ihm, als eines Tages sein 
Kriegskamerad Edgar Gerholt unverhofft auftauchte. Da 
Kiwitten nur vier Kilometer von Schlehdorn entfernt lag, 
wurde der getreue Freund fast täglicher Gast. 
Er widmete seine Freizeit dem kranken Kameraden, der 
sich an seiner frohen Zuversicht immer wieder aufrichtete. 
Leider nahm die Krankheit keinen guten Verlauf. 
Ein Jahr nach seinem Einzug in Kiwitten schloß der sieche 
Mann seine Augen für immer. 
»Nimm dich Irenes an, du treuer Freund«, waren seine 
letzten Worte an ihn. »Sie ist eine Frau, wie man sie selten 
findet.« 

Und das Versprechen, das Edgar dem Sterbenden gab, hielt 
er dann auch treu. Stand der zuerst so verzweifelten Witwe, 
die nur langsam über den Tod des Gatten hinwegkam, mit 
Rat und Tat zur Seite, kümmerte sich um die Kinder, so gut 
er es vermochte. 
Natürlich blieb es nicht aus, daß die lieben Nachbarn ihre 
losen Zungen über seine Besuche in Kiwitten zu wetzen 
begannen – und am meisten tat es seine Frau. Ihre 
Eifersucht stand in hellen Flammen. Sie schmähte die 
unschuldige Irene Lyth, wo sie nur konnte – und je mehr 
sie diese schmähte, um so fester schloß ihr Mann sie in sein 

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Herz. Als die erbitterte Kunigunde ihm einmal sogar mit 
einem Hinauswurf drohte, wenn er seine Besuche in 

Kiwitten nicht sofort einstellte, bekam sie zur Antwort, daß 
ihm nichts Lieberes geschehen könnte. 
»Nun gerade nicht!« schrie sie sinnlos vor Wut. »Du gehörst 
mir!  Mit  meinem  Geld  habe  ich  dich  gekauft!  Wage  es 
nicht, dich meiner entledigen zu wollen. Dann sollst du 
mich kennenlernen – du und die Frau, die sich schämen 
sollte, eine Ehe zu zerstören!« 
Es war nur gut, daß Alheidis nie Zeugin derartiger Auftritte 
wurde, sonst hätte sie einen schlechten Begriff von ihrer 
Mutter bekommen, die ihr als Vorbild diente. Allein, die 
schlaue Frau wußte es immer so einzurichten, daß ihre 
Tochter nie in der Nähe war, wenn sie zur Megäre wurde. 

Nach einer fröhlichen kleinen Verlobungsfeier, bei der das 
junge Volk tapfer mitgehalten und nun zu Bett gegangen 
war, erhob sich Edgar Gerholt. 
»Nun gilt es Abschied nehmen, herzliebe Irene«, sagte er 
zärtlich. »Laß nicht das Köpfchen hängen, es ist ja nicht für 
lange. Nach drei Wochen lassen wir uns still 
zusammengeben und kehren dann hierher zurück, zu 
einem gemeinsamen Leben voll Liebe und Glück. Doch bis 
dahin kann ich nicht mit dir unter einem Dach leben. 
Du kennst doch die Menschen, und ich möchte nicht, daß 
du von lästernden Zungen besudelt wirst. Dazu stehst du 
mir zu hoch.« 

»Wo wirst du so lange bleiben?« fragte sie leise. 
»Ich reise dahin, wo viel Sonne ist. Will mein Herz 
vollsaugen, damit ich dir einen großen Teil abgeben kann, 
wenn ich dich ganz mein eigen nennen darf. Jeden Tag soll 
ein Brieflein von mir dir Kunde bringen.« 
»Du bist doch für eine längere Reise gar nicht vorbereitet. 
Kehrst du zuerst noch nach Schlehdorn zurück?« 
»Nein!« entgegnete er hart. »Da habe ich nichts mehr zu 
suchen, nachdem mir meine Tochter so kaltlächelnd den 
Abschied gab. Wenn ich erst für immer hier bin, muß sie 
mir meine Sachen schicken. Was ich bis dahin brauche, das 

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kaufe ich mir unterwegs.« 
»Oh, Edgar, ich kann das Schuldgefühl nicht loswerden, 

dich deiner Tochter entfremdet zu haben. Sie ist doch nach 
deinem Fortgang ganz allein.« 
»Sie hat sich selbst, und das genügt ihr. Menschen wie sie 
lassen keinen neben sich gelten. Sie ist eben ganz die 
Tochter ihrer Mutter.« 
»Aber etwas muß sie doch auch von dir haben, Edgar.« 
»Nicht daß ich wüßte. Und nun zerbrich dir nicht dein 
Köpfchen über Dinge, die du doch nicht ändern kannst, 
meine Herzliebste. Du nimmst meiner Tochter gar nichts, 
weil sie nie Wert auf meine Vaterliebe gelegt hat. Und was 
der Mensch für nichts achtet, das kann ihm auch nicht 
verlorengehen. Und nun laß uns den Abschied kurz 

machen. Denke an mich – und freue dich mit mir auf ein 
frohes Wiedersehen.« 
Nach dem Fortgang ihres Vaters führte Alheidis ihr 
gewohntes Leben weiter. Verwaltete ihren Besitz so, wie sie 
es für richtig hielt. Zwar verstand sie für ihre jungen Jahre 
erstaunlich viel, allein, um keine Fehler zu machen, dazu 
fehlte ihr die richtige fachmännische Ausbildung und 
außerdem noch die nötige Erfahrung. 
Schlehdorn war überhaupt nie richtig bewirtschaftet 
worden, weil die verstorbene Gutsherrin der schwierigen 
Aufgabe, die sie sich selbst gestellt, nicht gewachsen 
gewesen. Um das zu erkennen, war sie viel zu selbstherrlich 

gewesen, was sie tat, blieb für sie über jede Kritik erhaben. 
Wenn ihr Mann, der sich im Laufe der Jahre gute 
landwirtschaftliche Kenntnisse erworben hatte, sie auf ihre 
Fehler aufmerksam machte, hatte sie ihn empört abblitzen 
lassen. 
Von den Gutsbeamten ließ sie sich schon gar nicht 
dreinreden. Solche, die es trotzdem wagten, duldete sie 
nicht lange um sich. Ihr waren nur derartige Untergebene 
angenehm, die ihrer Selbstherrlichkeit schmeichelten und 
sich augendienerisch ihren Befehlen blindlings fügten. 
So hatte Alheidis das alles von ihrer Mutter gelernt, und so 

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handhabte sie es nach deren Tod weiter. Die Warnungen 
des Vaters fanden bei ihr nie Gehör, sondern wurden 

hochmütig abgetan. Daß er heimlich manchen Schaden 
verhütete, das schien sie nicht zu merken. Solange sie ihn 
zur Seite hatte, waren auch ernstliche Schäden nicht zu 
verzeichnen, weil er den Gutsbeamten scharf auf die Finger 
sah und dafür sorgte, daß sie einigermaßen ihre Pflicht 
taten. 
Nachdem er jedoch Schlehdorn verlassen hatte, riß dort 
eine regelrechte Lotterwirtschaft ein. Anscheinend fügte 
man sich blindlings dem Befehl der jungen Herrin, nannte 
sie jedoch unter sich eine hochmütige dumme Gans, tat, 
was man wollte und wirtschaftete ergiebig in seine Tasche. 
Inspektor und Rendant steckten schon längst unter einer 

schmutzigen Decke und zogen nun auch noch 
gleichwertige Kreaturen nach Schlehdorn, so daß dort eine 
regelrechte Vetternwirtschaft herrschte, wo jeder einzelne 
auf seinen Vorteil bedacht war. Man munkelte auf den 
Nachbargütern bereits über die unhaltbaren Zustände auf 
Schlehdorn – nur die Herrin selbst hatte keine Ahnung, 
was auf ihrem Besitz geschah. 
Ihr Vater, der von alledem, was auf Schlehdorn passierte, 
genauestens unterrichtet war, machte sich Sorgen um die 
Zukunft seiner Tochter, obwohl sie es gewiß nicht verdient 
hatte. Er vergaß seinen Groll und schrieb ihr einen langen 
Brief, in dem er ihr die Mißstände auf ihrem Besitz genau 

auseinandersetzte – und postwendend erhielt er das 
Schreiben mit dem Vermerk zurück: Annahme verweigert. 
In hellem Zorn sagte er sich da ganz von seiner Tochter los. 
Und bald geschah der selbstherrlichen Besitzerin von 
Schlehdorn, was schon lange befürchtet wurde: Inspektor 
und Rendant waren eines Tages verschwunden und mit 
ihnen die reichgefüllte Gutskasse. 
Da stand das über alles erhabene Fräulein zum ersten Mal 
in seinem Leben ratlos da – und mußte erfahren, daß sich 
niemand fand, der sich ihm helfend zur Seite stellte. Auch 
der Kriminalkommissar, den sie betreffs des Diebstahls 

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aufsuchte, zeigte sich außerordentlich reserviert. 
»Ja, mein gnädiges Fräulein, da kann man nichts weiter tun 

als die Angelegenheit gesetzmäßig verfolgen«, bemerkte er 
kühl. »Ob Sie jedoch damit Ihr Geld wiederbekommen, das 
steht in Frage.« 
»Gibt es denn keine Gerechtigkeit?« fragte sie hochfahrend, 
worauf die sachliche Antwort kam: 
»Daß Ihnen die wird, dafür werde ich mich einsetzen. Das 
ist aber auch alles, was ich für Sie tun kann.« 
Aufs tiefste empört ging Alheidis. Was dem Menschen nur 
einfiel, sie derart abweisend zu behandeln! Sie suchte doch 
weiter nichts als ihr Recht, und er war dazu da, es zu 
vertreten. Daß sie sich etwas im Ton vergriffen hatte, als sie 
den Beamten um seinen Beistand bat, das kam ihr 

natürlich nicht in den Sinn. 
In miserabler Verfassung ging sie die Straße entlang, taub 
und blind für alles, was um sie her geschah. Daher 
bemerkte sie auch den Herrn nicht, der ihr entgegenkam 
und bei ihrem Anblick stutzte. 
Ei, sieh mal an – das hochnäsige Fräulein Gerholt! Ganz 
nett purzeln die Tränen über das blasse Gesicht. Ja, ja, 
Kindchen, unser lieber Herrgott sorgt schon dafür, daß die 
Bäume nicht in den Himmel wachsen. Da hat er also auch 
dich mit einem Dämpferchen bedacht, was du auch redlich 
verdient hast. Eigentlich sollte man dich, du selbstherrliche 
kleine Person, ungerührt laufen lassen, aber man ist ja 

schließlich kein Unmensch. Was mir da eben einfällt, ist 
sozusagen ein Schicksalswink mit dem Zaunpfahl. Also 
spielen wir da mal so ein bißchen Vorsehung. Du wirst 
mich ja wohl in bekannt hochnäsiger Art gehörig abblitzen 
lassen, aber ich habe nicht umsonst ein dickes Fell. 
Schließlich wirst du ja auch von deinem patenten Herrn 
Papa etwas mitgekriegt haben, und nicht nur von Frau 
Kunigunde allein belastet sein. Mal ausprobieren… 
Großartig, eben geht sie in die Konditorei. Also nach und 
forsch vorgegangen, alter Knabe! 
In dem großen Raum war wie immer am Frühvormittag 

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wenig Betrieb. Alheidis setzte sich an einen abseits 
stehenden lisch, bestellte Kaffee und sah nicht gerade 

freundlich auf den älteren Herrn, der plötzlich vor ihr 
stand. 
»Guten Tag, gnädiges Fräulein«, grüßte er vergnügt. 
»Schauen Sie mich nicht so bitterböse an, sonst muß ich 
Reißaus nehmen.« 
»Mir ist gewiß nicht zum Scherzen zumute, Herr Haßler…« 
»Weiß ich, Kindchen, weiß ich – «, winkte er 
beschwichtigend ab. »Sie tun mir gewiß leid, weil Sie so 
eklig in der Klemme sitzen. Darf ich Platz nehmen?« 
»Bitte…« 
Obgleich es recht frostig klang, ließ er sich seelenruhig ihr 
gegenüber nieder. Unangenehm berührt von seiner 

Vertraulichkeit musterte sie seine breite, untersetzte Gestalt, 
sein frisches Gesicht, seinen kantigen Kopf mit dem 
Borstenhaar. Als sie jedoch in seine ehrlichen Augen sah, 
da senkte sie den Blick. 
»Ja, mein kleines Fräulein, das ist nun eine böse Sache«, 
ging er forsch vor. »Wir Landwirte haben in dieser 
miserablen Zeit sowieso schon zu krebsen. Und wenn 
einem da noch so ein schönes Stück Geld abhanden 
kommt, das ist natürlich bitter. Sie sind viel zu arglos 
gewesen…« 
»Herr Haßler, ich muß doch sehr bitten!« 
»Na na – «, begütigte er. »Ich meine es gut mit Ihnen, das 

müssen Sie doch schließlich fühlen. Nehmen Sie an, Ihr 
Vater säße Ihnen gegenüber…« 
So, den Hieb mußte er ihr unbedingt versetzen. Und er saß, 
wie er mit Behagen feststellen konnte. Sollst schon noch 
mehr von mir zu hören bekommen, mein selbstgefälliges 
Fräulein – und wenn du mich auch noch so empört 
anblitzt. Also sprach er weiter: 
»Ich kann mir denken, daß Ihnen augenblicklich nicht 
wohl in Ihrer Haut ist…« 
»Herr Haßler…« 
»Aber kleines Mädchen«, lächelte er nachsichtig über ihren 

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eisigen Ton. »Man immer sachte mit den jungen Pferdchen. 
Ich habe davon gehört, wie übel man Ihnen mitgespielt 

hat. Aus dem Schlamassel können Sie unmöglich allein 
herausfinden, daher möchte ich Ihnen helfen. Die 
Verwaltung eines so großen Gutes macht in der heutigen 
Zeit sogar uns hartgesottenen Männern zu schaffen, wie 
soll da so ein zartes Fräulein wohl den Schwierigkeiten 
gewachsen sein. Die Gutsbeamtenfrage allein ist schon ein 
Kapitel für sich. Wer da nicht die richtigen zur Seite hat, der 
ist einfach aufgeschmissen. Es gibt nämlich Halunken 
darunter, daß es zum Himmel schreit.« 
»Worauf wollen Sie hinaus?« fragte sie kurz, und da lachte 
er herzlich. 
»Kluges Köpfchen, kann nicht anders sagen. Also kann ich 

gleich mit der Tür ins Haus fallen. Ich möchte Ihnen 
nämlich zu einem Inspektor verhelfen, auf den Sie sich 
hundertprozentig verlassen können. Ein Kerl wie Stahl und 
Eisen, sage ich Ihnen, so was schafft unser Herrgott nicht 
alle Tage. Allerdings ist er ein bißchen schwierig zu 
behandeln, läßt sich sozusagen nicht an den Wimpern 
klimpern, hat dafür aber landwirtschaftliche Qualitäten 
ersten Ranges.« 
»Sagen Sie mal, Herr Haßler – «, fragte sie langsam. »Haben 
Sie diesen angepriesenen Herrn vielleicht in Ihren 
Diensten?« 
»Gott bewahre – «, lachte er. »Auf meiner Klitsche kann ich 

mir so einen erstklassigen Inspektor wahrhaftig nicht 
leisten. Der kommt von einem ganz anderen Gut.« 
»Hm, ich dachte nur, Sie wollten den Herrn wegloben.« 
»Schau mal an, so mißtrauisch ist das kleine Fräulein. Ist ja 
auch schließlich kein Wunder, gebranntes Kind pflegt das 
Feuer zu scheuen. Aber mir können Sie schon vertrauen, 
ich meine es tatsächlich ehrlich mit Ihnen. Außerdem ist es 
noch nicht sicher, ob der betreffende Herr gewillt wäre, 
sich um den Posten bei Ihnen zu bewerben. Bei seinen 
guten Referenzen dürfte es ihm nämlich nicht schwerfallen, 
auch anderweitig unterzukommen. Vielleicht schreckt er 

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vor den Schwierigkeiten zurück, die in Schlehdorn seiner 
warten – denn…« 

Jetzt schwand der gutmütige Zug aus seinem Gesicht. Die 
hellen Augen blickten wie bei einem Menschen, der fest 
entschlossen ist, dem andern die Wahrheit zu sagen, 
gleichviel wie er sie auffaßt. Er hatte genug von der vor ihm 
Sitzenden gehört, um zu wissen, daß er im Begriff stand, 
ihrer Selbstherrlichkeit und ihrem Hochmut einen 
gehörigen Dämpfer zu versetzen. Aber es half nichts, wenn 
man Schmarotzerbetriebe zart anfaßte. Da mußte man 
schon eine scharfe Schere ansetzen, um sie genügend zu 
stutzen denn ausrotten ließ sich so ein Wuchergewächs nur 
schwer, sehr oft gar nicht. 
»Denn – «, sprach er gelassen weiter, »ein Wirtschaften auf 

Schlehdorn dürfte alles andere als vergnüglich sein. Und 
wenn Sie mich da auch noch so empört anblitzen, gnädiges 
Fräulein, so sage ich Ihnen dennoch, daß Schlehdorn das 
schlechtbewirtschaftetste Gut in unserem Landkreis ist. 
Wenn es einem noch gelingen könnte, die – entschuldigen 
Sie – verfahrene Karre aus dem Dreck zu ziehen, dann ist es 
der Herr, den ich Ihnen so warm empfohlen habe…« 
Weiter kam er nicht. Denn Alheidis sprang auf, warf ein 
Geldstück als Bezahlung für den Kaffee auf den Tisch, 
musterte den Kühnen mit einem Blick, der ihn eigentlich 
hätte in Grund und Boden schmettern müssen und 
entfernte sich stolzerhobenen Hauptes wie aus der Nähe 

eines Unwürdigen. Er kniff die Augen zusammen, sah ihr 
nach und lachte in sich hinein. 
Nachher zog er ein kleines Buch aus der Tasche, schrieb 
einige Worte hinein, riß das Blatt aus, zahlte und verließ 
das Lokal. Er spähte die Straße entlang und hatte auch bald 
entdeckt, was er suchte. Nämlich die kurzangebundene 
junge Dame, die soeben den Schlag ihres Autos öffnete. Mit 
langen Schritten war er heran, drückte der Verblüfften den 
Zettel in die Hand und sagte schmunzelnd: 
»Das ist die Anschrift Ihres neuen Inspektors, gnädiges 
Fräulein. Und nun will ich machen, daß ich aus Ihrer Nähe 

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komme. Denn mein Happen, nach dem Sie so böse zu 
schnappen drohen, dürfte Ihnen doch zu schwer in Ihrem 

kleinen Magen liegen.« 
Eilig entfernte er sich, bog in die nächste Querstraße ein 
und lugte vorsichtig um die Ecke. Deutlich konnte er das 
Gesicht des Mädchens erkennen, auf dem die Farbe kam 
und ging. Würde sie den Zettel wegwerfen? Nein, sie steckte 
ihn ein. 
Die Bestellung für das Frühjahr  drängte.  So  sehr  Alheidis 
auch auf Posten war, tagsüber kaum aus dem Sattel kam, 
überall konnte sie trotzdem nicht sein. Dazu waren die 
Leute träge und verdrießlich, drückten sich vor der Arbeit, 
wo sie nur konnten. Wurden frech, wenn sie ihnen die 
Meinung sagte. Einige mußte sie wegen Aufsässigkeit sogar 

fristlos entlassen und bekam dann keinen Ersatz für sie, 
weil Schlehdorn seiner miserablen Möglichkeiten wegen 
bereits verrufen war. 
Nein, so ging es nicht weiter. Ein Inspektor mußte zu ihrer 
Unterstützung her, dessen wurde Alheidis sich immer 
deutlicher bewußt. Also noch ein Inserat aufgeben. 
Vielleicht fand sich diesmal unter den Bewerbern einer, der 
wenigstens passabel war. Außerdem konnte sie sich auch 
noch an eine Stellenvermittlung wenden. Eine solche 
wollte sie gleich mal aufsuchen. 
Ais sie den Mantel anzog und die Handschuhe aus der 
Tasche nahm, flatterte ein Zettel zu Boden. Sie hob ihn 

auf… 
Richtig, der warmempfohlene Schützling des Herrn Haßler, 
an den hatte sie ja gar nicht mehr gedacht. Nun, in 
Augenschein konnte sie ihn nehmen, das verpflichtete zu 
nichts. Sie bestellte ihn brieflich zu sich, und zur 
festgesetzten Zeit traf er dann auch ein. 
Hartger v. Elchstorff – Diplomlandwirt, las sie aus der 
Visitenkarte, die der Diener ihr ins Arbeitszimmer brachte. 
»Ich lasse bitten«, erklärte sie kurz und war nun doch 
gespannt, welche Persönlichkeit diesen nicht alltäglichen 
Namen führen mochte. 

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Gleich darauf stand ein Herr vor ihr, den sie zwar 
unauffällig, doch scharf musterte. Elegante Reitergestalt, 

blond, rassiges Gesicht, blaue kühle Augen und einen 
hartgeschnittenen Mund. 
»Nehmen Sie Platz, Herr von Elchstorff«, forderte sie ihn in 
der ihr eigenen hochmütigen Art auf. Schweigend verharrte 
er, bis sie sich gesetzt hatte, und ließ sich dann ihr 
gegenüber nieder. Abwartend sah er sie an, was sie 
irgendwie irritierte. Wahrscheinlich machten es die Augen, 
in denen so etwas wie versteckter Spott blitzte. 
»Sie sind nicht der erste, der sich um den Inspektorposten 
hier bemüht. Na, wollen mal sehen. Können Sie mir 
Zeugnisse vorlegen?« 
»Leider nicht, gnädiges Fräulein. Ich habe bisher noch nicht 

in fremden Diensten gestanden, sondern auf dem Besitz 
meines Bruders gearbeitet.« 
»Und warum wollen Sie sich jetzt verändern?« 
»Aus privaten Gründen.« 
»Hm – da weiß man immer nicht«, dehnte sie, worauf 
dann wieder das merkwürdige Licht in seinen Augen 
aufblitzte. 
»Es steht Ihnen ja frei, gnädiges Fräulein, sich nach mir zu 
erkundigen.« 
»Gewiß. Aber wie es mit den Auskünften so ist, man kann 
nicht viel auf sie geben. Eine Referenz ist Ihnen übrigens 
schon erteilt worden, und zwar durch den Bethener Haßler, 

der Sie mir vor einigen Wochen wärmstens empfahl. Von 
ihm habe ich auch Ihre Anschrift.« 
Ein Lächeln huschte um seinen Mund. 
»Schau mal an, Herr Haßler. Ein aufrichtiger, biederer 
Mensch und tüchtiger Landwirt, nicht wahr?« 
»Das zu beurteilen bin ich nicht in der Lage«, hob sich das 
feine Naschen. »Ich kenne den Herrn nur vom Sehen und 
Hörensagen. Er kommt mir nur so etwas plump vertraulich 
vor. Das schätze ich nicht.« 
»Natürlich nicht«, gab er zurück, wobei seine Nasenflügel 
leicht zuckten. Dann sah er sie wieder so abwartend an, als 

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wäre er bereit, gute Lehren von ihr anzunehmen. Das gefiel 
dem Fräulein – und wiederum auch nicht. Die ganze Art 

des Mannes sagte ihr absolut nicht zu. Er war ihr nicht 
devot genug, was man von einem Untergebenen wohl 
verlangen konnte – nach ihrer Ansicht, die ihr die Mutter 
eingetrichtert hatte. 
»Wären Sie bereit, auf eine Probezeit von vier Wochen 
einzugehen?« fragte sie jedoch. 
»Ja.« 
Diese kurze und bündige Antwort machte sie immer 
mißtrauischer. Ein forschender Blick traf ihn, dem er 
gelassen standhielt. 
»Dann können wir es versuchen«, meinte sie kühl. »Ich 
verlange eine gewisse Selbständigkeit, da ich ja nicht 

überall sein kann. Sonst müssen Sie sich allerdings 
bedingungslos meinen Anordnungen fügen.« 
»Selbstverständlich, gnädiges Fräulein.« 
Was war das nun wieder für eine Antwort – die man so und 
so deuten konnte. Na egal, versuchen wollte sie es mit ihm. 
Daß er nicht unbotmäßig würde, dafür sorgte sie schon. 
»Können Sie morgen Ihren Dienst antreten?« 
»Ja.« 
»Schön. Bezahlung erfolgt nach Tarif, ebenso das Ihnen 
zustehende Deputat. Was Sie dafür zu leisten haben, 
brauche ich Ihnen wohl nicht zu erklären. Eine geräumige 
Dienstwohnung steht Ihnen zur Verfügung, so daß Sie 

später, falls ich mich nach abgelaufener Probezeit 
entschließen sollte, Sie in meinen Diensten zu behalten, 
Ihre Familie nachkommen lassen können. Wie viele Kinder 
haben Sie?« 
»Keine, da ich nicht verheiratet bin.« 
»Ach so. Dann können Sie das möblierte Zimmer beziehen, 
das die unverheirateten Inspektoren bisher innehatten. Das 
Essen bekommen Sie aus der Herrschaftsküche. Das wäre 
alles. Dürfte ich nun um Ihren Ausweis bitten…« 
Er entnahm seiner Brieftasche das Gewünschte, reichte es 
ihr und sah dann belustigt zu, wie sie seine Personalien 

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nebst Diplom sorgfältig prüfte. Dann gab sie ihm beides 
zurück. 

»Danke, das genügt mir. Ich erwarte Sie morgen. Auf 
Wiedersehen, Herr Inspektor.« 
Er stand auf, verbeugte sich - und dann fiel die Tür hinter 
ihm zu. Alheidis griff nach einer Zigarette, steckte sie in 
Brand und legte sich seufzend im Sessel zurück. Das wäre 
nun endlich erledigt. Hoffentlich hatte sie mit der raschen 
Einstellung des wichtigsten Gutsbeamten nicht übereilt 
gehandelt. 
Am nächsten Morgen war der Inspektor pünktlich zur 
Stelle. Alheidis begrüßte ihn kurz und ging dann mit ihm 
zu den Arbeitern, um ihnen ihren Vorgesetzten 
vorzustellen. Er schritt von einem zum anderen, reichte 

jedem freundlich die Hand, die teils verlegen, teils 
mürrisch genommen wurde. 
Hartger v. Elchstorff merkte wohl, wie mißtrauisch man 
ihn musterte, ließ sich jedoch davon nicht beirren. Die 
Herren Volontäre benahmen sich direkt herausfordernd, 
gaben ungebührliche Antworten, worauf er sie schließlich 
mit einem Blick musterte, der ihnen unbehaglich wurde. 
Da hatte Herr Haßler schon recht gehabt, als er Alheidis 
erklärte, daß für den Inspektor ein Wirtschaften auf 
Schlehdorn alles andere als vergnüglich sein würde. Überall 
stieß er auf Schwierigkeiten, die sich von heut auf morgen 
natürlich nicht beseitigen ließen. Die Arbeiter waren 

undiszipliniert, die Herren Volontäre anmaßend. Na, 
hoffentlich blieb dieser Inspektor nicht lange, und dann 
konnte man wieder das faule Leben führen, wie man es vor 
seinem Erscheinen auf Schlehdorn getan. Der 
»überkandidelten Gans«, wie sie ihre Herrin unter sich 
liebenswürdig betitelten, konnte man schon etwas 
vormachen, die hatte ja von Tuten und Blasen keine 
Ahnung. Allein, - sie sollten sich getäuscht haben. 
Die Zeit verging – und der Inspektor blieb. Nach vier 
Wochen fand er einen Brief in seinem Zimmer vor, in dem 
ihm gnädigst gestattet wurde, weiter in seinem Dienst zu 

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bleiben. Ein Vertrag lag bei, den er zu unterschreiben hatte 
und der ihn für ein Vierteljahr an seinen Posten band. 

Gehalt nur mäßig, Rechte so gut wie keine, dafür Pflichten 
reichlich. Eher amüsiert als ärgerlich setzte er seinen 
Namen unter das Schriftstück und war nun wohlbestallter 
Inspektor von Schlehdorn. 
Das Verhältnis zwischen ihm und seiner Brotgeberin 
konnte man als passabel bezeichnen. Und nur, weil er 
scheinbar alles tat, was sie anordnete – in Wirklichkeit 
jedoch ganz nach seinem Ermessen verfuhr. Er machte das 
so geschickt, daß sie nie etwas davon merkte. 
An einem Tage Anfang Mai ritten sie einen Feldrain 
entlang, wo zu beiden Seiten Winterung stand. Die zur 
Linken war wunderbar emporgeschossen, üppig und saftig 

grün, die zur Rechten spärlich und mickerig. 
»Zu welcher Gemarkung gehört das hier?« fragte er 
interessiert. 
»Zu Kiwitten«, gab sie kurz zurück. »Eine rechte 
Augenweide«, meinte er versonnen und ließ dann seine 
Blicke zur rechten Seite schweifen. »Das da ist ein Jammer. 
Schade um die Saat.« 
»Wie meinen Sie das?« fuhr sie gereizt auf. »Sie wollen 
doch nicht etwa sagen…?« 
»Genau das, gnädiges Fräulein, nämlich: Daß das da zum 
Weinen traurig ist. Eine gute Ernte wird es nicht geben.« 
»Warum nicht?« 

»Weil da, wo nichts hineingesteckt wird, auch nichts 
herauskommen kann. Der Acker schreit ja förmlich nach 
Dung…« 
»Ja, was machen Sie denn da, Eromeit?« fragte er einen 
jungen Mann, der längelang auf dem Weg lag. Vor ihm 
standen zwei Pferde mit hängenden Köpfen, eingespannt 
an einem Wagen, auf dem sich Grünfutter türmte. Der 
Mann sprang hoch und stand verlegen da. 
»Die Kracken können einfach nicht mehr weiter, Herr 
Inspektor«, murmelte er verdrießlich eine Entschuldigung. 
»Kein Wunder bei dem miserablen Futter und der 

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Schinderarbeit. Aber so ist es nun mal auf Schlehdorn: Aus 
Mensch und Tier das Unmöglichste herausholen…« 

»Mann, was erlauben Sie sich!?« unterbrach die Herrin 
empört den kühnen Sprecher. »Sie haben hier zu arbeiten 
und nicht aufsässige Reden zu führen.« 
Schon wollte sich der Mund des Gemaßregelten zu einer 
frechen Entgegnung öffnen, als der Inspektor eingriff. 
»Still, Eromeit, sprechen Sie jetzt kein Wort, es könnte 
Ihnen hinterher leid tun. Fahren Sie ganz langsam, damit 
die armen Tiere nicht gar zu sehr überanstrengt werden. 
Geben Sie Ihnen heute Kraftfutter, das wird ihnen vielleicht 
auf die Beine helfen.« 
»Erst haben, Herr Inspektor. Glauben Sie nur nicht, daß ich 
mein Gespann vernachlässige. Ich habe ein Herz für 

Tiere…« 
»Das weiß ich ja, Eromeit«, fiel Hartger ihm begütigend in 
seine verbitterte Rede. »Ich kenne Ihre Liebe für die Ihnen 
anvertrauten Pferde. Es soll denen auch fortan bessergehen, 
dafür will ich sorgen.« 
Er nickte ihm freundlich zu und folgte der Gutsherrin, die 
vorausgeritten war. Und kaum, daß er sie eingeholt hatte, 
sagte sie unwillig: 
»Sie haben ja eine ganz besondere Art, mit den Leuten 
umzugehen, Herr Inspektor. Anstatt daß Sie den Mann auf 
seine Pflicht hinweisen, da geben Sie ihm gute Worte. 
Wohin soll das führen?« 

»Ich hoffe zum Guten, gnädiges Fräulein. Denn so, wie es 
jetzt ist, kann es unmöglich weitergehen.« 
»Vielleicht drücken Sie sich deutlicher aus«, verlangte sie 
herrisch, und da blitzte es kalt in seinen Augen auf. 
»Wie Sie wünschen. Vorweg möchte ich Ihnen sagen, daß 
ich noch nicht ein so schlecht bewirtschaftetes Gut 
angetroffen habe wie Schlehdorn. Totes und lebendes 
Inventar einfach verheerend, Acker- und Viehwirtschaft 
gleichfalls, Leuteverhältnisse miserabel…« 
»Herr, ich verbitte mir Ihre Anmaßungen!« fuhr sie 
entrüstet auf, doch das ließ ihn nicht abschrecken. Unbeirrt 

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sprach er weiter: 
»Und wenn Sie da noch so böse werden, gnädiges Fräulein, 

ich fühle mich verpflichtet, Sie zu warnen. Wenn Sie 
nämlich alles im alten Trott belassen, dann können Sie 
nach wenigen Jahren Konkurs anmelden.« 
Röte und Blässe wechselten auf ihrem Gesicht in jähem 
Wechsel, der Mund preßte sich zusammen, in ihren Augen 
glitzerte es eisig auf. 
Der Mann an ihrer Seite wußte wohl, wie sehr er mit seinen 
schonungslosen Worten ihre Selbstherrlichkeit getroffen 
hatte, allein, das tat ihm nicht leid. Wer mit verbundenen 
Augen sich anmaßte, ein so großes Gut wie Schlehdorn zu 
leiten, dem mußte man die Binde rücksichtslos von den 
Augen reißen. 

Schweigend ritten sie dahin, bogen auf die Chaussee ab 
und gelangten so in die Nähe der Insthäuser. 
Unbekümmert, als gäbe es keine Gefahren auf der Welt, 
kam ein vielleicht zweijähriges Dirndlein ihnen entgegen. 
Mitten auf der Chaussee trollte es dahin, wich und wankte 
auch nicht, als ein Auto in schnellem Tempo angesaust 
kam. Die Hupe heulte, die Bremsen kreischten. 
Schon wurde das Kind emporgehoben – und die Gefahr 
war vorüber. Obgleich es nun wohlgeborgen auf dem Arm 
seines Retters saß, schrie es, was die kleine Kehle nur 
hergeben wollte. Erst als ein Stück Zucker in das offene 
Mäulchen geschoben wurde, da war aller Schreck 

vergessen. Zufrieden lutschte das Dinglein an der Süßigkeit. 
Aus dem Fenster des Autos, das mit einem Rad hart am 
Chausseegraben stand, beugte sich ein grauhaariger Kopf 
mit zorngerötetem Gesicht heraus, und eine 
Männerstimme wütete: 
»Zum Kuckuck, passen Sie besser auf Ihr Kind auf, junger 
Mann! So eine Fahrlässigkeit kann ja auch nur in dem 
unmöglichen Schlehdorn vorkommen!« 
»Aber nun schelten Sie doch nicht so arg, Herr Weller«, 
meinte der Inspektor und trat mit dem Kind auf dem Arm 
an den Wagen. 

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Der Genannte kniff die Augen zusammen – stutzte – und 
lachte dann schallend auf: 

»Sie sind es, Baron? Daß mich der Hahn hackt! Gehören 
Sie etwa in die Weiberwirtschaft hier hinein? Dann sehen 
Sie nur zu, daß Sie bald Schwung in diese erbärmliche 
Lotterei hineinbekommen. Das dürfte schon eine lohnende 
Aufgabe für einen solchen Mordskerl wie Sie sein. Seit 
wann haben Sie denn ein Kind?« 
»Leider ist es nicht meines, Herr Weller«, lachte der junge 
Mann herzlich. »Es gehört dem Oberschweizer des Gutes.« 
»Und da tappelt denn so was Niedliches die Chaussee 
entlang, als wäre sie ein Spielplatz? Bei mir zu Hause sperrt 
man solch Kleinzeug in den Kindergarten, weil die Mütter 
arbeiten und so auf ihre Kinder nicht achtgeben können. 

Vielleicht reiben Sie das dieser überkandidelten Gutsherrin 
mal unter die Nase. Mir stand fast das Herz still vor 
Schreck, als auch Sie sich noch in Gefahr begaben und das 
Marjellchen im letzten Augenblick wegreißen konnten. Paß 
mal auf, du kleiner Tunichtgut! Nächstens klatscht’s auf 
dein rosiges Hinterteilchen, wenn du dich wieder 
selbständig machst. Wart mal, da muß ich doch so ein 
Pflaster haben, das man auf deinen Schreck kleben kann. 
Zwar ist es für mein Enkelkind bestimmt, aber nimm 
schon.« 
Schmunzelnd drückte er eine Tafel Schokolade in das 
Kinderhändchen. 

»Sei froh, daß du noch die liebe Sonne sehen darfst, 
Marjellchen. Und nun gehaben Sie sich wohl, Baron. Soll 
ich Ihren Bruder grüßen? Der wird nicht wenig staunen, 
wenn ich ihm erzähle, in welch polnische Wirtschaft Sie 
hineingeraten sind.« 
Die Herren reichten sich lachend die Hände, der Chauffeur 
gab Gas, und der Wagen flitzte davon. 
Nun wurde auch die Reiterin sichtbar, die hinter dem Auto 
gehalten hatte und so unbemerkt geblieben war. Hartger 
sah ihr in das wie erstarrte Gesicht und sagte kurz: 
»Ich bringe das Kind nach Hause, gnädiges Fräulein.« 

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Er pfiff nach seinem Pferd, das friedlich am Graben graste, 
faßte die Zügel mit der freien Hand und ging eilig zu einem 

der Insthäuser, in dessen Tür eine alte Frau stand und 
lebhaft winkte. 
»Do es et joa, dat Marjellke.« 
»Ja, da ist es gottlob heil und unversehrt. Um ein Haar wäre 
es unter ein Auto gekommen. Sie müssen sorgfältiger auf 
die Kleine achten, Oma.« 
»Wie, wat seggt de Herr?« hielt sie die Hand an die 
Ohrmuschel, dabei über das ganze liebe Runzelgesicht 
strahlend. »Tracht gäwe dat Marjellke? Wahr öck, weil et 
ömmer utriete deiht.« 
Lachend gab er es auf, der Schwerhörigen ins Gewissen zu 
reden. Drückte ihr das Kind in den Arm und schwang sich 

in den Sattel. 
»So, – gnädiges Fräulein, jetzt können wir den Weg 
beruhigt fortsetzen. Wie gut, daß ich noch zur Zeit 
eingreifen konnte, sonst wäre es um das Kind geschehen 
gewesen.« 
»Die Leute sollen auf ihre Kinder besser aufpassen«, gab sie 
schroff zurück. »Die Chaussee ist ja schließlich kein 
Tummelplatz für Babys.« 
Einige Tage später hielt der Rentmeister, mit dem die 
Herrin von Schlehdorn dieses Mal einen guten Griff 
gemacht hatte, den Inspektor, der gerade an der 
Rentmeisterei vorüberging, an. 

