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Im Rausch der Macht 

von Götz Altenburg 

scanned by : horseman 

kleser: Larentia 

Version 1.0 

Berge und Wälder. Täler und Hügel. Licht und Dunkel. 
Abends wurden die Schatten unwirklich lang. Der Winter 
stand vor dem Höhepunkt. Die Wälder träumten unter 
dickem Schnee. Bäche und Teiche und Flüsse erstarrten 
im Frost. Ganze Wasserfälle waren gefroren.
 

Wenn die Sonne sank, entbrannte überall ein Feuerwerk 

schönster Farben. Das war ein Schwelgen in Rot und 
Blau, in Grün und Gelb, als lasse ein Engel Edelgestein 
vom Himmel regnen. Der Schnee, die Erde, sie begannen 
auf geheimnisvolle Art zu leben. Das Flirren und Sprühen, 
das Blitzen und Gleißen dauerte, bis der letzte Schimmer 

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Licht verschwand. Dann wurde der Schnee stahlblau. Mit 
der Nacht kam die Kälte. Niemand hörte den Schrei. Seit 
dem frühen Morgen tobte die Jagd durch die Wälder. Mit 
Hörnerklang, mit Hussa und Juchhei. Doch, daß da ein 
Braunbär, riesengroß und besonders wütend aus 
verschneitem Dickicht brach, das bemerkte nur die Spitze 
der Jagdgesellschaft. Denn der Bär fegte sie auseinander 
wie ein Windstoß leichte Spreu zerstieben läßt...
 

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Die Bestie fiel brummend und grunzend über Berwin her, den 
Herzog von Orplid. Sie überragte Herrn Berwin um mehr als 
Haupteslänge. Dazu war sie breiter als jeder Schrank. In ihren 
Pranken, die jetzt zum Schlag erhoben waren, steckte die Kraft von 
einem Dutzend starken Männern. Ihre Bewegungen waren so schnell, 
daß Menschenaugen ihnen kaum verläßlich folgen konnten. Sie riß 
den blutroten Rachen auf, als wolle sie die ganze Welt verschlingen. 
Ihre Zähne glichen kurzen, dicken, unheimlich scharfen 
Elfenbeindolchen. Die im Vergleich zum Kopf winzigen Ohren 
spielten unentwegt, als horchten sie auf Zeichen, die aus dem Walde 
kamen. 

Herzog Berwin versuchte, sich gegen das reißende Tier zu wehren. 

Es blieb beim dem Versuch. Er bekam nicht einmal das Jagdmesser 
aus dem Gürtel. 

Der Bär gab Berwin eine letzte, mörderische Ohrfeige. Dann 

versetzte er dem unglücklichen Mann einen derart heftigen Stoß, daß 
der Herzog wie ein Katapultgeschoß unter seine Jagdbegleiter sauste. 
Er riß die meisten davon zu Boden. Der Bär benutzte die allgemeine 
Verwirrung, sich in die verschneiten Büsche zu schlagen. In eben 
jene Deckung, aus der er auch gekommen war. 

Entsetzt hatte die Jagdgesellschaft das Unglück verfolgt. Als erster 

von allen fand der erfahrene Waffenmeister Waidenhold zu 
vernünftigem Handeln zurück. Er warf sich die starke Armbrust über 
den Rücken, schnallte sein breites Schwert vor die Brust, packte die 
kurze Saufeder, den derben Jagdspieß, und heftete sich auf des Bären 
Fährte. »Ich stell ihn und bring ihn!« 

Das rief Waidenhold Ritter Roland zu. Der hatte im Augenblick 

hinreichend damit zu tun, die Damen außer Sichtweite, das heißt, 
heim, ins warme Schloß von Orplid zu bringen, in die Stammburg 
des Herzoggeschlechts. 

Waidenhold schien die eigenen Fähigkeiten maßlos überschätzt zu 

haben. In wenig mehr als einer halben Stunde tauchte er wieder auf. 
Allein. Mit leeren Händen. 

Ritter Roland hatte bestimmt, daß sein Freund Volker vom 

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Hohentwiel, der Sänger, Königin Ginevra samt Begleitung zurück 
führte. Herzog Berwin bot kein Anblick, den man Damen aussetzen 
sollte. Daß dem Herrscher von Orplid nicht mehr zu helfen war, 
bezeugte der Zustand des Schnees hinlänglich. Der winterweiße 
Boden sah aus, als habe ein Purpurfärber seine Farbbottiche 
umgekippt. 

Waidenhold war wieder da. Der Waffenmeister wirkte leicht 

verstört. »Das versteh, wer will und kann!« 

»Mach dir nichts draus. Morgen schon wird die Herzogin ein 

Generaltreiben auf Braunbären ansetzen. Da zählt es wenig, daß du 
seine Spur verloren hast.« 

Waidenhold stieg die Röte ins bärtige Gesicht. »Ich und eine 

Bärenfährte verlieren? Nein. Der Fall liegt anders.« 

»Und wie soll er liegen ... der Fall?« fragte Roland. 
Waidenhold stand ziemlich unter Dampf. Das wurde allein schon 

daran sichtbar, daß ihm der Atem wie eine kleine Wattewolke vor 
dem Mund hing, wenn er sprach. 

»Gleich hinter den nächsten Bäumen fließt ein breiter Fluß. Ein 

Strom fast. Er führt Treibeis in Massen. Bis zum Ufer ist die 
Bärenfährte klar und nicht zu übersehen. Dann jedoch bricht sie ab. 
So alt ich auch geworden bin, mir ist noch kein Bär begegnet, der um 
diese Zeit des tiefsten Schlafes ins Wasser zu bringen wäre. 
Außerdem habe ich gesehen, wie er entkam, der Braunbär. Es sah 
aus wie ein Nachen, das Ding, das ihm half. Ich sage dir, Herr, mit 
dem Tode des Herzogs von Orplid hat es seine eigene Bewandtnis. 
Wir werden noch schwer daran zu beißen und zu tragen haben. »Und 
dachte niemand daran, den Nachen zu verfolgen?« So fragte König 
Artus. 

»Stellen Sie mir einen Kahn, Majestät, und ich werde nicht zögern, 

die Verfolgung aufzunehmen.« 

Roland wies seine Knappen Louis und Pierre an, den 

verunglückten Herzog wegzuschaffen. »Wickelt ihn in Decken und 
bringt ihn zwischen euren Rössern heim. Die Jagd wird sowieso 
gleich abgeblasen. Da versäumt ihr nichts.« 

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Das stimmte. Denn kaum hatte Roland den Knappen ihre Befehle 

gegeben, da blies Rifhari, einer der Leibjäger des Herzogs, seinem 
toten Herrn das letzte Halali. 

Alle nahmen die Kopfbedeckungen ab. Mit besinnlichen Mienen 

lauschten sie den Tönen. 

Louis und Pierre taten, was Roland befohlen hatte. Man hätte 

glauben können, dergleichen Verrichtungen gehörten für sie zum 
Alltag. Gewiß, Herzog Berwin von Orplid war ihnen so gut wie 
fremd. Sie hatten ihn erst von Angesicht zu Angesicht gesehen, als 
sie hierher, in dieses wildschöne Land, kamen. Orplid war für seinen 
Reichtum an Wild mannigfacher Art berühmt. Deswegen hatten sie 
sich über alle Maßen gefreut, als es hieß, sie dürften König Artus 
sowie ihren Herrn, den Ritter Roland, begleiten. Gleich nach dem 
Jahreswechsel waren sie von Camelot aufgebrochen. Herzog Berwin 
von Orplid war der Mann Herzogin Ingers, der schönen, jüngeren 
Halbschwester Königin Ginevras. Es hieß, die Schwestern hätten 
sich immer glänzend verstanden. Jedenfalls hatte Königin Ginevra 
Ingers Einladung begeistert angenommen. Auf ihr Betreiben war es 
zurückzuführen, daß König Artus spontan beschloß, einen Jagd- und 
Erholungsurlaub daraus zu machen. Davon konnte jetzt natürlich 
keine Rede mehr sein. Man würde gerade so lange bleiben, um dem 
Herzog die letzten Ehren zu erweisen. Dann kehrten sie alle 
schleunigst nach Camelot zurück. 

Die Knappen Pierre und Louis transportierten den Herzog 

zwischen ihren Pferden. Die Tiere witterten den Geruch des Todes. 
Das machte sie nervös. 

Noch hielten sie sich in Hörweite der Jagdgesellschaft  auf. 

Bestimmt führte Waidenhold jetzt den Ritter Roland und jeden 
anderen, der wollte, zum Fluß. 

»Jetzt wird große Trauer einziehen, auf der Burg. Das paßt mir gar 

nicht«, überlegte Pierre laut. 

Knappe Louis schürzte zu den Worten seines Kameraden die 

Lippen. »Wegen der orplidischen Magd, etwa?« 

Pierre widersprach so hitzig, als fühlte er sich bei etwas ertappt, 

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was nicht der Ordnung entsprach. »Sie ist keine gewöhnliche Magd, 
merk dir das!« 

Louis' geschürzte Lippen formten ein Lächeln. »Ich weiß«, sagte er 

in nachsichtigem Ton. »Ich hab' auch eine Gefährtin gewonnen auf 
der Burg von Orplid.« 

»Meine Gertruda lernt nur das Kochen auf der Burg und die 

Haushaltführung, wie es sich für Herrschaften gehört.« 

Louis nickte heftig. 
»Das Nämliche erzählt mir auch  die Meinige. Das heißt, genau 

genommen ist sie noch gar nicht die Meinige, sondern verspricht mir 
schon seit Tagen, es zu werden. Mit deiner Gertruda wird es sich 
ähnlich verhalten. Weißt du, was der erfahrene Mann unter der 
orplidischen Tour versteht, Kamerad?« 

Louis brachte es immer wieder fertig, Pierre zu verblüffen. 
»Was hat es denn damit auf sich?« 
»Sie halten dich so lange hin, bis du kaum noch weißt, wie dein 

echter Name ist. Dann schleifen sie dich zum Burgkaplan. Und wenn 
der das Aufgebot verkündet hat, dann darfst du ...« 

Louis' Rede brach ab. Weniger, weil Pierre ihm einen heftigen 

Stoß gegeben hatte, sondern viel mehr, weil da dunkle Tropfen 
immer heftiger aus der Plane drangen. 

»Moment!« 
Pierre mißverstand die Rede seines Kameraden gründlich. 
»Lenk jetzt nicht ab, Louis. Das Kapitel diskutieren wir aus, das 

verspreche ich dir. Ich glaube, du gönnst mir meine Gertruda nicht.« 

»Das wäre ja ganz was Neues«, brummte Louis. »Da schau einer 

her! Mir scheint, wir müssen umkehren, Pierre.« 

Auch Knappe Pierre hatte sich aus dem Sattel geschwungen. Er sah 

zu, wie Louis die Plane ordnete. 

»Pack mit an. Wir müssen den Herrn neu einwickeln.« 
Es ging ihnen um nichts anderes, als darum, keine Spur zu 

hinterlassen. Um den Toten neu einzuwickeln, mußten sie ihn erst 
einmal aus der Plane heben. 

Dabei sah Louis etwas in dem grausam verunstalteten Körper des 

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Herzogs blitzen. Schnell griff er zu. Hielt ein Metallding hoch. 

»Weißt du, was das ist?« Knappe Pierre gehörte nicht zu denen, 

welche besonders schnell schalten. Außerdem ging ihm die Magd 
Gertruda nicht aus dem Sinn. 

»Ein Armbrustbolzen. Das ist doch nichts Besonderes.« 
»So? Und wenn ich dir nun erkläre, daß dieser Bolzen von hinten 

das Herz des Herzogs durchbohrte?« 

»Aber den Herrn hat doch der Braunbär erschlagen«, beharrte 

Pierre auf den ihm bekannten Tatsachen. 

»Dummbart«, berichtigte Louis den Kameraden. »Vielleicht hätte 

der Herr von Orplid die Ohrfeigen des Braunbären überstanden. Den 
Bolzen im Herzen aber würde er auf keinen Fall geschafft haben. 
Das Geschoß kam aus ziemlicher Entfernung und wurde von einer 
besonders starken Armbrust abgeschossen.« 

»Was du so alles weißt«, staunte Knappe Pierre erwartungsgemäß. 
Louis deckte den in der Kälte schnell erkaltenden Körper neu zu. 

»Wir müssen zurück.« 

Den Knappen Pierre zog es verständlicherweise stärker in die Burg 

Orplid als zu der Jagdgesellschaft, welche offenbar immer noch die 
nächsten Schritte beriet. 

Ritter Roland und Waidenhold hatten sich zu dem Fluß begeben, 

den Waidenhold vorhin in seiner Meldung erwähnte. Als müsse es so 
sein, gesellte sich König Artus zu den beiden. Jede weitere Ge-
sellschaft lehnte der König ab. 

»Wenn ich Männer brauche, werde ich sie rufen. Der Klang 

meines Hifthorns reicht weit.« 

Wie zu erwarten, stimmten Waidenholds Angaben ganz genau. Der 

Schnee zeigte die Fährte des Braunbären. Daneben waren des 
Waffenmeisters eigene Fußabdrücke zu sehen. Die Spuren führten 
genau zum Flußufer. Der Strom war breit wie ein See. Auch die 
besten Jägeraugen konnten das gegenüberliegende Ufer nur 
schemenhaft erkennen. 

Wo die Bärenspuren und auch des Waffenmeisters Fährte endeten, 

war deutlich im harschigen Schnee eine mit Rost gefärbte Kerbe zu 

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erkennen. 

»Da ist ein eiserner Nachen aufgelaufen«, sagte König Artus. 

Kaum war das Wort heraus, da schwirrte etwas durch die frostige 
Luft. Das Gesirr ließ an einen besonders schnell fliegenden Vogel 
denken. Es klirrte gegen König Artus' Kettenhemd. Ein Segen, daß 
die Majestät es trug.  - Behende schwang sich König Artus vom 
Pferd. Er hob einen Armbrustbolzen aus dem Schnee. 

Nicht nur der König, auch Ritter Roland und Waidenhold waren 

getroffen worden. Doch die Rüstungen hatten gehalten. 

»Da«, rief Roland und zeigte zur nächsten Flußbiegung. Dort 

wuchs das Ufergebüsch besonders dicht. Jetzt gibt's einen Tanz, wie 
Ihr ihn noch nicht allzu häufig erlebt habt. Wehrt Euch!« 

Rasselnd fuhren drei blitzende Schwerter aus der Scheide. 

Sie hatten offenbar weiße Leinentücher über ihren gewohnten Anzug 
gezogen. Darunter aber waren sie so bunt, wie man sich 
Paradiesvögel vorstellt. 

Blau und rot waren die vorherrschenden Farben. Doch unter den 

bunten Kitteln trugen sie ohne Zweifel Kettenhemden. 
Wahrscheinlich nicht ganz so fein geschmiedet wie die Leichtpanzer 
König Artus' und seiner Begleiter, dafür aber bestimmt genauso 
wirkungsvoll. 