»Haben Sie eine Stunde Zeit für mich, Herr Baron?« 
»Da heute Sonntag ist, auch zwei, mein lieber Herr Schraut. 
Aber ich muß doch sehr bitten, meinen Titel zu 
verschlucken, der bei meiner Position so wenig angebracht 
ist wie eine Ente auf dem Kirchturm.« 
»Guter Vergleich. Aber da Sie nun mal ein Recht auf diesen 
Titel haben, so sehe ich nicht ein, warum man nicht 
Gebrauch davon machen soll. Ehre wem Ehre gebührt. 
Außerdem müßte unsere Herrin doch schon längst 
spitzgekriegt haben, daß wir sozusagen aus einem Nest 
stammen. Wenn nicht, dann will ich es ihr langsam 

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beibringen.« 
»Um Gott, mein Lieber!« hob Hartger abwehrend die 

Hände. »Dann nimmt sie bestimmt an, daß ein Halunke 
den anderen nachgezogen hat.« 
»Na – Halunke – das würden wir beide doch verdammt 
übelnehmen, die wir ein fleckenloses Chemisettchen 
haben. Sie als Sohn des Baron von Elchstorff in Elchen und 
ich als der des dort wohlbestallten Rentmeisters. Was kann 
ich dafür, daß meine Bewerbung um die freie 
Rentmeisterstelle in Schlehdorn Gnade vor den Augen der 
Herrin fand? Aber froh bin ich doch, daß es geklappt hat – 
wenigstens in der Beziehung, daß ich mit Ihnen zusammen 
arbeiten kann – und dazu mit sauberen Pfoten. Alles 
andere – na, Sie werden ja sehen.« 

Es war tatsächlich Zufall, daß Ingo Schraut die Stelle dort 
als Rentmeister erhalten hatte, wo Hartger von Elchstorff 
als Inspektor segensreich wirkte. Letzterer hatte erstem 
dazu bestimmt nicht verholfen. Aber einen Glücksgriff 
hatte die Herrin mit dem jungen Gutsbeamten schon 
gemacht. Ehrenwerter Leute Kind, dazu durch und durch 
anständig, intelligent, mit reichem Wissen und Erfahrung 
in  seinem  Beruf.  Er  hätte  sich  um  die  freie  Stelle  auf 
Schlehdorn nicht beworben, wenn es der Bruder des 
Brotherrn seines Vaters auch tat. Denn er hing sehr an 
Hartger, mit dem er in Elchen zusammen aufgewachsen 
war und ihn daher als prächtigen Kameraden kannte. 

In dem Büro nahmen die Herren Platz und steckten sich 
eine Zigarette an. 
»Nun schießen Sie los, mein Lieber«, forderte Hartger den 
anderen auf. »Wo krümmt sich ein Härchen?« 
»Ein einzelnes nur?« griff Schraut sich in seinen vollen 
Schopf. »Sämtliche Haare stehen mir zu Berge! Ich habe 
mir immer eingebildet, von meinem Kram eine ganze 
Menge zu verstehen, aber diesem Tohuwabohu stehe ich 
denn doch gegenüber wie der Ochs dem blanken Tor. Soll 
und Haben, daß ich nicht lache! Gesollt wird nichts, 
gehabt wird nichts…« 

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Vorwurfsvoll sah er den Inspektor an, der herzlich lachte. 
»Herr Baron, ist das nun fair?« 

»Ich bin ja schon still, Sie Armer! Haben Sie schon 
versucht, unsere charmante Herrin für Ihr Tohuwabohu zu 
interessieren?« 
»Charmant – auch das noch«, brummte er. »Na ja, Sie sind 
eben ein Kavalier – ich jedenfalls hätte eine andere 
Bezeichnung…« 
»Ei, Ingo, denken Sie an Ihre gute Kinderstube«, warnte der 
andere schmunzelnd. »Doch nun Scherz beiseite. So 
trostlos sieht es also in den Büchern aus?« 
»Gar keine Bezeichnung dafür. Trost-, hoffnungs- und 
aussichtslos würde besser passen. Zettel, Zettel, nichts als 
Zettel und in den Büchern eine gähnende Leere. Höchstens 

noch ein Tintenklecks findet sich vor. Ich mache hier 
Feierabend, Herr Baron!« 
»Könnte Ihnen so passen. Glauben Sie etwa, in meinem 
Revier sieht es anders aus? Trotzdem lasse ich den Kopf 
nicht hängen. Glätte immer wieder hübsch die Haare, die 
mir oft genug zu Berge stehen.« 
»Wenn Sie bloß dabei keine Glatze kriegen«, lachte nun 
auch der junge Mann herzlich, und der andere fiel mit ein. 
»Na also! Schwierigkeiten sind dazu da, daß man ihnen zu 
Leibe geht. Nun zeigen Sie mal Ihre Sorgenkinder her. 
Wäre ja noch schöner, wenn es uns nicht gemeinsam 
gelingen sollte, diese zu schaukeln.« 

Als er jedoch in die Bücher einsah, schüttelte er verblüfft 
den Kopf. 
»Sollte man so etwas für möglich halten! Ihr Vorgänger hat 
sich da wahrlich das Leben leicht gemacht.« 
»Oder vielmehr ganze Arbeit geleistet, indem er einfach mit 
der unverbuchten Kasse verschwan«, gab der Rentmeister 
trocken zurück. »Merkwürdig ist nur, daß bis vor einem 
halben Jahr die Bücher gut geführt sind.« 
»Lassen Sie mal sehen, bis zu welchem Datum das 
geschehen ist. November, dachte ich mir doch. In dem 
Monat hat nämlich Herr Gerholt Schlehdorn verlassen – 

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merken Sie was?« 
»Der Groschen ist gefallen. Bis dahin hat der Herr dem 

Halunken von einem Rentmeister wahrscheinlich scharf 
auf seine unsauberen Finger gesehen, was sein Töchterlein 
fernerhin nicht für die Mühe wert hielt. Und so was ist nun 
von dem Wahn besessen, eine vorbildliche Gutsherrin zu 
sein.« 
»Leider, mein lieber Freund. Nun, machen wir uns daran, 
die Zettelei zu sichten. Her damit!« 
Sie waren so eifrig dabei, daß sie Zeit und Stunde darüber 
vergaßen. Sahen verblüfft auf, als die Herrin plötzlich vor 
ihnen stand: 
»Ja, meine Herren, was machen Sie denn am Sonntag zehn 
Uhr abends im Büro? Schaffen Sie Ihre Arbeit nicht, Herr 

Rentmeister, daß Sie auch noch am Ruhetag Überstunden 
machen und außerdem noch die Hilfe des Herrn 
Inspektors in Anspruch nehmen müssen? Ich stehe 
nämlich schon eine ganze Weile hier als stumme 
Zuschauerin. Sie waren beide so vertieft, daß Sie mich nicht 
bemerkten. Ist es denn eine so schwierige Angelegenheit?« 
»Das kann man wohl sagen«, antwortete Elchstorff 
gelassen. »Seit November ist nämlich so gut wie nichts 
verbucht. Nur Zettel finden sich vor – und die noch längst 
nicht vollständig. Eine merkwürdige Art von Buchführung 
muß der verflossene Herr Rentmeister an sich gehabt 
haben.« 

Wie immer, wenn man ihr die Wahrheit sagte, erstarrte 
Alheidis auch jetzt in Hochmut. Sehr schön, sehr 
unnahbar, sehr indigniert stand sie da. Ihre Stimme klirrte 
förmlich, als sie rief: 
»Ich werde einen Revisor herbeordern, damit er die Bücher 
in Ordnung bringt. Sie scheinen mir dessen nicht fähig zu 
sein, Herr Rentmeister.« 
»Dann kann ich ja getrost meine Sachen packen, gnädiges 
Fräulein.« 
»Das habe ich nicht gesagt. Guten Abend, meine Herren.« 
Sie ging – und die Zurückbleibenden sahen sich verblüfft 

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an. Dann lachte der Inspektor amüsiert auf. 
»Ihr Gesicht ist zum Malen, Ingo. Ach, was sind wir doch 

für armselige Kreaturen gemessen an dieser Herrin! Wollen 
wir uns zur Ruhe begeben und unser müdes Haupt betten 
mit der traurigen Erkenntnis, daß Undank der Welt Lohn 
ist.« 
Am nächsten Tag erschien ein Bücherrevisor, der 
zusammen mit dem Rentmeister eine Woche lang arbeitete, 
daß ihm der Kopf rauchte. Dann ließ er sich bei der 
Gutsherrin melden, die ihn sofort empfing. Nachdem man 
Platz genommen hatte, sah sie den alten Herrn 
erwartungsvoll an, der so umständlich seine Brille putzte, 
als hinge wer weiß was davon ab. Endlich sagte er: 
»Ja, gnädiges Fräulein, das ist eine ziemlich böse Sache. Die 

Bücher sind ja nun soweit in  Ordnung,  wie  es  sich  bei 
ihrem verheerenden Zustand irgendwie machen ließ. Nun 
kann der Rentmeister, übrigens ein sehr intelligenter 
Mensch, der seinen Kram versteht, sie weiter führen.« 
»Und was soll nun böse aussehen?« 
»Die Verhältnisse in Schlehdorn. Um Ihnen jedoch alles bis 
ins kleinste auseinanderzusetzen, das übersteigt meine 
Kompetenz. Da wird Ihr Inspektor, der ja ein Landwirt über 
dem Durchschnitt zu sein scheint, besser raten können.« 
»Ich danke Ihnen, mein Herr«, entgegnete sie abweisend. 
»Wollen Sie bitte Ihre Forderung für geleistete Arbeit 
einreichen.« 

Damit war er entlassen und trollte sich, halb belustigt, halb 
ärgerlich. Alheidis saß regungslos da und kämpfte einen 
harten Kampf mit ihrer Selbstherrlichkeit. Schließlich ließ 
sie den Inspektor zu sich rufen, der bald darauf abwartend 
vor ihr stand. Sie bat ihn Platz zu nehmen und begann 
ohne Umschweife: 
»Was halten Sie von Schlehdorn, Herr Inspektor?« 
Die Frage kam so unerwartet, daß es einige Herzschläge 
lang dauerte, bis er sagen konnte: 
»Verlangen Sie auf Ihre kurze bündige Frage eine 
ebensolche Antwort, gnädiges Fräulein?« 

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»Bitte.« 
»Dann sage ich: Nicht viel.« 

»Und wozu raten Sie mir?« 
»Das Gut zu verkaufen.« 
Er wußte wohl, wie hart sie seine Worte trafen, aber sie tat 
ihm nicht leid. Wenn ein Mensch ohne sein Verschulden in 
Schwierigkeiten gerät, dann darf man ihm sein Mitgefühl 
nicht versagen. Aber hier lagen die Dinge anders. 
»Sie sind sehr aufrichtig, Herr Inspektor.« 
»Bitte, gnädiges Fräulein, Sie haben gefragt, und ich habe 
geantwortet.« 
»Ja – gewiß. Aber schließlich verstehe ich ja etwas von der 
Landwirtschaft. Und daß ich mich um meinen Besitz nicht 
gekümmert habe, etwa nur meinem Vergnügen 

nachgegangen bin, den Vorwurf kann mir wohl wirklich 
keiner machen.« 
»Ganz bestimmt nicht«, klang seine Stimme nun schon um 
einen Grad wärmer. »Sie verbeißen sich im Gegenteil zu 
sehr in Ihre Arbeit. Vergessen darüber, daß Sie noch so 
herrlich jung sind – eben viel zu jung, um einen so großen 
Besitz selbständig leiten zu können. Ihnen fehlt die 
jahrelange Praxis, die dazu erforderlich ist.« 
»Sie tun ja so, als ob Sie uralt wären«, bemerkte sie 
spöttisch. 
»Und doch zehn Jahre älter als Sie, gnädiges Fräulein«, gab 
er gelassen zurück. »Dazu hat mich das Leben hart 

angepackt. Mir ist während meiner Lehrzeit nichts erspart 
geblieben, das dürfen Sie mir glauben. Außerdem habe ich 
zwei Kriegsjahre hindurch immer da gelegen, wo die Hölle 
am ärgsten war. Das macht hart und alt vor der Zeit.« 
»Und was verlangen Sie nun von mir, Herr Inspektor?« 
»Um Gott, gnädiges Fräulein, wie dürfte ich mich 
erdreisten, Ihnen Vorschriften machen zu wollen!« 
Wohl eine Minute lang war es zwischen ihnen still. 
Alheidis hielt den Kopf von ihm abgewandt, so daß er nur 
ihr feines Profil sah. Hoch und schmal saß sie da, die 
Hände auf die Seitenlehnen des Sessels gestreckt, die 

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gestiefelten Beine gekreuzt. Die Sonnenstrahlen, die das 
Zimmer vergoldeten, flirrten über ihr Haar, ließen es 

aufsprühen in metallenem Glanz. Draußen bellte ein 
Hund, wieherte ein Pferd, in einem Zimmer schlug 
volltönend eine Uhr. 
Langsam wandte sie ihm das Gesicht zu. »Warum soll ich 
eigentlich Schlehdorn verkaufen?« fragte sie kurz. 
»Weil Sie es jetzt noch unter annehmbaren Bedingungen 
abstoßen könnten.« 
»Das ist Ihr ganzer Rat, Herr Inspektor?« 
»Einen andern wüßte ich nicht, gnädiges Fräulein«, 
entgegnete er achselzuckend. 
»Und eine Sanierung?« 
»Dazu gehört Geld.« 

»Wer sagt Ihnen denn, daß ich es nicht habe?« fragte sie in 
einem Ton, der ihm das Blut ins Gesicht steigen ließ… 
»Gnädiges Fräulein, wollen Sie mich etwa zum besten 
haben?« 
»Durchaus nicht, Herr Inspektor. Ich besitze ein ganz nettes 
Barvermögen.« 
»Und dann lassen Sie Ihren Besitz erst halb verkommen? 
Plagen sich darauf und schöpfen sozusagen Wasser mit 
Sieben? Da weiß ich wirklich nicht, was ich dazu sagen 
soll.« 
Sie wich seinem indignierten Blick aus und meinte 
achselzuckend: 

»Schließlich muß ein Gut von einigen tausend Morgen 
doch wenigstens so viel abwerfen, um gut darauf 
wirtschaften zu können. Meine Mutter hat dabei noch 
reichlich Geld erspart.« 
»Also hat sie das Gut immer nur erpreßt – es dabei langsam 
verkommen lassen – und Sie folgen ihrem Beispiel. Sehen 
seelenruhig mit an, was einem Außenstehenden schon die 
Scham ins Gesicht steigen läßt. Lassen die abgetriebenen 
Pferde sich immer weiter schinden, bei hundsmiserablem 
Futter. Verlangen Milch von Kühen, die erbärmlich 
abgerackert sind. Sind empört, wenn die Gutsleute nur 

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verdrießlich ihrer Arbeit nachgehen, bei mehr als 
schlechten Lebensbedingungen. Der Acker soll tragen, ohne 

gedüngt zu werden, die Gebäude ohne jede Reparatur 
standhalten, als wären sie für eine Ewigkeit erbaut. Das 
alles stört Sie nicht. Die Hauptsache, daß Sie Ihr 
Sparguthaben vergrößern können. Nein, mein gnädiges 
Fräulein, unter den Umständen mache ich nicht mehr 
länger mit und bitte um meine Entlassung. Vielleicht 
können Sie einen Inspektor finden, den die Verwahrlosung 
des Gutes nicht stört. Mir jedoch ist es nicht möglich, das 
alles noch länger mit anzusehen.« 
Wort für Wort war gefallen, als wenn Stahl auf Eisen 
schlägt. Und gerade diese kalten Worte, in erbarmungsloser 
Wahrheit hingesagt, wirkten wie ein Sturz eisiges Wasser. 

Ohne seine Herrin noch eines Blickes zu würdigen, erhob 
der Inspektor sich, eine kurze Verbeugung – dann schlug 
die Tür hinter ihm zu Hartger Elchstorff saß in seinem 
Zimmer und schrieb einen Brief, der ihm zu schaffen 
machen mußte. Denn immer wieder hielt er inne, stützte 
den Kopf in die Hand und grübelte vor sich hin. 
Und schwer war es auch, Herrn Gerholt, auf dessen Bitte er 
nur nach Schlehdorn gegangen war, mitzuteilen, daß es 
ihm leider nicht möglich wäre, auf so einem verlorenen 
Posten länger auszuharren. Er schrak zusammen, als es 
klopfte, und sah dann überrascht auf die Gutsherrin, die 
zögernd eintrat. Sie blieb an der Tür stehen und ließ ihre 

Blicke wie hilflos im Zimmer umherschweifen. 
Der Anblick war aber auch nicht erfreulich, den der große 
Raum bot. Ein Feldbett, ein Schrank, ein Tisch, der 
gleichzeitig als Schreibtisch diente, ein Ständer mit 
Waschschüssel nebst Wasserkanne, zwei Holzstühle – das 
war das ganze Mobilar. Nicht einmal Gardinen gab es an 
den Fenstern. In einer Ecke lag ein Sattel, zwei Paar Stiefel 
standen daneben. Es roch nach einem Gemisch von 
Juchten, feinen Zigaretten und herbem Parfüm. 
Dann schweiften die Augen ab, zu dem Mann hin, der 
schweigend vor ihr verharrte. 

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Eine Unnahbarkeit umgab seine Person, die 
einschüchternd wirkte. Sein kalter Blick hing an dem feinen 

Antlitz, auf dem die Farbe kam und ging. Die blaugrünen 
Augen wichen den leuchtendblauen aus. 
»Sie wünschen, gnädiges Fräulein?« klirrte seine Stimme 
auf. Der Mädchenkopf senkte sich, um gleich darauf in den 
Nacken zu rucken. 
»Ich möchte Sie sprechen, Herr Inspektor.« 
Schweigend schob er ihr einen Stuhl hin, lehnte sich gegen 
den Tisch und stand abwartend da. 
»Ich habe mir die Sache überlegt«, klang die 
Mädchenstimme spröde durch den Raum. »Da Sie 
meinten, daß Schlehdorn so, wie es ist, nicht weiter 
bestehen kann, so bin ich entschlossen, es zu restaurieren.« 

»Das freut mich für Sie, gnädiges Fräulein«, erwiderte er 
kühl, als sie ihn fragend ansah. Mit keinem Wort kam er 
ihr zu Hilfe, wo er doch fühlen mußte, wie unsagbar 
schwer es ihr fiel, bei ihm sozusagen zu Kreuze kriechen zu 
müssen. Ihre Handflächen rieben gegeneinander, die 
Nasenflügel zitterten nervös, die bebenden Lippen öffneten 
und schlossen sich, bis sie dann endlich in fliegender Hast 
die Worte formen konnten: 
»Dann bitte ich Sie – Ihre Forderung um Entlassung 
zurückzuziehen.« 
»Wie Sie wünschen* gnädiges Fräulein.« 
»Wünschen nicht, Herr Inspektor – ich – ich bitte Sie 

darum.« 
Die Lippen preßten sich zusammen, als wären ihnen 
unbedachte Worte entschlüpft. Der Kopf senkte sich, der 
Atem ging rasch und schwer. »Ich danke Ihnen, gnädiges 
Fräulein, daß Sie Vertrauen in mich setzen«, sprach darin 
die sonore Stimme in die peinliche Stille hinein. »Ich 
werde gewiß bemüht sein, mich deswegen würdig zu 
zeigen.« 
»Danke – ja – «, blieb der Kopf gesenkt. »Ich weiß 
allerdings nicht – ob mein Geld ausreicht, um alle Schäden 
zu beseitigen.« 

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»Es braucht ja nicht alles mit einemmal zu sein, so nach 
und nach genügt auch. Wenn etwas in das Gut 

hineingesteckt wird, dann wirft es auch mehr ab. Also nicht 
das Köpfchen hängen lassen, gnädiges Fräulein. Es wäre ja 
gelacht, wenn wir hier nicht Schwung hineinbringen 
sollten.« 
Das klang so frisch und zuversichtlich, daß sie aufatmend 
den Kopf hob. Großaufgeschlagen hingen nun die Augen 
an seinem Gesicht, über das ein Lächeln huschte. Sie erhob 
sich und reichte ihm die Hand, die er artig an die Lippen 
zog. 
»Wollen Sie bitte mit mir kommen, Herr Inspektor, damit 
wir gleich alles Notwendige besprechen können? Da es 
regnet, kann draußen doch nichts Besonderes 

unternommen werden, und wir sind schon auf einige 
Stunden abkömmlich.« 
»Wie Sie wünschen, gnädiges Fräulein. Moment mal…« 
Er trat an den Tisch, nahm das Briefblatt, riß es in Fetzen 
und warf sie in den Papierkorb. Dann war er bereit, ihr zu 
folgen. 
Nach einigen Tagen kam er spät aus der Stadt zurück. Von 
den Verhandlungen mit Handwerkern, vom Viehkauf und 
anderen wichtigen Besorgungen mehr war er recht 
abgespannt und wollte gleich zu Bett gehen. Überrascht 
blieb er an der Schwelle seines Zimmers stehen; denn der 
bis dahin so ungemütliche Raum hatte sich in einen 

äußerst Behaglichen verwandelt. 
Die Möbel gediegen, der Teppich auf dem Fußboden groß 
und schwer. Das breite Bett nebst Kleiderschrank durch 
einen Wandschirm verdeckt. Gardinen, einige gute Bilder, 
Diwan und sogar ein Blumenstrauß auf dem niedrigen 
runden Tisch, der zwischen zwei Sesseln stand. Ein 
wuchtiger Schreibtisch und ein breiter Bücherschrank 
fehlten natürlich auch nicht. 
Ja, aber wo sollte er sich waschen? Ahnungsvoll, daß es 
noch mehr Überraschungen für ihn geben würde, öffnete er 
die Tür zu dem nebenliegenden einfenstrigen Raum – und 

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siehe da, das bis dahin nicht benutzte Bad war 
instandgesetzt. Schmunzelnd schloß er die Tür und machte 

sich mit Appetit über die Delikatessen her, die auf dem 
Tischchen serviert waren. Trank mit Behagen dazu die gute 
Flasche Wein. 
Ein Lächeln, halb belustigt, halb gerührt, umzuckte seinen 
Mund. Was mag es das hochmütige kleine Mädchen für 
Überwindung gekostet haben, die erfreuliche Veränderung 
ringsum zu schaffen. Da mußte er seinen Dank wohl recht 
zart und behutsam abstatten. 
So besorgte er denn am anderen Tag einen Strauß rosa 
Nelken, legte eine Karte bei, auf der nur die beiden Worte 
standen: Ich danke – und ließ vom Geschäft aus die 
Blumen an die zuständige Adresse befördern. 

In der nächsten Zeit sollten die Menschen im Umkreis von 
Schlehdorn nicht mehr aus dem Staunen herauskommen. 
Da wurde nämlich gewirkt an allen Ecken und Enden. Und 
zwar mit einem Tempo, das unheimlich anmutete. Der 
Inspektor schien doch tatsächlich ein Teufelskerl zu sein, 
der Schwung in die Lotterei hineinbrachte. 
Zuerst räumte er einmal unter den Gutsleuten auf. Die 
gutgearteten, die nur durch die schlechten 
Lebensbedingungen verbittert waren, blieben, die Hetzer 
und Bösewichte mußten fort. Gleichfalls die beiden 
Volontäre, was ihnen ganz und gar nicht gefiel. Sie 
versuchten bei der Gutsherrin Klage über den Inspektor zu 

führen, wurden jedoch so kühl abgewiesen, daß ihnen 
nichts anderes übrigblieb, als wutschnaubend von dannen 
zu ziehen. 
Erst hielt es schwer, Ersatz für die entlassenen Arbeiter zu 
bekommen. Als es sich aber herumsprach, daß die 
Insthäuser renoviert waren und die Bedingungen sich 
bedeutend gebessert hatten, gab es Bewerber um die freien 
Stellen genug. Vieh und Pferde bekamen gutes und 
reichliches Futter, Gebäudeschäden wurden behoben, die 
Mauern erhielten frischen Anstrich. Das Wohnhaus war 
kaum wiederzuerkennen in seinem neuen Glanz, Hof und 

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Stallungen blitzten vor Sauberkeit. Die nun auserwählten 
Arbeiter taten ohne Murren ihre Pflicht. Zwei Volontäre 

wurden eingestellt, dazu ein junger Inspektor, so daß 
Hartger Elchstorff zum Oberinspektor avancierte, was er 
mit belustigtem Lächeln zur Kenntnis nahm. Der 
Rentmeister triumphierte, daß es in seinen peinlichst 
geführten Büchern wieder etwas zu »sollen und zu haben« 
gab. Ein Kinderhort nahm den arbeitenden Müttern die 
Sorge um ihre Kleinen ab. 
Das alles machte natürlich eine Riesenarbeit, zumal sie 
noch zusätzlich geleistet werden mußte. Und nicht nur der 
Oberinspektor war vom Morgen bis zum späten Abend 
unermüdlich tätig, sondern auch die Gutsherrin. Es schien, 
als könne sie ihren Besitz nicht schnell genug in Ordnung 

kriegen. 
Obwohl Alheidis jetzt mit ihrem ersten Inspektor Hand in 
Hand arbeitete, ging sie nie aus ihrer kühlen Reserve 
heraus. Nie stahl sich ein privates Wort in ihre 
landwirtschaftlichen Gespräche. Hochmütig und unnahbar 
ging sie durch ihr Leben, an dem kein anderer teilhaben 
durfte. 
An einem Sonntagnachmittag ritt der Oberinspektor zu 
einem Roggenschlag, der ihm besondere Sorge machte. In 
vier Wochen sollte das Getreide geschnitten werden und 
stand nun so vermickert da, daß es kaum lohnte, die Sense 
anzulegen. 

Hartger spähte den Weg entlang, wo ein Reiter sichtbar 
wurde. Gleich darauf war er heran und streckte dem andern 
erfreut die Hand entgegen. 
»Baron, endlich treffe ich Sie einmal. Ich habe immer so 
sehnsüchtig nach Ihnen Ausschau gehalten, wie ein 
Mägdlein nach dem Liebsten.« 
»Guten Tag, Herr Gerholt. Eben habe ich Ihren Roggen 
bewundert. Bei dem Anblick kann einem das Herz im Leibe 
lachen, während bei dem da es tiefe Trauer erfüllt.« 
»Ja, er steht schlecht. Wird wohl im allgemeinen keine gute 
Ernte auf Schlehdorn geben, wie?« 

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»Das fürchte ich auch. Das heißt, dieser Schlag ist der 
schlechteste. Wenn das Getreide an andern Stellen wohl 

auch nicht gerade üppig steht, aber so miserabel wie hier 
denn doch nicht.« 
»Bei den ausgelaugten Äckern kein Wunder. Damit ist 
schon seit Jahren Raubbau getrieben worden. Aber wie ich 
gehört habe, sollen Sie ja tüchtig dabei sein, Schwung in 
das verlotterte Schlehdorn hineinzubringen. Wie haben Sie 
das bloß fertiggekriegt, meine Tochter zu den 
grundlegenden Änderungen zu bewegen?« 
»Ich habe nicht viel dazu getan, Herr Gerholt. Die junge 
Dame ist wohl selbst zu der Erkenntnis gekommen, daß es 
in dem alten Trott nicht weitergehen konnte.« 
»Stellen Sie Ihr Licht nur nicht unter den Scheffel, mein 

Lieber«, lachte Gerholt. »Wenn meine Tochter Sie nicht zur 
Seite hätte, dann wäre sie schon längst aufgeschmissen. Ich 
bin Ihnen ja so dankbar, Baron, daß Sie meine Bitte 
erfüllten und nach Schlehdorn gingen. Sie hätten einen viel 
besseren und leichteren Posten bekommen können, wo Sie 
sich nicht so arg schinden müßten. Sie sollen ja fast 
Unglaubliches leisten, wie man allgemein hört.« 
»Sie wissen ja, wie die Menschen übertreiben, Herr Gerholt. 
Entweder sie verdammen einen in Grund und Boden oder 
sie heben einen himmelhoch. Den Mittelweg finden sie 
selten. Wo genügend Geld zur Verfügung steht, ist es 
wahrlich kein Kunststück, ein verwahrlostes Gut wieder 

flott zu machen.« 
»Darüber wundere ich mich ja am meisten, daß meine 
Tochter ihr ängstlich gehütetes Geld herausgerückt hat. 
Aber wie ist es, wollen Sie nicht mit mir kommen und 
meiner Frau in die Kaffeekanne fallen? Schon längst hat sie 
den Wunsch geäußert, Sie näher kennenzulernen.« 
»Wenn ich so formlos hereinplatzen darf – «, bemerkte er 
zögernd. »Ich bin im Reitanzug!« 
»Ach was, auf dem Lande nimmt man es nicht so genau. 
Lassen Sie sich überreden.« 
»Schon geschehen«, lachte er fröhlich. »Da heute Sonntag 

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ist, darf ich mir einige Ruhestunden bewilligen.« 
In Kiwitten führte der Gutsherr seiner Frau den Gast 

freudestrahlend zu. 
»Hier, Irene, ist er. Endlich erwischte ich ihn. Habe ich dir 
zu viel erzählt?« setzte er augenzwinkernd hinzu. 
»Noch viel zu wenig«, gab sie mutwillig zurück. »Seien Sie 
mir herzlich willkommen, Baron. Ich freue mich ehrlich, 
Sie kennenzulernen.« 
»Die Freude ist ganz auf meiner Seite, gnädige Frau. Ich 
möchte mich wegen meines unpassenden Anzugs 
entschuldigen.« 
»Aber warum denn? Das ist doch das meistgetragene 
Kleidungsstück des Landwirts. Kommen Sie bitte weiter. 
Auf der Terrasse ist bereits der Kaffeetisch gedeckt.« 

»Das ist ja eine herrliche Blütenpracht«, meinte der Gast 
und schaute einige Minuten später von der Terrasse in den 
Park hinab, wo Blumenrabatten den gepflegten Rasen 
unterbrachen. »So etwas kann mir schon gefallen.« 
»Da haben Sie meiner Frau ein ungewolltes Kompliment 
gemacht. Der Blumenflor ist nämlich ihr ganzer Stolz. Ich 
glaube, es gibt kaum eine Sorte, die nicht vertreten ist. Wo 
sind übrigens die Kinder, Fraule?« 
»Auf einem Ausflug durch Feld und Wald. Wenn sie 
hungrig sind, dann finden sie sich schon wieder ein.« 
»Will ich meinen«, schmunzelte der Hausherr. »Placieren 
wir uns, mein junger Freund, und harren der Dinge, die da 

kommen sollen.« 
Als sie beim Kaffee saßen, kamen sie auf Schlehdorn zu 
sprechen, ein Thema, das ihnen allen am Herzen lag. 
»Sie haben über die Mißstände doit wohl nicht wenig 
gestaunt, Baron«, sagte Gerholt verlegen. »Hoffentlich 
geben Sie mir nicht die Schuld daran, der ich doch 
einundzwanzig Jahre da gewirkt habe. Aber als sogenannter 
Kuli meiner Frau und später als der meiner Tochter hatte 
ich absolut nichts zu melden.« 
»Edgar«, mahnte die Gattin leise. »Nicht immer gleich so 
bitter werden.« 

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»Na, schön, bleiben wir sachlich. Warum war ich so ein 
Trottel, mir alles das bieten zu lassen? Aber wie das so ist: 

Man resigniert mit der Zeit und trottet stupid weiter. Wie 
anders es sein kann, habe ich ja in meiner zweiten Ehe 
erfahren können. Jetzt bin ich doch wieder ein Mensch, der 
Achtung vor sich selbst haben darf. Und das verdanke ich 
nur dem Fraule hier.« Er griff nach ihrer Hand und drückte 
zärtlich die Lippen darauf. 
»Glauben Sie ihm nicht, Baron«, lächelte sie. »Er übertreibt 
fürchterlich. Wenn ich ihm nur helfen könnte, ihn mit 
seiner Tochter wieder zusammenzubringen, aber leider 
steht das nicht in meiner Macht, weil jeder Versuch an dem 
Starrsinn der jungen Dame scheitern würde.« 
»Starrsinn, das ist das richtige Wort dafür, Irene. Zweimal 

habe ich dem Gör schon geschrieben – aber die Briefe 
kamen zurück. Was habe ich denn schon Böses getan, daß 
sie annimmt, mich verachten zu müssen? Ich bin ja nicht 
der erste Mann, der eine zweite Ehe einging und werde 
nicht der letzte sein. Anstatt, daß sich so ein verstocktes 
Ding an uns anschließt, da sitzt es wie von aller Welt 
verlassen allein in dem großen Haus, schindet und rackert 
sich ab, ohne sich auch nur das kleinste Vergnügen zu 
gönnen. Vertrauert seine schönsten Jugendjahre und wird 
vor der Zeit alt. Wenn ich nur nicht die Eselei begangen 
und mit ihrer Mündigkeitserklärung einverstanden gewesen 
wäre, als sie nach dem Tode ihrer Mutter Herrin von 

Schlehdorn wurde. Dann würde ich schon ganz anders 
vorgehen. Aber so bin ich leider machtlos.« 
»Dann müssen Sie die junge Dame gewähren lassen«, 
meinte Hartger achselzuckend. »Sie ist eben anders als 
junge Mädchen ihres Alters. Eine Einsiedlernatur, die sich 
wohl dabei fühlt.« 
»Wie kommen Sie mit ihr aus?« 
»Gut, weil ich ja nur geschäftlich mit ihr zu tun habe. Sie 
möchte mich schön ansehen, wenn ich mich in ihre 
Privatangelegenheiten mischen würde.« 
»Aber in wirtschaftlicher Hinsicht tun Sie es um so mehr«, 

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zwinkerte der andere ihm verschmitzt zu. »Ich glaube 
nicht, daß ihre Herrinnenwürde noch fest steht; denn in 

Wirklichkeit sind Sie doch die Respektsperson auf 
Schlehdorn.« 
»Das dürfte nicht ganz stimmen, Herr Gerholt. Die 
Gutsherrin versteht nämlich eine ganze Menge von der 
Landwirtschaft und läßt sich sobald nichts vormachen…« 
»Und wäre trotzdem aufgeschmissen, wenn sie ihren 
tüchtigen Oberinspektor nicht zur Seite hätte«, warf der 
Hausherr trocken ein. »Wie bin ich doch froh, daß ich Sie 
überreden konnte, nach Schlehdorn zu gehen. Allerdings 
hatte der Bethener Haßler dabei schon sehr gute Vorarbeit 
geleistet oder nicht?« 
»Das kann man wohl sagen. Die junge Dame muß 

irgendwie sein Herz gerührt haben,  weil  er  sich  so  für  sie 
einsetzte.« 
»Tat sie: Er hat nämlich gesehen, wie sie weinend aus dem 
Polizeigebäude kam, als die Halunken ihr mit der 
Gutskasse durchgebrannt waren. Da muß sie schon sehr 
verzweifelt gewesen sein. Denn Tränen bei meiner Tochter 
sind eine große Seltenheit. Wissen Sie übrigens, daß man 
die erbärmlichen Wichte gefaßt hat und ihnen noch fast 
das ganze Geld abnehmen konnte?« 
»Nein, über solche Dinge spricht die Herrin mit ihrem 
Inspektor nicht. Aber was kommt denn da für ein reizendes 
Dirndlein angesprungen?« Er zeigte in den Park hinab, wo 

ein Mädchen den Weg entlang lief. 
»Das ist unsere Jüngste«, erklärte Gerholt stolz. »Dann 
werden die andern nicht mehr weit sein.« 
Und tatsächlich tauchten noch zwei weitere Gestalten auf, 
nahmen die Stufen der Terrasse im Sturm und standen 
beim Anblick des ihnen fremden Gastes verlegen still. 
»Nun kommt schon her«, ermunterte der Vater. »Begrüßt 
den Herrn Baron von Elchstorff. Das ist unsere Tochter 
Irmela, das die Roselind und das unser Sohn Bernd. Setzt 
euch, ihr Bande. Hunger?« 
»Ja…!« kam es dreistimmig zurück. Mit Wohlgefallen 

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ruhten Hartgers Augen auf den Kindern des Hauses. Ein 
prächtiger Bursche, hübsch und anscheinend sehr 

intelligent. Das Backfischchen entzückend mit dem 
blonden Lockenkopf, den strahlenden Augen in dem 
feinen Gesichtchen und der zierlichen Gestalt. Der Name 
Roselind paßte wie für sie geschaffen. Die kleine Irmela, 
süß und lieb mit ihrem molligen Kinderfigürchen, den 
braunen Ringellocken und den hellgrauen Augen war ganz 
der Mutter Ebenbild. Kein Wunder, daß Herr Gerholt die 
prächtigen Kinder so liebevoll betrachtete. 
»Könnte Alheidis nun nicht auch hier sein. Wie schön wäre 
dann alles – für sie und auch für uns.« 
»Hol sie doch her, Paps«, riet Irmela in ihrer Unschuld, und 
da mußten die andern ziemlich lachen. 

Man wählte ein anderes Gespräch, weil es nie guttut, in 
Gegenwart von Kindern schwerwiegende Probleme lösen 
zu wollen. 
»Nun, Herr Schraut, wie ist es nun in Ihren Büchern mit 
dem ›Gehabt und Gesollt‹?« fragte Hartger an einem 
Herbstabend den Rentmeister, mit dem er bei einer Flasche 
Wein gemütlich zusammensaß. »Was ist nun 
überwiegend?« 
»Gott sei Dank das ›Gehabt‹«, gab er vergnügt zur Antwort. 
»Zwar nur mäßig, aber besser als andersrum. Ich hoffe, daß 
wir nach der nächsten Ernte eine Null mehr dranhängen 
können. Was Sie aus diesem Schlehdorn gemacht haben, 

das steht wohl einzig da, Baron.« 
»Na, nun mal langsam, mein Freund. Lassen Sie das bloß 
nicht unsere Herrin hören. Sie ist es ja schließlich gewesen, 
die den Besitz mit ihrem Geld flottgemacht hat. Ich glaube, 
sie besitzt auf ihrem Bankkonto keine Mark mehr, so hat 
sie die Sanierung des Gutes ausgeplündert. Hut ab vor ihr!« 
»Den halte ich schon längst in der Hand. Dafür sitzt nun 
auf meinem Kopf ein Stein, der mich zu Boden drücken 
will.« 
»Denn mal den Kopf geschüttelt und herunter damit!« 
»Wenn das so einfach wäre. Ich möchte nämlich heiraten«, 

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kam es so kläglich heraus, daß der andere amüsiert lachte. 
»Ist denn das so weinerlich?« 

»O ja, mein Herz weint, meine süße Kleine weint, weil sie 
den glatten Reif noch immer an dem Finger der linken 
Hand tragen muß – kurz und gut: Das ganze Leben ist zum 
Weinen.« 
»Hat die Weinerei etwa der Wein bewirkt, dem Sie so tapfer 
zusprechen?« neckte Hartger. »Heiraten ist doch so einfach 
in Ihrem Fall. Eine Eingabe an die Gutsherrin um Erlaubnis 
zum Ehejoch, und schon klappt der Laden.« 
»Meinen Sie?« 
»Ich meine.« 
»Ich habe aber Angst.« 
»Vor wem denn? Etwa vor dem kleinen Mädchen da 

drüben?« 
»Leider. Wenn man die Dame nämlich mit 
Sonderwünschen belästigt, kann sie einen so verflixt 
ansehen, daß man sich ganz dämlich vorkommt. Die mit 
Ihrer Gletscherkühle wird es bestimmt nicht verstehen 
können, daß der Mensch neben seiner Arbeit auch noch 
etwas fürs Herz braucht. Daß man sich nach des Tages Müh 
und Plage in einer gemütlichen Häuslichkeit erholen will. 
Apropos Häuslichkeit! Dafür ist hier keine Gelegenheit 
geschaffen, weil die Rentmeister vor mir alle unverheiratet 
waren.« 
»Dafür steht die Wohnung leer, die mir zukommt. Darin 

kann ein junges Paar sich bequem sein gemütliches 
Nestchen bauen und später noch einige Junge atzen.« 
»Hm – und Sie, Baron? Wenn Sie sich ein Nestchen bauen 
wollen, wo geschieht das?« 
»Lieber Freund, meine Freiheit ist mir so lieb, daß ich 
Nestpflichten nicht auf mich nehmen will.« 
»Bis die richtige Schwälbin gefunden ist«, warf der andere 
trocken ein. »Bis vor einem Jahr hatte ich nämlich genau 
denselben Freiheitsdrang. Aber da flog mir das 
Schwälbchen aus dem Hulter Nest in die Flugbahn – und 
schon sind meine Flügel geschrammt.« 

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»Also das Töchterrein des Oberinspektors von Elchen ist’s«, 
schmunzelte Hartger. »Keinen schlechten Geschmack 

bewiesen. Die kleine Evelyn ist reizend.« 
»Danke, freut mich. Und nun zum Kern der Sache: Wollen 
Sie bei unserer Herrin ein gutes Wort für mich einlegen, 
Baron?« 
»Nein, Herr Schraut, das müssen Sie schon allein 
ausfechten. Möchte ja einen komischen Eindruck machen, 
wenn Sie einen Vormund vorschicken wollten.« 
»Aber auf Ihre Fürsprache darf ich rechnen?« 
»Wenn mir dazu Gelegenheit gegeben wird, gern. Aber Sie 
kennen ja unsere selbstbewußte Herrin, die über derartige 
Dinge ganz allein entscheidet.« 
Daher überraschte es ihn, daß Alheidis einige Tage später, 

als sie an einem abgeernteten Feld entlangritten, um es für 
die Bestellung einzuteilen, ganz unvermittelt sagte: 
»Der Rentmeister hat mich in einem Schreiben um 
Heiratsbewilligung gebeten. Was halten Sie davon, Herr 
Oberinspekor?« 
»Daß Sie diese ruhig befürworten können, gnädiges 
Fräulein. Ich kenne die Braut Herrn Schauts, er hat gut 
gewählt.« 
»Die Wahl des Rentmeisters interessiert mich nicht. Ich 
habe durchaus nichts dagegen, daß er heiratet. Ich weiß 
nur nicht, wie ich ihm eine ausreichende Wohnung 
beschaffen soll.« 

»Die mir Zukommende steht leer, gnädiges Fräulein.« 
»Ja, gewiß – aber wenn Sie diese eines Tages benötigen 
sollten?« 
»Vorläufig ist das nicht zu erwarten. Und wenn ich 
tatsächlich einmal heiraten sollte, dann bliebe ich sowieso 
nicht hier. Ich trage mich nämlich mit dem Gedanken, 
mich selbständig zu machen, sobald mein Bruder in der 
Lage ist, mir mein Erbteil auszahlen zu können.« 
»So, das ändert die Sachlage. Ich danke Ihnen, Herr 
Oberinspektor.« 
»Keine Ursache, gnädiges Fräulein.« 

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Am selben Abend noch kam der Rentmeister 
freudestrahlend in das Zimmer des Oberinspektors 

gestürmt. »Hurra, ich darf heiraten!« 
»Herzlichen Glückwunsch. Also hat’s geklappt?« 
»Ohne weiteres. Zwei Wochen Heiratsurlaub sind mir 
zugebilligt. Nun nichts wie das Aufgebot bestellt – dann 
rein ins Ehejoch…« 
»Ein Reinfall wird es doch«, setzte Hartger lachend hinzu. 
»Fressen Sie mich bloß nicht, Ingo – ich bin ganz still.« 
»Oh, über diesen Spötter! Aber ich will gnädig sein und 
Ihnen ein warmes Plätzchen an Heim und Herd zusagen, 
weil Sie so großzügig waren, mir die Ihnen zustehende 
Wohnung abzutreten. Himmel, was hab ich für eine 
Freude…« 

Schon war er hinaus, und Elchstorff sah ihm 
kopfschüttelnd nach. Muß nicht zu knapp verliebt sein, der 
gute Junge, daß ihn die Aussicht, die Liebste heimführen zu 
können, ihn einen Freudentaumel versetzt. Zwar 
unbegreiflich, aber das war ja manches im Leben. 
Eine Woche später wurde in Kiwitten der Geburtstag des 
Hausherrn gefeiert, wozu auch Hartger Elchstorff geladen 
war. Da er für diesen Besuch kein Gefährt des Gutes 
nehmen wollte und im Gesellschaftsanzug nicht reiten 
konnte, schickte Gerholt ihm sein Auto. Alheidis, die 
Wagen nebst Fahrer kannte, stand vor dem Portal, als der 
Oberinspektor auftauchte und dem Chauffeur freundlich 

zunickte. 
»Ist es nicht noch ein wenig früh, mein lieber Heinz?« 
»Nein, Herr Baron. Herr Major gab die Zeit an, weil er 
seinen liebsten Gast noch ein wenig für sich allein haben 
möchte, ehe die anderen Gäste eintreffen.« 
»Das Vergnügen soll er haben.« 
Nun hatte er Alheidis entdeckt, zog den Hut und stieg in 
den Wagen, dem sie wie entgeistert nachstarrte. 
Am nächsten Tage, einem Sonntag, bekam sie Elchstorff 
nicht zu Gesicht, doch der Tag darauf, als sie mit ihm 
zusammentraf, stellte sie ihn zur Rede: 

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»Sie waren am Sonnabendnachmittag in Kiwitten, Herr 
Oberinspektor?« 

»Ja, gnädiges Fräulein, weil dieser Nachmittag ja arbeitsfrei 
ist.« 
»So meine ich es nicht«, winkte sie herrisch ab. »Mir paßt es 
nicht, daß Sie mit den Leuten dort Verkehr pflegen.« 
Sein Gesicht wurde hart, die Augen darin blitzten wie 
blanke Kiesel. Die Stimme klang eiskalt, als er scharfbetont 
sagte: »Unter den ›Leuten‹ befindet sich auch Ihr Vater, 
mein gnädiges Fräulein. Und dann – überhaupt – diese 
Einmischung in meine Privatangelegenheit möchte ich mir 
doch ernstlich verbitten. Während der Dienststunden 
können Sie über Ihren Angestellten natürlich gebieten - 
aber nicht während seiner Freizeit…« 

Brüsk wandte sie sich ab, ging davon, und er sah ihr nach, 
halb ärgerlich, halb erheitert. 
So darfst du mir natürlich nicht kommen, mein 
hochmütiges Kind, dann sind wir bald geschiedene Leute. 
Nun gerade! 
Er schaffte sich einen schnittigen Zweisitzer an und fuhr 
jeden Sonntag nach Kiwitten. Da es um diese Jahreszeit 
früh dunkelte, gab es auch frühen Feierabend. Dann suchte 
er Zerstreuung in der Stadt oder saß in der gemütlichen 
Wohnung des Rentmeisters. Wenn die junge Frau Lust 
verspürte, ins Theater oder ins Kino zu gehen, stand ihr das 
Auto Hartgers zur Verfügung. Der junge Ehemann klemmte 

sich in den Notsitz und war kreuzfidel dabei. Es fiel den 
drei Menschen gar nicht ein, ihr Leben zu vertrauern, wie 
die Herrin von Schlehdorn es tat. Mochte die in ihrem 
feudalen Haus versauern, was ging sie das an? 
Der Winter brachte dann auch seine Freuden. Die 
spiegelblanke Eisfläche des Sees lockte zum 
Schlittschuhlauf, Skigelände gab es auch, zwischendurch 
machte das Rodeln Spaß, und abends war es im warmen 
Zimmer urbehaglich. Die Bratäpfel brutzelten, der Grog 
dampfte auf dem Tisch. Man musizierte, spielte Skat, 
Schach, vertrieb sich jedenfalls seine Freizeit auf 

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angenehme Weise. 
Das Weihnachtsfest rückte immer näher, und endlich war 

es da. Und was auf Schlehdorn noch niemand erlebt hatte, 
das traf jetzt ein. Die Bescherung im Herrenhause. Die 
Beamten des Hauptgutes, der Vorwerke, der Forst, sie alle 
mit ihren Angehörigen, sämtliche Arbeiter mit Kind und 
Kegel waren dazu geladen. Festlich gekleidet erschien man 
am Nachmittag und wartete voll Neugier der Dinge, die da 
kommen sollten. 
Mitten in dem Saal stand eine riesengroße 
buntgeschmückte Tanne. Zweimal im Viereck zogen sich 
lange Tische darum, die mit glitzernden Bäumchen bestellt 
waren. Zwischendurch häufte sich Spielkram für die 
Kinder, praktische Dinge für die Frauen, für die Männer 

Rauchwaren und Likör. Daneben lag ein Umschlag mit 
einem Monatsgehalt. 
Ja, da war man denn doch sozusagen platt. Wenn man in 
dem verflossenen halben Jahr auf Schlehdorn auch 
Überraschungen am laufenden Band gewohnt war, diese 
jedoch setzte allem die Krone auf. 
Frohbewegt sah man der Gutsherrin entgegen, die wie eine 
Lichtgestalt im Saal erschien. Ein weißes Kleid floß in 
weichen Falten bis zu den Füßen hinab, in der Taille 
schlicht durch einen Goldgürtel gehalten. Das eigenartige 
Haar fiel wie eine Welle aus schimmernder Seide über den 
Nacken, die Augen leuchteten aus dem zarten Antlitz gleich 

kostbaren Steinen, um den hochmütigen Mund lag heute 
ein bezauberndes Lächeln. 
»Wie ein leibhaftiges Weihnachtsengelchen«, klang die 
Stimme einer alten Frau vernehmlich durch die andächtige 
Stille. Und die Gestalt erschien auch tatsächlich wie aus 
einer anderen Welt, die sich an das Harmonium setzte und 
das alte und doch ewig neue Lied von der stillen und 
heiligen Nacht ¦spielte,^ wobei zuerst zaghaft dann immer 
sicherer, die Stimmen einfielen. 
»Fröhliche Weihnacht wünsche ich allen. Nehmen Sie alles 
so freudig hin, wie ich es aufgebaut habe. Auf jedem Platz 

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liegt ein Kärtchen mit Namen«, sagte Alheidis dann. 
Das gab nun ein eifriges Suchen, bis jeder das Seine 

gefunden hatte. Die Kinder jubelten, die Erwachsenen 
lachten fröhlich. Eine Oma weinte, als wäre ihr ein Leid 
geschehen, als sie die nun ihr gehörende Schürze probierte. 
Und noch sollte die Überraschung nicht zu Ende sein… 
»Packen Sie die Sachen bitte zusammen, damit später gar 
kein Durcheinander aufkommen kann«, verkündete die 
Herrin. »Dann seien Sie bitte meine Gäste beim 
Weihnachtsmahl.« 
Hurtig wurden die Geschenke verstaut, und dann ging es in 
die Räume, wo wieder festlich geschmückte Tafeln standen. 
In einem für die Erwachsenen, im anderen für die Kinder. 
»Halten Sie mir hier am Ende einen Platz frei«, raunte der 

Oberinspektor dem Rentmeister zu. »Ich muß rasch mal 
telefonieren.« 
Er schlich sich fort zum Arbeitszimmer der Gutsherrin hin, 
das heute still und öde dalag. Wählte eine Nummer und 
sprach denn: 
»Sind Sie es, Herr Gerholt? Hier Elchstorff…« 
»Ja, Menschenskind, wo bleiben Sie bloß!« kam es 
aufgeregt vom anderen Ende. »Wir können die Kinder 
kaum noch bändigen.« 
»Bescheren Sie bitte ohne mich, ich bin jetzt hier 
unabkömmlich. Große Bescherung vorüber, nun 
allgemeines Essen. Ich darf unmöglich dabei fehlen.« 

»Jammerschade. Wie lange wird es dauern?« 
»Keine Ahnung.« 
»Hören Sie zu, mein Freund: Sie kommen unter allen 
Umständen noch hierher, und wenn es spät in der Nacht 
sein sollte. Wir erwarten Sie auf jeden Fall.« 
»Ich komme. Auf Wiedersehen.« 
Er hängte ab und schlich dann an die Tafel zurück, wo man 
sich inzwischen zwanglos gruppiert hatte. Ganz am Ende 
bemerkte er einen freien Stuhl. Auf dem danebenstehenden 
saß Evelyn Schraut und winkte ihm. 
»Gott sei Dank, daß Sie kommen«, lachte sie ihn an. »Es 

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war nicht leicht, den Platz für Sie freizuhalten. Als wenn er 
besondere Anziehungskraft hätte, so steuerten die meisten 

auf ihn zu.« 
»Kunststück, bei dem reizenden Magnet«, schmunzelte er. 
»Wo ist der Herr Gemahl?« 
»Dort sitzt er. Er wurde von dem Menschenstrom erfaßt 
und abgedrängt.« 
»Schade?« 
»Keine Spur. Ich habe in Ihnen ja einen fast vollwertigen 
Ersatz«, blinzelte sie ihm spitzbübisch zu. »Mag mein 
Tyrann nur eifersüchtig werden, das kann seiner 
Selbstherrlichkeit nichts schaden.« 
»Reizende kleine Kanaille«, lachte er. »Ganz entzückend 
schauen Sie aus.« 

»Plumpes Kompliment. Aber was sagen Sie zu der heutigen 
Überraschung? Da kann man tatsächlich aus den Schlorren 
kippen.« 
»Wenn ich welche anhätte, wäre ich es schon längst. Ja, ja, 
es geschehen noch Zeichen und Wunder.« 
»Es muß doch eine Riesenarbeit gemacht haben, das alles 
zu arrangieren. Und dabei so ganz heimlich, still und leise. 
Ich kann mich gar nicht sattsehen an der wunderschönen 
Erscheinung dort oben am Tisch.« 
»So neidlos erkennen Sie das an? Alle Achtung für eine 
Frau.« 
»Nun werden Sie nur nicht spöttisch, mein lieber Herr 

Baron«, lachte sie vergnügt. »Ich besitze nicht so viel 
Größenwahn, um mich mit dieser Schönheit etwa 
vergleichen zu wollen. In ihrer Haut möchte ich trotzdem 
nicht stecken, um alles nicht! Ich fühle mich in der meinen 
weniger betörenden entschieden wohler. Schauen Sie nur, 
wie die beiden Volontäre sie verzückt anstarren. Wenn das 
heute nur nicht gebrochene Herzen gibt.« 
»Gönnen wir ihnen das Vergnügen, wenden wir uns lieber 
den lukullischen Genüssen zu, die soeben nahen.« 
Das Essen war vorzüglich zusammengesetzt. Dazu gab es 
Wein, dem man eifrig zusprach und dabei die anfängliche 

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Befangenheit verlor. Die Fröhlichkeit stieg, und selbst die 
alten Omas, die sich sehr geehrt fühlten, an einer so 

festlich gedeckten Tafel sitzen zu dürfen und von livrierten 
Dienern bedient zu werden, wurden fidel. 
Man prostete der Gastgeberin immer wieder zu, die mit 
dem bezaubernden Lächeln, das heute kaum von ihrem 
Gesicht schwand, Bescheid gab. Auch dem Oberinspektor 
hob man oft das Glas entgegen, obgleich er sich so 
unbemerkt wie möglich machte. Er amüsierte sich über die 
Menschen, die, nachdem der Wein ihre Zungen gelöst, aus 
sich herausgingen und mit ihrem Mutterwitz für Stimmung 
sorgten. Daß niemand dabei aus der Rolle fiel, zeugte von 
ihrer Diszipliniertheit. 
In Kiwitten wurde Hartger von Elchstorff mit kaum 

zähmbarer Ungeduld erwartet. 
»Aber wirklich, Onkel Hartger, das ist gar nicht recht von 
dir, daß du so sehr spät kommst«, begrüßte Irmela ihn 
vorwurfsvoll. »Wir sind vor Ungeduld schon ganz 
kribbelig.« 
»Trotz der Geschenke?« neckte er. 
»Wir haben doch noch gar nicht beschert. Ohne dich 
mochten wir das nicht, weil du doch zur Familie gehörst.« 
»Ja, da staunen Sie«, schmunzelte Gerholt. »Die Bande 
meuterte einfach, als wir ohne Sie mit der Feier beginnen 
wollten.« 
»Das ist ja direkt rührend. Wie soll ich das wohl 

wettmachen?« 
»Hast du schon, weil du da bist. Hörst du das Glöcklein? 
Komm schnell…« Die Kleine zog ihn in das große Zimmer, 
wo die Weihnachtskerzen auf der glitzernden Tanne 
strahlten. Und wie vorhin Alheidis, so spielte jetzt Irene das 
Weihnachtslied. 
Dann mußte die Jüngste ihr Gedicht aufsagen, was sehr 
aufgeregt aber ohne zu stocken vor sich ging. Anschließend 
sangen die drei Kinder des Hauses ein reizendes 
Weihnachtsliedchen, wozu die Mutter sie auf dem Klavier 
begleitete – und dann durfte man endlich seine Geschenke 

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in Augenschein nehmen. Das gab hellen Jubel, als jeder 
gerade das vorfand, was er sich sehnlichst gewünscht, wozu 

auch der Gast seinen Teil beigetragen hatte. Dafür wurde 
auch er von allen Seiten bedacht, was ein Gefühl der 
Rührung in ihm aufkommen ließ. 
Die beiden Mädchen hatten ihre Fingerlein mit kleinen 
Handarbeiten abgemüht, Bernd ihm eine herrliche Pfeife 
geschnitzt, der Hausherr stiftete erstklassigen Tabak dazu, 
und die Hausherrin hatte ihm einen wunderhübschen 
Pullover gestrickt, dazu tausend gute Wünsche mit hinein, 
wie sie mit ihrem Lächeln versicherte. 
»Ich bin über die reichen Gaben ja ordentlich beschämt«, 
lachte er verlegen, wogegen man entrüstet Protest erhob. 
»Und die wunderschöne Puppe, die ich von dir bekommen 

habe, ist die wohl nichts?« rief Irmela. 
»Und nach der ein gewisses kleines Mädchen sich das 
Naschen am Schaufenster des Spielwarengeschäfts 
plattgedrückt hat«, ergänzte der Vater schmunzelnd. »Und 
die Flinte, nach der ich schon längst liebäugelte – « 
»Und mein süßes Necessaire!« erhob Roselind ihre 
Stimme. 
»Und mein prima Fotoapparat!« schrie Bernd. 
»Und das kostbare Porzellan?« meldete sich die Hausfrau 
zum Wort. »Das alles ist wohl nichts, wie? Das kam uns 
alles so mir nichts dir nichts ins Haus geschneit, mit den 
kargen Worten: Vom Weihnachtsmann. Aber ich kenne ja 

Ihre Schrift, mein Lieber…« 
»Ach was, ich sage du«, lachte sie fröhlich. »Ja, Hartger?« 
»Ein liebes Weihnachtsgeschenk, Irene. Ich danke dir.« 
»So – und ich soll mich wohl mit dem förmlichen ›Herr 
Gerholt‹ zufrieden geben? Nichts da, mein Junge, ich 
könnte dein Vater sein.« 
»Ziemlich früh, aber soll auch schon mal vorkommen«, 
lachte Hartger herzlich. »Kinder, ist das schön bei euch!« 
»Das kommt davon, wenn man einen so lieben Hausgeist 
hat.« Edgar streichelte zärtlich die Wange Irenes. »Hast alles 
ganz wunderbar arrangiert, Fraule. Nun lege doch mit 

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deiner Weihnachtsbowle Ehre ein. Dazu wünschen wir 
lukullische Schnitten, weil wir beim Abendessen vor lauter 

Aufregung fast nichts genießen konnten.« 
Bald saß man gemütlich beisammen, aß, trank und 
plauderte fröhlich. Das Jungvolk bestaunte zwischendurch 
immer wieder die Geschenke, scharte sich dann um den 
Gast und hörte gespannt zu, was er von der Feier in 
Schlehdorn erzählte. 
»Wie sah Alheidis denn aus?« erkundigte sich das 
Backfischchen neugierig. 
»Um mit der alten gerührten Oma zu sprechen: Wie ein 
leibhaftiges Weihnachtsengelchen. Hast eine wirklich 
schöne Tochter, Edgar.« 
»Kunststück, bei dem Vater«, schmunzelte er. »Sie macht 

sich, meine Kleine. Wenn mir einer vor einem Jahr gesagt 
hätte, daß sie sich so leutselig geben könnte, den hätte ich 
wohl dämlich angesehen. Aber sag mal, Junge, wenn du sie 
dazu bringen konntest, sich so zu überwinden, dann…« 
»Halt!« fuhr er ihm in die Rede. »Daran habe ich keinen 
Teil. Ganz allein hat sie das alles vorbereitet, was uns vor 
Überraschung fast aus den Schlorren kippen ließ, wie es die 
kleine Frau Schraut bezeichnete.« 
»Du hast tatsächlich nichts davon gewußt?« 
»Nein. Ich war genauso überrascht wie alle andern.« 
»Mit Alheidis muß sich irgendwie eine Wandlung 
vollzogen haben«, sagte der Vater nachdenklich. »Denn es 

ist noch nie dagewesen, daß auf Schlehdorn eine 
Leutebescherung stattgefunden hat. Nicht mit der 
geringsten Kleinigkeit wurde man dort bedacht. Und nun 
Geschenke, ein Monatsgehalt und ein Festmahl noch dazu, 
darüber muß ich mich sehr wundern. Wo sie doch sonst so 
zugeknöpfte Taschen hat, ist diese große Ausgabe aller 
Anerkennung wert. Dazu kommt noch die Riesenarbeit, die 
sie mit den Vorbereitungen gehabt hat. Zum erstenmal 
habe ich allen Grund, stolz auf meine Tochter zu sein. 
Und nun will ich auch aussprechen, woran du mich vorhin 
hindertest, Hartger. Wenn du schon so viel bei Alheidis 

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erreicht hast, das mit der Restaurierung Schlehdorns und 
so, könnte es dir da nicht auch noch gelingen, sie uns hier 

zuzuführen?« 
»Der Hoffnung gib dich nicht hin, Edgar«, antwortete er 
entschiedenen Tones. »Ich will es nicht abstreiten, daß sie 
bei manchem, was Schlehdorn betrifft, auf mich hört. Aber 
eine Einmischung in ihre Privatangelegenheit, das würde 
sie sich doch sehr energisch verbitten. Du kennst sie ja und 
weißt daher, wie unnahbar und hochmütig sie ist.« 
»Leider«, grollte der Vater. »So ein törichtes Kind! Anstatt 
hier froh mit uns zu feiern, sitzt es wie ein kleiner Uhu in 
seinem einsamen Nest. Na, lassen wir uns deshalb die 
vergnügte Laune nicht verderben. Prosit allerseits! 
Schmeckt recht lieblich, das Zeug. Besüffeln wir uns ruhig 

daran. Ans Steuer brauchst du dich ja nicht zu setzen, 
Hartger. Es ist Ehrensache, daß du über die Feiertage hier 
bleibst.« 
»Ach ja, Onkelchen«, umhalste Irmela ihn recht stürmisch. 
»Weißt du was? Morgen holen wir beide unsere große 
Schwester her.« 
»Du teure Unschuld«, lachte der Vater. »Hast du eine 
Ahnung von deren Starrsinn!« 
»Man müßte sie einfach entführen«, riet Bernd forsch. 
»Auf einem weißen Roß«, spann die eifrige Märchenleserin 
Irmela entzückt weiter, um dann bekümmert 
hinzuzusetzen: »Aber als Prinz bist du nicht schön genug, 

Bernd.« 
Vorwurfsvoll sah sie die Lachenden an, die so gar keinen 
Sinn für das Märchenhafte hatten. Ging dann zu ihrer 
Puppe zurück, um sie zum…zigsten Male freudestrahlend 
zu bewundern. 
Da es heute für das junge Volk keine Polizeistunde gab, 
blieb es bis zum Aufbruch im Familienkreis. So richtig 
müd-gefreut suchte es die Betten auf, wie alle andern im 
Hause es auch taten. 
Nach gemütlich verlebten Feiertagen kehrte Hartger nach 
Schlehdorn zurück, um dort wieder auf dem Posten zu 

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sein. Silvester und Neujahr feierte er gleichfalls in Kiwitten 
– und dann begann der graue Alltag, der eigentlich auch 

ganz beschaulich war, weil es winterüber für den Landwirt 
keine hetzende Arbeit gibt. 
Mitte Januar nahm Elchstorff seinen Urlaub, um in Ruhe 
Privatangelegenheiten regeln zu können, verbrachte den 
Rest von drei Wochen in der Sonne des Südens und kehrte 
frisch und braungebrannt nach Schlehdorn zurück, wo das 
Ehepaar Schraut ihn schon ungeduldig erwartete. 
»Endlich sind Sie wieder da, Herr Baron«, empfing die 
junge Frau ihn strahlend. »Ohne Sie war es kein Leben hier. 
Wir kamen uns alle vor wie Schafe ohne Hirt.« 
»Hauptsächlich dieses weiße Lämmchen«, neckte der Gatte. 
»Das kommt davon, wenn man so einen schneidigen Kerl 

als Hausfreund duldet. 
Übrigens hat Herr Gerholt wiederholt fernmündlich 
angefragt, ob Sie noch immer nicht zurück wären. Dort 
scheint man auch nicht ohne Sie leben zu können. Nur 
unsere Herrin vermißte Sie nicht. Weiß der liebe Himmel, 
was die so in ihren Mußestunden treibt. Ohne auch nur die 
kleinste Veranstaltung zu besuchen, lebt sie dahin. Pflegt 
keinen nachbarlichen Verkehr, hat nie Gäste, keine 
Freundin, keine Herrenbekanntschaft. Die wird bestimmt 
als alte verschrobene Jungfer dereinst in die Grube fahren.« 
»Bewerben Sie sich doch um den Posten eines mâitre de 
plaisir«, schlug Hartger vor. 

»Vielleicht tun Sie das, mein spöttischer Herr Baron.« 
»Gott soll mich bewahren! Ich gehe lieber allein meinem 
Amüsement nach. Allenfalls würde ich noch diese 
spitzbübische kleine Frau hier dazu mitnehmen. Wie wär’s 
zum Beispiel am Rosenmontag in der Redoute? Sie gehen 
am besten als Othello, Herr Schraut.« 
»Ich aber nicht als Desdemona«, wehrte Evelyn lachend ab. 
»Sondern?« 
»Als Circe.« 
»Das überlaß nur getrost dem Fräulein Gerholt«, meinte 
Ingo trocken, doch Hartger war anderer Ansicht. 

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»Circe? Nein, dazu ist sie zu langweilig. Die junge Dame 
würde sich eher zur Vesta eignen, weil sie doch ohnehin so 

treu Heim und Herd hütet.« 
Am Rosenmontag flatterte Evelyn als reizende Libelle durch 
das närrische bunte Völkchen, während Ingo als 
Eulenspiegel allerlei Schabernack trieb. Gegenseitig hielten 
sie Ausschau nach Carmen und Torero, wie sie Kostüme 
vereinbart, in aller Heimlichkeit jedoch andere besorgt 
hatten. Von den erstgenannten gab es einige und nun galt 
es, die richtigen davon herauszufinden. Zwischendurch 
versuchten sie Hartger Elchstorff in dem Wirrwarr zu 
erspähen. Allein, seiner Statur gab es verschiedene, die 
Masken verdeckten die Gesichter – schwierige 
Angelegenheit. 

Währenddessen machte ein Cowboy die Umgebung 
unsicher, indem er die Masken, die ihm gefielen, geschickt 
mit dem Lasso einfing. Überall,  wo  er  auftauchte,  gab  es 
jubelndes Lachen. Gern ließ man sich einfangen, um sich 
dann mit dem verwegenen Burschen im Tanz zu wiegen. 
Als Lösegeld forderte er eine Blume oder ein ähnliches 
Requisit, mit dem er seinen breiten Hut schmückte. 
Lockten die roten Lippen verlangend zu ihm empor, 
drückte er die seinen darauf, entzogen sie sich spröde, ließ 
er es bleiben. Wollte man ihn fangen, entwand er sich mit 
fabelhaftem Geschick, tauchte immer da auf, wo man ihn 
nicht vermutete und hielt so die weiblichen Masken in 

Atem. 
Es war leicht für ihn, immer wieder zu entwetzen, weil ja 
nicht nur in einem Raum getrubelt wurde. An fünf Stellen 
gab es Musik und närrische Menschen- und überall 
schwang der freche Cowboy sein Lasso mit Treffsicherheit. 
Wo es das größte Hallo gab, da konnte man ihn finden. 
Eben fing er sich ein Libellchen ein, das lachend an der 
breiten Brust landete. Ein starker Arm umschlang die Taille, 
die seidenbeschuhten Füßchen wirbelten über das Parkett, 
die schelmischen Braunaugen blitzten durch die Löcher der 
Maske. 

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Der Cowboy lachte in sich hinein. Also hatte er doch 
richtig getippt. So ein Rackerchen! 

Aber warum versuchte der listige Eulenspiegel, einer 
Carmen die Maske zu lüften, was ihm einen Klaps auf die 
vorwitzigen Finger eintrug. 
Olala, nun war der verwegene Wildwestler im Bilde! 
Eulenspiegel, du befindest dich auf falscher Fährte. Was du 
suchtest, das halte ich im Arm. Hei, wie war das heute so 
närrische Leben schön! 
Als er sich bückte, um seinen Mund auf die jungroten 
Lippen zu drücken, da entwand sich ihm das Insektchen 
blitzschnell und war im Gewühl verschwunden. 
Wenn nicht, dann nicht! Suche ich mir etwas anderes fürs 
Herz. Aber zuerst einmal ein Glas Sekt in die heute so 

durstige Kehle gegossen. 
In die Bar zu gehen wagte er nicht, weil man ihn da zu sehr 
bestürmt hätte. Aber da kam ihm ein Ober in den Weg, der 
auf einem Tablett gefüllte Sektkelche trug. Schon hatte der 
Cowboy einen in der Hand, warf dem verblüfften Mann 
ein Geldstück zu und entwetzte lachend mit seinem Raub 
in den nächsten Raum. 
Oh, das war ja hier eine ganz idyllische Angelegenheit. So 
recht etwas für verliebte Leute, die stille Verträumtheit dem 
lauten Trubel vorzogen. Selbstvergessen drehten sich einige 
Paare nach der Musik, die weich und zärtlich von irgendwo 
aufklang. Das gedämpfte Licht ließ alles ringsum fast 

unwirklich schön erscheinen. 
Also eine kleine Insel der Seligen stellte der Cowboy 
schmunzelnd fest. Hier lohnte es nicht, das Lasso zu 
werfen, weil die männlichen Masken ihn lynchen würden, 
wenn er ihnen die weiblichen aus dem Arm zog. 
Aber was drückte sich dort in der Ecke so scheu herum? 
Unverkennbar ein Veilchen. 
Warte, mein feines Blümelein, du sollst bald nicht mehr im 
Verborgenen blühen – lachte er in sich hinein, pirschte sich 
hinter den Rücken der Ahnungslosen – und schwupp flog 
das Lasso um die Taille. Ehe die Maske zur Besinnung kam, 

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stand sie auch schon vor dem kühnen Banditen, der sie 
eingehend betrachtete. 

Einfach hinreißend schön, mußte er zugeben. 
Veilchensträuße auf ein bauschiges Gazeröckchen geheftet, 
das Mieder damit garniert, das breite Samtbänder in 
passender Farbe zusammenhielten, von gleicher Tönung 
Strümpfe, Seidenschuhe und Maske. Ein Veilchenstrauß 
auch im goldlodernden Haar, wie Alabaster Schultern und 
Arme. 
»Entzückend bist du, fein’s Blümelein«, lachte der Räuber 
keck, indem er die blumige Angelegenheit, die einen süßen 
Veilchenduft ausströmte, umfaßte und mit ihr 
davontanzte. »Du sollst heute meine letzte Beute sein. Darf 
ich mal deine Maske lüften, ja? Du schüttelst recht 

energisch dein bezauberndes Köpfchen, ergo: Lassen wir es 
bleiben. Kind, bist du süß. Gern möchte ich wissen, wer du 
bist, aber du belügst mich ja doch!« 
Fest zog er sie an sich und tanzte mit ihr nach den 
schmeichelnden Klängen. Willig überließ die grazile 
Gestalt sich seiner Führung. Ihn beherrschte ein Gefühl, 
wie noch nie in seinem Leben zuvor. Heiß wurde ihm Kopf 
und Herz. Verflixt noch mal, was hatte er nur! Machte es 
der verträumte Raum, die zärtliche Musik, der 
Veilchenduft, der ihn umschmeichelte oder gar der 
genossene Sekt, was ihn in eine so süßduselige Stimmung 
versetzte? 