Sie liefen zu sechst gegen die Cameloten an. Jetzt wurde deutlich, 

daß sie auch unter ihren schreiend bunten, sechseckigen 
Zipfelmützen Helme trugen. 

Sie schrien nicht. Sie bewegten sich mit der schnellen, lautlosen 

Sicherheit geübter Jäger. Doch die Schwerter in ihren Fäusten blitzen 
gefährlich. Seltsame Waffen, diese Schwerter. Weder gerade noch 
krumm. Vom Griff her blitzähnlich gezackt. Nicht besonders lang, 
dafür aber breit. 

Der Spätwintertag verabschiedete sich früh. Der Schnee im 

Schatten der Waldtannen wurde blau. Das Eis im Fluß war in 

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Bewegung. In Ufernähe landeten die Schollen. In der Strommitte 
floß das Wasser schneller. Da prallten dicke Eisschollen 
gegeneinander. Das gab jedesmal einen so dumpfen Knall, als werde 
ein schweres Eichentor mit einem starken, widderköpfigen 
Rammbock bearbeitet. 

Die drei Cameloten hatten sich Rücken an Rücken aufgestellt. 

Keiner von ihnen besaß einen Schild. Doch sie würden es den 
Angreifern so schwer wie möglich machen. Davon kündete der 
entschlossene Ausdruck ihrer Augen. 

Jetzt waren die grellbunten Männer am Feind. Sie tuschelten 

einander etwas zu. Waidenhold ordnete diese zischende und von 
explosiven Lauten beherrschte Sprache gleich ein. »Das sind Männer 
aus der Finnmark. Wie ich schon ahnte. Paßt auf! Sie schlagen 
entweder zwei Mal oder vier Takte lang. Dann stechen sie und 
kommen dabei von unten.« 

Jetzt prallte Stahl auf Stahl. Es ergab sich von selbst, daß jeder  der 

Camelot-Männer zwei Gegner bekam. Die Männer aus der Finnmark 
griffen frontal an. Vier Schläge. Danach tauchte Ritter Rolands 
Gegner fort. Er versuchte, mit seinem seltsam geformten Schwert 
einen Stich anzubringen. Roland wich aus. Im Ausweichen aber 
schlug er denkbar kräftig zu. Er traf den Finnmarker. Da half dem 
Nordländer alle Tapferkeit nicht. Er sank stöhnend rücklings in den 
Schnee. 

Im gleichen Augenblick wurde Waidenhold beider Gegner Herr. 

Den einen traf er mit dem Schwert, den zweiten mit der Eisenspitze 
des Streitaxtstiels. Der verwundete Mann ging in die Knie und brach 
dann endgültig zusammen. Dabei schleuderte er sein Schwert wie ein 
Wurfmesser gegen Waidenhold. Doch es saß keine Wucht mehr 
hinter dem Wurf. 

Rolands zweiter Gegner war ein guter, geschickter Fechter. Immer, 

wenn der Ritter aus Camelot glaubte, unmittelbar vor dem 
entscheidenden Hieb oder Stoß zu stehen, wich der Feind wieselflink 
aus. 

Der starke Ritter aus Camelot ließ drei, vier Finten einander in 

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Serie folgen. Die Tricks kannte der Nordmarkmann offenbar nicht. 
Im Bestreben, auszuweichen und zugleich am Mann zu bleiben, trat 
er vor, zurück und seitwärts. Das sah aus, als tanze er. Plötzlich 
stolperte er. Rolands Klinge blitzte. Sie traf da, wo sie treffen sollte. 
Ächzend sank der Feind in den Schnee. 

Jetzt wandten sich Roland und Waidenhold König Artus zu. Der 

Herrscher von Camelot war an zwei starke Gegner geraten. Sie 
mochten die kleine Krone gesehen haben, welche Artus auf dem 
Lentner, dem Waffenrock, trug. Der König war  ein geübter und 
eleganter Fechter. Doch allein schon die zahlenmäßige Überlegenheit 
der Feinde und sein Alter hatte ihn in die Verteidigung gedrängt. Er 
mußte alle Aufmerksamkeit anspannen, um nicht getroffen zu 
werden. 

Da trennte Rolands Schwert den König von einem Gegner. Das 

entsprach ritterlichem Brauch. »Ein Schwert genügt als Feind.« 

König Artus kam durch die Erleichterung zu einem schnellen Sieg. 
Das Blatt hatte sich gründlich gewendet. Waren die 

Nordmarkmänner erst in der Mehrzahl gewesen, so standen sie 
nunmehr einem überlegenen Gegner gegenüber. 

Mit lautem Schrei warf Roland sein Schwert auf den Gegner. Das 

geschah aber so, daß der Mann ohne Schwierigkeit ausweichen 
konnte. In der nächsten Sekunde machte Roland einen mächtigen 
Sprung. Er landete vor dem Gegner, duckte sich, unterlief das 
sausende Schwert, packte zu und hatte seinen Mann in eisenhartem 
Griff. 

Der Nordmarker versuchte, sich zu wehren. Das gelang nicht. 

Rolands Griff war zu fest. Der Nordmarkmann fuchtelte mit seinem 
Schwert herum. Offensichtlich wollte er Roland von hinten 
erwischen. Das Vorhaben mißlang. Rolands Griff wurde immer 
härter. 

Der Nordmarkmann wurde blau im Gesicht. In höchster Not ächzte 

er. »Ich ergebe mich!« 

Ehe Roland jedoch den Mann aus seinem Griff entließ, wandte er 

sich an Waidenhold. »Nimmst du sein Schwert?« 

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Natürlich bückte sich Waidenhold. Gleich konnte der Nordmarker 

frei atmen. Doch Roland ließ ihn noch nicht endgültig los. »Wir 
werden fragen, warum sie uns angegriffen haben.« 

Frage und Antwort folgten einander. 
»Hat von euch schon jemand etwas von einem Eulenbund gehört, 

ihr Herren?« 

Einen Eulenbund oder Bund der Eulenbrüder kannte weder der 

König noch Roland. 

»Man müßte auf Burg Orplid fragen«, schlug Artus vor. 
Roland untersuchte die Gefallenen. Der Gefangene hockte im 

Schnee, bis Roland ihn packte. 

»Da ist nichts mehr zu machen. Wenn ich nur herauskriegte, 

warum sie uns angegriffen haben. Aber da stoße ich auf Granit. Er 
sagt, wir wären Feinde des Eulenbundes. Wie aber kann jemand 
Feind von etwas sein, was er gar nicht kennt?« 

König Artus und Roland betrachteten den Mann, als Waidenhold 

ihn jetzt festhielt. 

Der Gefangene wirkte verschlagen. Das mochte aber auch an dem 

fremdartigen Gesichtsschnitt, den hohen Wangenknochen und den 
schrägen Schlitzaugen liegen. Außerdem trug der Mann einen ganz 
lang herunter hängenden Oberlippenbart. Diese Zier machte ihn auch 
nicht gerade anziehender. 

Unaufhörlich sprach Waidenhold auf seinen Gefangenen ein. 

Dessen Miene wurde immer verstockter. Auf der Stirn des 
Waffenmeisters schwoll die Zornesader. »Aus dem ist nichts 
herauszubringen. Nur seinen Namen sagt er. Aiko. Am Ende ist aber 
auch der noch falsch. Verschiedenen Nordmarkern ist nicht zu 
trauen. Der scheint mir zu der Sorte zu gehören. Könnt ihr vielleicht 
ein paar Takte woanders hinschauen, liebwerte Herren und 
Freunde?« 

Waidenhold hob die Hand. Der Gefangene duckte sich. 
In diesem Moment sprengten zwei Reiter aus dem Wald und zum 

Flußufer. Louis und Pierre, die Knappen. 

Was immer Waffenmeister Waidenhold vorgehabt hatte, es wurde 

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unterbrechen und wenigstens vorerst aufgeschoben. 

»Hier!« 
Pierre tat sein Bestes, die Pferde so zu zügeln, daß der tote Herzog 

keine Gefahr lief, samt den verhüllenden Decken in den Schnee zu 
stürzen. Louis federte blitzschnell aus dem Sattel. Er hielt seinem 
Herrn den Bolzen hin. Auch König Artus sah, was Ritter Rolands 
Knappe gefunden hatte. Mit gerunzelter Stirn vernahm er die 
Meldung, welche zu dem Geschoß gehörte. 

»Der Fall nimmt eine gar unerwartete Wendung.« 
Ritter Roland stimmte den Gedanken des Königs zu. »Daher die 

Nordmarkmänner in Orplid. Jemand hat sie gedungen, um den 
Herzog zu beseitigen. Und warum der Angriff auf uns?« wollte 
Roland noch nachdenklich wissen. 

»Wir störten den Ablauf des Anschlages«, vermutete König Artus. 
»Und wie paßt der Bär in die Geschichte?« fragte Waidenhold. 
Die Frage kam Roland wie gerufen. »Die nordmarkischen Jäger 

verstehen sich auf die Kunst, Bären abzurichten. Sie bringen den 
Tieren die erstaunlichsten Dinge bei.« 

»Bringen sie ihnen am Ende auch bei, Menschen anzufallen und 

gar zu töten?« fragte Waidenhold. 

»Alles, was einem Hunde beizubringen ist, kann auch ein Bär 

erlernen«, antwortete Roland. »Vorausgesetzt, jemand gibt sich 
genug Mühe. Daran und an Geduld für dergleichen Tücken hat's den 
Männern aus der Nordmark noch nie gemangelt.« 

Urplötzlich trat Waidenhold seitwärts und gab dem Gefangenen 

einen derben Stoß. Dabei entfiel dem ein kurzes Messer mit 
auffallend breiter Klinge. 

»Denkst du.« Damit hatte Waidenhold den Nordmarker wieder 

fester im Griff. Ebenso gewandt wie geschickt, stieß er ihn in 
Richtung der Knappen. 

»Louis und Pierre.  Bindet den Kerl. Aber so, daß er sich nicht 

mehr regen kann.« Es war Rolands Befehl. 

Der Nordmarker, der vorgab  Aiko zu heißen, warf ihm einen 

mordsbösen Blick zu. Seine verkniffenen Lippen sagten etwas, was 

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ganz gewiß kein Glücks- und Segenswunsch war. Dann spuckte er 
aus und traf Waidenhold. 

»So was kann ich mir unmöglich gefallen lassen.« 
Der Waffenmeister gab dem Nordmarkmann eine derartige 

Ohrfeige, daß Aiko von den Beinen gerissen wurde. Jetzt ging das 
Temperament des Gefangenen mit ihm durch. Er schrie und tobte. 
Bis Waidenhold sagte: 

»Wir stopfen dir einen Knebel zwischen die Zähne. Das Geschrei 

ist ja unerträglich.« 

Louis und Pierre mußten all ihre Kraft aufbieten, die Androhung in 

die Tat umzusetzen. Der Gefangene wehrte sich verzweifelt. 
Schließlich aber wurde er bezwungen. Jetzt war endgültig nichts 
mehr von ihm zu hören. Doch seine zornig blitzenden Augen 
drückten seine Meinung hinlänglich aus. Wenn Blicke töten könnten, 
wären die fünf Cameloten auf der Stelle tot umgefallen. Der Mann 
aus der Nordmark wurde gebunden und gezwungen, hinter den 
Pferden her zu stolpern. 

Burg und Ort Orplid lagen ziemlich weit von dem Jagdwald 

entfernt. Zum Schluß wurde der Mann aus der Nordmark mehr 
geschleift, als er aufrecht auf seinen Füßen lief. 

Das Gros der Jagdmannschaft war, ohne auf den König zu warten, 

zur Burg geritten. Der Bau war nicht so groß wie Schloß Camelot. 
Doch er legte schon auf den ersten Blick Zeugnis von der 
Wehrhaftigkeit seiner Erbauer und Bewohner ab. Dreifach legten 
sich breite, tiefe Wassergräben um den Komplex. Dreifach schützten 
steile Wälle die Anlage. Hinter den Wällen kamen hohe Mauern mit 
abgesicherten Laufgängen auf den Mauerkronen.. Erst nach den 
Wällen begann die eigentliche Burganlage mit Hof, Burgfried, 
Ställen und Wohnhaus. Herzog Berwin von Orplid gehörte einem 
Geschlechte an, das seit vielen Generationen über ein kleines aber 
finanzgesundes Land mit arbeitsamer Bevölkerung regierte. 

Die Kunde vom Tode des Herzogs mußte der Heimführung des 

Toten vorausgeeilt sein. Jedenfalls waren die Fahnen auf Burgfried 
und den Tortürmen auf Halbmast gesetzt. 

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Als der Zug mit dem toten Herrscher  die erste Brücke passierte, 

begannen im Hof dumpf klingende Luren den Trauergruß zu blasen. 
Blakende Pechfackeln erleuchteten den Burghof. Der Dämmerung 
blaue Schatten hatten sich schon hier eingenistet. 

Herzogin Inger war auf die breite Freitreppe getreten. Schön und 

groß und ohne Regung erwartete sie ihren toten Mann. Immer noch 
bliesen die Luren. 

Wer immer die Zeremonie überwachte, er hatte alles genau 
aufeinander abgestimmt. 

Just in dem Augenblick, da Herzog Berwin an seiner Frau 

vorbeigetragen wurde, brach der Lurenruf ab. Der letzte Ton der 
Bronzehörner hing in der kalten Winterluft, als solle er gefrieren. Am 
Himmel glitzerte der erste Stern. 

Dicht hinter Inger, der schönen Herzogin, stand Königin Ginevra. 

König Artus winkte die Ritter Roland und Volker vom Hohentwiel 
zu sich. 

»Ehe mein Schwager Berwin aufgebahrt wird, sollte er genau 

untersucht werden.« 

Ritter Roland und sein Freund Volker nickten einträchtig. Der Fall 

mußte erschöpfend geklärt werden. 

»Damit wir alle genau Bescheid wissen, Majestät.« 
König Artus ging zu Königin Ginevra und zu der Schwester. 

Herzogin Inger sollte über alles informiert sein, was mit ihrem 
Manne geschah. 

Ohne einen Laut von sich zu geben,  brach die rotblonde Frau 

zusammen. Das geschah so schnell, als habe ein unsichtbarer Blitz 
sie getroffen. 

Zum Glück konnte König Artus die Schwägerin auffangen. 
»Wer hilft mir?« 
Roland und Volker vom Hohentwiel waren sofort zur Stelle. 
»Tragen wir Ihre Erlaucht, die Herzogin, in ihre Kemenate?« 

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Die verwitwete Herzogin war jünger als Königin Ginevra. Auch 

zeigte sie einen ganz anderen Gesichtsschnitt. Dennoch stand sie der 
Herrin von Camelot an Schönheit nicht nach. 