»Ich möchte dir so vieles Gute sagen, doch kommt immer 
nur eins heraus: Ich liebe dich. Ich möchte dich auf 
Händen tragen…«, sang es irgendwo. 
So was Verrücktes – dachte der Cowboy unbehaglich. Aber 
hatte er nicht tatsächlich das Verlangen, die grazile Gestalt 
einfach auf die Arme zu nehmen und mit ihr 
davonzueilen? 
»Kind, sei doch nicht so scheu. Bist du etwa unerlaubt 
hier?« fragte er. 
»Ja«, kam die Antwort wie ein Hauch. 
»Verheiratet?« 

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»Nein.« 
»Wer bist du, holdseliges Kind? Darf ich das wirklich nicht 

wissen?« 
Wieder ein heftiges Kopfschütteln. 
Da tat er etwas, was er hinterher als unfair empfand. 
Blitzschnell lüftete er die veilchenfarbene Maske und küßte 
den Mund darunter wieder und wieder, bis er dann 
beschämt innehielt. Abscheulich hatte er sich benommen! 
Das verhüllte Antlitz senkte sich, der Körper zitterte in 
seinem Arm – aber kein Laut entschlüpfte den Lippen. 
»Verzeih – «, bat er leise. »Aber deine sinnverwirrende Süße 
kann einem Mann schon das Herz heiß machen. Sei doch 
nicht so scheu, du seltsames Kind, geh doch aus dir heraus. 
Heute ist Rosenmontag, einen Aschermittwoch gibt es 

hinterher und noch lange genug. Hebe nur einmal die 
Lider von den Augen. 
Hörst du, was die Geige singt? Wie für mich geschaffen: 
Heute tanz ich nur mit dir, mit dir allein nur, und das 
Leben ist schön. Heute tanz ich nur mit dir, um dir noch 
einmal in die Augen zu sehn. 
Hörst du, fein’s Blümelein, wie die Geige nun klagt: Denn 
morgen bin ich nicht mehr hier. Klingt das nicht traurig? 
Darf ich dir die Maske abnehmen, ja? Nur ein lieber Blick – 
ein liebes Lächeln…« 
Er horchte auf den brandenden Jubel in den 
Nebenräumen… 

»Demaskierung! Demaskierung! Masken ab!« 
»So, mein mißgünstiges Kind, jetzt brauche ich nicht mehr 
zu bitten. Gleich werde ich dein Gesichtchen sehen…« 
Leichtsinnigerweise löste er den Arm von ihrer Mitte – und 
schon verduftete sein Veilchen im wahrsten Sinne des 
Wortes. Zwar folgte er sofort, hatte jedoch die Rechnung 
ohne die Masken gemacht, die ihn bei seinem Erscheinen 
lachend umringten. 
»Runter mit der Maske, du frecher Cowboy -! Jetzt steh zu 
deinen Schandtaten, du Bandit -!« So umjubelte es den 
Mann, der keineswegs fest wie ein Fels in der Brandung 

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stand. 
Noch ehe er die Maske abnehmen konnte, hatten es bereits 

zwei kleine Hände energisch besorgt. 
»Herr Baron – Elchstorff Hartger!« rief es lachend von allen 
Seiten. »Na, so ein charmanter Tunichtgut! Platz da, meine 
Herrschaften, damit ich ihn bei den Ohren nehmen kann!« 
rief ein Michel, dem ein Landmädchen mit Kopftuch auf 
dem Fuß folgte. Nach einigen Hindernissen standen sie 
dann endlich vor dem Cowboy. 
»I, du vermaledeiter Schlingel!« lachte der Michael alias 
Edgar Gerholt. »Uns so an der Nase herumzuführen! Wo 
hast du die letzte Stunde gesteckt? Hier mittenmang 
bestimmt nicht, sonst hätte es mehr Hallo gegeben.« 
»Kinder, laßt mich gehen, damit ich mein Veilchen suchen 

kann…« 
»Was braucht ein Cowboy ein Veilchen!« schrie eine fesche 
Mexikanerin. »Lassen Sie ihn nicht laufen, meine 
Herrschaften! Erst muß er Absolution für seine Sünden 
erbetteln!« 
»Zärtlich?« blitzten die Augen zu der Sprecherin hin, die 
ihm drohend eine Faust machte. 
»Das wäre! Demut verlangen wir Überrumpelten!« 
»Soll euch werden, Marjellchen. Doch zuerst muß ich 
meine trockene Kehle anfeuchten.« 
»Glaubt ihm nicht«, warnte ein kecker Backfisch in 
Matrosenkleid und Mozartzopf mit Riesenschleife im 

Nacken. »Er will euch nur entrinnen. Sind hier nicht zwei 
Polizeigewaltige?« 
Die fanden sich im Aufzug des vorigen Jahrhunderts mit 
Helm und herrlichem Schnauzer. Sie nahmen den 
Übeltäter in Haft. Unter ihrer Bewachung durfte er die Bar 
aufsuchen, um sich zu stärken. Jedesmal, wenn er das Glas 
an die Lippen setzten wollte, nahm es ihm jemand aus der 
Hand, bis das Landmädchen ihm mitleidig das seine 
reichte. 
»Dank dir, Irenchen, unter Larven die einzig fühlende 
Brust«, setzte er an und trank ihn aus, den Trank voll süßer 

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Labe. »Eine gräßliche Gesellschaft! Findest du nicht auch?« 
»Laß nur nicht abschätzen, wer gräßlicher war«, lachte sie 

herzlich. »Die weiblichen Masken hast du ganz nett in 
Atem gehalten, bis du dann spurlos verschwandest. Wo 
hast du gesteckt?« 
»Bei meinem herzigen Veilchen. Aber schau mal an, da ist 
ja auch das Libellchen mit Eulenspiegel auf den Fersen. 
Habt ihr euch endlich gefunden, die ihr so sehnsüchtig 
nach Carmen und Torero suchtet?« 
»Dann haben Sie mich womöglich erkannt?« fragte Evelyn 
enttäuscht. »Wie bloß?« 
»Sie hat ein schelmisch Augenpaar und in den Wangen 
Grübchen«, sang er übermütig und so falsch, worüber man 
sich vor Lachen ausschütten wollte. 

»Und wie haben Sie mich erkannt, Baron?« fragte Ingo. 
»Indem Sie jeder Carmen nachliefen.« 
»Na, so was – und ich glaubte mich sooo gut getarnt.« 
»Ein Cowboy muß gute Augen haben, mein Lieber.« 
»Aber Veilchen braucht er nicht!« rief eine Maske. »Nimm 
mich, ich bin eine wilde Rose.« 
»Auch gut, komm her, mein holdes Gewächs. Glücklich ist, 
wer vergißt, was doch nicht zu ändern ist.« 
Seine Blume am Arm, winkte er den andern zu und ging in 
den Saal zurück, wo eine übermütige Stimmung herrschte. 
Er steppte, trottete, walzte und tangote mit den reizendsten 
Masken, aber rechte Freude machte es ihm nicht. Sein Herz 

hing fest an den Veilchensträußen, die nun für ihn verwelkt 
waren. Er tanzte, lachte, scherzte, trank, doch ohne das 
alles voll zu genießen. Was half es, daß er sich einen 
Narren schalt? 
»Suchst du immer noch dein Veilchen?« fragte neckend 
Irene, die mit ihm tanzte und seine umhertastenden Blicke 
bemerkte. »So bezaubernd kann es doch gar nicht gewesen 
sein, weil es mir nicht aufgefallen ist.« 
»Es blühte im Verborgenen, Irenchen. Ich habe es entdeckt 
und mit meinem Lasso keck gepflückt.« 
»Du Barbar! So was pflückt man mit zarter Hand, tut es in 

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die Brieftasche und birgt diese am Herzen.« 
»Wollte ich auch, allein, es ist meinen Händen entfallen. 

Ich habe eben zu zart zugefaßt.« 
»Hast du denn wenigstens ihren Namen in dein Herz 
geschrieben?« 
»Leider hat sie ihn mir nicht verraten. Und wenn, dann 
wäre er bestimmt falsch gewesen.« 
»Was hatte sie für Augen?« 
»Weiß ich nicht, weil sie hartnäckig zugedeckelt blieben.« 
»Und die Nase?« 
»Mit veilchenblauem Atlas bedeckt.« 
»Und der Mund?« 
»Wie ein Veilchenblatt so weich und süß.« 
»Also hast du ihn geküßt, du Schwerenöter!« lachte sie 

hellauf. »Schlingel, schüchtern bist du gerade nicht.« 
»Viel zu sehr, Maruschka, geliebtes. Sonst wäre die Maske 
nicht auf ihrem Gesicht geblieben.« 
»Was hatte sie denn für Haare?« 
»Rote.« 
»Schönes Rot?« 
»Nein, häßlich und unnatürlich. Wahrscheinlich trug sie 
eine Perücke. Es widerstrebte mir jedenfalls, mein Gesicht 
in die flammende Angelegenheit zu drücken, was ich sonst 
gewiß getan hätte. Darf ich dich zum Trost küssen, 
Maruschka? Dein lachender Mund lockt so süß.« 
»Aber nicht für dich, du frecher Wildwestler. Du suche dir 

nur deinesgleichen. Schau mal, dort hopst die fesche 
Mexikanerin.« 
»Gleich und gleich gesellt sich nicht immer gern. Aber das 
Libellchen werde ich mir fangen, und du gehst wieder zu 
deinem Michel.« 
Lachend trennte man sich. Da der Cowboy nun nicht mehr 
sein Lasso schwingen konnte, gelang es ihm auch nicht, das 
Insektchen einzufangen, das munter umherflatterte. 
Auch gut – griff er sich eine andere Maske und drückte sie 
an sein Herz, aber das klopfte darum nicht stärker. 
Wo mochte sein Veilchen sein? Wo war die Verborgenheit, 

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in der es blühte? Ein scheußlicher Zustand, ständig an 
etwas denken zu müssen, das so aussichtslos war! 

Langsam setzte die Schneeschmelze ein. Am Tage schien 
die Sonne recht warm, doch mit Nachtfrösten mußte man 
immer noch rechnen. Als auch die schwanden, da erwachte 
die Natur vollends aus ihrem Winterschlaf. Die ersten 
Blumen blühten im Walde und auf den Gartenbeeten. An 
den Bäumen saßen glänzende Knospen. Die Rasenflächen 
im Park wie die in den Weidegärten schimmerten grün. Auf 
dem Weiher ruderten wieder die Schwäne im klaren 
Wasser. Am Ufer des Sees leuchtete es weiß von 
Schneeglöckchen. Die im Herbst gepflügten Felder konnten 
bestellt werden, und somit begann die stramme Arbeit für 
den Landwirt. 

Dem Oberinspektor von Schlehdorn konnte das nur recht 
sein. Er kam sich bereits ganz eingerostet vor. Eben ritt er 
mit verhängtem Zügel durch den Wald. Ließ sich die 
Frühlingsluft um den unbedeckten Kopf wehen und zog 
die würzige Waldluft tief atmend ein. Ah, da erschien die 
Herrin. Sie saß mit einer vornehmen Gelassenheit im 
Sattel, das mußte ihr der Neid lassen. Ein flauschiger 
Pullover aus leuchtendem Blau schmiegte sich um den 
schlanken Oberkörper, die hellgraue Reithose saß wie 
angegossen, die Lackstiefel blitzten. Das unbedeckte Haar 
fiel wie goldgetönte Seide in wunderbarer Gepflegtheit in 
den Nacken, das Gesicht, von der Frühlingssonne leicht 

gebräunt, zeigte eine klare Schönheit, die Augen leuchteten 
in ihrem Blaugrün so eigenartig, daß wohl kein Pinsel sie 
naturgetreu auf die Leinwand bannen könnte. 
Alles in allem ein bezauberndes junges Menschenkind, 
dessen Reiz man sich nicht verschließen konnte. Dazu 
unnachahmlich in Haltung und Gebärde. Eine selten 
schöne Blume im Garten der Mädchenwelt. 
Schade, daß sie nie lacht – dachte der Mann, der ihr 
entgegenritt, bedauernd. Es müßte entzückend sein, wenn 
die Zähne durch die jungroten Lippen schimmern, wenn 
der hochmütige Ausdruck des Gesichts einem lächelnden 

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weichen würde. Aber dieser herbgeschlossene Mund, die 
kühlblickenden Augen wirken direkt erkältend. 

»Guten Morgen, gnädiges Fräulein«, grüßte er höflich. 
»Wenn wir weiter so ein Sonnenwetter behalten, dann 
kann die Arbeit flott weitergehen. Die Acker sind trocken, 
also scheint die neuangelegte Drainage glänzend zu 
funktionieren.« 
»Ja«, kam die Antwort gleichmütig. »Schlehdorn ist in 
Ordnung. Nun müssen die beiden Vorwerke in Angriff 
genommen werden. In der Försterei sind auch verschiedene 
Fehler auszubessern, gleichfalls an den Waldhüterhäusern.« 
»Werden Sie geldlich das alles schaffen können, gnädiges 
Fräulein?« 
»Ich muß«, entgegnete sie kurz. Ließ ihre Augen zu den 

Waldriesen schweifen, über die bemoosten Stämme bis 
hinauf zum Wipfel, wo zwischen dem vertrockneten Laub 
sich bereits grünes drängte. An den Spitzen der Fichten 
schimmerte es hell, da strebten die neuen Triebe zum Licht. 
Der Waldboden schien von Anemonen und 
Leberblümchen überschüttet zu sein. 
Ein Leuchten trat in die Mädchenaugen, der Mund lächelte 
wie in glückseliger Freude. Doch nur einige Herzschlage 
lang, dann war das Antlitz wie gewöhnlich herb und 
verschlossen. Knapp und klar sprach sie über 
Wirtschaftsangelegenheiten, wobei er aufmerksam zuhörte. 
Auf dem Hof saßen sie ab, und während sie dem 

Herrenhaus zuschritt, ging er in  sein  Zimmer,  wo  er  die 
Post durchsah und wichtige Briefe gleich beantwortete. 
Dann sah er bis Mittag draußen nach dem Rechten und 
fuhr  nach  dem  Essen  in  seinem  Auto  zur  Stadt,  wo  es 
allerlei zu regeln gab, was natürlich Schlehdorn betraf; 
denn seine Privatangelegenheiten pflegte er während der 
Dienstzeit nicht zu erledigen. 
Als er dann nach der Uhr sah und feststellte, daß in einer 
halben Stunde sowieso Feierabend war, konnte er ruhigen 
Gewissens die Konditorei aufsuchen und dort Kaffee 
trinken. Als er den Raum betrat, sah er aber unangenehm 

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berührt zu einer Dame hin – und die ihr gegenüber saß, 
war ihm auch nicht gerade angenehm. Trotzdem war es für 

ihn unumgänglich, an den Tisch zu treten »Guten Tag, 
Hartger«, begrüßte erstere, eine sehr gut aussehende und 
elegant gekleidete Dame Mitte Zwanzig, ihn verlegen. 
»Willst du nicht hier Platz nehmen?« 
»Wenn es gestattet ist, gnädiges Fräulein?« 
Alheidis Gerholt gestattete es, und so setzte er sich zu den 
beiden Damen. 
»Wie geht’s zu Hause, Ada?« begann er das Gespräch. 
»Davon hättest du dich schon längst persönlich überzeugen 
müssen«, kam es vorwurfsvoll zurück. »Aber du in deiner 
Unversöhnlichkeit…« 
»Bitte, Ada, laß das«, schnitt er ihr nicht gerade höflich das 

Wort ab. Er bestellte bei dem Ober, der an den Tisch trat, 
ein Kännchen Kaffee nebst Gebäck und schien nicht zu 
sehen, daß sich die dunkelblauen Augen seiner reizenden 
Schwägerin mit Tränen füllten. Diese erhob sich auch bald, 
verabschiedete sich, ging hastig davon, und der Schwager 
sah ihr spöttisch nach. 
»Wahrscheinlich hat die kleine Frau sich bei Ihnen, 
gnädiges Fräulein, über mich bitter beklagt«, wandte er sich 
dann an Alheidis, die lächelnd antwortete: 
»Hat sie. Und ich glaube, daß sie recht damit tut.« 
»Na schön. Mein Rücken ist breit, und mein Fell ist dick.« 
Der Ober nahte, brachte das Gewünschte. Hartger aß, trank 

und unterhielt dabei seine Nachbarin über die 
alltäglichsten Dinge. Dann sah er interessiert auf die fünf 
Menschen, die draußen an dem großen Fenster 
vorübergingen. Auch Alheidis hatte sie bemerkt, erhob sich 
hastig und legte ein Geldstück auf den Usch. 
»Auf Wiedersehn, Herr Oberinspektor, ich habe es eilig…« 
Und während Edgar Gerholt mit seiner Familie durch den 
Haupteingang das Cafe betrat, strebte Alheidis einer 
Seitentür zu, die auch ins Freie führte. Der Vater sah gerade 
noch, wie sie verschwand. 
»Hierher!« rief Elchstorff. Schon hatten sie ihn erspäht und 

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traten an den Tisch. 
»Hallo, Hartger, nett, daß du hier bist. Aber sag mal, war 

das nicht meine Tochter, die dort hinausging?« 
»Ja.« 
»Also doch. Da sollte man doch gleich…« 
Was, blieb unausgesprochen, weil Irene mahnend ihre 
Hand auf die seine legte. Man nahm Platz, und die Eltern 
wurden von ihren Kindern, die heute Sonderwünsche 
äußern durften, so in Anspruch genommen, daß der Vater 
nicht dazu kam, Hartger nach Alheidis zu fragen. Erst als 
sie alle vergnügt schmausten, erkundigte er sich kurz. 
»Hast du hier mit ihr zusammengesessen?« 
»Ja. Sie war bereits hier, als ich eintrat. Und zwar in 
Gesellschaft meiner Schwägerin, die sich jedoch bald 

verabschiedete.« 
»War es Zufall, daß meine Tochter gerade aufbrach, als wir 
hier in Erscheinung traten?« 
»Nein. Sie hat euch vom Fenster aus kommen sehen.« 
Gerholt hätte gern seinem Grimm über die Verstocktheit 
seiner Tochter Luft gemacht, was in dem gutbesetzten Lokal 
natürlich nicht anging. Außerdem pflegte er in Gegenwart 
der Kinder mit seinen Bemerkungen über Alheidis 
vorsichtig zu sein. 
Liebevoll hing sein Blick an dem lachenden Gesicht Irenes, 
an deren Seite er ein volles Glück ’gefunden hatte. Und 
nicht zu spät, um es noch eine Reihe von Jahren aus vollem 

Herzen genießen zu können. Auf keinen Fall wollte er es 
sich durch die Verstocktheit seiner Tochter trüben lassen. 
Mochte sie nur weiter darin verharren. 
Sie schien sich dabei ja recht wohl zu fühlen – und das 
blieb ja schließlich die Hauptsache. 
Der Frühling zeigte sich in diesem Jahr von seiner besten 
Seite. Als wenn er sich schier verschwenden wollte, so 
entfaltete er all seine Pracht. Es machte ihm nichts aus, daß 
er dem launischen Knaben April vorübergehend das 
Regiment überlassen mußte, der sonnige Mai würde ihn 
bald wieder vertreiben. 

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Heute trieb der griesgrämige Geselle es besonders arg. Es 
regnete und stürmte draußen, daß es nur so eine Art hatte. 

Alheidis stand am Fenster ihres Arbeitszimmers und 
schaute auf den Hof, der nicht nur des schlechten Wetters 
wegen so ruhig dalag, sondern weil es der erste 
Osterfeiertag war. Eigentlich hätte an dem Fest der 
Auferstehung die Natur nur so strahlen müssen, aber der 
mißgünstige April vereitelte das, weil er gerade an dem Tag 
miserabelster Laune war. 
Und das schien auch das junge Menschenkind zu sein, das 
am Fenster stand. Mißmutig sah es in das unwirtliche 
Wetter hinaus. Am besten sie kroch ins Bett, um über diese 
Trostlosigkeit hinwegzuschlafen. 
Schon wollte sie den Gedanken in die Tat umsetzen, als sie 

ein Auto erspähte, das auf den Hof fuhr. Der Herr, der aus 
dem Wagen stieg, flüchtete vor dem strömenden Regen ins 
Haus, um gleich wieder draußen zu erscheinen, wo er sich 
ratlos umsah. 
Alheidis öffnete das Fenster und rief hinaus: »Wen suchen 
Sie, mein Herr?« 
Er stutzte, entdeckte die Dame und lief mit Riesenschritten 
auf das Herrenhaus zu, deren Tür sie geöffnet hatte. 
»Herzlichen Dank.« Damit trat der Fremde über die 
Schwelle. »Wenigstens eine Pforte steht mir offen, damit 
ich vor dem miserablen Wetter Zuflucht suchen kann. 
Gestatten, Gnädigste: Lutz Elchstorff. Wenn ich nicht irre, 

habe ich die Besitzerin von Schlehdorn vor mir?« 
»Stimmt. Seien Sie mir herzlich willkommen, Baron.« 
»Tausend Dank, gnädiges Fräulein.« Er beugte sich artig 
über die Hand, die sie ihm entgegenstreckte. »Sicherlich 
können Sie mir sagen, wo mein Bruder augenblicklich 
steckt.« 
»Wahrscheinlich in Kiwitten, Baron.« 
»Was? Na, so ein Pech! Nun komme ich bei dem 
Hundewetter zu ihm und treffe ihn noch nicht einmal an. 
Was macht man da?« 
»Zuerst bitte ich Sie, näherzutreten«, entgegnete Alheidis 

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höflich. »Dann können wir beraten, was zu tun ist.« 
»Falls ich nicht störe – sehr gern.« 

»Sie stören nicht.« 
Er zog den Regenmantel aus, hängte ihn samt Hut an die 
Garderobe, strich mit den Fingern durch das dichte 
Blondhaar und lachte dann die vor ihm Stehende an. Es 
bestand zweifellos eine Ähnlichkeit zwischen den Brüdern, 
nur wirkte alles an dem jüngeren eleganter, rassiger, als an 
dem ein wenig unbeholfenen Hünen. 
Alheidis führte ihren unverhofften Gast in ein lauschiges 
Gemach, dessen Kamin wohlige Wärme entströmte. Sie 
nahmen in den tiefen Sesseln Platz, und die Herrin des 
Hauses zeigte mit einladender Handbewegung auf die 
Kästchen, die auf dem niederen Tisch standen. 

»Da finden Sie Zigaretten und Zigarren, Baron. Bedienen 
Sie sich nach Belieben. Ich darf Ihnen doch eine Tasse 
Kaffee anbieten?« 
»Wenn es Ihnen keine Mühe macht, gnädiges Fräulein – « 
»Keineswegs. Kaffee trinke ich ja sowieso, und nun freue 
ich mich, Gesellschaft zu haben.« 
Sie rief durch ein Klingelzeichen den Diener herbei, erteilte 
den Auftrag, den Kaffee zu bringen. Der Gast legte sich im 
Sessel zurück und sagte vergnügt: 
»Hübsch mollig! Man kann bei dieser Witterung schon 
eine warme Stube vertragen. Gemütlich haben Sie es hier, 
nur ein bißchen still. Hausen Sie etwa ohne Anhang in 

dem großen Kasten, gnädiges Fräulein?« 
»Ja.« 
»Aber – eine Dame existiert doch wohl, die dem Hause 
vorsteht und Sie mütterlich betreut?« 
»Nein, auch die nicht. Erstens hätte die Dame nicht 
genügend Beschäftigung – und dann gibt es bei mir nichts 
zu betreuen.« 
Betroffen schüttelte er den Kopf. »Aber gnädiges Fräulein, 
Sie sind doch noch viel zu jung, um mutterseelenallein zu 
hausen. Ist das nicht trostlos?« 
»Durchaus nicht, Baron. Ich habe meine Arbeit und bin 

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außerdem keine gesellige Natur.« 
Da der Diener mit der Kaffeemaschine erschien, mußte das 

Gespräch abgebrochen werden. Nachdem er den Tisch 
gedeckt und alles das daraufgestellt hatte, was zu einem 
Feiertagskaffee gehört, zog er sich lautlos zurück. Alheidis 
füllte die feinen Schalen und bat dann den Gast, tüchtig 
zuzulangen. 
»Herzlichen Dank, gnädiges Fräulein. Wenn mir das so lieb 
geboten wird, dann sage ich gewiß nicht nein, selbst auf 
die Gefahr hin, Sie zu stören. Eigentlich hätte ich es mir ja 
denken können, daß mein Bruder am ersten Osterfeiertag 
nicht zu Hause sein würde. Ob ich Kiwitten anrufen soll…« 
»Zuerst werden Sie Kaffee trinken. Oder wollen Sie zum 
dritten Mal hören, daß Sie mich nicht stören?« 

»Jetzt habe ich endlich begriffen. Ja, so ist das nun. 
Obgleich ich allen Grund habe, meinem Bruder zu zürnen, 
laufe ich ihm nach. Verflixter Hartschädel! Wie kommen 
Sie übrigens mit ihm aus, gnädiges Fräulein? Schwierig zu 
nehmen, wie?« 
»Das kann ich nicht sagen«, entgegnete Alheidis reserviert. 
»Ich habe ja nur geschäftlich mit ihm zu tun, und da gibt es 
nichts an ihm auszusetzen.« 
Lutz Elchstorff hatte schon manches über die junge Herrin 
von Schlehdorn gehört, doch da er ihr nun gegenübersaß, 
mußte er denen recht geben, die sie äußerst unzugänglich 
nannten. Deubel noch eins, das junge Ding hat eine Art, 

die einen ganz klein werden ließ! Was sprach man nun 
eigentlich mit so einem unnahbaren Persönchen? Was war 
da angenehm und was nicht? 
»Hoffentlich hält die Schlechtwetterperiode nicht zu lange 
an, damit wir Landwirte mit der Arbeit vorankönnen«, 
sagte er unverfänglich. 
»Das wäre zu wünschen.« 
»Hm – ja – so ist es. Also sind Sie mit meinem Bruder 
zufrieden?« . 
»Ja.« 
»Er versteht auch tatsächlich was von der Landwirtschaft. 

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Ich vermisse seine Mitarbeit sehr.« 
»Das glaube ich.« 

»Musizieren Sie, gnädiges Fräulein?« 
»Ein wenig.« 
»Dann besuchen Sie wohl oft musikalische 
Veranstaltungen?« 
Donner ja, dem Mann wurde es unbehaglicher von Minute 
zu Minute in Gesellschaft dieser Sphinx. Da war ihm die 
Redseligkeit seiner Frau manchmal zuviel, doch die konnte 
man wahrhaftig eher ertragen als eine solche 
Schweigsamkeit! 
Also trank er die Tasse leer und sagte: »Nun will ich Sie 
nicht länger aufhalten, gnädiges Fräulein. Darf ich den 
Apparat hier benutzen?« 

»Bitte.« 
»Kennen Sie vielleicht die Nummer von Kiwitten?« 
»Bedaure.« 
So suchte und fand er sie denn im Telefonbuch, wählte sie 
und sprach gleich darauf: 
»Ist dort Kiwitten? Mit wem spreche ich? Mit dem Diener. 
Schön. Sagen Sie mal, ist Herr Baron Elchstorff im Hause? 
Ja? Ausgezeichnet. Schicken Sie ihn bitte an den Apparat…« 
Nach kurzer Wartezeit ging das Gespräch weiter. 
»Bist es, Hartger? Jawohl, hier Lutz. Freut dich? Kunststück, 
wenn ich dir nachlaufe. Wo ich bin? Im Herrenhaus von 
Schlehdorn. Komm gefälligst hierher, ich warte… 

Wie bitte – Herr Gerholt spricht jetzt? Freut mich. Ich soll 
mich nach Kiwitten bemühen, weil Sie Hartger nicht 
weglassen wollen? Muß sich bei Ihnen ja bereits ganz nett 
festgesetzt haben. Und ich soll dem hartnäckigen Bengel 
gar noch bis Kiwitten nachlaufen? Ist das nicht zu viel 
verlangt? Prachtvoller Junge, meinen Sie? Ich habe dafür 
eine andere Bezeichnung. Soso – geliebter Onkel Ihrer 
Kinder und unentbehrlicher Hausfreund Ihrer Frau 
Gemahlin«, lachte der Sprecher herzlich. »Das muß ich mir 
denn doch an Ort und Stelle ansehen. Also nehme ich Ihre 
liebenswürdige Einladung dankend an, Herr Gerholt. Auf 

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Wiedersehen.« 
Er legte den Hörer in die Gabel und wandte sich 

schmunzelnd Alheidis zu. 
»Dem Gespräch werden Sie sicherlich entnommen haben, 
gnädiges Fräulein, daß ich meinem Bruder bis Kiwitten 
nachlaufen muß, wenn ich ihn sprechen will. Dort scheint 
er sich ja nicht wenig beliebt gemacht zu haben, der 
charmante Schwerenöter. 
Und nun will ich machen, daß ich fortkomme. Haben Sie 
herzlichen Dank für gewährte Gastfreundschaft, gnädiges 
Fräulein. Würde mich freuen, Sie bald in Elchen begrüßen 
zu dürfen.« 
Ordentlich froh, auf gute Art entrinnen zu können, beugte 
er sich höflich über die Hand, die ihm gereicht wurde, und 

enteilte. 
Wie anders war alles in Kiwitten. Diese blutwarme 
Herzlichkeit empfand Lutz jetzt doppelt. 
»Wie ähnlich Sie unserm Hartger sehen, Baron«, sagte Irene 
froh, und er lachte. »Bis auf den Eisenschädel, gnädige 
Frau.« 
Schon war der Kontakt da. Als der Gast im behaglichen 
Zimmer Platz nahm, hatte er das Gefühl, die Menschen um 
ihn her schon lange zu kennen. Der Hausherr, ganz alte 
vornehme Schule, die Dame nun, eben Dame. Die Kinder, 
wie sie in einer solchen Atmosphäre nicht anders sein 
können. 

»Das glaube ich, daß es dir hier gefällt, du Schlingel«, 
wandte er sich schmunzelnd an den Bruder. »Anstatt daß es 
dir schlecht geht, bist du anscheinend so obenauf wie nie.« 
»Warum  sollte  es  ihm  wohl  schlecht gehen?« fragte Irene 
verwundert. 
»Weil er ein Tunichtgut ist.« 
»Das läßt du dir gefallen, Hartger?« 
»Soll ich etwa Streit anfangen? Mag er nur reden, mich stört 
das nicht.« 
»Sehen Sie, gnädige Frau, ist er. Er hält es nicht einmal der 
Mühe wert, sich zu verteidigen.« 

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»Damit würde ich ja eine Schuld anerkennen«, gab der 
andere lachend zurück. »Jedenfalls freue ich mich, daß du 

gekommen bist, Lutzbruder.« 
»I, du verflixter Bengel! Nun sieh mich so an, daß einem 
ganz warm ums Herz werden muß«, brummte der Hüne 
mit dem weichen Herzen. »Hast du eine Ahnung, wie du 
mir in Elchen fehlst? So viele Jahre haben wir miteinander 
in Eintracht gehaust und nun – futsch und weg. War das 
nötig?« 
Ehrlich betrübt sah er Hartger an, in dessen Augen ein 
warmer Schein trat. Und warm klang auch seine Stimme, 
als er sagte: »Wie wir zueinander stehen, das wissen wir 
doch…« 
Und dann lächelnd zu den andern: 

»Er ist der beste Mensch von der Welt, mein Lutzbruder. 
Wenn ich als Junge mich nicht wohl in meiner Haut fühlte, 
ging ich zu ihm – und schon war alles gut.« 
»Nun übertreibe nur nicht«, wehrte der Gelobte sich 
verlegen. »Ich hatte den Schlingel lieb, das war alles.« 
»Jetzt nicht mehr, Lutz?« 
»Ist das nicht zu viel verlangt, mein Sohn? Daß du wegen 
einer Lappalie so ein Sums machen mußtest, war doch 
wahrhaftig nicht nötig. Du kennst doch deine Schwägerin 
und mußt daher wissen, daß sie manchmal eine flinke 
Zunge hat, was ihr hinterher gleich leid tut. Wie sehr, hat 
sie doch wohl damit bewiesen, daß sie verschiedentlich um 

Verzeihung bitten wollte, wozu du es jedoch nicht 
kommen ließest, sondern die Reumütige in deiner 
bekannten Kaltschnäuzigkeit zurückwiesest. Das arme Ding 
ist ganz zerknirscht, was ich nicht länger mit ansehen kann. 
Willst du es jetzt endlich genug sein lassen, du vertrackter 
Bengel, und nicht länger dein Vaterhaus meiden? Was 
antwortest du mir darauf?« 
»Daß ich morgen in Elchen erscheinen werde.« 
»Ist doch ein Wort, Junge!« lachte der Hüne so befreit auf, 
wie ein Mensch nur lachen kann, dem der berühmte Stein 
vom Herzen gefallen ist. »Hab ich eine Freude – jawohl!« 

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Seine Freude hatte direkt etwas Rührendes, dadurch wurde 
er seinen Gastgebern immer sympathischer. Zwar wußten 

sie nicht, was zwischen den Brüdern vorgefallen war, aber 
daß dieser kindgute Mensch Hartger nichts zuleide getan 
haben konnte, dessen war man sich gewiß. 
»Wie hast du übrigens gewußt, daß ich hier bin, Lutz?« 
»Durch deine Herrin, mein Jungchen«, kam die Antwort 
schmunzelnd. »Als ich im Inspektorhaus vor verschlossener 
Tür stand, rief sie mich ins Herrenhaus, wo ich in ihrer 
Gesellschaft Kaffee getrunken habe. Ich muß Ihnen schon 
ein Kompliment über Ihre Tochter machen, Herr Gerholt. 
Olala, das ist ja ganz was Bezauberndes! Man kommt sich 
ganz klein ihr gegenüber vor.« 
»Weniger Zauber und mehr Gemüt wäre mir lieber«, 

entgegnete der Vater trocken, setzte jedoch lachend hinzu, 
als er das betretene Gesicht des Barons sah: »Es ist nicht 
immer leicht, Komplimente zu machen, weil sie manchmal 
gegenteilig aufgefaßt werden können.« 
»Meines ist aber ehrlich«, gab Lutz gleichfalls lachend 
zurück. »Mir spricht sie nur zu wenig, der ich bei meiner 
Frau  an  Redseligkeit  gewöhnt  bin.  Aber  da  weiß  man 
wenigstens immer, woran man ist bei meiner 
geschwätzigen Schwalbe, was, Hartger?« 
»Kann man wohl sagen«, bestätigte dieser schmunzelnd. 
»Da lobe ich mir unsere charmante Frau Irene, die ein 
Mittelding von Schwätzerin und Schweigerin ist.« 

»Es gibt aber noch eine andere Sorte Frauen, die nur durch 
die Blume sprechen«, blitzte sie ihn mutwillig an. »Zum 
Beispiel – ein Veilchen.« 
Sie wollte sich über die verblüfften Gesichter der andern 
halbtotlachen. Hauptsächlich über das des Gastes, der 
kopfschüttelnd sagte: 
»Ich verstehe immer Veilchen. Seit wann bist du für die zu 
haben, Hartger? Soviel ich weiß, schwärmtest du immer für 
halbverschlossene Rosen… Aber nun mal Scherz beiseite. 
Willst du etwa heiraten?« 
»Vielleicht.« 

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»Wann?« 
»Wenn die Veilchen blühen.« 

»Die blühen doch schon.« 
»Aber nicht für mich. Laß ab, Lutzbruder, du findest des 
Rätsels Lösung ja doch nicht.« 
»Da sehen Sie, meine Herrschaften, so macht er es immer«, 
beklagte der Geneckte sich. »Eine präzise Antwort ist bei 
ihm nicht zu erzielen. Sie lachen, gnädige Frau – und ich 
muß mich ärgern.« 
»Na, so ärgerlich sehen Sie nicht aus, Baron, eher 
stillvergnügt. Lassen Sie ihn doch ruhig nach Veilchen 
suchen.« 
»Ich helfe dir dabei, Onkel Hartger«, bot Irmela sich eifrig 
an und konnte nicht verstehen, warum die andern lachten. 

»Ist das denn so lächerlich, wenn man Veilchen sucht?« 
fragte sie vorwurfsvoll. 
»Mit Onkel Hartger schon«, wollte das Backfischchen sich 
ausschütten. »Das würde schon bei Bernd komisch 
aussehen, und der ist noch nicht einmal ein Mann.« 
»Aber du dafür eine dum…« 
»Ei, Junge«, warnte der Vater, worauf die Fortsetzung des 
Satzes in Murmeln unterging. Lutz Elchstorff hatte seine 
Freude an den Kindern seiner Gastgeber. Ihm gefiel es in 
dem trauten Familienkreis so gut, daß er später, als er sich 
verabschiedete, treuherzig fragte, ob er wiederkommen 
dürfte. 

»So oft Sie mögen, Herr Baron«, entgegnete die Hausherrin 
warm. »Selbstverständlich bringen Sie dann auch Ihre 
Gattin mit.« 
Das versprach er gern. Und somit war eine Freundschaft 
geschlossen, die sich aufs herzlichste bewähren sollte. 
Am nächsten Vormittag ließ Alheidis den Oberinspektor zu 
sich rufen. Als er vor ihr stand, sah sie ihn prüfend an und 
sprach dann zögernd: 
»Baronin Elchstorff hat eben angerufen und mich für heute 
nachmittag so herzlich nach Elchen eingeladen, daß es mir 
nicht möglich war, die Einladung auszuschlagen. Was 

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halten Sie davon, Herr Oberinspektor?« 
»Daß meine Schwägerin ein Mensch ist, der impulsiv zu 

handeln pflegt. Wenn sie Sie, gnädiges Fräulein, zu sich 
einlädt, dann hat sie Gefallen an Ihnen gefunden.« 
»Danke, das genügt mir. Fahren Sie heute auch nach 
Elchen?« 
»Ja.« 
»Dann möchte ich vorschlagen, daß wir uns zusammentun. 
Es wäre möglich, daß gefeiert wird, und dann müßten Sie 
sich ausschließen, wenn Sie sich später ans Steuer setzen 
wollen…« 
Sie schwieg errötend unter seinem lächelnden Blick. Es 
klang aber ganz korrekt, als er antwortete: »Wie Sie 
wünschen, gnädiges Fräulein.« So fuhren sie denn im 

großen Wagen, den der Chauffeur steuerte, um die 
Kaffeezeit nach Elchen, wo sie herzlich empfangen wurden. 
»Das ist lieb von Ihnen, Fräulein Gerholt, daß Sie 
gekommen sind«, begrüßte die Hausherrin sie in ihrer 
lebhaften Art. »Mein Mann hat mir nämlich erzählt, wie 
einsam Sie in Schlehdorn leben. Das geht nicht, mein 
Kind«, tat die um fünf Jahre Ältere so, als ob sie eine 
Matrone wäre und erfahren genug, um weise Ratschläge 
erteilen zu können. »Sie müssen unter Menschen, sonst 
verfallen Sie dem Trübsinn. Wir meinen es gut mit Ihnen, 
nicht wahr, Lutz?« 
»Ohne Frage, Ada. Seien Sie uns herzlich willkommen, 

gnädiges Fräulein.« Damit zog er artig ihre Hand an seine 
Lippen, sie so treuherzig dabei ansehend, daß sie nicht 
daran zweifeln konnte, wie ehrlich seine Worte gemeint 
waren. Dann wandte er sich dem Bruder zu. »Und da ist ja 
auch unser Prinz. Hast du eine Ahnung, wie sehr ich mich 
freue?« 
»Ei, ich erst«, schaltete seine Frau sich ein. »Endlich geruhst 
du, hier zu erscheinen. Meinetwegen hättest du schwieriger 
Herr wegbleiben können, aber Lutz gebärdet sich ja so, als 
ob er ohne dich nicht leben könnte. Und was tut man 
nicht alles seinem Mann zuliebe? Sieh mich nicht so 

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ironisch an und nimm meinen schwesterlichen Kuß 
entgegen. So. Was verlangst du nun noch?« 

»Nicht totgeredet zu werden, beste Schwägerin.« 
»Na, so ein abscheulicher Mensch! Warte nur -Ah, da sind 
auch unsere lieben Nachbarn.« 
Damit eilte sie einem älteren Ehepaar nebst Tochter 
entgegen, die soeben die Halle betraten. Alheidis wurde 
mit ihnen bekannt gemacht, dann folgte die allgemeine 
Begrüßung. 
»Da haben Sie ja den verlorenen Sohn wieder«, lärmte der 
joviale Herr von Stietz, Hartger dabei kräftig die Hand 
schüttelnd. »Wie es Ihnen geht, brauche ich erst gar nicht 
zu fragen. Sie sehen prächtig aus.« 
»Mein Vater hat recht«, begrüßte Fräulein Ilka von Stietz 

den jüngeren Elchstorff strahlend. »Ich freue mich, Sie 
wiederzusehen.« 
»Ich gewiß nicht minder, gnädiges Fräulein«, entgegnete er 
höflich. Zutraulich schob sie ihren Arm in den seinen und 
folgte so den andern, die nach dem Zimmer gingen, in dem 
der Kaffeetisch gedeckt war. Sie blieb wie selbstverständlich 
an seiner Seite, als man Platz nahm. Belegte ihn so mit 
Beschlag, als ob er nur für sie allein da wäre. 
Alheidis saß zwischen den anderen beiden Herren. Stietz 
behandelte sie zuerst so wie einen Menschen, den man 
nicht für voll nimmt. Nachdem er jedoch einige 
verwunderte Blicke von ihr aufgefangen hatte, wurde es 

ihm unbehaglich. Weiß der Kuckuck, mit dem jungen Ding 
schien nicht gut Kirschen essen zu sein. Das hatte ja ’ne Art 
wie eine Prinzeß. Die überließ er lieber dem Hausherrn 
und beteiligte sich am Gespräch der andern. 
Wie gewöhnlich führte die Hausherrin die Unterhaltung. 
Der junge rote Schnabel stand nicht still. Unbekümmert 
plauderte er frisch drauflos. Fast jeder Satz begann mit: 
Mein Mann sagt, mein Mann meint – so daß man bald 
heraus hatte, daß der blonde Hüne das A und O seiner 
lebhaften Gattin war. 
Und tatsächlich liebte sie ihren Mann über alles. Er wurde 

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der verhätschelten Tochter eines reichen Vaters so zum 
Ideal, daß sie ihm zuliebe gegen ihre Fehler und 

Schwächen, die bei einer mehr als nachsichtigen Erziehung 
wie Unkraut emporgewuchert waren, tapfer anging. Dank 
ihrer gutherzigen Veranlagung konnte sie nicht boshaft 
werden und sah mit liebenswerter Freimütigkeit jeden 
Lapsus ein, auf den der Gatte sie in seiner gütigen Art 
aufmerksam machte. 
Es waren auch immer nur kleine Verfehlungen gewesen, die 
sie sich hatte zuschulden kommen lassen. Bis dann ein Fall 
eintrat, der fast zu einem Bruch der Ehe geführt hätte. Es 
war gewiß mehr unbedacht als gehässig gemeint, als sie 
eines Tages ihrem Schwager, über den sie sich geärgert 
hatte, deutlich zu verstehen gab, daß er absolut kein Recht 

dazu hätte, sich in Elchen großartig als Herr aufzuspielen, 
das mit ihrem Geld saniert sei. Er hätte sich als Inspektor 
zu betrachten – als weiter nichts. Verblüfft hatte sie ihm 
dann nachgesehen, als er aus dem Zimmer ging – um es 
nicht mehr zu betreten. Noch zur selben Stunde verließ er 
sein Vaterhaus. 
Was dann kam, traf sie bis in die tiefsten Tiefen ihres Seins. 
So zornig, wie sie ihren Mann noch nie gesehen, erklärte er 
ihr, daß sie ihr Geld nehmen und Elchen verlassen möge. 
Das gab nun einen grenzenlosen Jammer. Sie flehte ihn 
herzrührend an, sie doch nicht von sich zu stoßen, weil sie 
ihn so unendlich liebe. Winselte um Gnade wie ein treuer 

Hund, dem man einen Fußtritt versetzt – allein, er blieb 
hart und unzugänglich, was bei dem gutmütigen Menschen 
gewiß nur höchst selten geschah. Bis sie eines Tages von 
ihrem Jammer zermürbt ohnmächtig zusammenbrach und 
es sich herausstellte, daß sie Mutter werden würde. Das 
rührte den grollenden Mann so sehr, daß er ihr nicht mehr 
mit der unerträglichen Nichtachtung begegnete. 
Jedoch sein Groll schwand erst restlos dahin, als er den 
Knaben in Augenschein nahm, den ihm die Gattin nach 
stundenlanger Qual geboren. Mit einem guten Lächeln trat 
er an das Bett der Erschöpften, die ihm mit erschütternder 

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Gebärde die Arme entgegenstreckte… 
»Lutz, sei mir wieder gut«, bat Ada flehend. »Ganz gut - 

bitte! Ich habe dich nicht kränken wollen – so doch nicht! 
Ich kann ja nie mehr froh werden, wenn du so 
unpersönlich zu mir bist.« 
Erbarmend umschlossen seine Arme den bebenden Körper 
des reumütigen Menschenkindes. Seine Lippen drückten 
sich zart auf den zitternden Mund. 
»Still, mein Liebstes, ganz still«, sagte er zärtlich. »Wie kann 
ich dir böse sein, die du mir einen so prachtvollen Sohn 
geschenkt hast? Deshalb muß ich dich doch schon 
liebhaben, du kleines Mütterchen.« 
Da legte sie beseligt den Kopf an seine Brust. Die Augen 
schlossen sich zu dem Schlaf, den sie nach den qualvollen 

Stunden so nötig hatte. 
Als sie dann wieder auf den Beinen war, ging sie mutig 
daran, das Unausgesprochene, das noch immer zwischen 
ihr und dem Gatten war, restlos zu beseitigen. 
»Nun, was hat mein Schwälbchen denn?« fragte er zärtlich. 
»Wo drückt’s Herzchen, hm?« 
Sie kuschelte das Gesicht an seine Brust, dann kam es 
zaghaft heraus: 
»Lutz, ich weiß immer noch nicht ganz genau, warum du 
mir so furchtbar böse warst…« 
»Lassen wir das, Ada«, unterbrach er sie kurz, doch sie ließ 
nicht locker. 

»Nein, jetzt wirst du mir endlich Rede und Antwort stehen. 
Bitte, Lutz, sprich doch.« 
»Oh, über eine so hartnäckige kleine Frau«, seufzte er. »Na 
schön, wärmen wir all das Unerquickliche noch einmal 
auf. Böse bin ich dir nie gewesen, Ada, nur sehr verletzt 
durch dein schonungsloses Betragen.« 
»Dir habe ich doch nichts getan, Lutz.« 
»Doch, Ada. Wenn man unser Verhältnis zueinander richtig 
in Worte faßt, bin ja auch ich nur Inspektor auf Elchen, 
weil du mit deinem Geld…« 
Entsetzt preßte sie die Hand auf seinen Mund. Ihre Lippen 

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zitterten so sehr, daß sie kaum die Worte formen konnten: 
»Lutz, um Gottes willen – sprich nicht weiter. Zwischen 

uns gibt es doch kein Mein und Dein…« 
»Und zwischen meinem Bruder und mir erst recht nicht«, 
entgegnete er hart. »Schlimm genug, daß der Junge als 
Zweitgeborener von seinem Vatererbe so weit zurücktreten 
muß. Da bin ich, als der Bevorteilte, wenigstens moralisch 
dazu verpflichtet, ihm Zugeständnisse zu machen, soweit 
sich das nur ermöglichen läßt. Und da kommst du und 
weist ihn erbarmungslos darauf hin…« 
Das fassungslose Schluchzen Adas ließ seine erbitterte Rede 
stocken. Unter Herzstößen stammelte sie: 
»So war das doch – nicht gemeint – so doch nicht! Großer 
Gott – was hat – meine Unbedachtsamkeit - da bloß 

angerichtet…« 
»Na ja, du törichte kleine Frau, wer wird denn über etwas 
so fassungslos weinen, das sich nicht mehr ändern läßt? Du 
bist ja nicht der erste Mensch und wirst auch nicht der 
letzte sein, der durch ein unbedachtes Wort Unheil 
schafft.« 
Nun hob sie den Kopf und sah ihn mit den verweinten 
Augen flehend an. 
»Aber wenn man bereut, Lutz – so recht tief bereut, dann 
muß sich das doch wiedergutmachen lassen?« 
»Im großen und ganzen vielleicht. Allein, ein letzter Stachel 
wird immer bleiben.« 

»Auch bei dir?« fragte sie erschrocken. 
»Nein, bei mir nicht, weil ich ja meine geschwätzige kleine 
Schwalbe kenne und liebe. Aber bei Hartger…« 
»Ich hol ihn zurück – «, sagte sie eifrig, doch er schüttelte 
wehmütig den Kopf. 
»Da kennst du den Stolz meines Bruders nicht, Ada. Der ist 
fertig mit uns, das kannst du mir schon glauben. So fertig, 
daß er sogar das Geld ablehnte, das ich ihm auszuzahlen 
verpflichtet bin. Wörtlich heißt es in seinem Schreiben: 
Wenn du die Summe aus dem Besitz ziehst, dann bist du 
ganz und gar von deiner Frau abhängig – und das muß 

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unter allen Umständen vermieden werden.« 
»So schlecht denkt er von mir?« fragte Ada bedrückt. 

»Daran bist du selber schuld. Ja, ja mein Schwälbchen, es 
tut nicht gut, wenn man seinem Schnabel freien Lauf läßt. 
Das gibt auf manchmal nur kleine Ursachen ganz große 
Wirkungen. Das soll dir eine Lehre für die Zukunft sein.« 
»Ach, Lutz, dann will ich fortan nicht mehr so viel reden«, 
meinte sie kläglich, und er lachte. 
»Schwatze nur munter drauflos. Aber gib dabei acht, daß 
du keinem damit weh tust.« 
»Bin ich denn so boshaft?« 
»Gottlob nicht – «, entgegnete er ernst. »Nur manchmal 
reichlich unbedacht. Du glaubst, kraft deines Geldbeutels 
mit den Menschen umspringen zu können, wie mit 

Marionetten…« 
»Lutz – bitte…!« 
»Na ja, ich bin schon still. Hat auch keinen Zweck, um 
Dinge herumzudrehen, die doch nicht mehr zu ändern 
sind. Um Hartger brauchen wir uns keine Sorge zu 
machen, der beißt sich schon durch. Und mir ist auch 
geholfen, wenn er sein Geld noch auf Elchen stehen läßt. 
So kann ich dir nach der Ernte schon einen Teil der Summe 
zurückzahlen, die du mir vorgestreckt hast.« 
»Lutz, du tust mir weh.« 
»Wie töricht, Ada! Es war doch so vereinbart, daß das Geld 
nur geliehen ist.« 

»Und was soll ich damit anfangen?« 
»Dir Extradinge leisten und es später dem Jungen 
zukommen lassen. Hoffentlich bleibt er nicht unser 
Einziger, dann findest du Verwendung für deinen 
Geldbeutel noch und noch.« 
»Damit ist aber Hartger nicht geholfen. Es paßt mir gar 
nicht, daß er in  fremden Diensten steht. Ob wir mal 
versuchen,’ ihn mit Ilka Stietz zusammenzubringen?« 
»Damit auch er von einer Frau abhängig wird?« 
»Pfui, Lutz, das war sehr häßlich.« 
»Ja, Kind, du bist doch dafür, jedes Ding beim richtigen 

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Namen zu nennen. Bei ihm stehen die Verhältnisse noch 
schwieriger als bei mir. Ich holte mir auf meinen Besitz 

eine wohlhabende Frau, da jedoch würde die Frau sich den 
Mann auf den ihren holen.« 
»Ein Wunder, daß du nicht sagst, sie würde ihn sich 
kaufen.« 
»Du hast den Sinn erfaßt, mein Kind. Schau mal, ich habe 
es mir immer so nett gedacht, wenn Hartger heiraten und 
mit seiner Frau hier wohnen würde. Der Kasten ist groß 
genug, um zwei Familien bequem beherbergen zu können. 
Daß du verträglich bist, das weiß ich, und Hartger hätte an 
einer zänkischen Frau gewiß keinen Gefallen gefunden. 
Also hätten wir hier in Frieden und Eintracht leben 
können, mit den gleichen Rechten und den gleichen 

Pflichten. Und da kommst du mit deinem losen 
Schnabel… Nun weine nicht wieder. Es war nur ein Traum 
– und Träume gehen eben nicht in Erfüllung.« 
»Und wenn ich Hartger um seine Rückkehr bitte – so recht 
von ganzem Herzen bitte?« 
»Das wird dir alles nichts nützen, Ada. Und nun laß gut 
sein, geschehen ist geschehen. Alles Grübeln ist hier 
zwecklos…« 
Das fand Ada nicht. Sie grübelte, und was sie ergrübelte, 
das setzte sie gleich in die Tat um. Zuerst schrieb sie dem 
Schwager einen langen Brief, in dem sie ihn um Verzeihung 
bat und ihn anflehte, nach Elchen zurückzukehren. 

Allein, das Schreiben kam zurück. 
Darauf rief sie ihn an, um eine Zeit zu vereinbaren, in der 
er für sie zu sprechen wäre. 
Er lehnte es ab. 
Als sie ihn einmal zufällig in der Stadt traf, sich ihm 
bittend näherte und er sie zwar höflich aber kalt abfertigte, 
da erzählte sie ihrem Mann bitterlich weinend, was sie 
bereits alles unternommen hatte, um den Schwager zu 
versöhnen und wie unzugänglich er wäre. 
Da war Lutz seinem Bruder denn doch gram. Wenn er auch 
allen Grund hatte, beleidigt zu sein, so brauchte er bei so 

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viel Zerknirschung der kleinen Frau nicht unversöhnlich zu 
bleiben. Sie tat ihm ordentlich leid. Doch als sie ihn bat, 

nach Schlehdorn zu fahren und Hartger in ihrem Namen 
um Verzeihung zu bitten, lehnte er ganz entschieden ab. 
Zwar bangte er sich sehr nach dem starrköpfigen Bengel 
und hätte ihn für sein Leben gern wiedergesehen, aber 
deshalb lief er ihm noch lange nicht nach. 
Meinte er zuerst. Aber so nach und nach wurde er den 
Bitten seiner Frau zugänglicher – bis, ja bis er dann doch 
nach Schlehdorn fuhr. Wenn auch brummend und 
knurrend, aber er tat’s. 
Und dieser gewiß nicht leichte Weg sollte nicht umsonst 
gewesen sein. Ohne viel Worte kam die Versöhnung 
zustande, und der liebe Bengel war endlich hier, Gott sei 

Dank! 
Warum seine Frau die Familie Stietz eingeladen hatte, 
ahnte Lutz und beobachtete den Bruder, wie er sich Ilka 
gegenüber verhielt. Nun, gar nicht mal so reserviert. 
Vielleicht bahnte sich da etwas an… 
Na, abwarten! 
Schmunzelnd nahm er wahr, wie Ilka den Mann umgarnte. 
Da fehlte bestimmt nicht viel Zustimmung von seiner Seite, 
und sie lag ihm beseligt an der Brust. 
Dann gab er sich alle Mühe, Alheidis Gerholt zu 
unterhalten, was gewiß nicht einfach war. Entweder 
schwieg sie oder gab nur einsilbige Antworten. Er war froh, 

als Ada sich diesem schwierigen Gast zuwandte. Der 
kleinen Schwätzerin würde es schon eher gelingen, die 
rechten Worte für diese Sphinx zu finden. 
»Liebes Fräulein Gerholt, es ist mir unverständlich, wie Sie 
so einsam leben können«, plauderte die junge Frau frisch 
drauflos. »Ich jedenfalls könnte es nicht, muß immer 
Menschen um mich haben. Dabei bin ich alles andre als 
vergnügungssüchtig, nicht wahr, Lutz? Aber Geselligkeit 
muß ich pflegen. Zu lieben Menschen gehen und sie 
wiederum bei mir sehen. Theater, Kino, auch ab und zu der 
Besuch einer öffentlichen Veranstaltung, kleine Reisen, das 

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gehört nun mal zu meinem Leben. 
Und vor allen Dingen habe ich meinen lieben Mann und 

unseren Jungen. Verstehen Sie etwas von Babys, Fräulein 
Gerholt? Nein? Das ist schade! So ein kleines molliges 
Wesen, das macht glücklich. Aber Sie sagen ja gar nichts, 
wie kommt das?« 
»Weil du die junge Dame ja gar nicht zu Wort kommen 
läßt, mein geschwätziges Schwälbchen.« lachte der Gatte 
herzlich, und sie meinte kleinlaut: 
»Ach ja, ich rede wieder einmal zu viel. Stört Sie das, 
Fräulein Gerholt? Sie schütteln den Kopf, also nicht. 
Warten Sie nur, ich zeige Ihnen gleich unseren ganzen 
Stolz, den Sie noch nicht kennen. Auch sein Onkel…« 
Das weitere verschluckte sie schnell, weil sie sich fest 

vorgenommen hatte, den schwierigen Herrn Schwager mit 
Worten zu verschonen, die ihm »in die falsche Kehle 
kommen könnten.« 
Hurtig eilte sie davon, um bald darauf mit einem Baby 
zurückzukehren, das rosig auf ihrem Arm hockte. Es sah 
nicht anders aus, als andere gepflegte Kleinkinder auch, 
aber für die strahlende junge Mutter schien das 
Geschöpfchen ein Wunder an Schönheit und Klugheit zu 
sein. 
»Ist er nicht süß?« fragte sie Alheidis, die lächelnd auf das 
Kind schaute, das sie mit den stahlenden Blauaugen des 
Vaters ansah. Dann trat Ada zögernd zu dem Schwager, der 

nach dem molligen Händchen des kleinen Neffen griff und 
einen Kuß darauf drückte. 
»Du bist ja ein ganz prächtiges Kerlchen…« 
»Nicht wahr?« fiel Ilka ihm eifrig – zu eifrig – ins Wort. »So 
etwas Süßes findet man selten. Ich mag Kinder für mein 
Leben gern. Und dazu noch so goldige wie dieses. Komm, 
mein reizendes Bengelchen, zu der lieben Tante, ja?« 
Sie lockte das Kind mit spielenden Fingern zu sich, das sie 
zuerst eingehend betrachtete und dann das Köpfchen an 
die Wange der Mutter schmiegte. Wahrscheinlich war ihm 
das forciert wirkende Getue zu unbehaglich, das laute 

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Lachen zu unheimlich. Von dem sicheren Platz aus ließ das 
Kerlchen die Blauaugen von einem zum anderen 

schweifen, bis sie an Alheidis haften blieben. Obgleich sie 
sich um den kleinen Knaben nicht im geringsten bemühte, 
schien sie ihm lieber zu sein als die andere Tante, die noch 
immer süß flötend auf ihn einsprach. Mit einem 
Schelmenlächeln streckte er Alheidis die Arme entgegen 
und als die Mutter näher trat, klatsche er mit dem dicken 
Patschhändchen dem Mädchen vergnügt krähend ins 
Gesicht. 
»Oh, Fräulein Gerholt!« jubelte Ada. »Sie haben aber eine 
rasche Eroberung gemacht. Sonst ist unser Schlingelchen 
nämlich sehr zurückhaltend. Nun nehmen Sie es schon.« 
Mit einem Ungeschick, das die andern schmunzeln machte, 

nahm Alheidis notgedrungen den Jungen von der Mutter 
Arm. Ob sie es gern oder ungern tat, das war dem 
Bürschlein höchst gleichgültig. Es war zutraulich da, wo es 
wollte, scherte sich um keine Unnahbarkeit. Jauchzend 
griff es nach dem blitzenden Anhänger, der an einer recht 
dünnen Kette hing und wollte ihn in den Mund stecken. 
»Halt ein!« gebot die Mutter lachend. »Komm schon lieber 
her…« 
Dem kleinen Bengel gefiel es gar nicht, als er wieder auf 
Adas Arm hockte, aber gab sich dann doch zufrieden – 
mehr als Ilka es tat, die sich über die Ablehnung des Kindes 
ärgerte. Es war kein freundlicher Blick, den sie Alheidis 

zuwarf, die für die spontane Eroberung gewiß nichts 
konnte, vielmehr darüber verlegen war, zumal es ihr nicht 
entging, wie die Nasenflügel Hartgers vibrierten. 
»Das war ungewohnt, nicht wahr, gnädiges Fräulein?« 
schmunzelte der Hausherr. 
»Aber lassen Sie nur, das lernt sich auch noch.« 
»Was es dabei wohl zu lernen gibt?« Ilkas Mundwinkel 
zogen sich nach unten. Und dann mit einem 
süßlächelnden Blick zu Elchstorff, dem jüngeren, hin: »So 
etwas muß einem weiblichen Wesen doch angeboren sein, 
stimmt’s, Hartger?« 

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»Das übersteigt meine Kompetenz«, gab er lachend zur 
Antwort. »So tief bin ich in die Materie noch nicht 

eingedrungen.« 
»Dann wird es aber Zeit«, lärmte Vater Stietz, wohlgefällig 
das junge Paar betrachtend, das so ganz nach seinem 
Herzen zu sein schien. Er zwinkerte zuerst seiner Frau, 
dann Lutz vergnügt zu – und Ada lachte in sich hinein, als 
sie den kleinen Knaben zu seiner Pflegerin zurückbrachte. 
Na also, die Sache schien ja zu klappen. Wenn das Paar 
zusammenkam, würde Lutz sehr zufrieden sein. Sein 
Bruder, an dem er so hing, war gut versorgt und blieb 
außerdem in seiner Nähe. Direkt glücklich würde ihn das 
machen und sie mit, weil sein Glück auch das ihre war. 
Hartger Elchstorff hatte keine Ahnung, wie sehr man sich 

mit ihm beschäftigte. Den interessierte erst einmal die 
Heuernte, die in Schlehdorn ganz anders ausfiel als im 
Vorjahr. Unermüdlich war er dabei, den reichen Segen zu 
bergen. Alles war so gut organisiert, daß keine Stockung 
eintreten konnte. Willig folgten die Arbeiter den Befehlen 
des Oberinspektors und es kam niemand in den Sinn, daß 
er gar nicht der Herr war. Bei ihm liefen nun einmal die 
Fäden zusammen, die er straff in Händen hielt. Er verstand 
alles, er wußte für alles Rat, er ging jedem mit gutem 
Beispiel voran. 
Na also!… 
Ermüdet von des Tages Plage ritten an einem Feierabend 

die Herrin von Schlehdorn und ihr Oberinspektor dem 
Gutshof zu. Vor ihnen schwankte ein Fuder Heu, das letzte 
des Tages. Die Sonne stand wie ein Feuer getaucht am 
Horizont. 
»Das gibt morgen wieder schönes Wetter«, sagte der Reiter 
froh. »Wenn es noch eine Woche lang anhält, dann wäre 
die Ernte mühelos geschafft. Leider muß man mit Regen 
rechnen. 
Was haben Sie denn, gnädiges Fräulein?« unterbrach er sich 
erschrocken, als er sie im Sattel wanken sah. »Ist Ihnen 
nicht wohl?« 

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»Ich weiß nicht…« 
Rasch glitt er vom Pferd und hob die leichte Gestalt von 

dem ihren. Legte sie am Feldrain in das weiche Gras, zog 
seine Jacke aus, faltete sie zusammen und schob sie der 
Willenlosen unter den Kopf. Dann entnahm er der 
Satteltasche eine kleine Flasche mit Kognak, goß die klare 
Flüssigkeit in den Schraubbecher und hielt ihn dem 
Mädchen an den Mund. 
»Trinken Sie nur«, sprach er ihr gütig zu. »Wenn das Zeug 
auch nicht schmeckt, aber es tut gut.« 
Nachdem sie einen Schluck getan hatte, schüttelte sie sich. 
»Brr – gräßlich!« 
»Macht nichts, brav ausgetrunken – so ist es recht. Besser?« 
»Ich glaube ja.« 

Sie wollte sich erheben, doch er drückte sie zurück. 
»Halt, liegengeblieben! Erst muß Ihr Gesicht wieder Farbe 
bekommen.« 
»Ich schäme mich.« 
»Warum, weil Sie schlappgemacht haben?« 
»Ja.« 
»Nun, das dürfte auch robusteren Naturen passieren, wenn 
sie mit ihrem Körper so Raubbau treiben, wie dieses 
unvernünftige kleine Mädchen. Ich dürfte nicht über Sie zu 
bestimmen haben…« 
Er hielt inne, weil er bemerkte, wie sich die Tränen unter 
den geschlossenen Lidern hervorstahlen. Setzte sich neben 

sie und verhielt sich ganz still. Um sie herrschte tiefer 
Abendfriede. Vom nahen Walde her flatterte ein Eulenruf, 
Frösche quakten im Uferschilf des Sees, von fernher klang 
das Dängeln einer Sense, auf der Weide wieherte mutwillig 
ein Fohlen, worauf die beiden Reitpferde, die am Feldweg 
grasten, Antwort gaben – und über all dem 
Sommerabendzauber schwebte der süße Duft des Heues. 
Keinen Blick ließ der Mann von dem Mädchengesicht, in 
das langsam die gesunde Farbe stieg. Ab und zu zitterten 
die feinen Nasenflügel nervös, der Mund zuckte. 
Ganz unerwartet schlug sie die Augen auf, die noch umflort 

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waren von Tränen. Schauten hinauf in des Himmels Bläue 
und schweiften ab zu dem Mann hin, der den wie 

fragenden Blick mit dem seinen festhielt. Vom Gutshof her 
flatterten die Klänge einer Ziehharmonika, eine Stimme 
sang dazu eine süßschmerzliche Weise von Lieben und 
Leiden… 
Hastig richtete Alheidis sich auf, drückte sekundenlang die 
Knöchel der Zeigefinger in die Augen und sprang dann 
hoch. 
»So, jetzt geht es mir wieder gut«, sagte sie in gewohntem 
Ton. »Entschuldigen Sie, Herr Oberinspektor, daß ich 
Ihnen Mühe gemacht habe.« 
»Davon kann nicht die Rede sein, gnädiges Fräulein«, 
entgegnete er gelassen, indem er ihr in den Sattel half. 

Dann saß auch er auf, und langsam ritten sie davon. Immer 
wieder gingen die Blicke des Mannes zu dem geneigten 
Gesicht des Mädchens hin, bis er zu sprechen anhub: 
»So kann das nicht weitergehen, gnädiges Fräulein. Zwar ist 
es sonst nicht meine Art, mich in anderer Leute 
Angelegenheiten zu mischen, weil das größtenteils eine 
undankbare Sache ist, aber wo es die Menschenpflicht 
gebietet, muß man es dennoch wagen. Ich will nicht 
ableugnen, daß Sie ein in sich gefestigter Charakter sind, 
der auf die Gesellschaft anderer nicht unbedingt 
angewiesen ist und einsam leben kann. Aber Sie sind noch 
viel zu jung, um sich direkt in Einsamkeit zu vergraben.« 

»Worauf wollen Sie hinaus?« fragte sie kurz. 
»Daß Sie eine Dame ins Haus nehmen, die Sie mütterlich 
betreut. Die dafür sorgt, daß Sie sich, wenn Sie müde nach 
Hause kommen, nicht noch um den Hauswirtschaftskram 
zu kümmern brauchen, sich nicht mit der Dienerschaft 
herumärgern müssen. Daß Sie die Mahlzeiten regelmäßig 
einnehmen, die nötigen Stunden Ruhe und nebenbei auch 
Abwechslung haben, die ein so junges Menschenkind 
braucht, wenn es – entschuldigen Sie den krassen Ausdruck 
– nicht ganz versäuern soll.« 
»Sie sind sehr aufrichtig, Herr Oberinspektor.« 

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»Gnädiges Fräulein, ein aufrichtiges Wort zur rechten Zeit 
hat manchem Menschen schon gutgetan. Daß ich es 

ehrlich mit Ihnen meine, werde ich hoffentlich nicht noch 
extra betonen müssen.« 
»Nein. Sie berücksichtigen nur eines nicht, nämlich, daß 
eine Dame, wie sie Ihnen vorschwebt, nicht leicht zu 
finden ist, weil man vollstes Vertrauen in sie setzen muß.« 
»Zugegeben. Denn gerade Damen auf solchen Posten 
enttäuschen oft.« 
Nun lachte sie hellauf, was gewiß nicht oft bei ihr vorkam. 
Dann blitzte in ihren Augen der Schelm, als sie sagte: 
»Ich denke wohl nicht fehl, wenn ich annehme, daß Sie 
mir eine geeignete Persönlichkeit empfehlen können, Herr 
Oberinspektor.« 

»Stimmt«, gab er gleichfalls lachend zurück. »Aber ich muß 
da vorsichtig sein, wenn ich nicht in den Verdacht 
kommen will, mit meinem Vorschlag einen eigennützigen 
Zweck zu verfolgen.« 
»Nun, über den Verdacht dürften Sie doch wohl erhaben 
sein.« 
»Danke, gnädiges Fräulein. Das war ein gutes Wort.« Er 
atmete erleichtert auf. »Es handelt sich nämlich um eine 
Tante von mir, die ich Ihnen gern aufdrängen möchte. Sie 
hat nach dem Tode meiner Mutter, die ich leider früh 
verlor, unserm Hause vorgestanden und meinen Bruder 
und mich betreut. Sie blieb in Elchen, bis er heiratete. 

Dann zog sie in ein Stift, wo sie sich unter den alten, zum 
Teil recht schrulligen Dämchen kreuzunglücklich fühlt, 
weil sie selbst alles andere als das ist. Ich kann ja meine 
Verwandte in vorliegendem Fall nicht allzusehr 
herausstreichen, will sie daher nur kurz charakterisieren: 
Ein durch und durch anständiger Mensch. Genügt Ihnen 
das?« 
»Voll und ganz. Also will auch ich mich kurz fassen: 
Benachrichtigen Sie die Dame, daß sie mir herzlich 
willkommen ist und ich sie so bald wie möglich erwarte.« 
»Um Gott, gnädiges Fräulein, ist das nicht zu übereilt?« 

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»Nein.« Sie winkte kurz ab. »Ich habe nicht vor, Ihrer 
Verwandten – verzeihen Sie – ein Asyl zu gewähren, 

sondern sie als Hausdame einzustellen, wie ich eine solche 
schon lange suche und nie die passende finden konnte. Ich 
bin es nämlich schon längst überdrüssig, mich mit dem 
Hauswesen zu befassen, was Unerquicklichkeiten aller Art 
mit sich bringt, weil ich mich ja nicht ausschließlich damit 
befassen kann, wie die meisten Hausfrauen. Daher kommt 
Ihre Vermittlung mir wie gerufen und ich sage Ihnen dafür 
Dank.« 
»Wenn es so ist, gnädiges Fräulein, dann will ich wohl 
zufrieden sein. Also darf ich meine Tante sofort 
benachrichtigen?« 
»Ich bitte darum.« 

Eine Woche später hielt dann das Fräulein Gundula von 
Bartold ihren Einzug in das Herrenhaus von Schlehdorn. 
Man konnte sie als einen Menschen von einer natürlicher 
Vornehmheit bezeichnen, dazu umsichtig, gelassen, 
lebensklug und taktvoll. Sie besaß Menschenkenntnis 
genug, um die junge Herrin richtig einzuschätzen, um zu 
wissen, daß man sehr vorsichtig vorgehen mußte, wenn 
man ihr Vertrauen gewinnen wollte. Ohne viel Aufhebens 
zu machen, war sie bald der gute Geist des Hauses, der 
immer da war, wenn er gebraucht wurde, und unsichtbar 
blieb, wenn er unerwünscht schien. 
Alheidis lernte kennen, wie es ist, wenn man von echter 

Mütterlichkeit umhegt wird. Empfand die feine Art der 
Dame so wohltuend, daß sie sich ihr, ohne es selbst so 
recht zu wissen, immer mehr ergab. Es war doch so 
heimelig traut, einen Menschen seiner wartend zu wissen, 
wenn man müde nach Hause kam. Wie unbewußt nach 
den Erfrischungen zu greifen, die immer bereitstanden. 
Eine Stunde, auch zwei, nach dem Abendessen gemütlich 
zu verplaudern, bevor man zu Bett ging. Und als Alheidis 
erst wußte, wie gut Fräulein Gundula den Flügel 
beherrschte, bat sie diese öfter zu musizieren. Ganz still saß 
sie dann da und ließ sich von den schmeichelnden Tönen 

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einspinnen. 
Allmählich stieg gar in ihr der Wunsch auf, sich an das 

Instrument zu setzen und darauf zu spielen. Sie hatte ja 
nicht umsonst jahrelangen vorzüglichen Unterricht gehabt 
und war nur aus der Übung gekommen. Zuerst zaghaft, 
dann immer sicherer wurde sie im Spiel, ließ ab und zu 
auch ihre Stimme hören, die nicht sonderlich geschult, 
aber von einschmeichelnder Süße war. 
Jedenfalls geizte Gundula mit ihrem Lob nicht, das ehrlich 
gezollt wurde. Freute sich über ihren Schützling, der von 
Tag zu Tag mehr aus sich herausging. 
»Nun, wie wirst du denn mit dem hochmütigen kleinen 
Mädchen fertig, Tante Gunde?« erkundigte sich Hartger, als 
er der Dame einmal allein begegnete. »Schwierig zu 

nehmen, wie?« 
»Hochmütig? Ach du lieber Gott! Ein armes Ding ist es, um 
das sich bisher niemand liebevoll gekümmert hat. Ihr 
ganzer Hochmut ist nichts weiter als ein Verkriechen in 
sich selbst. Das bedauernswerte Geschöpf kann ja noch 
nicht einmal lachen. Ich begreife den Vater nicht, der sein 
eigen Fleisch und Blut in Einsamkeit förmlich verkommen 
läßt.« 
»Das liegt nicht an ihm, sondern an Fräulein Gerholts 
hartnäckigem Widerstand.« 
»Ach was, der wird bei einem so jungen Ding wohl noch zu 
brechen sein«, entgegnete die Dame unmutig. 