Roland zeigte nicht, daß er genau wußte,  was in dem Freund 

vorging. Er verstand Volker. Auch er empfand Herzogin Inger als 
schön. Wie sie jetzt so dalag und die langen, dichten, goldblonden 
Wimpern über den rosenfarbigen Wangen einen reizvollen Kontrast 
zu ihrer makellosen Haut bildeten, mußte  ein Mann schon einen 
Stein in der Brust haben, um von dem Anblick unberührt zu bleiben. 
Königin Ginevra zeigte den beiden Camelot-Rittern den Weg. Auch 
die Zofen und persönlichen Dienerinnen der schönen Herzogin eilten 
herbei. Über mangelnde Begleitung und Anteilnahme konnte sich 
Frau Inger wahrhaftig nicht beklagen. 

Königin Ginevra wandte sich an Roland und Volker. »Ich glaube, 

wir könnten es jetzt den Zofen überlassen, ihre Herrin zu tragen.« 

Gerade in diesem Augenblick brach ein Schrei über die Lippen  der 

Herzogin. Das hallte grauenhaft laut im Saal und in den Gängen der 
Burg wider. Roland erkannte entsetzt, wie es um Herzogin Inger 
stand. Die Frau erwartete ein Kind. 

Wahrscheinlich hatte der Zustand ihrer Schwester Königin Ginevra 

bewogen, gerade jetzt Orplid zu besuchen. 

»Laß Dienerinnen und Zofen ihre Herrin tragen.« 
Das raunte Roland seinem Freunde Volker zu. Volker vom 

Hohentwiel aber hätte um nichts in der Welt Herzogin Inger aus 
seinen Armen gelassen. Er wehrte die Frauen in einer Art ab, die 
nicht mehr als einen Versuch zuließ, ihn von seiner Last zu befreien. 

Roland blieb an der Seite seines Freundes. Für den starken Volker 

war die Herzogin so leicht wie eine Feder. Roland raunte: »Überlaß 
sie ihresgleichen, Volker. Sie kriegt ein Kind.« 

»Dann muß ich ihr erst recht helfen.« 
Volker vom Hohentwiel war nicht von seiner Meinung 

abzubringen. Er wurde höchstens eine Kleinigkeit schneller, als die 
Herzogin zum zweiten Male schrie. 

Das Herzogspaar hatte Ingers Zustand nur denen verraten, die 

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unbedingt Bescheid wissen mußten. Für Berwin gab es keine größere 
Freude, als sich auszumalen, wie es wohl wäre, wenn er mit seinem 
Sohn spielte. 

Bei ihrem dritten Schrei, bäumte Herzogin Inger sich so unsagbar 

heftig auf, daß Roland zugreifen mußte. Um ein Haar wäre die Frau 
Volkers Armen entglitten. Der Sänger schritt noch schneller aus. 

Herzogin Inger brauchte keinerlei kosmetische Mittel. Wimpern, 

Brauen, Lippen, Mund und Zähne wirkten so, wie sie von Natur aus 
waren. 

Es ging durch viele, verwinkelte Flure. Dann endlich betraten sie 

die Kemenate, darin das Bett des herzoglichen Paares stand. Der 
Raum besaß einen Kamin, darin prasselte ein Feuer aus besonders 
wohl riechenden Hölzern. Offenbar hatten sich Herzogin und Herzog 
heute hier einen gemütlichen Abend machen wollen. Eilfertig liefen 
Dienerinnen und Zofen an dem Sänger vorbei. Sie schlugen die 
Felldecken auf. Das breite Doppelbett hatte Bettücher aus reiner 
Seide. Ein kaum vorstellbarer Luxus. Die meisten der Familien, 
welche für die herzogliche Familie arbeiten mußten, schliefen damals 
noch im Stroh. 

»Bettet meine Schwester in ihrer gewohnten Umgebung.« 
Der Anweisung Königin Ginevras gehorchte der ritterliche Sänger 

sofort. Ingers Leib wurde hin und her geworfen. Roland mußte 
unwillkürlich an einen Vulkan denken, der kurz vor dem Ausbruch 
steht. 

Zofen und Dienerinnen nahmen sich ihrer Herrin an. Dabei hing 

dauernd ein hoher Ton im Raum, als weine jemand. Mägde 
schleppten Zuber, Bottiche und Kannen mit heißem Wasser herbei. 

»Und jetzt geht, meine Herren Ritter. Wir danken für eueren 

Beistand. Die Hilfe, deren meine Schwester fürderhin bedarf, können 
nur Frauen ihr geben.« 

Im Hinausgehen sah Volker noch, daß und wie Herzogin Inger von 

geschickten, flinken Zofenhänden entkleidet wurde. 

»Komm, wir besorgen uns einen Humpen Wein. Damit setzen wir 

uns an den Kamin in der Halle.« 

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Volker wehrte Rolands Vorschlag ab. »Ich werde ihr ein Lied 

schenken. Ihr und dem Kind.« 

»Mach, was du willst. Nur bleib hier nicht stehen. Du kannst ihr 

nicht helfen und machst dich höchstens lächerlich.« 

Der Herzogin setzten die Wehen zu. Ihre Schmerzensschreie 

erschallten in immer kürzeren Abständen. Dann gesellte sich hier 
und da eine Frauenstimme dazu. Das natürliche Geschehen nahm 
also seinen Fortgang. 

Plötzlich waren da noch ganz andere Geräusche in der Burg. Sie 

drangen dorther, wo der Saal lag. Menschen schrien lauthals. Hörner 
klangen. Glocken läuteten. Ritter Roland legte den Kopf schief. 

»Hast du eine Ahnung, ob Orplid mit jemandem in Fehde liegt?« 
»Es herrscht tiefster Friede.« 
Roland ergriff den Arm des Freundes. 
»Laß uns nachsehen, was es gibt.« 
»Da steht kein Feind vor der Burg.« 
Obschon er fest an seine Behauptung glaubte, folgte Sänger Volker 

dem Freund. Je näher sie der Halle kamen, desto deutlicher wurde 
ein eindeutiger Brandgeruch. War da ein Küchenjunge wieder einmal 
zu sorglos mit Feuer oder Licht umgegangen? 

Die Freunde aus Camelot kamen nicht bis zum großen Saal durch. 

König Artus hielt sie an. Er stand wie ein einfacher Kriegsknecht in 
der Menschenkette, welche Eimer auf Eimer zur Halle schaffte. Der 
Rempter brannte lichterloh. 

»Bleibt hier.« 
Roland hatte Einwände. 
»Und der Gefangene?« 
»Um den kümmert sich Waidenhold.« 
Das Feuer war aus unerkennbaren Gründen ausgebrochen. Es glich 

einer Naturkatastrophe. Die meisten Räume der Burg waren mit Holz 
getäfelt. Das sah schön aus und wärmte, doch bei Brandgefahr 
erhöhte es die Gefahren. 

Das Feuer mußte an vier, fünf Stellen zugleich ausgebrochen sein. 

Da waren Brandstifter am Werk gewesen! Während Roland dieser 

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Gedanke durch den Kopf schoß, rannte Waidenhold in höchster 
Aufregung herbei. 

»Seht her!« 
Der Waffenmeister zeigte zwei besonders fette Ratten vor. 
»Die hingen in den Ketten, welche ich selber vor noch nicht ganz 

zwei Stunden Aiko, dem Mann aus der Nordmark, angelegt habe.« 

Roland und die neben ihm stehenden Volker und König Artus, 

ließen zwar die Wassereimer nicht fallen, welche gerade 
vorbeiwanderten, doch es flammte in ihren Augen. 

»Er ist geflohen?« 
Das stellten die drei Männer wie aus einem Munde fest. 

Waidenhold nickte. »Ja. Das paßt alles haargenau zusammen. Der 
Anschlag auf den Herzog, der Überfall auf uns. Jetzt das Feuer und 
die Flucht des tückischen Nordmannes.« 

Der Waffenmeister hatte recht. Irgend jemand, den kein Mensch 

kannte, zog im Dunklen die Fäden dieses unheilvollen Ränkespiels. 

König Artus bekam schmale Lippen. 
»Wer das zu verantworten hat, muß dafür bezahlen.« 

Was die Burg an Mannschaft und arbeitsfähigen Leuten aufzubieten 
hatte, war bis zur Erschöpfung mit Löscharbeiten beschäftigt. Der 
Einsatz war gut gemeint, aber er genügte leider nicht. Obschon die 
Löscheimer immer schneller an die Brandherde kamen und ihr 
Wasser in die lodernden Flammen spuckten, die Flammen griffen 
immer weiter um sich. 

Der Burgmeister schickte seine Männer aus. 
»Holt alles aus Orplid her, was Beine hat, und das schnell.« 
»Jawohl.« 
Die Menschen aus dem Dorf kamen gehorsam. Doch auch jetzt 

reichte die Zahl der Brandbekämpfer nicht aus. Immer weiter wurden 
sie von den gierig das Tafelholz fressenden Flammen 
zurückgedrängt. Gar bald mußten sie fürchten, die lodernden 

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Feuerzungen hätten sie eingekreist. 

König Artus erkannte die Gefahr zuerst. »Alles zurück.  Der Brand 

schneidet uns den Weg aus der Burg ab.« 

Das stimmte nur zu sehr. Doch der Burgmeister widersprach 

heftig. 

»Wir können die Burg doch nicht aufgeben, Mann.« 
Als er erkannte, wen er da angesprochen hatte, wurde er 

respektvoll. 

»Halten zu Gnaden, Majestät, aber wir müssen unsere gute, feste 

Burg Orplid retten.« 

Ritter Roland fand, schlimmer und erbarmungsloser hätte das 

Schicksal nicht zuschlagen können. Arme Herzogin. Armes Kind. 

»Zurück!« befahl der König. 
Während sie wichen, bereiteten sie dem vorrückenden Feuer 

immer wieder neu ein hemmendes Bad. Das half, wenn auch nur für 
Minuten. 

Es war, als krieche der Brand auf den Steinen unter der Täfelung 

weiter. 

Ritter Volker brach nicht aus der Kette der Wasserträger. Doch er 

sprach König Artus an. 

»Wäre es nicht an der Zeit, Majestät, die Damen aus der Burg zu 

bringen?« 

»Richtig. Das machst am besten du mit Roland.« 
Ritter Roland hielt nach seinem Waffenmeister Ausschau. 
»Er hat doch vorhin erst hier gestanden.« 
Artus lachte. 
»Der ist längst auf der Spur des Nordmarkers, und das ist gut so. 

Auf denn, meine Herren, bringt mir die Damen in Sicherheit.« 

Herzogin Inger hatte einen gesunden, kräftigen Knaben zur Welt 
gebracht. In typischer Weibermanier mutmaßten Dienerinnen und 
Zofen, wem wohl der Junge ähnlich sah. 

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»Ganz der Vater!« 
»Davon hat er höchstens die Statur.« 
»Das Gesicht hat ihm die schöne Mama vererbt.« 
In der Kemenate hatte man vom ausgebrochenen Brand und der 

damit verbundenen Aufregung noch so gut  wie nichts gemerkt. 
Einem heftigen Windstoß ähnlich brachen die Ritter in den 
Kindbettfrieden. 

Ermattet lag die Herzogin in den Kissen und unter der Fülle ihrer 

Bettpelze. Sie sah zauberhaft aus. Ihr weizenblondes Haar umstand 
einem Heiligenschein ähnlich ihr zartes, nobles Gesicht. 

»Draußen rufen sie Feurio, meine Damen. Wir sind gehalten, Sie 

alle aus der Burg zu bringen.« 

Herzogin Inger erklärte, unter allen Umständen in ihrer Kemenate 

und im Bett bleiben zu wollen. Königin Ginevra kam zu Roland. 
»Steht es so, daß wir ernsthaft an Auszug denken müssen?« 

»Ja, meine Königin.« 
Die Königin kannte Roland genau. Sie wußte, daß er niemals 

übertrieb. Leichtfüßig ging sie zum Bett ihrer Schwester. Sie beugte 
sich zu Inger nieder. 

»Du, es muß zum Besten deines Söhnchen sein, daß ihr mitgeht, 

ihr zwei, wenn die Herren uns aus der Burg schaffen.« 

Die Herzogin lächelte ihrer Schwester voll Vertrauen zu. »Es soll 

alles geschehen, was du für richtig hältst, Ginevra. Du warst immer 
schon die Klügere von uns beiden.« 

Das sagte sie so, als stelle sie die einfachste und natürlichste Sache 

der Welt dar. 

»Erlaube unserem Ritter Volker vom Hohentwiel, dich zu tragen. 

Ritter Roland, unser wohl stärkster Degen, wird die Wiege mit 
deinem Sohn transportieren.« 

Die Wiege. Sie zeigte am Kopfende eine Herzogskrone. Darunter 

das Wappen derer von Orplid. Der Säugling ruhte unter einem kleine 
Gebirge wärmender Decken und Kissen. 

Roland hatte sich der Wiege bemächtigt. Er trug sie, als sei das die 

leichteste Sache der Welt. Königin Ginevra sah den besorgten 

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Ausdruck in den Augen ihrer Schwester. Sie streichelte ihr das 
schöne Blondhaar. 

»Bei Roland ist der kleine Berwin in den besten Händen. Er soll 

doch Berwin heißen, unser liebes Patenkind, oder?« 

»Wollt ihr denn Gevatter stehen, dein König Artus und du, 

Schwester?« 

Königin Ginevra lächelte fein. »Sofern du niemanden hast, dem du 

die Patenschaft lieber überträgst als uns, ja.« 

Volker vom Hohentwiel bekam das aufgeladen, was er am liebsten 

trug. Die junge Mutter und  Herzogin. Ihre Zofen hatten sie 
gewaschen und hergerichtet. 

Sie sah wieder frisch aus und strahlend schön. Sie lächelte Volker 

ausgesprochen freundlich an. Der Ritter vom Hohentwiel errötete bis 
unter die Haarwurzeln. Roland sah, daß Herzogin Inger sich einen 
leichten Backenstreich verabfolgte. Er verstand, was dieses Zeichen 
der Strenge gegen sich selbst zu bedeuten hatte. 

Die Brandbekämpfer mußten derweil eine Doppelkette bilden. 

Sonst wäre es unmöglich gewesen, die Damen aus der brennenden 
Burg zu bringen. Brennende Burg? 

Ritter Roland gestand sich ein, daß schon ein Wunder geschehen 

müßte, die Burganlage von Orplid zu retten. Die goldenen Flammen 
ließen an äußerst bewegliche, gierige Tiere denken. Ihr zuckender 
Feuerbiß setzte hier knisterndes Holz in Brand und sprang dort vom 
Täfelungsholz auf Möbel oder Dekorationsstoffe über. 

Roland beschleunigte den Schritt. Bei der Brandbekämpfung fehlte 

jeder Mann. Volker und er mußten so schnell wie möglich an die 
Löscharbeiten zurück. 