»Wahrscheinlich ist der Herr zu bequem, um sich diese 
Mühe zu machen. Die wendet er Heber bei seinen 
Stiefkindern an… 
Aber laß nur, jetzt bin ich ja da, um das verlassene Kind 
unter meine Obhut zu nehmen und an Liebe nachzuholen, 
was die Eltern ihm schuldig geblieben sind. So bin ich 
doch wenigstens zu etwas nütze auf der Welt. Vor allem 
muß die Kleine das Lachen so richtig lernen, wozu sie 
wahrscheinlich bisher noch keine Veranlassung hatte. Sie 
ist mit ihren knapp einundzwanzig Jahren ja vernünftiger 
als eine Greisin. Dagegen bin ich ja noch ein Backfisch an 

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Lebensübermut. 
Aber wie könnte es bei dem Leben, das sie bisher geführt 

hat, auch anders sein? Arbeit und immer wieder Arbeit von 
früh bis spät, das hält kaum ein Mann auf die Dauer aus.« 
»Dann soll sie sich doch zwischendurch Abwechslung 
verschaffen«, bemerkte er achselzuckend. »Die Stadt ist 
doch so nah, die allerlei an Vergnügungen bietet.« 
»Du sprichst das so gedankenlos hin, mein Sohn. So allein, 
wie sie noch vor kurzem war, konnte sie doch keinem 
Vergnügen nachgehen. Um sich Freundinnen oder gar 
Freunde anzuschaffen, dazu ist sie nicht leichtlebig genug. 
Außerdem pflegen die meisten jungen Menschen ihres 
Alters so albern zu sein, daß Alheidis an ihrer Gesellschaft 
keine Freude finden könnte. Aber wie gesagt, jetzt bin ich ja 

da.« 
»Das klingt ja ordentlich drohend«, lachte er amüsiert. 
»Recht so, Gundchen, nimm deinen Schützling nur ans 
Händchen und führe ihn aus.« 
»Worauf du dich verlassen kannst, mein Jungchen. 
Jedenfalls werde ich darauf achten, daß das arme Ding 
nicht nur schuftet, sondern sich zwischendurch auch 
vergnüglich beschäftigt.« 
Und tatsächlich sah man in Zukunft die beiden Damen 
öfter einmal nach Feierabend im Auto zur Stadt fahren. Am 
Sonntag fuhren sie im Viererzug durch die Gegend, was 
Alheidis, die kutschierte, viel Freude bereitete. Da Fräulein 

Gundula gut zu Pferd saß, begleitete sie ihren Schützling 
auch alltags auf seinen Ritten. Wenn sie abends zu Hause 
waren, hörte man durch die geöffneten Fenster des 
Herrenhauses Klavierspiel und Gesang, zwischendurch 
flatterte helles Mädchenlachen. 
Also schien es der Hausdame tatsächlich zu gelingen, die 
junge Herrin immer mehr aus ihrer ernsten 
Verschlossenheit herauszulocken. Aber auch nur der 
frischfröhlichen Gundula; denn allen anderen gegenüber 
verharrte Alheidis in ihrer hochmütigen Unnahbarkeit. 
Gundula von Bartold hatte Geburtstag. – Dieser Tag war für 

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die alte Dame eine einzige Überraschung, die bereits am 
frühen Morgen begann, als sie den Geburtstagstisch sah, 

den Alheidis hergerichtet hatte. Was darauf lag, war 
auserlesen und feinsinnig gewählt. Dazu herrlicher 
Blumenschmuck – kein Wunder, daß das Geburtstagskind 
ein Gesicht machte, welches man nicht als besonders 
geistreich bezeichnen konnte. Es entlockte Alheidis ein so 
herzliches Lachen, wie selbst Gundula es noch nie gehört 
hatte. 
»Kommen Sie nur wieder zu sich, Fräulein von Bartold…!« 
»Na, warten Sie nur! Macht sich so ein Schelm auch noch 
darüber lustig, wenn man vor Überraschung sozusagen aus 
den Schlorren kippt. Soviel ich weiß, habe ich kein Wort 
über meinen Geburtstag verlauten lassen.« 

»Ist auch nicht nötig, da ich Ihre Personalien kenne. Lassen 
Sie sich recht herzlich gratulieren und alles Gute 
wünschen.« 
Die zweite Überraschung für Gundula war, daß das 
Mädchen sie umfaßte und einen Kuß auf ihre Wange 
drückte, was bei seiner sonstigen Zurückhaltung sehr hoch 
zu bewerten war. Gerührt zog das alternde Fräulein das 
junge Menschenkind in die Arme, das sich mit einem 
reizenden Lächeln darein schmiegte. 
»Liebes Fräulein Gerholt, was haben Sie mir für eine 
Mordsfreude gemacht…« 
»Sagen Sie Alheidis zu mir und du, ja?« bettelte sie mit 

Augen und Lippen. 
»Es nennt mich ja sonst niemand so.« 
»Von Herzen gern, mein liebes Kind. Aber dann will ich 
auch Tante Gundula für dich sein, einverstanden?« 
»Mit tausend Freuden. Ach ja – so ist es schön.« 
Immer gerührter wurde die Dame, in deren Herzen so viel 
Liebesreichtum brach lag, den sie jetzt über das seltsame 
Geschöpf, dessen Holdseligkeit sich nun vor ihr offenbarte, 
ausschütten konnte. Da sollte noch jemand kommen und 
seine Glossen über die hochmütige Herrin von Schlehdorn 
machen, dem würde sie schon eine Abfuhr erteilen! 

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Auch diesem Herrn Gerholt würde sie gern mal ihre 
Meinung sagen. So ein Narr! Hätte alle Vaterfreuden an 

dieser Tochter erleben können und kümmerte sich einfach 
nicht um sie. Gab seine Liebe den beiden Mädchen, die gar 
nicht seines Blutes waren, während dieses danach darben 
mußte. Gewiß waren seine Stieftöchter ganz niedliche 
Marjellchen, aber mit diesem stolzen, seltsam schönen 
Menschenkind überhaupt nicht zu vergleichen! Zärtlich 
küßte sie die Augen, die zu ihr emporstrahlten. Tränen 
klopften in ihrer Stimme, als sie leise sagte: 
»So sehr ich mich über deine Gaben freue, so ist deine 
Zutraulichkeit doch das wertvollste Geschenk für mich, 
meine kleine Mimose. Es beglückt mich ungemein.« 
Alheidis schmiegte ihr Gesicht an den weichen Platz und 

bekannte leise: 
»Nun habe ich doch einen Menschen, der zu mir gehört. 
Ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich mich das macht. 
Wenn ich auch nicht besonders weich veranlagt bin – aber 
deshalb habe ich doch auch ein – Herz.« 
Nun ja, das Gundulas wurde weich wie Butter und öffnete 
sich weit. Den Hauptplatz nahm fortan Alheidis darin 
ein… 
Als das Geburtstagskind sich nach dem Mittagessen 
zurückgezogen hatte, machte das junge Mädchen sich 
daran, den Kaffeetisch herzurichten. Wo im Park ein alter 
Lindenbaum blühte und eine Rosenhecke im Halbrund 

sich erstreckte, standen weißlackierte Gartenmöbel. Dieses 
wonnevolle Plätzchen war wie geschaffen für eine festliche 
Tafelrunde, zumal der strahlendschöne Julitag ein übriges 
dazu beitrug. Das beste Porzellan holte Alheidis herbei, 
wand ein Rosenkränzchen, legte es um das Gedeck des 
Geburtstagskindes, streute duftende Blüten über den Tisch 
und besah sich dann ihr Werk zufrieden. Später kam dann 
noch das Gebäck darauf, das Gundula gern mochte und 
das die Mamsell heimlich hatte backen müssen. 
Und dann war der Moment da, wo die drei 
Geburtstagsgäste anrückten. Auch sie lachten herzlich über 

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das verblüffte Gesicht der Tante. 
»Gundelchen, mach den Mund zu – «, neckte Hartger. 

»Komm, laß dir viel Glück wünschen zu deinem 
Wiegenfest.« 
Nachdem sie auch die Glückwünsche nebst Geschenken 
der andern in Empfang genommen hatte, brach die Freude 
durch. 
»Kinder, wie rührend, daß ihr den Geburtstag der alten 
Tante nicht vergessen habt…« 
»Na – alt!« Lutz betrachtete das siebenundvierzigjährige 
Fräulein augenzwinkernd, das in seiner jugendlich 
wirkenden Schlankheit und mit dem blühenden Gesicht 
vor ihm stand. »Du hast ja noch nicht einmal graue Haare.« 
»Kommt daher, weil ich mich mit keinem Mann 

herumärgern muß«, gab sie schlagfertig zurück. »Aber wie 
ist das möglich, daß ihr mich hier so mir nichts dir nichts 
überfallen dürft?« 
»Weil ich die Herrschaften darum gebeten habe«, erklärte 
Alheidis mit einem Lachen, das die Gäste frappiert 
aufhorchen ließ, da sie es bei dem sonst so ernsten 
Mädchen noch nicht gehört hatten. Auch so froh hatten sie 
es noch nicht gesehen. Und da strahlende Freude ja jeden 
Menschen zu verschönen pflegt, so machte sie dieses 
ohnehin schöne Menschenkind einfach bezaubernd. Doch 
während die beiden Herren das nur dachten, mußte die 
geschwätzige kleine Schwalbe es natürlich gleich in Worte 

fassen: 
»Oh, Fräulein Gerholt, Sie sind ja heute entzückend!« 
bekannte sie treuherzig, was die Wangen des Mädchens 
heiß erglühen ließ vor Verlegenheit. Hastig bat sie die 
Gäste, ihr zu folgen. 
»Wie bei Dornröschen!« jubelte Ada, als sie das Ziel 
erreicht hatten, spontan, wie sie war, griff sie nach dem 
Rosenkränzchen und drückte es dem Geburtstagskind auf 
den Kopf, das lachend protestierte. 
»Na, so habe ich mir ein Dornröschen nun wirklich nicht 
vorgestellt. Da würde der Prinz wohl große Augen gemacht 

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haben. Aber hier…« 
Blitzschnell wechselte das duftige Gebilde seinen Platz. Es 

schmückte nun das seidenhaarige Haupt der jungen 
Alheidis, die erschrocken in die lachenden Gesichter um 
sich sah. Als sie jedoch Miene machte, den Kranz zu 
entfernen, gebot Lutz Elchstorff Einhalt. 
»Daraus wird nichts, gnädiges Fräulein. Sie werden doch 
nicht so abgünstig sein und uns den wunderholden 
Anblick mißgönnen? Schauen Sie, meine Frau schmückt 
sich als Hofdame des Dornröschens bereits.« Er zeigte auf 
Ada, die eine Rose ins Haar steckte und also bei Gundula 
tat, die sie diesmal geduldig gewähren ließ und 
schmunzelnd sagte: 
»Ich bin doch schließlich die böse Fee. Gib acht, Alheidis, 

gleich werde ich dich in tiefen Schlaf sinken lassen.« 
Bei dem trauten Du horchten die drei Gäste überrascht auf. 
Es kam ihnen so unerwartet, daß selbst Ada es unterließ, 
sich darüber zu äußern. 
»Nun, Tante Gundula«, lachte sie fröhlich. »Wie eine böse 
Fee siehst du doch wirklich nicht aus. Ernennen wir dich 
also zur Königinmutter. Hartger ist der Prinz und mein 
lieber Mann der Hofmarschall. Empfanget eure Orden.« 
Nachdem auch eine Rose das Knopfloch der Herrenröcke 
zierte, nahm man Platz. Man kam sich tatsächlich wie 
verzaubert vor, so unwirklich schön war das Plätzchen. Die 
Äste der blühenden Linde hingen so weit herab, daß sie die 

Hecke berührten. Ihr süßer Duft vermischte sich mit dem 
der Rosen. Selbst das Gebäck, das der Diener brachte, 
mundete ganz besonders gut, der Kaffee nicht minder. Ada 
schwatzte fröhlich in die behagliche Stimmung hinein, was 
man vergnügt über sich ergehen ließ. Selbst Alheidis war 
aufgeschlossener als sonst. Sie beteiligte sich am Gespräch 
und lachte auch hie und da über die Drollerie der kleinen 
Baronin. 
Alheidis merkte nicht, wie die Blicke Gundulas und die der 
Herren immer wieder zu ihr hingingen. Sie hörte amüsiert 
dem Geplauder Adas zu. Eben nahm das flinke Zünglein 

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den Schwager aufs Korn: 
»Sag mal, Hartger, was hast du dir eigentlich dabei gedacht, 

als du Stietz’ Einladung ausschlugst. War das nötig?« 
»Ja, weil ich bereits die von Fräulein Gerholt angenommen 
hatte. Auf zwei Stellen zugleich kann der Mensch ja 
bekanntlich nicht sein.« 
»So ein Pech!« 
»Na, erlaube mal, Ada, das ist gerad kein Kompliment für 
unsere Gastgeberin.« 
»So meine ich es doch nicht.« Sie sah erschrocken zu 
Alheidis hin. »Entschuldigen Sie bitte, Fräulein Gerholt. 
Das Pech bezog sich auf Ilka Stietz. Sie feiert heute nämlich 
auch ihren Geburtstag und ist nun unglücklich, daß bei der 
Feier gerade der Gast fehlt, auf den sie den größten Wert 

legt. Eine halbe Stunde lang hat sie mir heute vormittag am 
Telefon das Ohr vollgejammert, daß sie das Fest ohne dich 
begehen muß, Hartger. Ganz durcheinander war sie vor 
Enttäuschung und Zorn. Ich glaube, du darfst ihr vorläufig 
nicht unter die Augen treten, wenn du diesen nicht zu 
spüren bekommen willst. Hast du ihr wenigstens Blumen 
geschickt?« 
»Nein, weil ich keine Ahnung hatte, daß heute ihr 
Geburtstag ist.« 
»Und das kannst du so gelassen hinsagen?« 
»Nun, soll ich mich etwa dabei aufregen?« 
»Lutz, was sagst du bloß zu dem kaltschnäuzigen 

Menschen?« fragte sie so konsterniert, daß er lachte und die 
anderen mit ihm. 
»Daß du die Sorgen anderer doch immer zu den deinen 
machen mußt, Ada. Laß gut sein, Ilkas Zorn wird 
verfliegen, sofern Hartger ihr unter die Augen tritt.« 
»Meinst du?« 
»Ich meine.« 
»Aber einen Strauß könntest du ihr trotzdem schicken, 
Hartger.« 
»Wo soll ich den wohl am Sonntag herkriegen?« 
»Hier an der Hecke und dort auf den Beeten blühen doch 

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Blumen in den wundervollsten Sorten und Farben. Die 
Besitzerin all der Herrlichkeit wird es gern gestatten, daß du 

einen Strauß zusammenstellst. Nicht wahr, Fräulein 
Gerholt?« 
»Selbstverständlich, Baronin.« 
»Na siehst du. Komm, Schwagerherz, ich helfe dir. Das soll 
ein herrlicher Strauß werden.« 
Als sie eilig aufsprang, winkte er gelassen ab. 
»Harmloses Gemüt! Du nimmst doch nicht etwa an, daß 
die mondäne Ilka Stietz sich mit den Blumen begnügen 
würde, die in einem Gutsgarten blühen. Die müssen 
möglichst fern der Heimat gewachsen sein und eine Menge 
Geld kosten, wenn sie vor den Augen der anspruchsvollen 
Dame Gnade finden sollen.« 

»Das verstehe ich nicht«, schüttelte die junge Frau verblüfft 
den Kopf. »Lutz hätte mir Disteln schicken können, und 
ich wäre darüber erfreut gewesen, weil sie von ihm kamen.« 
Das klang so treuherzig, daß die andern gerührt auf sie 
schauten. Der Gatte nickte ihr herzlich zu. 
»Dafür bist du ja auch mein herzliebes Schwälbchen und 
kein bunter Paradiesvogel. Zerbrich dir dein Köpfchen nun 
nicht länger über die verpatzte Geburtstagsfeier. Die heikle 
Angelegenheit muß der in Ordnung bringen, den sie am 
meisten angeht.« 
Da gab sie sich denn zufrieden und wandte sich der Tante 
zu, um mit ihr über das zu sprechen, was ihre Welt 

bedeutete. Das waren der große und der kleine Lutz. 
Geduldig hörte Gundula alles mit an, warf nur, wenn die 
Schwärmerin zu sehr mit den Augen der Liebe sah, 
trockene Bemerkungen dazwischen, die die andern 
ergötzten und Ada selbst hellauf lachen ließen. Denn das 
gehörte zu ihren guten Eigenschaften, daß sie jede Neckerei 
vertrug, sofern sie nicht boshaft gemeint war. 
Nachdem sie Mann und Sohn genügend verherrlicht hatte, 
verschnaufte sie erst ein wenig, dann bedauerte sie lebhaft, 
ihre Laute nicht mitgebracht zu haben, denn zu einer 
rechten Geburtstagsfeier gehörte ihrer Ansicht nach nun 

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einmal froher Gesang. 
»Mit einer Laute kann ich Ihnen aushelfen, Baronin«, erbot 

sich Alheidis höflich. »Ich habe allerdings lange nicht mehr 
darauf gespielt und fürchte, daß sie recht verstimmt sein 
wird.« 
»Macht nichts, ich kriege sie schon wieder in Ordnung. 
Aber da fällt mir ein, daß ich ja noch gar nicht deinen 
Geburtstagstisch bewundert habe, Tante Gundula. Willst 
du ihn mir nicht zeigen?« 
»Muß ich wohl, da du sonst doch keine Ruhe gibst, du 
Neugier. Gehen wir also ins Haus. Wo kann ich die Laute 
finden, Alheidis? Ich bringe sie dann gleich mit.« 
»Ich weiß selbst nicht recht, wo sie steckt, Tante Gundula. 
Da muß ich schon selber nachsehen.« 

»Na schön, dann schließe dich uns an. Die Herren müssen 
solange ohne uns auskommen.« 
So gingen denn die drei Damen davon. Tante nebst Nichte 
nach dem Zimmer, wo der Geburtstagstisch stand, Alheidis 
auf die Suche nach der Laute. Sie fand sie schneller, als sie 
vermutet hatte und machte sich auf den Rückweg zur 
Rosenlaube. Als sie sich in deren Nähe befand, hörte sie die 
Herren in einem Gespräch, das sie peinlich berührte. 
Unschlüssig, wie sie sich verhalten sollte, trat sie hinter ein 
Gebüsch. 
»Ilka war heute vormittag am Telefon nicht wenig in 
Fahrt«, sagte Lutz soeben lachend. »Wahrscheinlich hat sie 

damit gerechnet, daß sie auf dem Fest ihre Verlobung 
bekanntgeben kann.« 
»Mit wem?« 
»Junge, nun tu bloß nicht so ahnungslos. Mit dir natürlich, 
mit wem sonst? Eure bevorstehende Verlobung ist doch 
direkt Tagesgespräch. Man wartet jedenfalls mit Spannung 
darauf.« 
»Aha, nur um die sensationslüsternen Leutchen 
zufriedenzustellen, soll ich mich verloben«, klang nun die 
sonore Stimme Hartgers auf. »Denn Sensation wäre es 
wirklich, wenn ich mich als Knecht bei Ilka Stietz 

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verdingen sollte.« 
»Aber Hartger!« 

»Aber Lutz! Was anders wäre ich wohl, wenn ich der 
Erbtochter in das aufgestellte Netz ginge? Wie die meisten 
Einheiraten endeten, haben wir doch schon oft beobachten 
können. Denke nur an Edgar Gerholt. Was war er denn 
anders als ein Knecht seiner herrschsüchtigen, 
hochfahrenden Frau? Ein wahres Martyrium hat der arme 
Kerl hinter sich.« 
»Da suchst du dir aber auch einen der krassesten Fälle 
heraus, Hartger. Es sind ja nicht alle Erbinnen solche 
Kanaillen wie diese Kunigunde. Trotzdem hat Gerholt den 
Mut zu einer zweiten Einheirat gehabt und scheint mit 
seiner jetzigen Frau recht glücklich zu sein.« 

»Dafür ist diese aber auch ein so prächtiges Menschenkind, 
wie es unter dem weiblichen Geschlecht nicht oft zu finden 
ist. Mit so einer Frau kann ein Mann schon glücklich sein. 
Nicht aber mit so einem launenhaften, herrischen 
Geschöpf wie Ilka Stietz. Die wird in der Ehe gewiß nicht 
anders sein, als die liebe Kunigunde es war. Also hieße es, 
erstere ehelichen, mit offenen Augen in sein Verderben 
rennen.« 
»Hm«, meinte der Bruder nachdenklich. »Du hast recht – 
und wiederum auch nicht. Bedenke, daß du einen guten 
Batzen ihrem Besitz in die Waage zu werfen hättest, wenn 
ich dir dein Vatererbe auszahle.« 

»Und doch bleibe, ich immer nur der Mann meiner Frau«, 
kam die Antwort hart. »Oder wie ich schon vorhin noch 
treffender sagte: Ihr Knecht. Da bin ich in fremden 
Diensten bestimmt mehr mein eigener Herr, als auf einem 
angeheirateten. 
Außerdem möchte ich das Geld noch solange auf Elchen 
stehen lassen, bis du es von deinen Einkünften abzahlen 
kannst…« 
»Hartger, ich bitte dich!« 
»Laß nur«, winkte er gelassen ab. »Ich will deiner Frau 
gewiß nicht zu nahe treten. Aber…« 

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Er sprach nicht weiter, weil Ada in langen Sprüngen 
angewetzt kam. Langsamer folgte Gundula. Nun war 

erstere heran und ließ sich atemlos vom schnellen Lauf in 
den Gartensessel sinken. 
»Wunderhübsche Sachen hat Fräulein Gerholt unserem 
Geburtstagskind aufgebaut. Da kommt sie ja, die 
großzügige Spenderin mit der Laute – « 
Gleich darauf hielt sie diese im Schoß und bewunderte die 
vielen farbigen Bänder, mit denen das übrigens kostbare 
Instrument geschmückt war. 
»Ist das eine Pracht! Obwohl ich eifrige Sammlerin von 
Lautenbändern bin, habe ich es noch nicht einmal bis zur 
Hälfte dieser Anzahl hier gebracht. Alle von Verehrern?« 
fragte sie naiv. 

»O nein. Es brauchen ja nicht immer Verehrer zu sein, 
Freundinnen und Bekannte tun’s auch«, gab Alheidis mit 
einem Lächeln zur Antwort, das fremd an ihr war. Nicht 
hochmütig und abweisend, nicht amüsiert, wie es heute 
öfter ihren Mund umzuckte, sondern wie ein Gemisch von 
Schmerz und Verbitterung. 
Die Augen hatten den strahlenden Schein verloren, das 
Gesicht war blaß. Schweigend nahm sie ihren Platz ein und 
zog die Schultern hoch, als ob sie fröre. 
Das alles bemerkten die anderen nicht. Sie schauten 
lächelnd auf Ada, die eifrig die Laute stimmte. 
»So, nun ist sie in Ordnung«, stellte sie dann fröhlich fest. 

»Vielleicht geben Sie zuerst etwas zum besten, Fräulein 
Gerholt?« 
»Das überlasse ich gern Ihnen, Baronin. Mein Spiel und 
Gesang dürfte alles andere nur kein Genuß sein.« 
»Nicht gesagt, daß es bei meinem einer wird. Na, egal. 
Wenn es euch zuviel wird, dann schreit.« 
Es wurde niemand zuviel. Sie lauschten sogar mit 
Vergnügen der frischen Stimme, die kleine Liedchen 
schelmisch vortrug. Man konnte Lutz Elchstorff sehr gut 
verstehen, daß er sein Herz an dieses fröhliche 
Menschenkind gehängt hatte, das Wachs in seinen Händen 

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war. Das nichts auf der Welt so fürchtete wie seine 
Unzufriedenheit und nichts so liebte wie sein frohes 

Lachen, seine herzwarme Zärtlichkeit, die es einhüllte wie 
in einen weichen Mantel… 
Als die Gäste fort waren, galt es für Alheidis noch, den 
Dank Gundulas für die ihr bereiteten frohen Stunden in 
Empfang zu nehmen – dann konnte sie sich endlich 
zurückziehen. 
Und da war es denn auch mit ihrer so mühsam 
aufrechterhaltenen Beherrschung vorbei. Denn was sie 
heute erlauschen mußte, das hatte sie getroffen bis ins 
tiefste Herz. 
So schätzte man ihre Mutter ein, die ihr stets Vorbild 
gewesen und an deren Seite ihr Vater ein – Martyrium 

erlitten hatte Und dann das andere… 
Nicht mehr denken, schlafen – nur schlafen – am liebsten 
gar nicht mehr erwachen. Also nahm sie eine Tablette, warf 
die Kleider ab, ging zu Bett und schluchzte sich in einen 
Schlummer hinein, der von wirren, quälenden Träumen 
durchweht war. 
Am nächsten Morgen erwachte Alheidis vom hellen Ton 
der Hofglocke, die zur Arbeit rief. Durch das geöffnete 
Fenster hörte sie Stimmen, Zurufe wurden laut, Pferde 
wieherten, Hunde bellten aufgeregt dazwischen, also war 
unten alles bereits mobil. 
Richtig, heute begann ja die Roggenernte, daher der 

Hochbetrieb. Und so wichtig Alheidis sonst derartige 
Begebenheiten genommen hatte, heute machte sie alles 
verdrießlich. 
Jetzt hörte sie Gundula sprechen, die wahrscheinlich am 
Portal stand und jemand frischfröhlich einen guten 
Morgen wünschte. Und nun vernahm sie auch die sonore 
Stimme, die ihr ein ziemlich bitteres Lachen entlockte. 
»Guten Morgen, Gundchen, so früh schon auf den 
Beinen?« 
»Nun, bei dem Spektakel auf dem Hof kann man doch 
unmöglich schlafen«, gab sie lachend Antwort. »Nur unsere 

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Alheidis scheint es zu können.« 
»Nur ruhig schlafen lassen, Tantchen, das kann ihr nur 

guttun.« 
»Wenn du meinst, den Kram ohne sie schmeißen zu 
können…« 
»Kann ich. Auf Wiedersehen, Gundchen.« 
»Auf Wiedersehen, mein Junge.« 
Dann war es still. Alheidis erhob sich und begann mit der 
Morgentoilette. Nachdem sie den Körper mit lauwarmem 
Wasser abgebraust hatte, fühlte sie sich frisch wie immer. 
Wie hatte sie gestern nur so schlappmachen können – 
einfach blamabel! 
Was war überhaupt geschehen? Nichts weiter, als daß sie 
einige Bemerkungen eines Mannes gehört, der in ihren 

Diensten stand. Und diese abfälligen Worte galten noch 
nicht einmal ihr selbst, sondern ihrer Mutter und dem 
Fräulein von Stietz. 
Was ging der Mann sie überhaupt an? Nichts! Er hatte als 
ihr Angestellter seine Pflicht zu tun, für die er bezahlt 
wurde. Es tat ihr leid, daß sie seiner Tante so herzlich 
entgegengekommen war. Als sie später mit ihr am 
Frühstückstisch saß und so liebevoll von ihr betreut wurde, 
schämte sie sich etwas. Und als sie dann mit dem 
Oberinspektor zusammentraf, zerstoben ihre 
aufrührerischen Betrachtungen wie lose Blätter im Wind. 
Seine blitzblauen Augen, die so hart und wiederum so froh 

blicken konnten, seine sonore Stimme, die so scharf und 
doch gütig klingen konnte, sein warmes, unwiderstehliches 
Lachen überhaupt der ganze Mann… wiederum so froh 
blicken konnten, seine sonore Stimme, die so scharf und 
wiederum so gütig klingen konnte, sein warmes, 
unwiderstehliches Lachen – überhaupt der ganze Mann… 
»Guten Morgen, gnädiges Fräulein«, begrüßte er sie, als ihr 
Pferd neben dem seinen hielt. »Gut geschlafen?« 
»Danke. Wie ich sehe, geht die Arbeit flott voran.« 
»Ja – «, entgegnete er froh. »Wenn wir das Getreide trocken 
bergen können, soll es schon ein reicher Segen werden. 

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Hallo, Holtscher, was gibt’s?« wandte er sich an den 
Gutskämmerer, der näher trat, höflich die Herrin grüßte 

und dann in seiner bedächtigen Art sagte, indem er sich 
den Hinterkopf kratzte: 
»Dat ös schon er rieker Sägen, Herr Owerinspekter. I der 
Schinder! Dat Koarnke steht so dicht, dat de Binders et 
nich schaffe könne. Doa motte e poar Wiewers ran, da 
noahelpe.« 
»Sehen Sie, mein Freund, so hat man seine Sorgen«, lachte 
der Oberinspektor. »Steht das Korn schlecht, ärgert man 
sich. Steht es zu üppig, ärgert man sich auch, weil es nur 
mühsam zu überwältigen ist. Was macht man da, gnädiges 
Fräulein?« 
»Das überlasse ich Ihnen«, kam es so abweisend zurück, 

daß er sie erstaunt ansah und dann gelassen die Achseln 
zuckte. Er saß ab und folgte dem Mann aufs Feld, wo reges 
Leben herrschte. 
Zwei Selbstbinder glitten durch das Korn, es so exakt 
niedermähend, wie es eine Sense nicht besser vermocht 
hätte. Gleichzeitig band die Maschine die Schwaden zu 
Garben, die fix und fertig auf die Erde rollten. Nur an 
manchen Stellen war der goldene Segen so reich, daß 
kleine Schichten liegenblieben, die zwei Frauen, die der 
Oberinspektor anstellte, rasch rafften und bündelten. Ihre 
bunten Kopftücher leuchteten im Sonnenlicht, ihr frohes 
Lachen klang bis zu der Reiterin hin, die mit gemischten 

Gefühlen dem emsigen Treiben zusah. 
Niemand kümmerte sich um sie, alle folgten sie willig dem 
Befehl des Mannes, der hoch und stolz über das Feld 
schritt, als wäre es sein Eigentum. Ab und zu klang sein 
mitreißendes Lachen auf, in das die Menschen lustig 
einfielen. 
»Das ist schon eine übermütige Gesellschaft. Aber besser so 
als anders«, sagte Hartger, als er zurück war. 
Er rief sein Pferd, das am Feldrain graste, auf den 
bekannten Pfiff die Ohren spitzte und auf seinen Herrn 
zutrabte, der ihm auf dem Handteller ein Stückchen Zucker 

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hinhielt. Vorsichtig wurde es mit den Lefzen genommen 
und dann mit Behagen verspeist. 

»So, mein lieber Kerl.« Der Mann klopfte den 
seidenglänzenden Hals des Prachttieres. »Nun wieder 
frischauf zu fröhlichem Tun!« 
Er sah auf und sah zu der Herrin hin, die schlank und rank 
wie eine Amazone im Sattel saß. Eine weiße Bluse, aus 
deren weißen Ärmeln die leichtgebräunten Arme 
heraussteckten, umschloß den Oberkörper, die Hose saß 
wie angegossen, gleichfalls die Lackstiefelchen. Das Haar 
gleißte in der Sonne wie dunkles Gold. 
Sie ist schön – dachte der Mann. Gefährlich schön. Gut, 
daß sie so zurückgezogen lebt – sonst… 
Aber was ging ihn das an? 

Nichts – Gott sei Dank! 
»Was beginnen wir heute?« fragte Gundula ihren 
Schützling, als sie mit ihm zu Mittag speiste. »Für eine 
Wagenfahrt ist das Wetter ungeeignet. Also schlage ich vor, 
im Auto zur Stadt zu fahren und uns das Kinostück 
anzusehen, von dem man so viel Aufhebens macht. Soll 
ich telefonisch Karten bestellen?« 
»Ich habe keine Lust.« 
»Die kommt schon noch, Alheidis. Wenn man die Woche 
hindurch so auf Posten gewesen ist wie du, dann darf man 
sich am Sonntag schon Abwechslung gönnen.« 
»Wüßte nicht, was ich viel getan hätte.« Das Mädchen 

zuckte resigniert die Achseln. »Seitdem ich den tüchtigen 
Oberinspektor beschäftige, habe ich auf meinem Besitz 
nichts mehr zu sagen.« 
Erschrocken sah Gundula in das junge Gesicht, um dessen 
Mund ein bitteres Lächeln spielte. Sie griff nach der Hand, 
die auf dem Tisch lag und umschloß sie warm mit der 
ihren. 
»Kind, das klingt ja so, als ob du dich verdrängt fühlst«, 
sagte sie gütig. »Wie töricht wäre das. Denn die Herrin von 
Schlehdorn bist du – und das ist doch schließlich die 
Hauptsache. Ich kenne meinen Neffen so gut, um 

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behaupten zu können, daß es gewiß nicht in seiner Absicht 
liegt, sich Rechte anzumaßen, die ihm nicht zukommen. Er 

hält es für selbstverständlich, dir Arbeit abzunehmen, 
soweit er es vermag, weil du trotz deiner Herrinnenwürde 
nur ein kleines zartes Mädchen bist. Ich gebe dir den guten 
Rat, Hartger nie etwas davon merken zu lassen, daß du 
dich übergangen fühlst. Sofort würde er Konsequenzen 
ziehen, darauf gebe ich dir mein Wort.« 
»Mag er doch, es gibt noch andere tüchtige Inspektoren«, 
entgegnete sie so hochmütig, daß Gundula verletzt 
schwieg. Doch schon legten sich zwei weiche Arme um 
ihren Hals, und eine zarte Wange schmiegte sich an die 
ihre. 
»Dich habe ich doch nicht kränken wollen, du liebe Güte. 

Das hast du doch wirklich nicht um mich verdient. Sei mir 
wieder gut, ja?« 
»Na schön«, seufzte die Dame, die dem Mädchen nun 
einmal nicht böse sein konnte. »Du hast eine ganz verflixte 
Art, mein Kind, die nicht jeder vertragen kann. Ich wundere 
mich, daß Hartger sich die gefallen läßt. Das kommt wohl 
daher, weil er dich einfach nicht ernst nimmt, du 
hochmütige Herrin, die im Grunde genommen nichts 
anderes als ein törichtes kleines Mädchen ist, dem seine 
Würde in den Kopf gestiegen ist. – Ja, sieh mich nur so 
empört an, einer muß dir doch die Wahrheit sagen. Wie ist 
es nun, soll ich Karten bestellen?« 

»Wenn du durchaus willst – « 
»Herzchen, wie kann man nur in den jungen Jahren so 
resigniert sein. Als ich so alt war, erschien mir die Welt im 
rosigsten Licht. Und auch heute gefällt sie mir noch, 
obwohl ich nur eine alte Jungfer bin.« 
Jetzt lachte das Mädchen hellauf, und Gundula war 
zufrieden. 
Sie eilte hurtig davon, um bald darauf wieder zu 
erscheinen. 
»Zwei Logenplätze habe ich noch erwischen können. 
Scheint ein gutes Stück zu sein, wie das Kinofräulein 

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beteuerte. Na, wollen uns überraschen lassen.« 
Das Kino war schon gut besetzt, als die beiden Damen 

erschienen. Beim Eintreten der Loge verhielt Alheidis den 
Schritt. Die beiden vorderen Plätze waren noch frei, doch 
auf den hinteren saßen das Ehepaar Gerholt nebst Sohn 
Bernd und Hartger Elchstorff. Schon wollte Alheidis die 
Loge verlassen, als letzterer auch schon vor ihr stand. 
Während er sich zur Begrüßung über ihre Hand beugte, 
raunte er ihr zu: 
»Kein Aufsehen erregen, gnädiges Fräulein. Wir werden 
nämlich von vielen Augen beobachtet – und Sie wissen, der 
Klatsch blüht…« 
Ehe sie antworten konnte, stand auch der Vater vor ihr und 
streckte ihr die Hand entgegen. 

»Guten Tag, mein Kind«, sagte er herzlich. Ohne viel Worte 
zu machen, führte er sie zu seiner Frau, die sie mit liebem 
Lächeln begrüßte. Bernd machte eine linkische 
Verbeugung, weil er nicht recht wußte, wie er sich zu 
verhalten hatte – und dann war die peinliche Begrüßung 
vorüber. Gundula wurde vorgestellt und dann mußten die 
beiden Damen rasch die Plätze einnehmen, weil es im 
Raum dunkel wurde. 
Nach der üblichen Reklame kam die ebenso übliche 
Wochenschau, und dann begann das Hauptstück, das 
wirkungslos an Alheidis vorüberzog. Was kümmerte sie das 
Schicksal der Menschen auf der Leinwand? Sie hatte sich 

gegen das ihre genug zu wehren. 
Hinter ihr saß nun der Mann, der durch Bande des Blutes 
zu ihr gehörte – und der sie rücksichtslos allein gelassen 
hatte, um eine Frau an sein Herz zu nehmen, die sie haßte 
– und deren Kindern die Vaterliebe zu geben, an die seine 
einzige leibliche Tochter ein heiliges Recht hatte. 
Und dann saß neben ihnen ausgerechnet noch der Mann, 
der mit seinen schonungslosen Worten sie bis ins tiefste 
Herz hinein getroffen hatte – den sie zu hassen glaubte, 
wenn sie ihn nicht sah – und diesen Haß 
zusammenbrechen ließ, wenn er nur nahte… 

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Alheidis hätte aufspringen mögen und laufen – laufen, 
ohne Rast und Ruh, immerzu, bis ans Ende der Welt. 

Und mußte doch ruhig auf ihrem Platz verharren, weil sie 
den Menschen rundherum kein Schauspiel bieten durfte. 
Der Klatsch blüht – hatte er ihr zugeraunt. Was ging sie das 
an, was man über sie klatschte? Mochten sie sich doch die 
Klatschmäuler darüber zerreißen, daß sie ihrem Vater seine 
zweite Heirat nicht verzeihen konnte. Mochte er mit dieser 
zweiten Frau nur glücklich sein, nachdem er an der Seite 
der ersten ein Martyrium erlitten hatte. Daher konnte er 
auch das Kind nicht lieben, das sie ihm geboren. 
Es waren sehr bittere Gedanken, die in ihrem Herzen 
wühlten, während sie auf die Leinwand sah, ohne zu 
erfassen, was da vor sich ging. 

So schlug sich Alheidis länger als eine Stunde mit ihren 
verbitterten Gedanken herum. Schrak zusammen, als Licht 
wurde und die Menschen sich von den Plätzen erhoben. 
Sie tat dergleichen und wappnete sich mit Ablehnung, als 
der Vater fröhlich sagte: 
»Wie wäre es, wenn wir in die Konditorei gingen, um dort 
noch gemütlich zusammen zu sein. Wer macht mit?« 
Schon wollte Alheidis den Mund zur schroffen Absage 
öffnen, als ihr Blick auf Hartger Elchstorff fiel, der sie mit 
seinen zwingenden Augen zu hypnotisieren schien. Und als 
gar noch Gundula vergnügt sagte: 
»Wir machen gern mit, nicht wahr, mein Herzchen?« Da 

nickte sie wie unter einem Zwang. Ließ es sogar geschehen, 
daß der Vater seinen Arm unter den ihren schob und mit 
ihr davonging, als lebten sie in bestem Einvernehmen. Sie 
bemerkten sehr wohl die neugierigen Blicke der Menschen, 
die gleich ihnen dem Ausgang des Kinos zustrebten. Wie 
ein Schaustück kam sie sich vor, das man ohne weiteres 
bekritteln durfte. 
Warum tat sie denn nicht, wozu sie Lust hatte? Weshalb 
ging sie so geduldig am Arm des Vaters dahin, wo es doch 
richtig gewesen wäre, ihm ihre Verachtung zu zeigen, 
indem sie hocherhobenen Hauptes davonschritt. 

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Statt dessen – ach, sie verstand sich selbst nicht mehr! 
Fürchtete sie sich vor zwei Männeraugen, die bei 

manchem, was sie tat, so etwas wie Bedauern widerspiegeln 
konnten. War sie diesen zwingenden Augen bereits so 
verfallen, daß sie sich von ihnen regieren ließ und so 
immer weiter von dem Weg abirrte, den sie schnurgerade 
gehen wollte? Wohin konnte der führen? Doch nur in eine 
blühende Wildnis voll von tückischen Blüten und Dornen, 
aber nimmer auf eine sonnenüberflutete Straße, die von 
tausend roten Rosen der Liebe umsäumt war. 
Einige Male war sie schon fest entschlossen gewesen, den 
Oberinspektor zu entlassen, um dem unhaltbaren Zustand 
ein Ende zu machen. Wollte auf die Stimme des Herzens 
nicht hören – und mußte ihr doch immer wieder lauschen. 

Die Konditorei war recht gut besucht. Eine Kapelle spielte 
abwechselnd einschmeichelnde oder schwungvolle Weisen. 
Und wie es mit dem Kaffeehauspublikum so ist: Je lauter 
die Musik spielt, um so lauter und angeregter wird die 
Unterhaltung. Man lachte und schwatzte, ließ sich Kaffee 
und Kuchen gut schmecken und kam sich wie losgelöst 
vom Alltag vor. 
Die Hinzugekommenen fanden noch einen Platz mit 
einem Ecksofa und bequemen Armstühlen. Ob es Zufall 
war oder nicht, jedenfalls saß Alheidis zwischen dem Vater 
und seiner Frau. Neben dieser Gundula und gegenüber 
hatten Hartger und Bernd ihren Platz. 

Wenn Alheidis sich auch gegen ihren Willen hatte 
herschleifen lassen, so war es damit gerade genug. Da 
durfte man nicht noch verlangen, daß sie aus sich 
herausging. Hochmütig wie nur je saß sie da, gab auf die 
Fragen des Vaters nur knappe Antworten und schien die 
bittenden Blicke seiner Frau nicht zu sehen. So wirkte sie 
störend in dem Kreis, was die andern jedoch nicht merken 
ließen. Die Unterhaltung war so allgemein gehalten, daß 
man nicht das Wort an das unnahbare Mädchen direkt zu 
richten brauchte. 
Bernd, der sich zuerst gar nicht wohl in seiner Haut fühlte 

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und sich daher recht linkisch benahm, fand allmählich 
seine Sicherheit wieder. Mochte diese… Gans, wagte er 

nicht einmal zu denken, weil sie doch die Tochter von Paps 
war… mochte also diese hochmütige junge Dame von ihm 
denken was sie wollte, dadurch ließ er sich noch lange 
nicht seine gute Laune verderben. Man ließ sie einfach 
links liegen, dann brauchte man sich keiner Abfuhr 
auszusetzen. 
So saß denn Alheidis unter den Menschen wie eine 
Fremde, die zufällig zu ihnen geraten war. Gundula, die 
diesen unnatürlichen Zustand als peinlich empfand, suchte 
nach einem triftigen Grund, aufbrechen zu können. Die 
andern folgten ihrem Beispiel und verabschiedeten sich vor 
der Konditorei. 

»Kommst du mit uns, Hartger?« fragte die Tante. 
»Täte ich gern, wenn ich nicht meinen Wagen in Kiwitten 
hätte. So muß ich mich der Gesellschaft anschließen, mit 
der ich hergekommen bin.« 
»Muß ist gut – «, lachte Irene, sich wie selbstverständlich in 
seinen Arm hängend. »Wir hätten dich sowieso nicht 
freigelassen, du Böser, der sich in letzter Zeit bei uns so rar 
macht.« 
»Finde ich auch«, meinte Bernd, sich an der anderen Seite 
einhakend. »Wie ein Gefangener wirst du abgeführt. Wage 
nicht etwa Reißaus zu nehmen, weil ich sonst Gewalt 
anwenden müßte.« 

»Renommiere nur nicht. Mein kleiner Finger genügt, um so 
ein Pennälerlein k. o. zu schlagen.« 
»Das sagt er mir, wo ich so viel von ihm weiß«, brachte der 
Junge so drollig heraus, daß die andern, außer Alheidis, 
herzlich lachen mußten. Man ging auseinander und suchte 
getrennt seine Fahrzeuge auf. Obwohl Gundula ihren 
Schützling wegen seiner Unzugänglichkeit am liebsten 
getadelt hätte, unterließ sie es, weil auch sie eine Abfuhr 
fürchtete. So begann sie denn ein harmloses Gespräch und 
war froh, als der Wagen vor dem Portal des 
Schlehdornschen Herrenhauses hielt. 

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Während der nächsten Wochen kam man in der 
Landwirtschaft kaum zur Besinnung. Das gute Wetter 

mußte ausgenutzt werden, um die Ernte trocken zu bergen. 
Zwar regnete es auch mal zwischendurch, aber ein richtiger 
Landregen trat gottlob nicht ein. 
Die Ernte auf Schlehdorn war im Vergleich zum Vorjahr 
direkt fabelhaft, und der Rentmeister verbuchte mit 
Freuden gar stattliche Summen. Stolz zeigte er während 
einer Mittagspause dem Oberinspektor die mit peinlichster 
Ordnung geführten Bücher, der lachend sagte: 
»Na also, da wird jetzt ja ganz anständig gehabt und 
gesollt. Wenn ich daran denke, wie es noch vor einem Jahr 
in Ihrem Bereich aussah, dann kann man nur staunen.« 
»Das müßten Sie zuerst einmal über sich selbst, Baron«, 

entgegnete der junge Mann vergnügt. »Denn daß 
Schlehdorn jetzt so dasteht, ist doch wahrlich Ihr Werk.« 
»Fehlgedacht, mein Lieber«, wehrte der andere trocken. »In 
der Hauptsache ist es das Werk des Geldbeutels unserer 
Herrin. Wenn der sich nicht so unerschöpflich gezeigt, 
hätte ich trotz besten Willens wohl kläglich versagt.« 
»Na schön, streiten wir uns nicht. Dazu bin ich viel zu 
friedfertig. Ich muß mich nur beklagen, daß Sie sich in 
letzter Zeit so rar bei uns gemacht haben.« 
»Eigentlich müßte ich in dreifacher Ausfertigung 
einherwandeln«, lachte Hartger. »Denn von drei Seiten ist 
mir das Rarsein zum Vorwurf gemacht worden. Mir steht 

nämlich immer nur der Sonntag zur Verfügung, wo ich 
mich an einer Stelle sichtbar machen kann. Abends bin ich 
froh, wenn ich zu Bett gehen kann. Aber wenn meine faule 
Zeit beginnt, dann will ich es mir schon wieder an Ihrem 
Herd gutsein lassen. Hoffentlich sind Sie dann schon zu 
dritt. Wie geht’s übrigens der kleinen Frau Evelyn?« 
»Den Verhältnissen entsprechend gut. Sie hat ebenso wenig 
Zeit wie Sie, Baron, weil sie Berge von Baby kram anfertigt, 
als erwarte sie Vierlinge.« 
»Wäre doch schön, wie?« 
»Danke, so unbescheiden bin ich nicht«, wehrte er 

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schmunzelnd. »Mir würde ein kleiner Schreihals genügen. 
Außerdem kann man es der Herrin nicht zumuten, für 

unsere Familie anbauen zu lassen. So viel Verständnis 
dürfte ihr wohl abgehen. Was ist übrigens los mit ihr? 
Gesprächig war sie ja nie, doch neuerdings gibt sie ihre 
Befehle nur noch im Telegrammstil. Ich für meinen Teil 
schwitze, wenn sie bei mir ist und bin erkältet, wenn sie 
geht. Geschieht Ihnen das auch?« 
»Dann würde ich aus der Schwitz- und Erkältungstour ja 
gar nicht mehr herauskommen«, war die lachende 
Erwiderung. »Denn ich bin ja täglich stundenlang mit ihr 
zusammen.« 
»Sie Ärmster! Aber nun mal Scherz beiseite. Unsere Herrin 
gefällt mir nicht.« 

»Wäre ja auch noch schöner!« 
»Baron – na, nun mal Vorsicht! Ich meine gesundheitlich. 
Sie sieht irgendwie krank aus. Ob wir ihr mal den Onkel 
Doktor aufs Hälschen hetzen?« 
»Erbarmung, ich kneife!« 
Lachend eilte Hartger davon, weil die Hofglocke zur Arbeit 
rief. 
Als er mit der Herrin zusammentraf, beobachtete er sie 
verstohlen. Der Rentmeister hatte recht, sie schien 
tatsächlich nicht gesund zu sein, wie ihr blasses Gesicht, 
ihre müde Haltung verrieten. Da mußte er doch mal Tante 
Gundula fragen… 

»Daß mit Alheidis irgendwas nicht in Ordnung ist, das 
habe ich schon längst bemerkt«, entgegnete sie bekümmert, 
als er sie fragte. »Aber sie ist ja viel zu verschlossen, um 
über sich selbst zu sprechen. Jedenfalls ißt sie schlecht, 
wird unlustiger mit jedem Tag, scheint an nichts Freude zu 
haben. Man hat schon seine Not mit dem unzugänglichen 
Mädchen. Wenn es mir nicht so sehr ans Herz gewachsen 
wäre, dann würde ich mein Bündel schnüren. Manchmal 
muß ich schon auf den absurden Gedanken kommen, daß 
die Kleine unglücklich verliebt ist.« 
»Der Gedanke ist wirklich absurd, Gundchen. Denn bei so 

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viel loreleihafter Kühle dürfte ihr dergleichen nicht 
passieren. Also zerbrechen wir uns nicht den Kopf, sondern 

lassen wir den Dingen ihren Lauf. Sie ist ja schließlich 
erwachsen und daher für sich verantwortlich.« 
»Leicht gesagt. Ich jedenfalls mache mir Sorgen um sie und 
möchte am liebsten mit ihrem Vater in Verbindung treten.« 
»Dabei würde nichts herauskommen, Tante Gundula«, 
bemerkte er ernst. »Du weißt doch, wie feindlich sie ihm 
gegenübersteht. Damit würdest du nur erreichen, daß er 
sich um seine Tochter noch mehr Sorgen macht, als er es 
ohnehin schon tut.« 
Also ließ man wirklich den Dingen ihren Lauf. 
An einem Sonntag im August äußerte Alheidis ihrer 
Hausdame gegenüber den Wunsch, einen Ausflug zu 

machen. 
»Im Viererzug?« 
»Nein, Tante Gundula. Die Tiere werden während der 
Erntezeit als Reitpferde gerade genug bewegt und müssen 
daher sonntags ihre wohlverdiente Ruhe haben. Zu Fuß 
möchte ich nach der Waldschenke wandern, die so 
idyllisch liegt.« 
»Wirst du den weiten Weg auch schaffen, Alheidis?« 
»Warum nicht?« war die verwunderte Gegenfrage. 
»Weil du dich wochentags abrackerst und kaum aus dem 
Sattel kommst.« 
»Eben deshalb möchte ich einmal wandern. Aber wenn du 

nicht magst…« 
»Natürlich mag ich, sogar mit Freuden. So ein 
Waldspaziergang ist für mich sehr reizvoll.« 
Also brachen sie nach dem Mittagessen auf. Am 
Inspektorhaus stand Hartger vor der Tür und rief der Tante 
neckend zu: 
»Du siehst ja so unternehmungslustig aus, Gundchen?« 
»Bin ich auch, du Schlingel. Zur Abwechslung wollen wir 
mal per pedes in die Ferne schweifen. Hast du Lust 
mitzukommen?« 
»Lust hätte ich schon, aber man erwartet mich in Elchen.« 

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»Sag ab.« 
»Kurz und bündig«, lachte er. »Ganz Tante Gundula. Und 

wenn sie das dort in die falsche Kehle bekommen?« 
»Geht vorüber.« 
»Wohin soll es gehen?« 
»Nach dem Waldhaus zu den drei Eichen.« 
Überlegend stand er da. Eigentlich eine gute Gelegenheit, 
Ilka Stietz auszuweichen, die sicherlich in Elchen auf ihn 
wartete, um ihm mit ihrer Anhimmelei lästig zu fallen. Da 
konnte er die Wanderung als Ausrede gebrauchen… 
»Vielleicht geh’s«, sagte er kurz entschlossen. »Aber du 
bestimmst so einfach, Tante Gundula, ohne vorher 
Fräulein Gerholt gefragt zu haben. Wenn sie nun mit 
meiner Begleitung nicht einverstanden ist?« 

»Oh, bitte sehr.« Das klang nicht freundlich, aber auch 
nicht abweisend. 
»So bitte ich die Damen um Geduld, bis ich Elchen 
angerufen habe…« 
Gleich darauf hörten sie ihn im Zimmer sprechen: 
»Guten Tag, Ada. Bist du mir sehr böse, wenn ich heute 
nicht zu euch komme? Ja, du bist es? Sei lieb, kleine 
Schwägerin, es geht nicht anders. Tante Gundula möchte 
mit Fräulein Gerholt eine Wanderung durch den Wald 
machen, was für zwei einzelne Damen nicht ganz 
ungefährlich ist. Daher möchte ich sie begleiten. Fräulein 
von Stietz würde mir mein Nichterscheinen schwer 

verdenken, meinst du. Darüber brauchst du dich doch 
nicht aufzuregen. Dem Zorn muß schließlich ich 
standhalten. Dir persönlich macht es nichts aus, wenn ich 
nicht komme und Lutz auch nicht, weil er Dringendes zu 
erledigen hat? Das wollte ich nur hören. Also auf 
Wiedersehen andermal, wartet nicht auf mich. Unser Ziel? 
Das Waldhaus zu den drei Eichen. 
So, das wäre geschafft.« Er steckte lachend den Kopf zum 
Fenster hinaus. »Ich mache mich rasch fertig. Bitte schon 
voranzugehen.« 
»Ich glaube, daß der Junge froh ist, weil er der Ilka 

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entfliehen kann«, sagte Gundula im Weiterschreiten zu 
Alheidis. »Hat die also immer noch nicht gemerkt, daß 

Hartger nichts von ihr wissen will. Dazu gehört schon eine 
gute Portion Dickfelligkeit. Ich bin schließlich auch einmal 
in der Blüte meiner Jugend gewesen, doch da hätte ich mir 
eher die Augen aus dem Kopf geschämt, als einem Mann 
nachzulaufen. Und dazu noch einem wie Hartger, dem 
Aufdringlichkeit an einer Frau verhaßt ist… 
Da bist du ja, mein Sohn«, nickte sie dem Neffen zu, der sie 
eingeholt hatte. »Also hurtig davon auf Schusters Rappen.« 
Sie überquerten den großen Hof, gingen noch ungefähr 
zweihundert Meter einen Feldrain entlang, dann war der 
Wald erreicht. Gundula wandte sich um und schaute nach 
dem Gutshof zurück. Die Dächer der Wirtschaftsgebäude 

leuchteten rot im strahlenden Sonnenschein, durch die 
Bäume der Anlagen schimmerten die weißen Mauern des 
Herrenhauses, rechts blitzte der See silbern auf. 
»Ist doch, ein herrliches Fleckchen Erde, dieses 
Schlehdorn«, sagte sie versonnen. »Wie glücklich kannst du 
sein, es dein eigen nennen zu dürfen, Alheidis.« 
»Ja«, entgegnete diese, doch recht überzeugt klang es nicht. 
Betroffen sah Gundula in das recht junge Gesicht, das von 
einer wehen Trauer überschattet war. 
Da stimmte wirklich etwas mit der Kleinen nicht – aber 
was? Wie fragend sah sie den Neffen an, der hinter dem 
Mädchen stand und die Achseln zuckte. 

»Da steht man vor einem Rätsel«, meinte die Dame 
unverständlich für Alheidis. »Na kommt, Kinder, setzen wir 
uns in Trab.« 
Es war ein müheloses Wandern auf der glatten 
Waldchaussee, die an dieser Stelle nur wenig belebt war. 
Gundula und ihr Neffe sorgten für angeregte Unterhaltung. 
Stimmten sogar ein Wanderlied an, wovon sie jedoch bald 
absehen mußten, weil Hartger durch falsche Töne die Tante 
aus der Melodie brachte. Es bereitete Alheidis so viel 
Vergnügen, daß sie hellauf lachte. 
»Na also«, schmunzelte Gundula, sang zwar nicht mehr, 

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sorgte jedoch mit ihrem trockenen Humor dafür, daß das 
Mädchenlachen immer wieder aufklang. Dadurch verging 

die Zeit so rasch, daß sie ganz erstaunt vor ihrem Ziel 
standen. 
»Das kann doch nicht die Waldschenke ›Zu den drei 
Eichen‹ sein?« murmelte Alheidis. 
»Sie ist im Frühjahr umgebaut worden. Wußten Sie das 
nicht, gnädiges Fräulein?« 
»Nein, ich bin schon lange nicht mehr hier gewesen. 
Schade, es war früher so gemütlich in dem alten Waldhaus. 
Jetzt sieht es nicht anders aus als viele andere Ausflugsorte. 
Die ganze Traulichkeit ist futsch. Am liebsten möchte ich 
umkehren.« 
»Aber nicht, ohne vorher Kaffee getrunken zu haben«, 

protestierte Gundula. »Es kann dir kleinen Einsiedlerin gar 
nicht schaden, wenn du einmal unter viele Menschen 
kommst. Denn dem Radau nach zu schließen herrscht hier 
ein Mordsbetrieb.« 
Sie fanden in dem vollbesetzten Garten noch einen Tisch, 
der ihnen zwar nicht zusagte. Aber bei der Fülle mußten sie 
froh sein, überhaupt ein Plätzchen erwischt zu haben. Die 
Tische standen so dicht beieinander, daß die Bedienung 
mit den vollbepackten Tabletts sich hindurchschlängeln 
mußte und man jeden Augenblick gewärtig sein konnte, 
irgend etwas auf den Kopf zu bekommen. Dazwischen 
spielten lärmende Kinder gar noch Ball oder rollten ihre 

Holzreifen. Ungeduldige Gäste schrien nach der 
Bedienung, die Musikkapelle dudelte und jazzte, und auf 
der runden Tanzfläche herrschte ein Gewühl, daß die 
Tanzenden kaum einen Schritt tun konnten. 
»Das soll nun schön sein«, sagte Gundula kopfschüttelnd. 
»Ich für mein Teil finde es nervenaufreibend und du 
wahrscheinlich auch, Alheidis, weil du ein so 
kreuzunglückliches Gesicht machst. Wollen zusehen, daß 
wir Kaffee erwischen, und dann entfleuchen wir.« 
Der Kaffee, den ein abgehetztes Servierfräulein nach 
geraumer Zeit brachte, war schlecht und mäßig warm, der 

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Kuchen schauderhaft, wie es bei solchen 
Massenfütterungen üblich zu sein pflegt. 

Während Hartger zahlte, fragte er: »Hier tagt wohl ein 
Verein?« 
»Ganz recht, mein Herr. Eine Innung…« 
Schon war sie davon, um den ärgsten Schreier 
zufriedenzustellen. Sie stieß fast mit den beiden Damen 
zusammen, die soeben an den Tisch traten. 
»Ja, da staunen Sie«, lachte Ilka Stietz, die nebst Ada 
Elchstorff wie aus dem Boden gewachsen plötzlich vor den 
drei Menschen stand, die alles andere als freudig überrascht 
waren. Nach der Begrüßung machte Hartger sich auf die 
Suche nach zwei Stühlen, die er mit Hilfe einer Bedienung, 
der er ein gutes Trinkgeld in die Hand gedrückt, durch das 

Gewühl schleppte. Daß er dabei kein frohes Gesicht 
machte, konnte ihm wohl niemand verdenken. 
»Sehr erfreut scheinen Sie über meinen Besuch wohl nicht 
zu sein, Baron«, murmelte Ilka. 
»Dazu bin ich zu überrascht, gnädiges Fräulein. Warum ist 
Lutz nicht mitgekommen, Ada?« 
»Er hatte keine Lust«, entgegnete sie kleinlaut. Als der 
Schwager sie forschend ansah, errötete sie und senkte den 
Blick. Man dachte sich sein Teil und gab sich Mühe, durch 
ein lebhaftes Gespräch keine Peinlichkeit aufkommen zu 
lassen. Ilka, die über den kühlen Empfang von Seiten des 
Barons wütend war, warf andauernd spitze Bemerkungen 

dazwischen, die von den andern überhört wurden. 
Dadurch geriet sie immer mehr in Wut, machte den 
Eindruck, als ob sie jeden Augenblick platzen müßte. Die 
Augen funkelten, die zu rot lackierten Lippen zitterten. 
Überhaupt hatte sie sich viel zu sehr herausgeputzt. Ihrer 
Aufmachung nach hätte sie in einen Tanzsaal gehört und 
nicht an einen Ausflugsort. Die drei andern Damen stachen 
in ihren zwar eleganten doch zweckmäßigen Kleidern 
angenehm von ihr ab. 
Besonders Alheidis, die in ihrem duftigen 
Sommerkleidchen bezaubernd aussah, zog die Blicke der 

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Herren auf sich. Hauptsächlich der eine am Nebentisch 
schien sie mit seinen Augen verschlingen zu wollen. 

Plötzlich stand er vor ihr und machte seine schönste 
Tanzstundenverbeugung. 
»Danke, die Dame tanzt nicht«, winkte Hartger gelassen ab, 
worauf der junge Mann sich mit langem Gesicht 
verkrümelte. Und nun hatte Ilka etwas, womit sie dem 
Mann, dessen reserviertes Verhalten sie ungeheuer wurmte, 
eins auswischen konnte. 
»Diese Bevormundung würde ich mir an Ihrer Stelle nicht 
bieten lassen, Fräulein Gerholt«, hetzte sie. Doch bevor sie 
antworten konnte, kam der Baron ihr zuvor. 
»Der Dame liegt gar nichts daran, in dem Tanzgewühl die 
Ellenbogen ihrer Mitmenschen in die Rippen zu kriegen 

und sich die Füße abtreten zu lassen.« 
»Das können Sie ja gar nicht wissen. Jedenfalls würde ich es 
mir ernstlich verbitten, wenn der Oberinspektor meines 
Gutes sich so eigenmächtig in meine Angelegenheiten 
mischen wollte – « 
»Aber Fräulein von Stietz!« rief Ada erschrocken 
dazwischen, doch der Schwager winkte gelassen ab. 
»Laß nur, Kleine. Die Taktlosigkeit eines Menschen fällt 
letzten Endes immer auf ihn selbst zurück.« 
Wer weiß, wozu die ungnädige junge Dame sich noch hätte 
hinreißen lassen, wenn nicht ein Herr an den Tisch getreten 
wäre, der ihnen allen bekannt war. Man begrüßte sich, 

wechselte einige nichtssagende Worte, dann sagte der 
Hinzukommende: 
»Ist es gestattet, daß ich Fräulein von Stietz zum Tanz 
entführe?« 
Man gestattete, und Ilka nahm den Arm des Herrn, Hartger 
dabei einen höhnischen Blick zuwerfend. Und kaum daß 
sie außer Hörweite war, machte Gundula ihrer Entrüstung 
Luft: 
»So eine impertinente kleine Kanaille!« begann sie, mußte 
dann jedoch in das amüsierte Lachen des Neffen 
einstimmen. 

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»Hast recht, Junge. Sie ist es wirklich nicht wert, daß man 
sich über sie ärgert. Es war keine gute Idee, Ada, mit ihr 

hierher zu kommen.« 
»Von mir stammt die bestimmt nicht, Tante Gundula. Sie 
hat mir so arg zugesetzt, bis ich, um nur Ruhe zu haben, 
herkam, obgleich Lutz mir deswegen zürnt«, setzte sie 
bekümmert hinzu. »Ilka war nämlich sehr enttäuscht, als 
sie Hartger in Elchen nicht vorfand. Auch auf ihre beiden 
Briefe hat er nicht geantwortet, wie sie mir wutschnaubend 
erzählte. Und da du sie hier noch so kalt abgefertigt hast, 
Hartger, wird ihre Wut wohl kaum noch Grenzen kennen. 
Ich graue mich schon davor, wenn ich mit ihr zurückfahren 
muß.« 
»Sie wird allein nach Hause fahren.« 

»Aber das geht doch nicht, Hartger.« 
»Und wie es gehen wird, mein Kind. Sündenbock bei der 
impertinenten Dame zu spielen, das hast du doch 
wahrhaftig nicht nötig. Außerdem scheint sie sich an die 
Bekannten anzuschließen, an deren Tisch sie soeben Platz 
nimmt.« 
»Von Schlehdorn in meinem Auto. Allerdings mußt du uns 
per pedes dorthin begleiten, weil wir auf die Art 
hergekommen sind. Wenn die beiden Damen sich 
ausgeruht haben, mache ich den Vorschlag aufzubrechen, 
denn um länger als notwendig hier zu verweilen, dafür 
dürfte es zu ungemütlich sein. Oder fühlen Sie sich etwa in 

diesem Trubel wohl, gnädiges Fräulein?« 
»Nein, ich finde es schauderhaft und möchte so schnell wie 
möglich fort. Aber um zu gehen, bin ich zu müde. Rufen 
Sie bitte Schlehdorn an, Baron, und bestellen Sie den 
großen Wagen hierher.« 
Er beeilte sich, dem Befehl nachzukommen. Als er 
zurückkehrte, sagte er zu Ada: 
»Ich habe auch gleich Elchen angerufen und Lutz Bescheid 
gesagt.« 
»Ist er mir noch böse?« 
»Nein. Er wird bis zur Stadt entgegenkommen, um mit dir 

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auf den Jahrmarkt zu gehen.« 
Oh, wie strahlte die kleine Frau da. Sie konnte es kaum 

erwarten, bis das Schlehdorner Auto zur Stelle war. Als sie 
jedoch erklärte, daß sie sich von Fräulein Stietz 
verabschieden wolle, die einige Tische weiter in lustiger 
Gesellschaft saß, hielt der Schwager sie zurück. 
»Hiergeblieben, Ada! Ein Mensch, der so unhöflich ist wie 
die Dame, hat auch keine Höflichkeit von seinen 
Mitmenschen zu verlangen. Es schallt immer so aus dem 
Wald heraus, wie man hineinruft.« 
»Richtig«, bekräftigte die Tante. »Dieses gutmütige kleine 
Schaf bekäme es tatsächlich fertig, der anmaßenden Person 
nachzulaufen. Übrigens hat sie schon bemerkt, daß wir 
aufbrechen. Hoffentlich kommt sie uns nicht nach, um 

ihrer Wut freien Lauf zu lassen. Denn so wie ich sie seit 
heute beurteile, ist sie zu allem fähig.« 
Nein, so weit vergaß Fräulein Ilka von Stietz sich denn 
doch nicht. Sie erreichten unangefochten das Auto, wo der 
Chauffeur sich an Hartger wandte. 
»Soll ich den kürzeren Weg zur Stadt fahren, Herr 
Oberinspektor, oder den Umweg über Schlehdorn 
nehmen?« 
Zum ersten Mal war Gundula Zeuge davon, wie die Herrin 
einfach übergangen wurde, wie der Mann sich wie 
selbstverständlich mit seiner Frage an den Oberinspektor 
wandte. Sie empfand die Situation als äußerst peinlich und 

atmete erleichtert auf, als der Neffe sagte: 
»Da müssen wir unsere Herrin entscheiden lassen. Wie 
befehlen Sie, gnädiges Fräulein?« 
»Den kürzeren Weg. Halten Sie am Rummelplatz, Walter«, 
bestimmte sie in ihrer kurzen Art. Sie schien es gar nicht 
bemerkt zu haben, was Gundula so peinlich berührte. 
Man nahm Platz, und schon zehn Minuten später hielt der 
Wagen an erwähnter Stelle, wo Lutz Elchstorff sie bereits 
erwartete. Neben ihm stand Herr Haßler, der über das 
ganze Gesicht strahlte, als er die Damen begrüßte. 
»Na, dann wollen wir uns mal ins Vergnügen stürzen.« 

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»Sie auch?« fragte Ada lachend. 
»Selbstverständlich, Baronin. Möchte mich gern als Ihr 

Ritter anbieten, wenn ich nicht den Zorn Ihres Gatten 
fürchtete. Aber wie ist es mit uns, gnädiges Fräulein?« 
zwinkerte er Gundula verschmitzt zu. 
»Ich fürchte nun wie er den Zorn Ihrer Gattin«, gab sie 
vergnügt zurück. »Außerdem können wir sechs ja hübsch 
zusammenbleiben.« 
»Bei dem Gedränge wird sich das schlecht machen lassen«, 
schmunzelte Lutz. »Also nimm schon Herrn Haßlers 
Ritterdienste an, Gundelchen. Fräulein Gerholt läßt sich 
von Hartger beschützen, und ich spiele Kavalier bei meiner 
Liebsten. Treffpunkt in der Konditorei. Einverstanden?« 
»Man weiß ja noch gar nicht, ob Fräulein Gerholt 

überhaupt mitmachen will«, gab der jüngere Elchstorff zu 
bedenken. »Der Trubel dürfte nämlich nicht nach ihrem 
Geschmack sein. Stimmt’s, gnädiges Fräulein?« 
»Ach was, mitgefangen, mitgehangen«, bestimmte 
Gundula. »Oder willst du wirklich Spielverderber sein, 
Alheidis?« 
»Nein, ich mache mit.« 
Die Damen hakten sich bei ihren Kavalieren ein und 
gingen geschlossen zu dem großen Platz, auf dem es vor 
Menschen nur so wimmelte. Zuerst blieben die drei Paare 
auch zusammen, doch allmählich wurden sie abgedrängt. 
»Es ist besser, wenn ich Sie unterfasse, gnädiges Fräulein«, 

schlug Hartger seiner Dame vor, die ihre Fingerspitzen auf 
seinem Arm hielt. »Sie hängen ja wie eine Schneeflocke 
und können leicht abgeweht werden. Ist’s gestattet?« 
»Bitte.« 
Hartger schob den Arm unter den von Alheidis und war 
nun seiner Partnerin sicher. Diese schaute mit großen 
Augen um sich. War es doch das erste Mal, daß sie sich 
mitten in so einem bunten Treiben befand. Denn selbst als 
Kind hatte sie nie einen Jahrmarkt besuchen dürfen, weil 
die Mutter es zu vulgär fand, sich unter das »rohe Volk« zu 
mischen. 

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»Wenn Ihnen der Lärm auf die Nerven fällt, dann wollen 
wir lieber kehrtmachen«, sagte ihr Begleiter besorgt, doch 

sie winkte ab. 
»Nein, bitte. Es ist mir nur alles so neu.« 
»Aber nicht unangenehm?« 
»Bestimmt nicht.« 
So schoben sie denn durch das Gedränge. Von allen Seiten 
hörte man die Marktschreier, die Musik der Schaubuden 
und Karussells. Dazwischen quietschen, bliesen, quarrten 
und rasselten die Kinder mit ihrem Radauspielzeug, wovon 
sich auch mancher Erwachsene nicht ausschloß. Bunter 
Flitter gleißte in Buden und Verkaufsständen. 
Rostbratwürste lockten, belegte Brötchen, Pfefferkuchen 
und Süßigkeiten aller Art. 

Vor einer Würfelbude, in der allerlei Kleinkram ausgestellt 
war, blieb Hartger stehen und schüttelte die Würfel im 
Becher. Dreimal gab es nichts, beim vierten Mal durfte er 
wählen. Und zwar fiel seine Wahl auf einen Bastkorb mit 
schreiend rotgrünen Karos, den er stolz über den Arm 
hängte. 
»Was wollen Sie denn damit?« fragte Alheidis, die dem 
allen mit Spannung gefolgt war. 
»Meine Gewinne hineintun«, kam es vergnügt zurück. »Der 
Korb muß voll werden.« 
»Dann herzlichen Glückwunsch«, lachte sie so übermütig, 
wie noch nie in ihrem Leben zuvor. 

Ihr Begleiter lachte in sich hinein. Na warte nur, du 
ernsthaftes kleines Mädchen, du sollst heute noch recht 
vergnügt werden. Wenn dir das hier keinen Spaß macht, 
dann bleibst du ein Sauertöpflein dein Leben lang. 
Mit Vergnügen nahm er wahr, wie das bunte Treiben sie 
aus ihrer kühlen Reserve herauszulocken begann. Eifrig 
machte sie all seine Torheiten mit. 
Wo es nur etwas zu würfeln gab, da tat er es mit zäher 
Ausdauer, bis er eine Süßigkeit erwürfelt hatte, die dann in 
den Korb wanderte, der sich langsam füllte. 
Bei einem Stand, an dem es allerlei Krimskrams zu 

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gewinnen gab, erregte ein großer Teddybär Alheidis 
Entzücken. 

»So einen habe ich mir schon immer gewünscht, aber nie 
bekommen«, verriet sie eifrig, und er lachte sie an. 
»Welcher Teddy soll es denn sein?« 
»Der so herrlich zottige, braune.« 
»Das ist schon ein prachtvoller Kerl, den müssen wir 
haben. Fordern wir also Fortuna heraus.« 
Er kaufte einige Lose, die sich jedoch als Nieten 
entpuppten. Aber er ließ nicht locker, griff immer wieder in 
den Kasten. Nieten, kleine Gewinne von Süßigkeiten, die 
alle in den Korb wanderten, wechselten sich ab. Ein großes 
Pfefferkuchenherz in rotem Stanniolpapier, das an einem 
langen Band baumelte, hing er Alheidis, die vor Aufregung 

ganz rote Bäcklein hatte, um den Hals, mit in dem zweiten 
schmückte er sich. Los auf Los ging durch seine Hände, bis 
er endlich einen Haupttreffer erwischte und Alheidis den 
gewünschten Teddy in den Arm drücken konnte. Da erst 
zog er sie mit sich fort hinter eine Bude, wo es 
verhältnismäßig ruhig war. Ihr Mund lachte, die Augen 
strahlten wie die eines Kindes am Weihnachtsabend. 
»Da brauche ich gar nicht erst zu fragen, wie es Ihnen auf 
dem Radauplatz gefällt, gnädiges Fräulein«, schmunzelte 
er. »Das Herz hängt Ihnen ja direkt zum Halse heraus. 
Wollen mal lesen, was darauf steht: Küssen ist keine Sund – 
na also! Und was sagt mein Herz: Wehe, wehe, dreimal 

wehe, auf die Liebe folgt die Ehe. 
Schauerlich schön! Machen wir nicht mit, was gnädiges 
Fräulein? Ist nur was für Dummköpfe. So, nun ziehen wir 
weiter auf Raub aus.« 
Den rechten Arm unter den des Mädchens geschoben, über 
den linken den Korb gehängt, der schon fast gefüllt war, so 
zog er frohgemut von dannen. An einer Schießbude 
machte er halt, schoß mit der Sicherheit des geübten Jägers 
für Alheidis und sich ein keckes Jägerhütchen und mit so 
geschmückten Häuptern zogen sie weiter, von manchem 
lachenden Blick gefolgt. Wenn er die andern beiden Paare 

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erspähte, verkrümelte er sich rasch, weil ihm nichts daran 
lag, mit ihnen zusammenzutreffen. 

»Wie ist’s damit?« Er zeigte auf ein Karussell, das 
schwungvoll dahinsauste. Dazu spielte die Musik mehr laut 
als schön, aber das gehörte nun mal dazu. 
»Wollen wir es wagen, gnädiges Fräulein?« 
Sie nickte strahlend, und schon zog er sie durch das 
Gewühl bis zum Karussell hin, hob sie in den Wagen, der 
von zwei Schwänen gezogen wurde – und fort ging’s in 
atembeklemmendem Tempo. Als er sah, wie sie sich 
angstvoll an die blitzende Stange klammerte, umfaßte er 
sie und zog sie dicht zu sich heran. 
Hei, wie das ging, blitzschnell wie der Wind! Bergauf, 
bergab, gerade und schräg. Die Musik dudelte, die 

Burschen pfiffen, die Mädchen kreischten. Nicht genug 
bekommen konnte Alheidis von der tollen Fahrt, bis 
Hartger ein Machtwort sprach und sie aussteigen mußte. 
Sie taumelte, als sie festen Boden unter den Füßen hatte, 
lachte ihn an und war glücklich – so aus vollem Herzen 
glücklich. Wenn er vorschlug, den Platz zu verlassen, fand 
sie immer noch etwas, das sie unbedingt mitmachen 
mußte. Sie schien Zeit und Stunde vergessen zu haben. Wie 
ein störrisches Kind mußte er sie schließlich von dem 
Rummelplatz ziehen, auf dem die stolze, hochmütige 
Herrin von Schlehdorn auf Stunden glücklich gewesen war 
– restlos glücklich. 