Sie brachten die Herzogin und Königin Ginevra samt ihren 

Dienerinnen und Mägden in der strohgedeckten Mühle unter. Deren 
Räder standen jetzt still. Der Müller mit seinen Knechten war beim 
Löschen. Die Mühle würde voraussichtlich vom Feuer verschont 
bleiben. Der Wind trieb den Funkenflug von der brennenden Burg in 
die entgegengesetzte Richtung. Das Feuer hatte inzwischen den 
gesamten Baukomplex erfaßt. Es sah so aus, als läge Burg Orplid 

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unter einer Glocke aus gleißender Helligkeit und sprühenden 
Sternschnuppen, die immer wieder himmelwärts schössen. 

Was hatte dieser bemerkenswerte Tag der Herzogin von Orplid 

alles gebracht? Der Mann war verloren, sie hatte den Erben des 
Herzogtums geboren. Und jetzt sank auch noch die Burg in Rauch, 
Schutt und Trümmer. Allein jetzt zeigte sich, wie sehr Herzogin 
Inger an Seelenstärke ihrer Schwester, Königin Ginevra glich. Sie 
war bereits wieder in der Lage, Entschlüsse zu fassen. 

Sie wehrte sich energisch dagegen, ins Wohnhaus der Mühle 

gebracht zu werden. 

»Mein Unglück soll nicht der Anlaß sein, andere gleichfalls ins 

Unglück zu treiben. Der Müller ist ein braver Mann. Bis die Burg 
aufgebaut ist, nehme ich im Diensthaus der Mahlknechte Quartier. 
Das Mühlengesinde mag sich in den Stockwerken über den 
Mahlwerken einrichten. Sagt dem Müller, daß ich für die Unterkunft 
bezahle, wie es ordentlichem Brauch entspricht.« 

Auch Königin Ginevra hatte offenbar das Bedürfnis, der Schwester 

etwas Tröstliches zu sagen. 

»Beim Wiederaufbau werden wir, mein Artus und ich, dir nach 

Kräften helfen, Inger.« 

Es geschah alles, wie die Herzogin wollte. Das Diensthaus der 

Mühlenknechte erwies sich aber als eng. Die Zofen, Dienerinnen und 
Mägde mußten tüchtig zusammenrücken, doch es würde eine Weile 
gehen. 

Noch erfaßte niemand aus dem Kreis der Frauen den ganzen 

Umfang der Katastrophe. Sie gingen davon aus, daß der Brand ja 
gleich von Anfang an bekämpft worden war. Also glaubten sie, ein 
Burgflügel oder- deren mehr noch, würde wohl vor den Flammen 
gerettet werden. Welch grausamer Irrtun. 

Die Burg Orplid brannte bis auf die Grundmauern nieder. Die 

Flammen wüteten so schaurig wild, daß nicht einmal Herzog 
Berwins sterbliche Überreste aus dem lodernden Feuermeer gerettet 
werden konnten. Die Burg der Väter wurde für den toten Herzog 
zum Scheiterhaufen. Wie seine Vorfahren in grauer Zeit verbrannte 

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er. Damals waren die gefallenen oder gestorbenen Helden an den 
Mast ihres Drachenbootes, ihrer »Knorr«, gebunden worden. Mit 
Schwert, Helm und Brünne saßen Sie da in voller Rüstung. Die 
besten Freunde zündeten das Boot an. Meist wurde gewartet, bis der 
Südwind blies. Es galt als ein gutes Vorzeichen für eine Bestattung 
auf hoher See, wenn das Drachenboot nach Norden trieb. Irgendwie 
mußte diese Form der Beisetzung mit dem Walten höherer Mächte 
verbunden sein. Denn nie wurden die verkohlten Reste einer solchen 
»Knorr« gefunden. 

Rauchgeschwärzt stießen Roland und Volker zu König Artus und 

ihren Knappen Louis und Pierre inmitten der Löschmannschaften. 
Längst hatten die Männer erkannt, daß Burg Orplid verloren war. 
Doch sie gaben nicht auf. Immer wieder versuchten Wassergüsse, 
den Triumph der Flammen zu vereiteln. 

Die Frauen waren in den Nebengebäuden der Burgmühle gut 

untergebracht. Wo Roland, Ritter Volker und sogar König Artus in 
dieser Nacht ihre müden Glieder ausstrecken würden, wußte 
niemand. Waidenhold verfolgte eine Spur, die des geflohenen 
Gefangenen. 

Die Löschmannschaften von Orplid blieben tätig, bis der nächste 

Morgen graute. 

Waidenhold war in aller Eile aus Orplid aufgebrochen. Lange sah 

er hinter sich den Widerschein  des Brandes, der den Himmel rötete. 
Einige Male war er drauf und dran, umzukehren. Dann aber 
entschied er sich dafür, den einmal eingeschlagenen Weg zu Ende zu 
gehen. 

»Orplid und auch dem Willen unseres Königs ist mehr gedient, 

wenn ich die Täter bringe.« 

Längst war dem Waffenmeister klar, daß Aiko aus der Nordmark 

nicht allein geflohen war. Sein Begleiter mußte noch raffinierter sein, 
als Aiko selber.  - Waidenhold gönnte sich keine Rast. Die 
Flüchtlinge, auf deren Spur er hing, hielten es genauso. Sie 
benahmen sich, als wüßten sie, daß sie verfolgt wurden. Doch 
langsam aber stetig holte Waidenhold auf. 

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Er saß auf seinem Pferd, einem derbstämmigen Schlachtroß 

Brabanter Zucht. Daneben führte er ein Saumpferd am Zügel. Das 
Tier  war hoch bepackt. Jetzt standen sie vor dem zugefrorenen 
Flußlauf. 

Die Pferde wollten anfänglich nicht aufs Eis. Doch Waidenhold 

schaffte es mit viel Zureden, daß sie ihm mißtrauisch schnaubend 
folgten. 

Der Strom brachte unter dem Eis gar unheimliche Geräusche 

zustande. Immer wieder scheuten die Pferde. Doch sobald der 
Brabanter die Hufe bewegte, folgte auch das Saumpferd dem 
Beispiel. Waidenhold wischte sich den Schweiß von der Stirn, als 
nach endlos langer Zeit das dröhnende Mahlen, Schieben, Rumpeln 
und Knurren unter dem Eis plötzlich aufhörte. Sie hatten Glück 
gehabt und die Stelle erwischt, wo an einer Flußbiegung sich das Eis 
staute und eine Brücke von Ufer zu Ufer baute. 

Waidenhold verlor Zeit. Die Spur der Flüchtigen war nicht mehr zu 

sehen. Der Mond hatte sich hinter bleidunklem Gewölk verkrochen. 
Wind kam auf. Zu allem Überfluß begann es zu schneien. Morgen 
früh würde auch ein so geübter Mann wie Waidenhold die Fährte 
nicht mehr aufnehmen können. 

Immer wieder versuchte der Waffenmeister sein Glück. Ohne 

Erfolg. Gerade musterte er das Ufer. Ob sie bei den Klippen etwa 
untergezogen waren und auf ihn lauerten? 

Ihm kam es so vor, als blitzte in ziemlicher Entfernung Licht. Ob 

da irgendwo in der Einsamkeit Fischer wohnten? 

Der Gedanke war noch nicht zu Ende gedacht, da stürmte etwas 

heran, als sei es aus den Wolken gefallen. Es stand auf vier starken 
Beinen, lief leicht schräg und bewegte sich so flink, wie man es den 
Wieseln nachsagt. 

Die Pferde wieherten in höchster Angst. Das Etwas brummte. 

Waidenhold begriff die Situation. Blitzschnell glitt er aus dem Sattel. 
Zugleich verknotete er den Zügel des Saumpferdes mit dem 
Zaumzeug des Brabanters. Dann klatschte er mit flacher Hand auf 
den breiten Rücken des Kriegspferdes. 

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»Bring dich in Sicherheit aber renn nicht so weit weg, daß ich dich 

nicht mehr finde.« 

Das brummende Etwas hatte Waidenhold erreicht. Es richtete sich 

auf und war ein übermannshoher, schrankbreiter, äußerst gereizter 
brauner Bär. 

»Hör zu«, sagte Waidenhold und sprach zu dem Tier wie  zu einem 

Menschen. »Ich will dir nichts Böses. Vor allem habe ich deinen 
Winterschlaf nicht gestört. Sei vernünftig und laß mich meiner Wege 
ziehen.« 

Die Pferde waren in höchster Gangart dem Schauplatz allen 

weiteren Geschehens enteilt. Der Braunbär aber erstrebte ungeachtet 
der Mahnworte des Waffenmeisters nichts so sehr, wie Waidenhold 
an die Haut zu kommen. 

»Schade«, sagte der Waffenmeister. Er machte einen Ausfall mit 

dem Schwert. Dabei gelang ihm ein Sonntagstreffer. Er drückte im 
Stoß die Pranken des Bären zur Seite und fand das Herz des Tieres. 
Waidenholds Schwert tauchte bis zum Heft ein. 

Waidenhold hatte sich nicht flink genug zurückgezogen. Der 

Braunbär bekam ihn zu packen. Er umschloß den Waffenmeister mit 
beiden Pranken. Gegen die vitale  Kraft dieser Umarmung half keine 
Menschenstärke. 

»Schade«, dachte Waidenhold. Die Sinne schwanden ihm. »Daß 

Bären mein Schicksal sind, ist mir nicht neu. Daß mich ein weißer 
Bär meiner nordischen Heimat eines Tages auslöschen würde, damit 
habe ich gerechnet. Daß ein brauner Bär aus dem fremden Orplid den 
Schlußpunkt hinter mein Leben setzt, scheint mir neu. Adieu, 
Roland. Ich wünsch dir alles Glück der Welt.« 

Waidenhold wurde schwarz vor Augen Das Ende war da. Es 

bestand aus Schmerzen, krachenden Knochen und dröhnendem 
Gebrüll. 

24 Stunden nach dem großen Brand, schwelte die Asche immer 

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noch. 

Von der Burg Orplid standen nur noch die Umfassungs- und die 

Grundmauern. 

Wie alle anderen Männer auch, so hatten die Knappen Louis und 

Pierre unentwegt geschuftet. Trotz allen Mutes und ungeachtet der 
Mühe, war wenig aus der brennenden Burg gerettet worden. Doch 
hatte das Riesenfeuer keine Menschenleben gekostet. 

Gemessen an der Unterbringung der Ritter Roland und Volker vom 

Hohentwiel änderte sich für die Knappen so gut wie nichts. Sie 
hatten eine Zeitlang in der gleichen Kammer gewohnt. Hier in Orplid 
aber schienen Eintracht und Friede gefährdet. 

Kam da doch Knappe Pierre am Mittag nach dem Brand mit einem 

gar seltsamen Ansinnen heraus. 

»Was muß ich dir geben oder sagen, damit du mich heute nacht 

allein in der Unterkunft läßt?« So fragte Pierre. 

Louis musterte den dicklichen Kameraden, als halte er Pierre für 

ungewaschen, weil er ihn riechen konnte. Er rümpfte unübersehbar 
die Nase. »Kriegst du etwa weiblichen ... ich meine Damenbesuch?« 

»Ja.« 
Es stellte sich umgehend heraus, daß Louis ähnliche Sorgen und 

auch ein ähnliches Anliegen hatte. Er spielte mit einem Golddukaten. 

»Die feine Münze könnte glatt ohne viel Umstände in deinen 

Geldbeutel wandern, wenn du die kommende Nacht irgendwo im 
Stroh verbrächtest.« 

Entrüstet blies Pierre die Backen auf. 
»Soll ich etwa neben Samum und unseren Pferden in die Stallstreu 

kriechen?« 

Louis schlug dem Kameraden auf die Schulter. »Nun tu doch bloß 

nicht so, als hätte so was noch nie stattgefunden. Bei Samum kannst 
du weder Flöhe noch Läuse, noch sonstwas fangen.« Knappe Pierre 
war zu keinem Entgegenkommen bereit. »Wenn du mir meine ... 
kleine Entspannung verdirbst, komme ich dir auch nicht entgegen. 
Gleiches Recht für alle. Ich bin genausogut Knappe unseres Herrn 
wie du.« 

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Louis' Augen leuchteten. »Hör zu! Warum halten wir es heute 

nicht genauso wie schon das eine und andere Mal zuvor?« 

»Du meinst, wir sollten ... du da, ich da ... jeder in seinem Bett die 

Damen ... Damit darf ich meiner Gertruda nicht kommen, Louis.« 

»Hast du sie denn schon gefragt?« 
Es stellte sich heraus, daß Gertruda, die Erkorene Pierres und 

Binutis, der Orplidische Wunsch des Knappen Louis, einander 
kannten. Gertruda und Binutis hätten Schwestern sein können, so 
sehr glichen sie sich. Sie waren schlank, ohne mager zu sein, hatten 
respektable Oberweiten und stramme, lange Beine unter beweglich 
breiten Hüften. Die Hinterteile waren so beschaffen und prall, daß 
die Männer häufig  in die Versuchung gerieten, darauf zu klatschen 
oder in die Prachtpopos zu kneifen. 

Die Mägde kicherten. Sie versteckten die errötenden Gesichter 

hinter den Händen. 

»Wenn du offiziell mein Bräutigam bist, laß ich über so etwas mit 

mir verhandeln.« So Gertruda. 

Ähnlich äußerte sich wohl auch Binutis. Die Verabredung war 

schnell unter Dach und Fach. 

»Nach dem Abendläuten?« 
»Ja. Beschafft einen Krug Wein. Wir bringen Braten aus der 

Küche mit.« 

Die Mägde verabschiedeten sich von ihren Knappen mit einem 

Kuß. Dabei versäumte trotz des hellen Tages weder Louis noch 
Pierre, sich via Hand einen kleinen Vorschuß auf die Seligkeit der 
kommenden Nacht zu verschaffen. Die Mägde sprangen lachend 
davon. Beide waren jung und ansprechend temperamentvoll. Die 
Erfahrenere,  die etwas ältere Gertruda, neigte sich kichernd Binutis 
zu. Sie eilten zur Küche. 

Louis und Pierre sahen den Mädchen nach. Der Anblick der 

wehenden Röcke und der wippenden Blusen weckte die Vorfreude 
auf die Nacht noch eine Kleinigkeit mehr, als das der direkte Kontakt 
vorhin schon getan hatte. 

Der Tag ging ihnen viel zu langsam dahin. Das Warten und die 

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Ungeduld wurden gewürzt, indem Ritter Roland die Knappen zu 
einem Streifzug rief. »Wir müssen herausfinden, wo Waidenhold 
geblieben ist.« 

Pierre maulte verstohlen. »Muß das sein nach so einer Plackerei, 

wie das Löschen gewesen ist? Kann der alte Eigenbrödler nicht für 
sich allein sorgen?« 

Auch Louis war durchaus und im Grundsatz der Meinung, es wäre 

jetzt schöner, irgendwo auf warmem Stroh zu liegen und zu  träumen. 
Doch er gab nicht nach. »Tritt deinen inneren Schweinehund in den 
Hintern, Pierre. Dienst ist Dienst, und das sieht bei uns so aus, daß 
wir eben unseren Herrn zu begleiten haben. Schnaps ist Schnaps und 
der wird uns heute, wenn wir die Tagespirsch und das Abendbrot 
hinter uns haben, von den bewußten Weiblichkeiten serviert. Komm, 
sei kein Frosch und tu deine Pflicht.« 

»Tu ich das nicht immer?« Pierre machte die Pferde zurecht. Dabei 

ging er ein wenig ungeschickt zu Werke. Samum revanchierte sich 
für zu stramm angezogenes Riemenzeug auf der Stelle durch einen 
kneifenden Biß in Pierres Allerwertesten. Dazu wieherte der Hengst, 
als lache er lauthals. 

Volker vom Hohentwiel blieb in Orplid und in der Nähe der 

Herzogin Inger, die jetzt Wöchnerin war. Roland trabte mit den 
Knappen in den verschneiten Wald. Der Winter spielte seine Kälte 
voll aus. Der Schnee knirschte unter den Stollenhufen der Pferde. 

Bis zum Fluß zu gelangen, war es noch leicht. 
Von da an jedoch wurde es nicht nur schwerer, sondern 

glatterdings unmöglich, eine Spur auszumachen. 

Ritter Roland hatte darauf bestanden, drei der besten Jagdrüden 

mitzunehmen. Die schweren Hunde waren auch zu gebrauchen, 
wenn es zum Kampf Mann gegen Mann kam. 

Der Frost hatte den Fluß bis weit über die Strommitte hinaus zu 

festem Eis gemacht. Schollen waren übereinander geschoben worden 
und dann nahtlos gefroren. Der breite Strom sah jetzt aus wie eine 
chaotische Landschaft, in welcher nur Eisriesen mit wirklichem 
Genuß zu leben vermögen. Das Wasser strudelte nur noch in einer 

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Rinne von gut zwanzig Klaftern Durchmesser dahin. Die Weite 
vermochte kein Mensch zu überspringen. Die Pferde wären sofort 
untergegangen, hätte man sie in den Fluß gezwungen. Die Hunde 
rannten aufgeregt bellend hin und her. 

Das jenseitige Ufer war nur zu ahnen. Ritter Roland legte die 

Hände wie eine aufgebrochene Muschel vor die Lippen. 

»Hojohojotoho«, schallte der Jagdruf der Camelot-Mannschaft 

über Fluß und Land. 

Sie horchten der mächtigen Stimme nach. Drüben, am jenseitigen 

Ufer, hinter den Vorhängen aus grauem Dunst, mußten Felsen liegen. 
Denn das Echo beantwortete den Ruf. Sonst jedoch kam nichts. 

Roland wandte sein Pferd. 
»Wir reiten heim.« 
Selten hatten die Knappen einen Befehl gehört, der ihnen mehr 

gefiel. Sogar die rauhpelzigen Jagdhunde sahen irgendwie erleichtert 
aus. 

»Vertrauen wir auf das gute Glück und darauf, daß Waidenhold 

bald zurückkehrt.« 

Wieder begann es zu schneien. Nicht nur über dem Strom und den 

Wäldern drum herum, sondern auch da, wo Waffenmeister 
Waidenhold lag. 

Es war ein Bett, worin er aufwachte. Die bunt karierten Vorhänge 

schenkten den kleinen Fenstern eine gewisse Gemütlichkeit. 
Pelzwerk und Daunenkissen machten das Bettzeug aus. Vor dem 
Bett stand ein Schemel. In der Mitte des Raumes lud ein Wagentisch 
auf breiten Eichenholzstempeln zum Platznehmen ein. Das Zimmer 
war ziemlich groß. 

Waidenhold brauchte lange, bis er zu sich kam, bis er begriff, daß 

er zwar in fremder Umgebung, aber nicht allein war. 

Allmählich erinnerte er sich. Sein Aufbruch von Orplid. Die 

Fährte. Der vereiste Strom. Der angreifende Bär. 

Hatte er laut gesprochen? Jedenfalls bekam er Antwort. Eine 

wohlklingende, warmherzige Frauenstimme ging auf seine Gedanken 
ein. 

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»Den Bären haben meine Leute im Hof auf die Fleischleiter 

gespannt. Ein Wunder, daß er dich nicht erschlagen hatte. So starke 
Bären sind rar bei uns. Dein Schwert hat genau sein Herz durchbohrt. 
Auch Männer, die so treffen, sind selten. Solche, die eine 
Bärenumarmung von der Art überstehen,  trifft man noch seltener.« 
Waidenhold wollte sich aufrichten. Es gab viel zu fragen und viel zu 
klären. Doch ein stechender Schmerz im Kopf hielt ihn von weiteren 
Versuchen, sich hochzuziehen, ab. Außerdem schmerzten Rippen 
und Schultern. 

Jetzt sah Waidenhold die Frau ganz deutlich. Sie hatte ein 

breitflächiges, aber klares Gesicht mit großen, blauen Augen und 
weizenblonden Haaren darüber. Die Haare trug sie offen. 

»Wahrscheinlich willst du jetzt wissen, wie du hierher kommst. 

Meine Männer haben dich gefunden. Ich ließ dich herbringen. Ich 
bin Dalinde, die Frau des Fischmeisters Radbod. Ich habe dich 
ausgezogen. Dein Zeug war patschnaß vom Geifer des Bären.« 

Waidenhold war dieser Umstand peinlich. 

Unschlüssig kehrten Roland und seine Knappen wieder zum Strom 
zurück. Hier, mitten auf dem vereisten Fluß, waren Waidenholds 
letzte Spuren zu erkennen gewesen. Hierhin mußten sie immer 
wieder zurück, wollten sie das Knäuel entwirren. 

Bis zum Beginn der Dämmerung hatten sie in immer anderen 

Kreisen das Gelände durchstöbert. 

Dann polterte plötzlich dumpfer Hufschlag aus dem Dunst. Das 

Geräusch wurde schnell zu zwei Schatten. Die Schatten entwickelten 
sich zu Pferden. Die drei aus Camelot erkannten die Tiere sofort. 

»Waidenholds Brabanter.« 
»Und sein Saumroß!« 
»Da wird auch der Waffenmeister selber nicht allzu weit sein«, 

stellte Roland fest. 

»Hoffentlich!« 

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Die Flanken der Tiere zitterten verhalten. Sie suchten sichtlich die 

Nähe der Menschen. Irgend etwas mußte sie ängstigen. Bevor einer 
der drei Cameloten zu einer Äußerung kam, hechelte es schon aus 
dem grauen Dunst. Der Fall wurde klar. Wölfe schnürten heran. Sie 
glaubten offenbar, das Schicksal habe die von ihnen gejagten zwei 
Pferde auf wundersame Weise und allein zu ihrem Vorteil vermehrt. 

Daß sie einem grausamen Irrtum erlagen, wurde ihnen nicht mehr 

bewußt. 

Denn Ritter Roland und seine Begleiter zogen die schweren 

Jagddolche nicht aus Spielerei. Die Wölfe griffen an. Laut heulend, 
wie es ihre Art ist. Sie verloren gleich über ein Dutzend Tiere aus 
dem Rudel. Was die Hiebdolche nicht schafften, das erlag den Hufen 
der Pferde. Samum sowie die Reittiere der Knappen waren mit gutem 
Beispiel vorangegangen. In diesem Falle hieß das, sie wendeten den 
angreifenden Wölfen ihre Hinterteile zu. Sobald die grauen Vielfraße 
in Schlagnähe gerieten, keilten sie aus. Sie trafen bei der Vielzahl der 
Angreifer immer. Der schwere Brabanter sowie das Saumpferd 
folgten ganz ohne Aufforderung dem Beispiel. Und für jeden, der 
Wölfe nicht mochte, war es eine reine Freude, zu sehen, wie des 
Brabanters breite Hufe tätig wurden und welchen Erfolg sie hatten. 

Die Wölfe zogen sich jaulend zurück. Doch sie sammelten zu 

neuem Angriff. Der Hunger ließ sie alle Gefahr vergessen. Der 
zweite Sturm wurde genauso abgeschlagen wie die  erste Attacke. 
Nach dem dritten Angriff blieben nur so wenige Wölfe übrig, daß der 
Rest der Tiere die Ruten zwischen die Hinterbeine klemmte und 
schleunigst das Weite suchte. 

Louis und Pierre begannen, die erlegten Wölfe abzupelzen. 

Waidenholds Saumpferd kam ihnen sehr gelegen. Es konnte die Felle 
nach Orplid schleppen. 

Sie waren dabei, die letzten Felle zu verschnüren, da pfiff es an 

Pierres Ohren vorbei. Zwei Pfeile, kurz, aber mit langen, scharfen 
Spitzen, steckten im Schnee. 

Die Richtung, aus welcher die Geschosse gekommen waren, ließ 

sich schnell feststellen. Ritter Roland reagierte sofort. Er marschierte 

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dorthin, von wo vermutlich die Pfeile gekommen waren. Knappe 
Louis nahm seinen Bogen zur Hand. Er legte einen Pfeil auf die 
Sehne. 

Das Tageslicht ließ mehr und mehr nach. 
Langsam setzte Schneefall ein. Lautlos segelten die Flocken aus 

den Tiefen des Himmels. 

Ritter Roland war darauf eingestellt, einen Pfeil des gut getarnten 

und mit Sicherheit heimtückischen Bogenschützen zu kassieren. 
Allein, nichts geschah. 

Knappe Louis folgte sichernd seinem Herrn. Knappe Pierre blieb 

bei den Pferden zurück. Er hielt die Tiere am Zügel. Unaufhörlich 
sprach er auf Samum ein. Dessen Stimmung war wichtig. Die 
restlichen Pferde richteten ihr Verhalten stets nach Samums 
Benehmen. Das war immer und überall so. 

Knappe Pierre musterte aus schmalen Augen den Waldrand. Die 

Gefahr kam dorther. Das war ihm klar. 

Zunächst geschah nichts. Gleich würden Roland und sein Schatten 

Louis den Wald erreicht haben. Knappe Louis wunderte sich, was 
sein Herr machte. Roland hatte die Andeutung von Holzrauch in die 
Nase bekommen. Als Köhlerssohn besaß er für so etwas eine 
besonders feine Nase. Die rettete ihm das Leben. Ihm und 
wahrscheinlich auch den beiden Knappen. 

Der Ritter aus  Camelot griff einfach in den Schnee. Er wurde 

tatsächlich fündig. Ein zwar krummbeiniger aber ausgewachsener 
Mann zappelte in Rolands Griff, als er sich aufrichtete. Der Kerl hielt 
Pfeil und Bogen noch in der Faust, als er so unerwartet aus dem 
Versteck gezerrt wurde. 

Jetzt ließ er die lautlose Schußwaffe fallen. Er wollte an die Dolche 

kommen, die er rechts und links im breiten Gürtel trug. Am Anzug 
des Attentäters herrschten die Farben rot und blau vor. Genau wie bei 
Aiko, dem Flüchtling aus der Burg Orplid. 

Hatte der Zufall sie etwa das Versteck des Nordmarkers und seiner 

Freunde finden lassen? 

Knappe Louis mochte wohl glauben, vier Augen sähen mehr als 

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zwei, und vier Fäuste seien für reichere Beute gut. Flink tauchte 
Louis in den Schnee. Nicht nur das. Er war für drei, vier Atemzüge 
verschwunden. Unter dem Schnee entstand ein Höllenlärm. Eine 
keifende Stimme meckerte irgendwelche Proteste. Louis fluchte 
dagegen. Mit kräftigsten Ausdrücken. Dann kam der Knappe wieder 
zum Vorschein. Er hielt einen weiteren Zappelmann im Griff. Ganz 
offensichtlich gehörte auch der zu den Landsleuten des geflohenen 
Aiko. »Ich hoffe, wir bringen ihn zum Reden.« 

»Ich hätte es nie für möglich gehalten, daß sich jemand in der 

Winterkälte so gemütlich einrichten kann.« 

Knappe Louis nickte zu den Worten seines Kameraden. 
»Darin sind die Männer aus der Nordmark die reinsten Meister. Sie 

bauen Schneehäuser, die einen ganzen Winter halten. Den Schnee 
bearbeiten sie, wie unsereins Holz herrichtet.« 

Louis richtete seinen Fang ähnlich wie ein Tragebündel her, 

während er sprach. Das wüste Reden war dem Nordmarker 
vergangen. Louis hatte ihm kurzerhand einen Knebel zwischen die 
Zähne gestopft. Waidenholds Saumpferd bekam auch die beiden 
Nordmänner noch zu tragen. 

»Wir reiten zurück.« 
Die Knappen nahmen diese Entscheidung Ritter Rolands 

erleichtert auf. 

Im Dorf Orplid warteten die Mädchen. Louis hatte zumindest eine 

vage Ahnung, welche Aufgabe ihm für die kommende Nacht 
zugedacht war. Seine sonst meist verschlossen wirkende Miene 
wurde freundlich. Ob er es zugeben wollte, oder nicht, die Vorfreude 
setzte ihm derart zu, daß ihm das Wasser im Munde zusammenlief. 

Die Pferde schnaubten. Der Geruch der Wolfsfelle regte sie auf. 

Das Saumroß mußte besonders festgehalten werden. Es rollte wild 
die Augen und war mehrmals drauf und dran, fortzurennen. Die 
gefangenen Nordmarker waren hinter das Saumroß gebunden 
worden. Der Schnee machte ihnen ordentlich zu schaffen. Doch sie 
torkelten unentwegt fürbaß. 

Pierre traute den fremden Nordmännern nicht. Ihr Leben wies so 

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gänzlich andere Normen auf, daß man es mit der Angst bekam. Der 
Knappe erinnerte sich, Waidenhold irgendwann über seine 
Erlebnisse mit den Nordmarkern erzählen gehört zu haben. Der 
Waffenmeister behauptete, so ein echter Nordmarkmann werde 
schon gleich nach dem ersten Schrei und noch vor dem ersten Schlaf 
in der Wiege und vor dem ersten Trunk aus der Mutterbrust vom 
Vater mit dem Schwert gezeichnet. Rechts und links im Gesicht. Daß 
der Kern dieser Erzählungen nicht aus der Luft gegriffen war, wurde 
durch die beiden Gefangenen belegt. Ihre Gesichter wiesen Narben 
auf. An beiden Seiten. Gut verheilte Narben zwar, aber sie hatten 
unter dem spitzen Schwert gelegen und waren gezeichnet worden. 

Waidenhold hatte viel von den Sitten, den Bräuchen und den 

Gewohnheiten der Nordlandleute gewußt. Das verhalf dem Knappen 
Pierre jetzt zu besonders genauer Beobachtung. 