In der Konditorei warteten die andern beiden Paare auf die 
Säumigen. Man wollte sich ausschütten vor Lachen über 
das verwegene Pärchen, das gar herrlich geschmückt 
daherkam. Das Mädchen hielt den Teddy fest ans Herz 
gedrückt, der Mann trug stolz den leuchtendbunten Korb, 
der bis zum Rande gefüllt war. 
»Na ihr habt ja gut gehamstert«, lachte Gundula, verstohlen 
dabei in das strahlende Gesicht ihrer jungen Herrin 
blickend. »Ich habe mir die Augen nach euch ausgeschaut, 
konnte euch jedoch nirgends entdecken.« 
»Was schmunzeln Sie denn so, Herr Haßler?« fragte 

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Alheidis. »Ich lese eben die Aufschrift Ihres Herzens, meine 
kleine Gnädige. Richten Sie sich danach – und Sie werden 

selig, seliger als Ihr Partner, dem nach der Liebe die Ehe 
winkt, was wiederum sein Herz verrät. Wehe, wehe, 
dreimal wehe…! 
Aber da taucht ja unser Nachbar Gerholt auf. Schon hat er 
uns erspäht…« 
Wie ein kalter Reif legte es sich auf Alheidis’ Freude, als ihr 
Vater mit seiner Familie an den Tisch trat. Während er die 
anderen begrüßte, hörte sie eine raunende Stimme an 
ihrem Ohr: 
»Nicht abweisend werden, gnädiges Fräulein, sondern die 
frohe Laune behalten. Heut ist heut, der graue Alltag 
kommt morgen schon von selbst – « 

Sie schaute mitten in Hartgers bittende Augen hinein, der 
neben ihr saß – und da lachte sie schon wieder. Begrüßte 
den Vater nebst den Seinen unbefangen und zuckte auch 
nicht zurück, als ersterer ihre glühende Wange streichelte. 
»Alheidis, mein liebes Kind, wie bin ich glücklich, dich so 
froh zu sehen«, sagte er leise, nur ihr verständlich. Konnte 
sich nicht sattsehen an seiner Tochter, die er noch nie so 
zauberhaft schön gesehen hatte. 
Das fanden auch die andern, hüteten sich jedoch, es laut 
werden zu lassen. Man konnte bei der kleinen Mimose nie 
wissen, wie sie es auffaßte. 
In den letzten Tagen des Monats erhielt Gundula von einer 

alten Verwandten einen Brief, in dem diese herzlich um ihr 
Kommen bat, weil ihre langjährige Gesellschafterin sich 
einer Operation unterziehen mußte. Solange die Getreue 
im Krankenhaus lag, war die alte Dame einsam. 
Gundula, die aber der Tante viel verdankte, mochte ihr die 
Bitte ungern abschlagen. Wiederum wollte sie auch 
Alheidis nicht allein lassen, die mehr denn je 
Aufmunterung brauchte. 
»Natürlich fährst du«, erklärte die junge Herrin von 
Schlehdorn in ihrer bestimmten Art, als Gundula mit ihr 
über den Brief der Tante sprach. »Die alte Dame hat dich 

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nötiger als ich.« 
»Das möchte ich nicht so ohne weiteres behaupten«, 

entgegnete das Fräulein trocken. »Auf dich muß man 
nämlich aufpassen wie auf ein kleines Kind, damit du die 
notwendige Nahrung zu dir nimmst. Ich mache mir Sorgen 
um dich, Alheidis.« 
»Wie töricht, Gundchen. Ich verspreche dir, mich während 
deiner Abwesenheit aufzunudeln wie eine 
Weihnachtsgans.« 
»Es ist nicht das allein, Herzchen. Ich fürchte, daß du ohne 
mich in Trübsinn versinkst.« 
»Aber Tante Gundula! Es ist eben nicht meine Art, sehr 
munter zu sein. Du mußt mich schon so nehmen, wie ich 
von Natur aus bin. Fahre nur, die wenigen Wochen komme 

ich schon ohne dich zurecht obgleich ich dich sehr 
vermissen werde.« 
»Das war ein gutes Wort, mein Mädchen«, sagte die Dame 
gerührt. »Wenn ich mich bloß um die Reise herumdrücken 
könnte, dann täte ich es bestimmt. Vielleicht kann ich der 
Tante eine Vertretung besorgen.« 
»Dazu mußt du erst einmal dort gewesen sein. Und nun 
Schluß. Du fährst und damit holla!« 
Also trat Gundula schweren Herzens die notwendige Reise 
an. Alheidis vermißte sie sehr. Ohne ihre Getreue wußte sie 
einfach nichts mehr mit sich anzufangen. So schrecklich 
allein war sie sich noch nie in ihrem Leben vorgekommen. 

Sie ging durch ihre Tage wie ein Mensch, der keine 
Hoffnung mehr hat. 
Hartger Elchstorff… 
Oh, daß sie diesen Namen nie gehört, den Mann, der ihn 
trug, nie gesehen hätte! Wie wohl wäre ihr dann. 
Um nur nichts von ihren Gefühlen zu verraten, wurde sie 
gegen ihn schroff und ungerecht. Es war erstaunlich, wie 
viel der sonst so stolze Mann sich von dem kleinen 
ungnädigen Mädchen bieten ließ. Bis Alheidis eines Tages 
die Nerven verlor und sich hinreißen ließ, was nie hätte 
geschehen dürfen. Die Ursache dazu war gering. 

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Als nämlich der Kämmerer den Oberinspektor etwas fragte, 
während die Herrin dabeistand, da geschah es. Warum? 

Das wußte sie wohl selbst nicht. 
Kaum daß der Mann sich entfernt hatte, machte sie dem 
Oberinspektor Vorwürfe schroffster Art. Er maße sich 
Rechte an, die unerhört wären. Die Herrin von Schlehdorn 
wäre immer noch sie. 
Er sah sie nur an, als ob sie ihm leid täte, wandte sich 
weinend ab, ging – und Alheidis hatte das Gefühl, als 
wanke der Boden unter ihren Füßen. 
Und dann stand sie am Fenster, sah auf den Hof hinaus 
und wartete mit angstzitterndem Herzen auf das, was 
unweigerlich kommen mußte. Trostlos sah es draußen aus. 
Der Regen rieselte unaufhörlich vom grauverhangenen 

Himmel. Wie anklagend streckten die Bäume die fast 
entlaubten Äste in die Luft. Was noch daran hing, war welk 
und braun. Klagend sang der Wind sein Lied vom Sterben 
und Verderben. 
Unverwandt starrte Alheidis auf die Tür, die zur Wohnung 
des Oberinspektors führte. Gleich würde er aus ihr 
heraustreten, auf das Herrenhaus zukommen… 
Und dann – und dann… 
Qualvoll stöhnte sie auf. Ein dumpfer Schmerz bohrte in 
ihrem Herzen, der es langsam auseinanderzuzerren schien. 
Wenn er doch endlich kommen würde – und so alles 
vorüber wäre. Das ließ sich gewiß leichter ertragen, als 

dieses entsetzliche Warten. Aber war es denn so sicher, daß 
er überhaupt kam? Er konnte seine Kündigung ja auch 
schriftlich einreichen. Dafür war heute, der erste 
November, der richtige Termin. 
Mit beiden Händen umklammerte sie den Kopf, in dem es 
zerrte und riß. Jetzt nur etwas unternehmen, sich ablenken, 
sonst wurde sie noch wahnsinnig. Mechanisch stellte sie 
den Rundfunk an, ließ sich in den danebenstehenden 
Sessel sinken und horchte fast widerwillig auf den Gesang. 
Was die Stimme da klagte, war wie für sie bestimmt. 
Ach, ich habe sie verloren, all mein Glück ist nun dahin, 

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war, o war ich nie geboren, weh daß ich auf Erden bin… 
Sie drückte das Gesicht in die Hände und weinte, als müßte 

sie sich das Herz aus der Brust schluchzen. Sie war so 
vertieft in ihren Jammer, daß sie den Mann nicht bemerkte, 
der in der Tür stand und betroffen auf das unglückliche 
Menschenkind schaute. 
Leise schloß er die Tür und ging nachdenklich davon. Was 
mochte das allzeit beherrschte Mädchen so sehr aus der 
Fassung gebracht haben, daß es so herzzereißend weinen 
mußte? Denn wegen einer Lappalie vergoß Alheidis 
Gerholt gewiß keine Tränen. 
Jedenfalls war jetzt nicht der rechte Augenblick, sie um 
seine Entlassung anzugehen, weswegen er sie aufgesucht 
hatte. 

Scheußliches Gefühl, eine Frau weinen zu sehen – und 
dazu noch Alheidis Gerholt – dieses stolze, hochmütige, 
süße, törichte kleine Mädchen. Ganz erbärmlich war ihm 
zumute! 
Als er aus der Portaltür trat, wäre der Rentmeister fast gegen 
ihn gerannt. 
»Hallo, Herr Schraut, warum so eilig?« 
»Herr Baron, ich habe Sie gesucht wie eine Stecknadel – 
meine Frau…« 
Ein Blick in das verstörte Gesicht des Mannes, und Hartger 
war im Bilde. 
»Nun, man nicht so aufgeregt, lieber Freund. Es wird so 

schlimm nicht werden.« 
»Ist es schon.« Der Verzweifelte raufte sich buchstäblich die 
Haare. »Ich glaube, die Ärmste schafft es nicht mehr bis zur 
Klinik. Es kam alles so unvorbereitet. Helfen Sie, Baron!« 
»Ja, indem ich Arzt und Hebamme hole…« 
Schon rannte er davon, machte den großen Wagen flott 
und sauste ab. In unwahrscheinlich kurzer Zeit erschien er 
mit den Helfern, und eine Viertelstunde später war der 
Rentmeister Vater eines strammen Jungen. Er benahm sich 
so närrisch, wie ein Mensch sich nur benehmen kann, 
schüttelte Hartger fast die Hand aus dem Gelenk. 

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»Baron, wenn Sie nicht gewesen wären! Es hätte schwarz 
werden können – ganz schwarz.« 

»Was, das Kind. Sie verdrehter Kerl. Das ist doch sicher 
rosenrot. Wie geht’s dem kleinen Mütterchen?« 
»Gut. Es lacht und strahlt. Ist das eine Frau! Lieber Gott, ich 
danke dir, daß ich dich erwischt habe…« 
Schon war er davon, und der Baron sah ihm 
kopfschüttelnd nach. Daß Freude so närrisch machen 
kann, hätte er nicht geglaubt. 
Aber aufregend war so was schon. Ihm steckte der Schreck 
noch in den Gliedern, obgleich ihn das alles gar nichts 
anging. Hoffentlich fühlte die Herrin sich nicht wieder 
einmal übergangen, daß er ihr Auto genommen hatte, 
ohne vorher um Erlaubnis zu fragen. Aber dazu war 

wirklich keine Zeit gewesen. Wenn sie das nicht einsah, 
dann ließ sie es bleiben. 
Doch sie sah es ein, nachdem sie erst erfaßte, worum es 
ging. Vom Fenster aus beobachtete sie, wie der 
Oberinspektor mit dem Auto absauste. Warum, wurde ihr 
klar, als später zwei Personen aus dem Wagen stiegen und 
eiligst im Inspektorhaus verschwanden. Die hätten im 
Zweisitzer des Oberinspektor keinen Platz gefunden – 
daher also… 
Ob er nun zu ihr kam? Nein, er verschwand in der Haustür, 
die zu seiner Wohnung führte. Fünf Minuten später trat er 
wieder ins Freie. Er war mit einem Regenmantel bekleidet 

und trug die Flinte über der Schulter. Rasch schritt er über 
den Hof und war dann ihren Augen entschwunden. 
Also hieß es für sie immer länger warten. Wie das peinigte 
und quälte, wie das an ihrem Herzen zerrte und riß. Durfte 
sie hoffen – oder würde sie morgen sein 
Kündigungsschreiben erhalten? 
Alheidis lief im Zimmer auf und ab, begann dieses und 
jenes, allein, die quälenden Gedanken ließen sich nicht 
ablenken. Nervös fuhr sie zusammen, als der Fernsprecher 
anschlug. Hob den Hörer auf – und erblaßte bis in die 
Lippen über das, was sie zu hören bekam. 

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»Verzeihen Sie, gnädiges Fräulein, daß ich Sie belästigen 
muß«, sprach am anderen Ende eine Stimme, die ihr Herz 

erzittern ließ. »Ich habe schon mehrere Male die 
Rentmeisterei angerufen, doch da meldet sich niemand. 
Nun ist mir ein kleines Malheur passiert, das es mir 
unmöglich macht, nach Schlehdorn zurückzukehren. 
Wollen Sie die Güte haben und dem Rentmeister Bescheid 
sagen, daß er mich mit meinem Auto von der Jagdhütte 
abholen möchte?« 
»Was ist Ihnen denn geschehen?« fragte sie mit einer 
Stimme, die ihr kaum gehorchen wollte. 
»Nichts von Bedeutung, gnädiges Fräulein. Der Kopf sitzt 
jedenfalls noch an seinem richtigen Platz«, setzte er mit 
dem Lachen hinzu, das sie so sehr liebte, jetzt jedoch als 

Qual empfand. Sie mußte erst einige Male ansetzen, ehe sie 
sagen konnte: 
»Ich werde alles Nötige veranlassen.« 
»Verbindlichsten Dank.« 
Sie hörte am Knacken in der Leitung, daß er den Hörer 
aufgelegt hatte, tat dasselbe – und mußte sich erst einmal 
setzen, weil ihr die Knie weich wurden. Sie zitterte vor 
Erregung, die Hände waren eiskalt, der Kopf glühte, hinter 
dessen Stirn die Gedanken rasten. 
Ja, was saß sie denn noch hier, wo er sicherlich Hilfe 
brauchte? Jetzt sich nicht lange mit Wenn und Aber 
herumschlagen, sondern handeln. 

Hastig warf sie den Regenmantel über, hastete zur Garage, 
brachte den Zweisitzer in Gang und fuhr dem Wald zu. Die 
Hände konnten das Steuer kaum halten, so sehr flatterten 
sie. 
Obwohl sie kaum drei Kilometer zurückzulegen hatte, 
schien es ihr, als führe sie schon stundenlang. Endlich war 
die Stelle erreicht, wo sie halten mußte. Sie sicherte den 
Wagen und lief den Waldpfad entlang, der zur Jagdhütte 
führte. Als sie davor stand, hatte sie das Gefühl, als müßte 
ihr das Herz zum Halse herauskommen, so raste sein 
Schlag. Es wurde ihr schwarz vor den Augen. 

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Jetzt nicht schlappmachen, erst wissen, wie es ihm ging. 
Mühsam öffnete sie die Tür, sah wie durch einen Schleier 

Hartger Elchstorff auf dem alten Kanapee sitzen. Sein Bein 
war umwickelt, um die Stirn ein Verband gelegt. 
Da stöhnte sie auf und sank in sich zusammen. 
Der Mann erschrak bis ins tiefste Herz. Mühsam humpelte 
er auf die Gestalt zu, die regungslos am Boden lag. Seiner 
Schmerzen nicht achtend, die ihm der verletzte Fuß 
bereitete, hob er unter unsagbarer Anstrengung die 
Ohnmächtige auf die Arme und trug sie mühsam zu dem 
Polster. Rasch setzte er sich dazu, weil der Schweiß ihm aus 
allen Poren brach und der Raum sich vor seinen Augen zu 
drehen begann. 
Verflixt, das war ja ganz abscheulich! Wenn auch er noch 

zusammensackte, das konnte gut werden. Doch davon 
blieb er gottlob verschont. Das Schwächegefühl wich 
allmählich, die Nebel vor den Augen schwanden, und er 
konnte wieder klar denken und sehen. Angstvoll hing sein 
Blick an dem todblassen Gesicht des Mädchens, an dem 
Mund, der wie im Schmerz verkrampft war. 
Ja, da mußte nun etwas geschehen. Er konnte das arme 
Ding doch nicht so liegen lassen. Die Schmerzen 
verbeißend, humpelte er zum Schrank, entnahm ihm eine 
Flasche mit belebender Essenz, humpelte zu der 
Ohnmächtigen zurück, rieb Stirn und Schläfen mit der 
scharfriechenden Flüssigkeit, benetzte die Lippen damit 

und bemerkte dann aufatmend, wie die Lider zu zucken 
begannen. 
»Gnädiges Fräulein, hören Sie mich?« 
»Ja«, kam es leise wie ein Hauch. 
»Versuchen Sie einmal kräftig zu atmen.« Damit hielt er ihr 
die Flasche unter die Nase. Erst schwach, dann immer 
stärker zog sie den starken Geruch ein. Die gesunde Farbe 
kam langsam in ihr Gesicht zurück – und dann schlug sie 
plötzlich die Augen auf. 
»Baron…«, flüsterte sie. 
»Ruhig bleiben, gnädiges Fräulein«, beschwichtigte er. 

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»Erst muß – ich wissen – ob -Sie…« 
»Noch leben?« lachte er in ihr Gestammel hinein. »Aber 

sehr! Mein Fuß ist verknacks, und mein Kopf hat ein 
Löchlein. Mehr habe ich nicht aufzuweisen.« 
»Wie konnte das – geschehen…?« 
»Ganz einfach. Ich stolperte über eine Baumwurzel und 
schlug mit dem Schädel auf einen spitzen Ast. 
Aber jetzt muß ich gehörig mit Ihnen zanken, weil Sie 
hierher gekommen sind, obgleich Sie sich nicht wohl 
fühlten, wie die Ohnmacht bewies. War denn der 
Rentmeister nicht zu erreichen?« 
»Das weiß ich nicht«, entgegnete sie leise. »Ich mußte 
kommen – weil ich wollte – weil ich habe… 
Ach, es ist doch so entsetzlich schwer.« 

»Was denn, gnädiges Fräulein?« fragte er mit tiefer, weicher 
Stimme, die ihr Herz in Aufruhr brachte. »Wenn Sie nicht 
sprechen mögen, dann tun Sie es bitte nicht.« 
»Ich muß aber doch«, rief sie verzweifelt. »Muß Sie um 
Verzeihung bitten – weil ich – « 
Es blitzte überrascht in seinen Augen auf. Das sah ja ganz 
nach rabenschwarzem Gewissen aus – oder gar Reue. Aber 
erst mal abwarten. Bei der kleinen Mimose mußte man es 
können, wenn man sich nicht sozusagen in die Nesseln 
setzen wollte. Er zuckte mit keiner Wimper, als sie flehend 
bat: 
»Kommen Sie mir doch zu Hilfe, Baron – so ein ganz klein 

wenig nur – « 
»Wenn ich doch keine Ahnung habe von dem, was Sie mir 
sagen wollen.« 
»Wie tue ich es nur – «, kam es so kläglich heraus, daß er 
nur mit Mühe ein Lachen

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 unterdrücken konnte. 

»Fallen Sie doch mit der Tür ins Haus«, riet er harmlos. Da 
setzte sie sich auf. Ihre Augen wirkten fast schwarz in dem 
nun wieder erblaßten Gesicht. Die Lippen zuckten, die 
dann wie zornig die Worte formten: 
»Schön, falle ich mit der Tür ins Haus. Also: Nehmen Sie 
Ihre Kündigung zurück, Herr Oberinspektor.« 

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»Aber ich habe eine solche ja noch gar nicht 
ausgesprochen«, war er nun wirklich überrascht. 

»Allerdings hatte ich es vor, kam deshalb zu Ihnen und sah 
Sie weinen…« 
Sie zuckte zusammen und drückte das Gesicht in die 
Hände, durch die Tränen tropften. 
»Gnädiges Fräulein, wollen Sie mir nicht sagen, was Sie 
quält?« fragte er behutsam, doch ein heftiges Kopfschütteln 
war die Antwort. 
»Ja, dann kann ich Ihnen leider nicht helfen – und ich täte 
es doch so gern.« 
Die Hände sanken vom Gesicht. In den Augen lag ein 
Ausdruck, der mehr als viele Worte verriet. Aber noch hielt 
der Mann an sich, obwohl er in dem Mädchengesicht wie 

in einem offenen Buch zu lesen glaubte. Wie rührend es 
wirkte, als sie nun bettelte: 
»Baron, sind Sie mir – sehr böse?« 
»Nein, gnädiges Fräulein.« 
»Dann – dann gehen – Sie nicht fort?« 
»Wenn Sie schön darum bitten, daß ich bleibe, dann 
nicht.« 
»Ja,  o  ja«,  atmete  sie  auf.  »Das  will  ich  mehr  als  einmal. 
Und nun ist alles gut.« 
»Alles – gnädiges Fräulein…?« 
Verwirrt von seinem seltsamen Ton, errötete sie, schlug die 
Augen nieder und saß nun da wie ein kleines Mädchen, das 

in seines Herzens süßester Not nicht mehr aus noch ein 
weiß. Die Finger verschlangen sich im Schoß, der Mund 
öffnete und schloß sich automatisch. 
»Kleine dumme Alheidis«, traf es da wie ein Hauch ihr Ohr. 
Zaghaft hob sie den Blick – und was sie da in seinen Augen 
las, ließ ihr den Atem stocken. Wie abwehrend streckte sie 
die Arme aus, stammelte fast entsetzt: 
»Aber – das – geht – doch – nicht – « 
»Warum nicht?« fragte er tiefernst. »Täusche ich mich etwa, 
wenn ich annehme, daß ich Ihnen nicht ganz gleichgültig 
bin?« 

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»Nein, gewiß nicht.« Die Augen flackerten vor Erregung in 
dem todblassen Gesicht. »Aber ich bin die – Besitzerin von 

Schlehdorn – und ich habe gehört, wie Sie zu Ihrem Bruder 
sagten, daß Sie nie – Knecht – sein könnten…« 
»Alheidis, das haben Sie gehört?« fragte er erschüttert. 
»Dann läßt sich vieles erklären. Ich muß schon sagen, daß 
ich… mich da ganz gehörig festgefahren habe. 
Und wenn Sie mir nun nicht behilflich sind, mein 
Lebenswägelchen wieder flottzumachen, dann bleibe ich 
damit stecken bis an mein Lebensende.« 
»Wenn ich nur wüßte wie – « 
»Einige Worte genügen.« 
»Darf ich dann sagen: Was mein ist – ist auch dein?« kam 
es so demütig heraus, daß der Mann nun nicht mehr länger 

an sich halten konnte, sondern das bezaubernde Geschöpf 
in seine Arme zog. Aber er küßte noch nicht den Mund, der 
so verlockend zu ihm emporblühte, nahm nur das weiche 
Antlitz wie eine Kostbarkeit in seine Hände und sagte mit 
tränendunkler Stimme: 
»Hör zu, Alheidis: Gottlob habe ich es nicht nötig, bei dir -
Knecht – zu sein, weil ich einen guten Batzen deinem 
Besitz in die Waage zu werfen habe. Ich will ja auch nicht 
Schlehdorn, ich will dich – die ich so unsagbar liebe.« 
»Oh – «, stammelte sie ordentlich erschrocken. »Oh – dann 
bin ich ja so unendlich – glücklich – « 
Verschämt drückte sie ihr heißerglühtes Gesicht gegen seine 

Schulter, und er lachte so herzlich, so frei, frisch und froh, 
wie nur ein Mensch lachen kann, dem so recht wohl in 
seiner Haut ist. 
»Das beruhigt mich ungemein, du stachelige kleine Person 
du. Du hast nämlich eine ganz verflixte Art, deine 
Mitmenschen zu peinigen. Aber mich verschone fortan 
damit, sonst desertiere ich. Herrin von Schlehdorn sollst du 
bleiben, aber nicht für mich. – Nun hebe dein Köpfchen 
und sage auch mal was. Ich komme mir bereits wie ein 
Mensch vor, der sich gern reden hört.« 
»Ich mache es kürzer.« Ihre Augen strahlten ihn an wie 

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zwei Sonnen. »Ich sage nur: Ich – hab – dich lieb – « 
Was weiter geschah, war unausbleiblich. Vier Lippen 

vergnügten sich bei dem uralten und doch ewig neuen 
Spiel. In zwei Herzen sang das uralte, ewig neue Jubellied 
der Liebe. Das Mein und Dein spielte bei so heißer, 
beseligender Liebe keine Rolle mehr, das war 
zusammengeschweißt zu einem festgefügten Ganzen. 
Freudig trat das stolze Mädchen seine Herrinnenwürde an 
den Mann ab, dem es mit ganzem Herzen und ganzer Seele 
verfallen war. 
»Du hättest tatsächlich deinen Dienst gekündigt?« fragte sie 
endlich. 
»Ohne weiteres. Ich war ja deswegen schon bei dir. Als ich 
dich jedoch so bitterlich weinen sah, wurde mein Herz 

weich wie Butter.« 
»Wie schön«, lächelte sie so ein ganz klein bißchen 
niederträchtig. Er nahm sie bei den rosigen Ohren und 
stieß seinen Kopf gegen den ihren. 
»Nicht, Hartger, das muß dir doch weh tun«, sagte sie 
erschrocken und zugleich beschämt, daß sie in ihrem 
Glück seinen Unfall vergessen konnte. »Hast du arge 
Schmerzen?« 
»Bisher spürte ich sie vor Freude nicht. Aber jetzt fangen sie 
langsam an, sich bemerkbar zu machen.« 
»Da hast du Ärmster mich noch vom Boden heben und 
hierher schleifen müssen. Ich schäme mich, so 

schlappgemacht zu haben.« 
»Laß nur, sonst wären wir längst noch nicht so weit. Du 
apartes Personellen mußtest eben auch bei deiner 
Verlobung etwas Apartes haben. Doch was spielst du 
andauernd mit dem Medaillon an deinem Hals und siehst 
mich dabei so – na, sagen wir mal – niederträchtig an.« 
»Oh – es ist mein Talisman.« 
»Nichts Besonderes.« 
»Für mich schon. Soll ich die Kapsel mal öffnen?« 
»Wenn es sein muß.« 
Gleich darauf starrte er nicht gerade geistreich auf den 

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Inhalt des goldglänzenden Dinges. Auf einer Seite sein 
Bild, auf der andern ein – Veilchen… 

Und dann perlte ein Lachen über die jungroten Lippen, 
einfach betörend in seiner klingenden Süße. 
»Oh, du Mann mit der langen Leitung!« 
»Da soll doch gleich. Alheidis, warst du etwa das -
Veilchen?« 
»Ich habe mir erlaubt.« 
»Ach, ich Tölpel! Da bildet man sich ein, nicht gerade auf 
den Kopf gefallen zu sein – und nun. 
Aber da sieht man doch wieder einmal, daß so ein Herz 
unbestechlich ist. Wie habe ich nach meinem Veilchen, das 
mich so ganz und gar betörte, gesucht. Zuerst fieberhaft, 
dann geruhsamer – doch fort und fort - immer noch, 

gestern noch. Du raffinierte kleine Person hast mich ja gut 
am Bändel gehabt.« 
»Das freut mich. Ach, Hartger, wie habe ich gehofft, 
gebangt und gelitten. Ich liebte dich, wohl schon gleich, als 
ich dich sah. Und du warst so eiskalt. Um dich nur einmal 
anders zu sehen, denn nur als korrekten Oberinspektor, 
deshalb habe ich mich ja nur auf die Redoute geschlichen – 
und dann deine betörende Art – dein Kuß.« 
»Es war gräßlich!« 
»Danke, soll das etwa ein Kompliment sein?« 
»Nur.« 
»Dann bin ich beruhigt. Was sind wir beide doch töricht 

gewesen. Liebe hier, Liebe da – dazu Stolz gegen Stolz. Bei 
uns hat das Schicksal noch gnädig gewaltet, aber in vielen 
Fällen tut es das nicht. Wie heißt es doch bei Geibel: Oh, 
Stolz war schlimm, das eine Wort blieb ungesprochen. So 
schieden sie. 
Ja, sieh mich nur so entsetzt an. Bald hätten wir das auch 
von uns sagen können.« 
Bang sah sie in sein tiefernstes Gesicht. Ihre Augen füllten 
sich mit Tränen, die er zärtlich fortküßte. Seine Stimme 
klang unendlich weich, als er sagte: 
»Wir wollen uns das eine Warnung sein lassen für unser 

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ferneres Leben, mein Liebstes. Es nie zu einem 
Mißverständnis kommen lassen, hörst du?« 

»Ja, Hartger. Ich bin klein geworden in meiner Liebe zu 
dir.« 
»Also nicht mehr die Herrin von Schlehdorn?« neckte er. 
»Das bin ich schon längst nicht mehr«, entgegnete sie 
kläglich. »Ich will es ja auch gar nicht mehr sein.« 
»Für die andern mußt du es sogar, Alheidis. Doch jetzt 
müssen wir aus unsern sieben Himmeln für ein Weilchen 
auf die Erde zurückkehren. Wie komme ich nach Hause? 
Bist du mit dem Auto hier?« 
»Ja, mit deinem, das ich jedoch am Fahrweg stehen lassen 
mußte, weil der Waldpfad hierher zu schmal ist.« 
»Nun, die kurze Strecke schaffe ich es schon.« 

Es ging tatsächlich besser, als zu befürchten war. Alheidis 
bot ihm so gute Hilfestellung, daß er den verletzten Fuß 
nur wenig aufzusetzen brauchte. Der war nur vertreten, wie 
der Arzt später feststellte. Eine zwar schmerzhafte, jedoch 
nur harmlose Angelegenheit, die in wenigen Tagen 
behoben sein würde. Über die Wunde an der Stirn verlor 
der alte Herr kaum ein Wort. Er klebte ein Pflaster darauf 
und überließ die Heilung der Natur. 
Am nächsten Sonntag, an dem der November seinem 
Namen alle Ehre machte, saß man in Kiwitten beim 
Nachmittagskaffee. In dem traulichen Gemach spürte man 
nichts von Regen und Sturm, der draußen wütete. 

Zentralheizung und Kamin sorgten für mollige Wärme, 
Kaffee und Kuchen für Sättigung und die lustigen 
Gespräche für frohe Stimmung. Eben hatte man von 
Hartger gesprochen, der plötzlich in der Tür stand – und 
noch jemand, dessen Anblick der Familie den Atem 
stocken ließ… 
Der Hausherr faßte sich zuerst und trat seiner Tochter 
entgegen, die ihn freundlich anlachte. 
»Alheidis, mein liebes, liebes Kind«, sagte er mit 
schwankender Stimme. »Sei uns herzlich willkommen. 
Und so glücklich siehst du aus…« 

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»Kunststück – als meine Braut – «, unterbrach Elchstorff 
ihn schmunzelnd. 

Vier Worte nur, die jedoch von so ungeheurer Bedeutung 
waren, daß man von Salzsäule sprechen konnte, zu denen 
fünf Menschen erstarrten. 
Edgar Gerholt sah so hilflos aus wie ein Kind, das die 
Mutter allein gelassen hat. Seine Frau machte ein Gesicht, 
als ob sie weinen wollte, und ihre drei Kinder hatten wohl 
noch nie so dämlich dreingeschaut wie in diesem 
Augenblick. 
Hartgers herzliches Lachen, in das Alheidis einfiel, löste 
endlich die Erstarrung. Nicht wiederzuerkennen war die 
hochmütige Herrin von Schlehdorn mit den Augen, aus 
denen das Glück nur so leuchtete. So strahlend hatte der 

Vater sein Kind noch nie gesehen. 
»Aber Papa, nun komme doch endlich zu dir«, neckte sie 
mit allerliebster Schelmerei, die auch neu an ihr war. »Ist es 
denn so schwer zu begreifen, daß ich Hartgers Braut bin?« 
»Kind, Kind – «, murmelte er – und dann brach die Freude 
bei ihm durch. Er zog das Mädchen in die Arme, küßte und 
streichelte es. Schämte sich der hellen Tränen nicht, die 
über sein Gesicht liefen. Dann rief er seine Frau herbei, die 
sich der Gruppe nicht zu nähern gewagt hatte. 
»Komm her, Irene. Sag unserer Tochter, wie glücklich wir 
sind, sie endlich bei uns zu haben – und daß sie uns einen 
Schwiegersohn bringt, wie wir uns einen lieberen gar nicht 

denken können. Sie wird lieb zu dir sein. Schau nur, wie sie 
dich anlacht.« 
»Alheidis – «, sagte die Frau zwischen Lachen und Weinen, 
indem sie die Stieftochter in die Arme schloß, die ihr durch 
ihre Unzugänglichkeit manch trübe Stunde bereitet hatte. 
»Kind, du bringst uns ja eine glückselige Freude ins Haus.« 
Nun waren auch die beiden Mädchen nicht mehr zu 
halten. Jubelnd umringten sie die große Schwester, vor der 
sie kein bißchen Scheu mehr hatten. Bernd näherte sich ihr 
in männlicher Würde, aber der Druck seiner Hand ließ sie 
schmerzhaft fühlen, daß er die Freude der andern teilte. 

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Nachdem der Sturm sich gelegt hatte, nahm man am 
Kaffeetisch Platz, konnte jedoch vor Aufregung kaum etwas 

genießen. Man bestürmte das Brautpaar mit Fragen wie, wo 
und wann es sich gefunden hatte. Bernd wollte es schon 
vorher gewußt haben, was man natürlich anzweifelte. 
»Ihr harmlosen Gemüter«, bemerkte er herablassend. »Daß 
die beiden lichterloh brannten, weiß ich schon seit dem 
Rummel, wo ich sie heimlich beobachten konnte. Traulich 
vereint strolchten sie dahin, und als im Karussell, wo ich 
hinter ihnen meinen Platz hatte, der Herr Oberinspektor 
die Herrin von Schlehdorn kühn in den Arm nahm, was 
die sonst so Unnahbare friedlich duldete, da konnte mir 
keiner mehr ein X für ein U vormachen. Ich schwieg über 
meine Beobachtungen, weil ich Paps nicht beunruhigen 

wollte!« 
Eine stürmische Heiterkeit brach los, in die Hartger 
hineinrief: 
»Na warte, du Schlingel, hier so aus der Schule zu 
plaudern! Das streichen wir ihm schwarz an, was, mein 
Herzliebelein?« 
»Ich finde, daß er lange genug seinen Mund gehalten hat«, 
nahm Alheidis den Angegriffenen in Schutz. »Wir werden 
sicherlich gute Freunde werden, nicht wahr, Bruder Bernd?« 
»Und ob, Schwester Alheidis. Du bist nämlich goldrichtig.« 
»Und so wunderschön«, schmiegte Irmela sich an sie. 
»Schau nur, Mutti, was für herrliche Haare sie hat. Oh, wie 

bin ich stolz auf meine große Schwester!« 
»Wenn das kein Kompliment ist«, schmunzelte der Vater, 
der heute so von ganzem Herzen glücklich war. Seine Frau, 
deren Herz ein gleiches Gefühl erfüllte, wandte sich mit 
spitzbübischem Lächeln an Hartger. 
»Also doch nicht -Veilchen?« 
»Fehlgedacht – «, gab er schadenfroh zurück. »Mein Herz 
ist mehr denn je von Veilchenduft erfüllt.« 
»Laß dir das nicht gefallen, Alheidis«, hetzte sie. »Ich an 
deiner Stelle würde eifersüchtig sein.« 
»Auf mich?« fragte sie harmlos. 

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»Nein, auf Hartgers angeschwärmtes Veilchen.« 
»Das bin ich doch«, wollte sie sich nun über Irenes 

verblüfftes Gesicht halbtot lachen. Hartger war 
barmherziger und gab humorvoll die Narretei zum besten, 
was natürlich einen Heiterkeitsausbruch zur Folge hatte. 
Von allen Seiten wurde er geneckt, was er sich auch 
gutmütig gefallen ließ. Gerholt, der sich so ganz wohl in 
seiner Haut fühlte, meinte schmunzelnd: 
»Wie wäre es, Fraule, wenn wir die Elcher herbitten würden 
und wir gemeinsam Verlobung feierten?« 
»Mit Freude bin ich dafür, Edgar. Das sind wir unserer 
Tochter schuldig. Auf die verblüfften Gesichter bin ich 
gespannt.« 
O ja, sie waren verblüfft, was bei Ada allerdings nicht lange 

anhielt. Sie war halb närrisch vor Freude. Beteuerte immer 
wieder, wie glücklich sie über ihre Schwägerin wäre. 
Lutz zeigte seine Freude weniger stürmisch. Er nannte 
seinen Bruder einen Glückspilz und sah Alheidis verliebt 
an. 
»Potztausend, Hartger, da hast du dir ja was ganz 
Bezauberndes auf den Hals geladen. Wenn ich durch meine 
Frau nicht gegen Liebe gefeit wäre, dann bliebe mein Herz 
ganz gewiß an dieser kleinen Schönheit hängen.« 
»Untersteh dich!« machte Ada ihm eine Faust. »Ich kratze 
dir und ihr die Augen aus. Hach, was habe ich bloß für 
eine Mordsfreude! Schon wegen der gräßlichen Ilka Stietz. 

Wenn die erfährt, daß Alheidis ihr den Hartger 
weggeschnappt hat, dann gibt es Wutanfälle noch und 
noch.« 
Die gab es tatsächlich, und die armen Eltern hatten dabei 
nichts zu lachen. Die Verlobung wirbelte überhaupt viel 
Staub auf. Zu denen, die sich herzlich darüber freuten, 
gehörte auch Haßler. 
»Eigentlich haben Sie Ihr Glück nur mir zu verdanken, 
verehrtes Brautpaar«, schmunzelte er bei der Gratulation. 
»Hätte ich diesen Prachtkerl nicht der bezaubernden Herrin 
von Schlehdorn aufgedrängt, dann gäbe es zwei glückliche 

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Menschen weniger auf der Welt.« 
Sollte man ihm recht geben? 

Hocherfreut zeigten sich auch der Rentmeister und seine 
Frau, die sich auf ihre Mutterwürde viel zugute tat. Sie bat 
die Verlobten, Patenschaft bei ihrem Jungen zu stehen, 
damit er ein gutes Vorbild hätte. Ingo Schraut beteuerte, 
nun noch einmal so gern in den Büchern zu »Haben« und 
zu »Sollen«, weil es für das charmanteste Paar geschähe. 
Sehr zufrieden waren die Gutsleute über die Verlobung. Sie 
hielten es nun für gut und richtig, daß sich zwei Menschen 
zusammentaten, die schon weit über ein Jahr an einem 
Strang zogen. Sie blähten sich ordentlich vor Stolz über 
ihre Herrschaft. 
Und dann Gundula. Die Überraschung warf sie fast um, als 

sie nach Schlehdorn zurückkehrte. Dann lachte und weinte 
sie in einem Atemzug vor Freude, pries den Herrgott in 
allen Tonarten, daß er wieder einmal so ein prächtiges Paar 
zusammenführte. Zärtlich streichelte sie Alheidis, die sich 
glücklich an sie schmiegte. 
»Nun, mein Mädchen, jetzt hast du gut lachen, wie? Ja, ja, 
was doch die Liebe so alles zuwege bringt. – Doch wie ist es 
nun.« Sie zwinkerte verschmitzt. »Soll er dein Herr sein?« 
»Als ob er das nicht schon längst wäre.« Alheidis zog eine 
Grimasse! »Seitdem er auftauchte, war sie nur noch eine 
Staffage – die Herrin von Schlehdorn.« 
 

-ENDE-