So sah er, daß der eine Gefangene es mit grotesken Verrenkungen 

zuwege brachte, an ein Messer in der Stiefelfalz zu kommen. Er 
schleuderte das Messer durch heftige Bewegungen der Beine hoch. 
Dazu mußte er sehr viel Geduld aufwenden. Doch er schaffte es. Das 
Messer flog schnell. Der Mann aus der Nordmark hatte die 
Geschicklichkeit eines Akrobaten. Er fing das Messer mit der Beuge 
seiner gefesselten Arme auf. Sofort streckte er den Kopf vor. Trotz 
des Knebels mißbrauchte er den Kopf als Werkzeug. Der flotte 
Zockeltrab des Saumpferdes störte ihn dabei nicht wesentlich. 

Knappe Pierre tat so, als sähe er nichts. Er war hoch gespannt, wie 

weit der Gefangene seine Dreistigkeit treiben würde. Es dunkelte 
immer stärker. 

Jetzt hatte der Nordmarker eine Hand frei. Nun folgte die zweite. 

Ehe er damit zu Rande kam, fuhr ihm Pierre in die Parade. 

»Du bist jemand, den man um sein Geschick heiß beneiden könnte. 

Aber, was du vorhast, darf nicht sein. Her mit dem Stahl!« 

Der Gefangene wußte genau, was Pierre meinte. Ehe er sich gegen 

den Knappen zur Wehr setzte, riß er den Knebel aus seinem Mund. 
Ein Sturzbach unverständlicher Laute quoll über seine Lippen. Ganz 
bestimmt stellte keines dieser Worte ein Lob für Ritter Roland und 

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seine Knappen dar. 

»Gib das Messer her!« 
Der Nordmarker fuhr dem dicklichen Knappen heftig an die 

Gurgel. Pierre strauchelte. Doch er gewann rasch wieder Tritt. 
Langsam paßte er sich den Aktionen des Nordmarkers an. 

Der zweite Gefangene wollte dem Beispiel seines Kameraden 

folgen. Er begann gleichfalls, auf seltsam groteske Art zu hüpfen. 
Ehe diese Sprünge aber ein Resultat zeitigten,  hielt Knappe Louis die 
Pferde an. 

»Mit Verlaub«, sagte er zu Roland. 
Sprach's und ging zu dem Gefangenen. Der ahnte wohl, was ihm 

blühte. Er versuchte, Louis zu treten. Der Knappe wich geschickt aus 
und spendierte dem tückischen Feind einen kräftigen Tritt dorthin, 
wo kein Mann Schmerzen schätzt. 

Zielstrebig setzte er nach. Bald hatte Knappe Louis den 

Gefangenen unter. Er drückte den Kopf des Gegners so in den 
harschigen Schnee, daß dem Nordmarker die Luft knapp wurde. 

Knappe Louis sprach auf den Gefangenen ein. 
»Wenn du das nochmal versuchst, dann ...« 
Er schlug sich die Handkante gegen den Kehlkopf. Die Geste 

mußte dem Nordländer klar gemacht haben, was ihn erwartete. 
Jedenfalls machte er eine nachdenkliche Miene und wirkte sehr still. 

Der Schnee dämpfte den Hufschlag der Rosse. Im eingefallenen 

Abend machte die Ruine der Burg Orplid einen doppelt traurigen 
Eindruck. Die Mägde Gertruda und Binutis drückten sich schon am 
Mahlhaus herum, wo die meisten weiblichen Mitglieder des 
Hofstaates jetzt wohnten. Beide waren festlich gekleidet. Die 
Gesichter ließen an gerade genossene Bäder denken. Die Augen von 
Gertruda und Binutis glänzten erwartungsvoll. 

Roland sah das. Er lächelte insgeheim. 
»Sobald die Gefangenen ausbruchssicher untergebracht sind, 

brauche ich euch nicht mehr.« 

Das sagte der Ritter aus Camelot laut genug, daß die Mägde es 

mithörten. Deren Mienen hellten sich auf. Ähnlich wie die Knappen 

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konnten auch sie den Einbruch der Nacht kaum erwarten. 

»Den Rest besorg ich allein.« Damit entließ Roland seine 

Knappen. Sogar der sonst immer gemäßigte Louis verfiel in 
Laufschritt. Roland hatte die beiden Nordländer fest am Strick. Sie 
waren erfahren genug, den Ritter richtig einzuschätzen. Sie wehrten 
sich nicht mehr. 

Da kam Volker des Weges. Seine Stimmung schien leicht getrübt 

zu sein. 

»Weißt du, daß wir übermorgen früh heimreiten?« 
»Was?« 
Angesichts des ungelüfteten Geheimnisses, welches den Tod 

Herzog Berwins umgab, kam Ritter Roland die Entscheidung König 
Artus, nach Camelot heimzukehren, nicht richtig vor. 

»Ist das amtlich?« 
Volker vom Hohentwiel nickte zu Rolands Frage. 
»Ja. Und es scheint keine Rolle zu spielen, daß Herzogin Inger sich 

weigert, mit nach Camelot zu kommen.« 

»Niemand kann die Herzogin zwingen, mit uns zu reisen.« 
Was Roland sachlich feststellte, mochte richtig sein, tat Volker 

vom Hohentwiel aber sehr weh. Volkers Meinung nach hätte König 
Artus sich seiner Schwägerin gegenüber durchsetzen müssen. 

Volker ahnte es mehr, als er es verläßlich wußte, daß auch Königin 

Ginevra vergeblich all ihren Einfluß aufgeboten hatte, die Schwester 
umzustimmen. 

»Gerade im Augenblick werde ich mehr als je in Orplid gebraucht. 

Unser Söhnchen soll hier aufwachsen. Wenn er sieben Jahre alt ist, 
so schicke ich ihn gerne nach Camelot. Damit er in höfischer Zucht 
erzogen wird.« 

König Artus und Ginevra hatten sich seufzend angesehen. 

Vielleicht verstanden sie die Entscheidung der Herzogin. 

Waidenhold hätte es nie zugegeben. Doch er fühlte sich wohl in dem 

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großen weichen Bett. 

»Du warst  allein mit dem toten Bären ... als wir dich fanden. Die 

Mannschaft muß dich im Stich gelassen haben«, vermutete die Frau. 

»Ich war hinter zwei Männern her. Vielleicht sind sie hier 

durchgekommen.« 

Der Waffenmeister beschrieb Aiko genau. Dalinde dachte nach. Ihr 

Gesicht hatte die Strenge des Ausdrucks verloren. Es wirkte 
entspannt und gelöst. Sie streichelte Waidenhold. Dabei war im 
Funkeln ihrer Augen so etwas wie Besitzerstolz. 

»Wenn er so aussieht, wie du sagst, muß er zu den Skiren gehören, 

die ...« Dalinde schwieg. Das geschah so abrupt, als fürchte sie üble 
Folgen, wenn sie zuviel ausplauderte. 

»Skiren?« 
Waidenhold wußte, daß es im Norden der Finnmark 

Nomadenstämme gab, welche sich als Skiren bezeichneten. Es 
handelte sich um kleine, aber zumeist sehr kriegerische 
Familienverbände. 

Dalinde, die Frau des Fischmeisters, nickte. »Ja, Skiren. So nennen 

sie sich. Jemand, der mit dem Bund der Eulenbrüder zu tun hat, muß 
sie ins Land geholt haben.« 

Eulenbrüder. Das Wort hatte doch auch der Finnmarker Aiko 

gebraucht, den er verfolgte. 

»Was ist das für eine Vereinigung?« 
»Die Eulenbrüder?« 
»Ja.« 
»Das sind Männer, denen der Ruhm und die Wohlfahrt Orplids am 

Herzen liegt. Es gehören Leute von Rang und Einfluß dazu.« 

Waffenmeister Waidenhold klopfte einfach auf den Busch. 
»Kennst du den Führer der Vereinigung?« 
»Den kann ich nicht einmal vermuten. Wir beschäftigten mal zwei 

Fischersknechte, denen nachgesagt wurde, sie seien Eulenbrüder.« 

Waidenhold richtete sich halb auf. 
»Frag sie aus! Stell mich ihnen vor! Ich habe Fragen an sie.« 
Die Frau lachte. »Sie sind längst nicht mehr bei uns. Radbod regte 

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sich auf, weil sie ohne Voranmeldung einfach den Dienst verlassen 
haben ... Aber das ist doch ...« 

Wieder ließ Dalinde ihre Rede unvollendet. Sie schwieg. Es 

mußten keine angenehmen Gedanken sein, welche ihr jetzt durch den 
Kopf gingen. 

Waidenhold sah die Frau fest an. »Woran denkst du jetzt, Dalinde? 

An deinen Mann?« 

Waffenmeister Waidenhold mußte richtig geraten haben. Die Frau 

vertraute ihm. Denn sie sah ihn offen an, während sie sagte: »Ich 
glaube, mein Mann Radbod ist im Strom ertrunken. Die meisten 
Fischer hierzulande lernen nie schwimmen. Damit sie nicht lange zu 
leiden haben, wenn sie auf See oder im Strom über Bord gehen. 
Radbod bildete die Ausnahme. Er kann schwimmen. Das weiß ich 
genau.« 

»Und trotzdem ist er ertrunken?« 
Die Frau blieb auch jetzt bei der Wahrheit. »Der Fluß gab seinen 

Körper nicht heraus. Er wurde nie gefunden.« 

Waidenhold bewegte sich, als wolle er von Dalinde abrücken. 

»Vielleicht lebt er noch.« 

»Nein. So etwas spürt eine Frau. Ich werde Radbod nie 

wiedersehen. Das weiß ich.« 

Waffenmeister Waidenhold dachte darüber nach, was er mehr und 

nähere Einzelheiten über die Bruderschaft des Eulenbundes in 
Erfahrung bringen könnte. 

»Weißt du, was ich mir wünsche, Waidenhold, du starker Mann?« 
Der Mann erriet ihre Gedanken nur halb. »Ich möchte wirklich, ich 

könnte hier bleiben. Doch es ist mir nicht gegeben, mich wie ein 
Dieb in der Nacht aus dem Dienst zu stehlen.« 

Die flüsternde Stimme der Frau wurde ganz leise. »Ich möchte ein 

Kind von dir!« 

Waidenhold lachte. »Auch dann, wenn ich nicht weiß, ob ich 

wieder hierher komme?« 

Ihre Antwort kam ohne Zögern. »Auch dann! Ich wünsch es mir 

sehr.« 

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»Kann man sich so etwas vornehmen? Ist das nicht allein vom 

Zufall und vom Schicksal abhängig?« 

»Ich glaube, unser Wille hat auch etwas damit zu tun. Komm! Sei 

lieb zu mir!« 

Waidenhold spürte die flammende Lohe der Liebe. Sie hüllte die 

Frau und ihn ein wie ein großes, ganz weiches Tuch. 

Ähnliche Leidenschaften erlebten in diesen Stunden drüben in Orplid 
die Knappen Louis und Pierre. 

Es mochte kurz vor Mitternacht sein. Da kratzte jemand an der 

Kammertür der beiden. Blitzschnell war Pierre aus dem Bett. »Ich 
mach schon auf«, raunte er dorthin, wo Louis sich unter den 
Federbetten räkelte. 

Mit erwartungsvoll glänzenden Augen betraten die Mägde die 

Kammer. Sie kamen ohne Schuhwerk. Voran Gertruda. Dahinter 
Binutis. Sie trugen beide dies und jenes, welches der Mensch zu 
seiner Verpflegung braucht. Braten. Wurst. Gebäck. Bier. Wein. 
Nicht zu vergessen, Wasser. 

Pierre nahm die Gelegenheit wahr und schmuggelte seine Hände in 

und unter Gertrudas Kleid. Die junge Frau hielt still. 

»Zufrieden?« 
»Das will ich meinen«, sagte Pierre. Die Stimme des Knappen 

wurde vor lauter Spannung und Vorfreude heiser. »Komm!« 

Sie setzte ab, was sie trug. Bis zum Bett waren es nur wenige 

Schritte. Gertruda legte den Arm um die Hüften des Mannes. Dabei 
kniff sie ihn zärtlich. 

Die Knappen hatten die Öllämpchen so eingestellt, daß es nur 

dämmerig in der Kammer war. 

Auch Binutis setzte ab, was sie trug. 
Dann reichte sie Louis die Hand. Ihre Augen blieben dabei 

geschlossen. Die frische Haut des Mädchens wurde im Gesicht und 
am Nacken sowie im Ausschnitt hektisch rot und gleich wieder blaß. 

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Trotz ihrer geschlossenen Augen mußte Binutis, wahrscheinlich 

durch eifriges Blinzeln, ziemlich genau verfolgen, was um sie herum 
geschah. So gewahrte sie zum Beispiel, daß Getruda ihr Kleid 
einfach abstreifte und mit nichts als Luft auf der Haut sich ins Bett 
legte. Auch Pierre zog sich aus. Dann gesellte er sich zu der Magd. 
Gertruda machte es ihm leicht. Binutis errötete so, als stünde sie 
gleich von Kopf bis Fuß in Flammen. Sah sie, daß Louis sich 
entkleidete? 

Ihre Hände zitterten, als sie die Verschlüsse ihres Kleides öffnete. 

Dann fiel die Bekleidung. Sie lag wie eine leere Hülle zu Binutis' 
Füßen. Louis saß auf dem Bett. Er streckte Binutis beide Hände 
entgegen. Sie kam zu ihm. Nicht nur das. Sie glitt in seine Arme. Der 
erfahrene Louis überstürzte nichts. Er begann, das Mädchen zu 
streicheln. Binutis hatte einen straffen, gut proportionierten Körper. 
Sie war nicht ganz so stämmig wie ihre Freundin Gertruda. Willig 
überließ sie sich Louis' Führung.  Der Knappe streichelte Binutis. 
Zärtlich und an den richtigen Stellen. Das Mädchen bildete sich ein, 
in den Flammen erfüllten Glücks zu vergehen. Was immer Binutis an 
diesem Abend erwartet haben mochte, es war ganz anders, als es den 
Schilderungen nach hätte sein müssen. Da gab es keine rohe Gewalt. 
Nichts tat weh. Nur ein Bestreben beherrschte Binutis. Sie wollte 
aufgehen und eins werden mit dem Mann, der nicht verbergen 
konnte, daß er sie begehrte. 

Verschiedene Male schon hatte Gertruda so eigentümlich 

unterdrückt geschrien, als bekomme sie keine Luft mehr. Binutis 
konnte der Versuchung nicht widerstehen. Sie schielte geschwind 
dort hinüber, wo die Freundin und der Knappe Pierre lagen. 

Sekunden später wuchs das lustvolle Glück beträchtlich. Binutis 

hatte angenommen, nun sei keine Steigerung mehr möglich. Welch 
ein Irrtum. Jetzt, wo sie dem Knappen Louis wirklich gehörte, 
steigerte sich mit der Erfüllung der Durst des Mädchens nach Liebe 
ins Unendliche. 

Binutis wußte bestimmt nicht, daß sie genau so ächzte und stöhnte 

wie vordem Gertruda. Genausowenig ahnte sie, wie oft ihr diese 

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Nacht die Erfüllung aller Sehnsüchte schenkte. 

Der Hahn krähte zum dritten Male, als die Liebenden so weit ins 

Leben zurückfanden, daß sie für so etwas ordinär Menschliches wie 
Hunger und Durst aufnahmefähig wurden. Sie hüpften aus den 
Betten. Ohne einen Faden Kleidung auf dem Leibe setzten sie sich zu 
Tisch. Draußen mußte der klirrende Mittwinterfrost die Erde tüchtig 
beißen. Die kleinen Fenster der Kammer waren dick befroren. 

Getruda und Binutis kicherten. 
»Das war fast wie bei einer Zusammenkunft der Eulenbrüder.« 
War es Binutis, die das sagte? Eulenbrüder. Knappe Louis wußte 

sofort, woran ihn der Name erinnerte. Waidenhold hatte das aus dem 
entflohenen Nordmarker geholt, aber nichts damit anfangen können. 

»Wer ist denn das, Schätzchen?« Louis zog das Mädchen an sich. 

Er begann wieder, Binutis zu streicheln. Jeder, der zusah, erkannte, 
daß die Magd eine Gänsehaut bekam. Sie hielt Louis die Lippen 
entgegen. Der Mund war rot. Er erinnerte an eine aufgebrochene 
Frucht. Louis küßte sie. Schon strebte Binutis ihm erneut mit ihrem 
ganzen Körper entgegen. 

Gertruda gab für die Freundin Antwort. 
»Da müßte man den General fragen, den Herrn Ortwin Sengal.« 
General. Ortwin Sengal. Was immer in dieser Nacht auch noch 

geschehen würde, diese Angaben vergaßen die Knappen aus Camelot 
nicht. Mochten sie dem Streben der Mädchen jetzt auch nachgeben 
und wieder zu Bett gehen. 

Ortwin Sengal. Der erste Schritt zur Lüftung des Geheimnisses um 

die Eulenbrüder war vollzogen. 

Bis Louis und Pierre, die Knappen, diese Zusammenhänge aber 
begriffen, mußte noch sehr viel Zeit verstreichen. 

König Artus und Gefolge nahmen Abschied von Orplid. Bei aller 

Wertschätzung, aber es hatte den Anschein, als sehe Herzogin Inger 
die Verwandten ganz gerne scheiden. 

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Am Abend vor dem Aufbruch erschien Waidenhold. Der 

Waffenmeister kam allen, die ihn kannten, verändert vor. Das lag 
beileibe nicht nur an seiner Verletzung, obwohl die Prellungen und 
die gebrochenen Rippen starke Schmerzen bereiteten. 

Von Dalinde hatte es einen langen und, wenn man ehrlich sein 

wollte, auch schweren Abschied gegeben. Waidenhold hütete sich 
wohl, so etwas wie Wiederkommen oder was sonst in die Zukunft 
wies, zu versprechen. Der Waffenmeister hatte dem erlegten 
Braunbären die Krallen gezogen. Auf eine Schnur gereiht, .ergaben 
sie einen zwar wildexotischen aber dennoch schönen Schmuck. 

»Für dich!« 
Dalinde wurde vor Freude rot wie ein junges Mädchen. Sie legte 

die Kette gleich um. Sie hatte gesehen, woran Waidenhold arbeitete 
und sich wahrscheinlich gewünscht, daß der Schmuck ein Andenken 
für sie sein sollte. 

Dalinde hatte sich denkbar große Mühe gegeben, Waidenhold in 

ihrem Hause zu halten. 

»Bleibe wenigstens so lange, bis dein Arm, die Schulter und die 

Prellungen abgeheilt sind.« 

»Das hindert einen Mann wie mich kaum. Ich muß heimreiten.« 
Der Brabanter und das Saumpferd hatten ihn im Stich gelassen. 

Das wußte Waidenhold. Er nahm den Tieren ihr Verhalten nicht 
übel. Jede Kreatur ist der Angst ausgeliefert. Doppelt, wenn ein Bär 
die Angst ausstreut. 

Dalinde sorgte dafür, daß Waidenhold gute Ersatzpferde bekam. 

Die Witwe bewohnte ein recht großes Anwesen mit viel Personal. Im 
Hofe sah der Waffenmeister den Bären noch gestreckt auf der 
Sauleiter. Mägde waren unter der Anleitung eines Mannes mit 
Metzgererfahrung dabei, das Raubtier zu zerwirken. 

Waidenhold stieg in den Sattel. Zu Dalindes Kummer wandte er 

kein einziges Mal den Blick. Sie stand im Hoftor ihres Anwesens, bis 
er das Eis des Flusses erreichte. 

Der Weg nach Orplid war Waidenhold genau beschrieben worden. 

Im Dorf um die niedergebrannte Burg roch es immer noch nach 

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verkohltem Holz. 

Es kam genauso, wie der Waffenmeister es sich wünschte. Ritter 

Roland lief ihm als erster von der Camelot-Mannschaft über den 
Weg. 

»Waidenhold!« 
Gewandt und schnell kam der Waffenmeister aus dem Sattel. Er 

schnallte die Bärendecke von dem Beipferd. Ein Mann mußte schon 
sehr stark sein, wenn er sich den noch  feuchten Bärenpelz einfach 
unter den Arm klemmen wollte. So, wie es jetzt Waidenhold tat. Er 
warf das Bündel vor Ritter Roland in den Schnee. 

»Der Anzug wärmte den Bären, welcher den Herzog von Orplid 

schlug, Herr!« 

Auch die Knappen Louis und Pierre hatten den Waffenmeister 

gesehen. Sie rannten herbei. Ihre überschwängliche Freude wurde 
von Waidenhold voll erwidert. Die Männer um Ritter Roland waren 
mit diesem ganz zu einer echten Einheit zusammengewachsen. Auch 
Volker vom Hohentwiel gehörte dazu. 

Die Knappen bestaunten die Pferde, welche Waidenhold 

mitgebracht hatte. 

»Sag einmal, haben wir deinen Brabanter und dein Beipferd nicht 

gestern erst heimgetrieben?« 

Waidenhold lachte. »Wo ich herkomme, da pflegt man mit 

Gastgeschenken nicht kleinlich umzugehen.« 

Dalinde, die Fischersfrau hatte ihren Waidenhold im Stile großer 

Familien ausstaffiert. 

Roland nahm die Knappen und den Waffenmeister, welche alle 

drei mehr seine Freunde, als seine Angestellten waren, mit ins Haus. 
Beim Wein am schweren Eichentisch tauschten sie ihre Erlebnisse 
aus. Der Bärenpelz, welchen Waidenhold mitgebracht hatte, lag nahe 
beim Kaminfeuer. Man brauchte schon ziemlich widerstandsfähige 
Geruchsnerven, um den Duft auszuhalten. 

Der Waffenmeister erzählte gründlich und ließ keine Einzelheit 

aus. Louis und Pierre, die Knappen, sahen einander vielsagend an. 
Volker vom Hohentwiel nahm einen großen Schluck Wein. Der 

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bevorstehende Abschied von Orplid setzte ihm zu. Er hatte so sehr 
darauf gehofft, die Herzogin würde ein ganz persönliches Wort für 
ihn finden. Doch Volker hoffte und wartete vergebens. Die 
Unterhaltung seiner Tischgesellen rauschte an ihm vorbei. Wenn 
Volker sonst eine Ballade oder eines seiner Volkslieder vortrug, 
konnte er des Beifalls und der höchsten Achtung seitens der 
anwesenden Damen sicher sein. Hier in Orplid war das anders. Der 
Beifall war da. Doch sonst räumte die Herzogin dem Sänger keinerlei 
Vorrechte ein. Volker hatte als ehrenden Nachruf eine Ballade auf 
den Tod Herzog Berwins komponiert. Er widmete das Werk der 
schönen Herzogin Inger. Die junge Witwe und Mutter schickte ihm 
einen reich bestückten Präsentkorb und ließ ihm mit artigen Worten 
danken. Persönlich aber sprach sie den Sänger nicht an. 

Auch die Eulenbrüder spielten in Waidenholds Bericht eine Rolle. 
»Man müßte den Mann finden und sprechen, der in Orplid als die 

rechte Hand Herzog Berwins galt.« 

»Ortwin Sengal?« 
Roland und sein Waffenmeister sahen einander bedeutsam an, 

sobald der Name gefallen war. 

Waidenhold reichte die Auskunft weiter, welche ihm Dalinde mehr 

widerstrebend als freiwillig gegeben hatte. »Er hat ziemlichen 
Einfluß im Lande. Auch bei den Eulenbrüdern.« 

Knappe Louis mischte sich in die Unterhaltung. 
»Haben die Eulenbrüder ihren Namen von dem Wappenvogel 

Orplids?« 

»Wahrscheinlich«, brummte der Waffenmeister. 
Orplid führte die große Waldohreule, den Uhu, im Landeswappen. 

Die Knappen und die  beiden Ritter hörten dem Waffenmeister weiter 
zu. 

»Zu den Eulenbrüdern gehören nur besonders nationalbewußte 

Männer. Sie behaupten von sich, niemandem läge das Wohl Orplids 
und all derer, die zum Herzogtum gehören, mehr am Herzen als 
ihnen. Gegen derartige Ansprüche sollte der Mensch immer 
mißtrauisch sein. Meistens sind sie einseitig ausgelegt und gelogen.« 

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»Hat jemand diesen Ortwin Sengal schon zu Gesicht bekommen?« 
Niemand hatte den Mann, der für Orplid so eine Art oberster 

Befehlshaber sämtlicher Streitkräfte war, gesehen. Was sie über ihn 
wußten, stammte aus dritter Hand und aus Quellen, deren 
Verläßlichkeit nicht geprüft werden konnte. Es hieß, Ortwin Sengal 
sei so eine Art Ziehbruder des toten Herzogs gewesen. Man erzählte 
sich, die beiden seien zusammen aufgewachsen. Ortwin Sengal ging 
der Ruf voraus, in allen Waffen und den damit zusammenhängenden 
Künsten wohl erfahren zu sein. Jedes Turnier in Orplid hatte bisher 
nur zwei Sieger gekannt. Den Herzog und Ortwin Sengal. Die beiden 
seien auch in der Lage gewesen, den sogenannten Königssprung zu 
vollführen. Dabei muß der Mann, welcher sich einen solchen Satz 
zutraut in voller Bewaffnung über sieben nebeneinander stehende 
Pferde springen, ohne eines der Tiere zu berühren und ohne bei der 
Landung zu straucheln. 

»Es juckt mich direkt, gegen diesen Wunderknaben zu buhurten.« 

So sprach Ritter Roland. Und die Kampfesbegier, welche ihn 
beseelte, färbte sein Gesicht rot. 

Der Abschiedsmorgen kam. Es hatte in der Nacht mächtig 

gefroren. Der Atem von Menschen und  Pferden hing wie eine 
rauchgraue, durchsichtige Glocke über der Gruppe aus Camelot. 

Bis zuletzt hatten Königin Ginevra und König Artus versucht, die 

Schwester und Schwägerin zur Mitreise zu bewegen. Vergeblich. 

»Ich bleibe in Orplid. Mein Söhnchen und ich gehören hierhin und 

nirgendwo sonst.« 

König Artus sagte: 
»Laß uns wissen, wenn du Hilfe brauchst, Inger.« 
»Das werde ich gern tun.« 
Mit brennenden Augen sah Volker vom Hohentwiel immer wieder 

dorthin, von wo Herzogin Inger zu erwarten war. Wenn sie kam. Die 
schöne Herzogin erschien nicht. Doch sie schickte eine Zofe. Der 
folgten drei Knechte. 

Die Zofe knickste. 
»Mit besten Empfehlungen und Grüßen von meiner Herrin, 

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Herzogin Inger.« 

Sie zeigte auf die drei Knechte. Die setzten vor Volker ab, was sie 

schleppten. Im Schnee lag die prächtigste Parsche, welche man sich 
nur denken konnte. Mit Parschen werden Streitrösser ausgestattet 
oder vielmehr verhüllt. Das sind Lederdecken, auf welche dicht an 
dicht Eisenplättchen genäht sind. Sie bedecken das damit versehene 
Pferd vom Kopf und vom Widerrist bis zu den Hufen. Sie bieten 
zumindest oberflächlichen Schutz gegen Hieb- und Stichwaffen 
sowie gegen Pfeile. 

»Danke.« Mehr vermochte Sänger Volker nicht zu sagen. Seine 

Stimme klang rauh. Er hatte sie, die für ihn die schönste aller Frauen 
war, nicht Auge in Auge sehen dürfen. 

Volker vom Hohentwiel packte die Parsche und lud sie den 

Saumtieren auf. Er trug die Lederdecke mühelos. Die drei Knechte 
aus Orplid hatten ihre liebe Mühe gehabt, die Parsche zu tragen. 
Ritter Volker konnte sicher sein. Die Herzogin erfuhr das brühwarm. 
Die Zofe betrachtete den Sänger, als hielte sie ihn für eine Art 
Weltwunder. 

Der Zug der Cameloten brach auf. Als sie nach Orplid kamen, 

wehte ihnen muntere Musik voraus. Heute gab es keine Lieder. 

Was weder das Königspaar noch sonst jemand aus Camelot sah, 

hätte Ritter Volker vom Hohentwiel ohne weiteres dazu gebracht, 
seinen Aufenthalt in Orplid unbeschränkt zu verlängern. 

Die Zofe kehrte zu ihrer herzoglichen Herrin zurück. Sie knickste 

und wartete bescheiden neben der Tür. 

»Der Auftrag ist ausgeführt, Herrin.« 
»Und was sagte er?« 
Die Stimme der schönen Inger hatte einen ungeduldigen Klang. 
»Er hat sich bedankt, Herrin. Er war sehr bleich. Die Parsche, 

woran drei starke Knechte schwer zu tragen hatten, nahm er einfach 
auf und verlud sie.« 

»In Ordnung, Gerdis. Laß mich jetzt allein.« 
Das Zimmer im Mahlhaus der Burgmühle war heimelig 

eingerichtet. Man vergaß durchaus, daß es sich hier um ein 

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Notquartier handelte. Ein Alkoven nahm das Bett auf. Hinter einem 
bodenlangen Vorhang und gleich neben dem gekachelten Kamin 
stand die Wiege mit dem Söhnchen des Herzogspaares. 

Die Zofe empfahl sich. Kaum allein öffnete die Herzogin den 

Vorhang. Dahinter befand sich nicht allein die Wiege. Auch ein 
breiter, hoher Eichenschrank stand da. Die Schranktüren waren 
geöffnet. Einem knorrigen Gnom ähnlich kauerte ein krummbeiniger 
Mann in dem Schrank. Sein Gesicht hatte hohe Backenknochen, 
leicht schräg stehende Augen und einen dünnen, langhaarigen 
Schnurrbart. Auf dem Kopf trug er eine sechsfach gezipfelte Mütze. 
Die Hauptfarben der Mütze waren blau und rot. In den nervigen 
Fäusten hielt der Mann einen Hornbogen. Auf der Bogensehne lag 
ein Pfeil mit besonders langer und bestimmt auch besonders scharfer 
Spitze . Der Kerl grinste. 

»Es wird meinen Herrn Sengal freuen, daß du vernünftig warst, 

Frau Herzogin. Auch mir ist es lieber, daß ich dein Söhnchen 
schonen durfte. Vergiß nie, daß ihr beide unter dem Schatten meines 
Schwertes und meines Bogens  lebt! Ihr entkommt mir nicht, so wahr 
ich Tesched heiße.« 

Die schöne Inger verzog den roten, vollippigen Mund, als 

empfinde sie unbändigen Ekel vor irgend etwas. 

»Auch du wirst eines Tages bekommen, was du verdienst, 

Tesched. Laß mich allein.« 

Der Mann kletterte aus dem Schrank. Er nahm den Pfeil von der 

Sehne. Ehe Herzogin Inger begriff, was der Rentiermann vorhatte, 
klatschte die flache Pfeilspitze schon gegen die Wange ihres Sohnes. 
Der Säugling wurde prompt wach. Er schrie. Herzogin Inger sah aus, 
als wolle sie unverzüglich über den Nordmarkmann herfallen. 
Tesched lachte nur. 

»Nimm ihn an die Mutterbrust, Frau Herzogin. Und keine Scheu 

vor mir. Ich sehe sowas gern.« 

Er wollte sich auf einen Schemel setzen. Herzogin Inger nahm 

zwar ihr schreiendes Söhnchen aus der Wiege, doch sie trat den 
Schemel geschwind und kräftig weg. Tesched purzelte zu Boden. 

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»Mach, daß du raus kommst!« 
Der Nordmarker, der zu Ortwin Sengals Leibwache gehörte, 

betrachtete die Frau von Kopf bis Fuß. Die Gier in seinen Augen war 
unverkennbar. 

»Du solltest deiner nicht so sicher sein, Frau Herzogin. Auch die 

schönste Frau kann einen Mann nicht ewig fesseln. Vielleicht ist der 
Tag nicht fern, wo Ortwin Sengal, der Himmel schenke ihm ein 
langes Leben, deiner überdrüssig wird. Wenn er  dich dann an einen 
wie mich weiter gibt, so werde ich ihm für diese Gabe ergeben die 
Füße küssen. Dir aber prügele ich dann erst den verdammten 
Hochmut aus deinem Körper. Das verspreche ich dir.« 

Tesched machte eine spöttische Verneigung und ging. Kaum war 

sie allein, da fiel alle Sicherheit und alle Kühle von der Herzogin ab. 
Sie zeigte sich so, wie sie war. Ein junges Weib, das nichts so 
ersehnte wie Ruhe und Schutz für sich und das Kind. Dicke Tränen 
rollten über ihr Antlitz. 

»Himmel, warum hast du mich so verlassen? Warum brachte ich 

nicht den Mut auf, mit nach Camelot zu reisen? König Artus mit 
seinen Rittern hätten mich vor Sengal und der Tücke seiner 
Kreaturen geschützt. Wo finde ich Hilfe?« 

Auf Hilfe würde sie lange vergeblich hoffen, die schöne Herzogin 
Inger. Über Abwechslung aber brauchte sie sich nicht zu beklagen. 
Denn am gleichen Tage noch kam von Ortwin Sengal die Weisung, 
Herzogin Inger möge sich mit Tesched und den anderen 
Nordmarkern, welche er ihr schickte, zu ihm bewegen. 

Was Sengal anordnete, war in Orplid Befehl. Daran hatte sich die 

schöne Inger längst gewöhnt. 

Ohne Klage, ohne jeglichen Einwand packte sie ihre und ihres 

Sohnes Sachen. Sengal hatte angeordnet, daß sie ohne Begleitung 
kommen sollte. Sie gehorchte. Sie reiste allein. Nur Tesched und 
seine Landsleute waren bei ihr. 

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Kein Mensch in Orplid erfuhr, wohin die Herzogin reiste. Doch 

manches wurde anders im Lande. Die Obrigkeit zog die 
Steuerschraube an. Orplids Heer vergrößerte sich. Für den Neubau 
der niedergebrannten Burg brauchte die Regierung Geld. Das sah 
jeder ein. Doch kein Handwerker erschien. Die Brandstätte blieb 
unaufgeräumt. Dafür hieß es nach einer Weile, Ortwin Sengal, der 
Vertraute der herzoglichen Familie, verstärke laufend seine 
Leibgarde. Es zögen immer mehr Finnmarker aus dem Norden nach 
Orplid. Die Masse der Neuangeworbenen mußte sich in den Wäldern 
verstecken. Im Alltag traten sie selten in Erscheinung. 

Bald hatten die Menschen im Dorf und in den Weilern um die 

zerstörte Burg sich an den bestehenden Zustand gewöhnt. Gerüchte 
behaupteten, Herzogin Inger habe längst irgendwo anders in freierer, 
schönerer und angenehmerer Lage eine neue Burg gebaut. Dort lebe 
sie jetzt mit ihrem Söhnchen. 

Alle Verordnungen, alle Erlasse waren von Inger, der Herzogin, 

unterschrieben und gesiegelt. Ortwin Sengal trat noch weit weniger 
in Erscheinung als die Herzogin. Von ihm existierte nicht einmal 
eine Unterschrift. 

Wurde schon in Orplid viel um den Verbleib der Herzogin 

gerätselt, so gab ihr Verhalten den königlichen Verwandten in 
Camelot noch weit härtere Nüsse zu knacken. 

Königin Ginevra war daran gewöhnt, mit der Halbschwester 

ständig in Kontakt zu stehen. Doch Herzogin Inger dachte offenbar 
nicht daran, auf die Briefe zu antworten. Der ganze Frühling ging 
hin. Schließlich ertrug Königin Ginevra die innere Spannung nicht 
mehr. Sie sagte zu ihrem Mann: 

»Ich habe die Briefe nicht gezählt, welche nach Orplid gegangen 

sind. Es waren mehr als erforderlich, um gekränkt zu sein. Was nur 
ist mit Inger geschehen?« 

Diese Frage hatte sich König Artus wohl auch schon gestellt. Er 

kam gleich mit praktischen Vorschlägen. Das königliche Paar erging 
sich an diesem Frühsommerabend in den Gärten um Schloß Camelot. 
Süßer Blütenduft wehte von den Rabatten her. In den Kirschbäumen, 

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die tüchtig Frucht angesetzt hatten, konzertierten Amseln. Am 
nächtlich sich färbenden Himmel flirrte der erste Stern. 

»Nichts wäre leichter, als uns über alles in Orplid Gewißheit zu 

verschaffen.« 

»So? Und warum tun wir das Einfache nicht?« 
»Weil ich nicht weiß, ob es Inger recht wäre. Haben wir nicht 

vereinbart, daß sie uns wissen läßt, wann sie Hilfe braucht?« 

»Und wenn sie gehindert wird, sich an uns zu wenden?« 
König Artus blieb stehen. »Wer oder was außer ihr selbst sollte sie 

hindern?« 

Königin Ginevra seufzte. »Einfach die Verhältnisse, Artus.« 
»So laß uns einen Ritter zu ihr schicken.« 
Ein Lächeln glitt über Königin Ginevras schönes Gesicht. »Etwa 

unseren Volker?« 

»Volker und Roland.« 
Sie sprachen nicht darüber, welche Veränderung mit Ritter Volker, 

dem Sänger von Camelot, vor sich gegangen war. Doch sie hatten die 
Wandlung beide bemerkt. 

»Der Sicherheit halber mag auch noch Waidenhold mit den beiden 

reiten. Dann werden wir sehr bald wissen, was in Orplid geschehen 
ist, meine Liebe.« 

König Artus gab seinen Entschluß nicht noch am gleichen Abend 

bekannt. Morgen sollten in Camelot die Sommerfestspiele beginnen. 
Sie galten als Höhe- und Glanzpunkte im ritterlichen Leben. 

Da wurde behurtet, geritten, mit allen Waffen geübt. Dem Besten 

in allen Übungen winkte ein Eichenlaubkranz. Diesen Ehrenkranz 
gab es in Gold, in Silber und im natürlichen Eichengrün. Königin 
Ginevra verteilte die Kränze. König Artus überreichte den Siegern 
der jeweiligen Klasse ein Geldgeschenk. Meistens handelte es sich 
dabei um frisch geprägte, blitzende Dukaten. 

Auf Anregung des Volker vom Hohentwiel war für die morgigen 

Sommerfestspiele auch eine Springkonkurrenz angesetzt. Keine 
Konkurrenz zu Pferde und in der Hindernisbahn, sondern ein 
Springen der gewappneten Ritter über Pferde. Sieger sollte derjenige 

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werden, der den Königssprung schaffte, den Satz über sieben 
nebeneinanderstehende Rösser. 

Als die Konkurrenz ausgeschrieben wurde, hatte König Artus 

versonnen gelächelt. »Weißt du noch? Am liebsten möchte ich 
mitmachen. Es juckt mich sehr, zu erfahren, ob ich den Sprung noch 
schaffe.« Er spaßte, denn sein Alter verbot ihm solche Betätigungen. 

Königin Ginevra legte ihre Hand auf seinen Arm und drückte ihn. 
»Für mich bleibst du auch ohne solche Sprünge der Größte, der 

Schnellste und der Stärkste.« 

Wie in Camelot üblich, waren die Spiele sorgfältig vorbereitet 

worden. 

Das Springen sollte die Wettkämpfe einleiten. Die Herren der 

Tafelrunde formierten sich. Dumpfe Paukenschläge gaben den Takt 
an, als sie in die Arena marschierten. Die Zuschauerbänke ringsum 
waren bis auf den letzten Platz besetzt. 

Das erste Pferd wurde in den Ring geführt. Ein hochbeiniger, 

temperamentvoller Schimmelwallach. Ein Raunen ging durch die 
Zuschauermenge. Der Glaube an die alten Götter  lebte noch im 
Volke. Wodans Lieblingstier war der Schimmel. Es hieß, derjenige, 
der Haare von einem Opferschimmel in der Geldbörse trage, habe nie 
über fehlende Dukaten zu klagen. Nach dem Schimmelwallach kam 
ein Fuchs. Nach diesem ein Brauner, darauf ein Falbe. Anschließend 
wurde eine Rappe gezwungen, neben den anderen Pferden Position 
zu beziehen. Ein Schimmel beschloß wiederum den Block der 
Rösser, über deren Rücken der Königssprung ging. 

Die Ritter der Tafelrunde nahmen Aufstellung. König Artus setzte 

sich auf den Thronsessel. 

Ritter Wilhelmus ließ wieder und wieder anderen den Vortritt. 

Diese Bescheidenheit entsprach durchaus nicht seinem Charakter. 
Knappe Louis, der zu Ritter Wilhelmus' Kritikern gehörte, stieß Pier-
re an. »Merkst du was? Der alte Intrigant hat Grundeis in den 
Rüstungshosen. Ich wette, er denkt sich einen Trick aus, um am 
Springen vorbei zu kommen.« 

»Sein Alter, ich verstehe ihn.« 

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»Unser Roland schafft den Königssprung noch als 

Siebzigjähriger«, orakelte er. 

»Wir haben gut reden, Louis. Wir dürfen zuschauen. Müßten wir 

selber springen, so würde uns auch mehr als nur der Hosenboden 
kalt.« 

»Traust du mir etwa nicht zu, über die Pferde zu hüpfen?« 
»Im Ernst, Louis, aber das schaffst du nicht.« 
Ein empörter Blick überblitzte den dicklichen Pierre. 
»Kleine Wette gefällig?« 
Knappe Pierre nahm die Wette an. Dabei überlegte er, daß 

Kamerad Louis wohl kaum Gelegenheit haben würde, den mächtigen 
Sprung zu versuchen. »Um wieviel?« 

»Um was immer du willst. « 
»In Ordnung. Wenn ich gewinne, habe ich einen Wunsch bei dir 

frei. Einverstanden?« 

»In Ordnung.« 
Pierre war- zuversichtlich und guter Dinge. Louis hatte wohl kaum 

die Möglichkeit, irgendwelche Tricks anzuwenden. 

Ein bunt gekleideter Herold setzte eine Lure an die Lippen. Lang 

gezogen hallte das Signal für die Eröffnung des Springens über das 
Land. Ritter Ermfried lief an. In Rüstung und Waffen. Die Panzer-
schuhe klirrten. Sie hinderten Ermfried am freien Lauf. Ritter Volker 
vom Hohentwiel stand ziemlich am Ende der Schlange. 

Ermfrieds Absprung klappte. Der Ritter federte weit kräftiger 

hoch, als man ihm zugetraut hätte. Doch er mußte eine Kleinigkeit 
zuviel Schwung genommen haben. Im wuchtigen Sprung über die 
Pferde, taumelte er, schwankte, verfing sich mit Schwert und Lanze 
in seinen gepanzerten Füßen, kippte und stürzte neben den 
schnaubenden, tänzelnden Pferden ab. Er hatte dennoch Glück. 
Unverletzt konnte er aufstehen. Kopfschüttelnd trollte er sich. 

Der zweite Ritter lief an. Er schaffte den Sprung bis zum vierten 

Pferd. Dann hatte auch er Schwierigkeiten und verlor die Balance. Er 
stürzte zwischen die Pferde. Die Tiere stampften aufgeregt hin und 
her. Es bedurfte der vollen Aufmerksamkeit der Pferdeknechte, den 

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edlen Ritter vor Leibesschäden zu bewahren. 

Ritter Wilhelmus drückte sich so lange vor dem Sprung, bis sein 

Neffe Douglas Heißsporn von der Aue anlief. Douglas, übereifriger 
Aspirant auf einen Platz in der Tafelrunde, hatte das größte Pech 
aller Teilnehmer. Zwar waren sein Harnisch und sein Schild 
spiegelblank geputzt, doch er verfing sich mit der Schwertscheide in 
den Füßen. Da dies genau in der Sekunde des Abhebens geschah, 
kam ihm jeglicher Schwung abhanden. Nicht nur das. Er kippte, 
einem jählings stürzenden Baum ähnlich, einfach der Länge nach 
um. Er hielt sein Schwert so unglücklich, daß es flach, aber 
nichtsdestotrotz kräftig, auf die Hinterhand des ersten Pferdes, des 
Schimmels also, klatschte. Der Schimmelwallach war eine solch 
derbe Berührung nicht gewöhnt. Er keilte aus. Dies geschah 
haargenau in der Sekunde, da Douglas Heißsporn von der Aue sich, 
mit dem Rücken zu den Pferden, nach dem schmerzhaften Sturz 
aufrappelte. Der Schimmel traf mit beiden Hinterhänden die 
Sitzfläche des Aspiranten Douglas. Die Hufeisen prallten auf starkes 
Blech. Funken stoben. Douglas sauste wie ein außer Kontrolle 
geratener Rammbock seinem Oheim Ritter Wilhelmus, vor die Füße. 
Douglas erinnerte eindeutig an einen gerupften Hahn. Die 
Straußenfedern auf seinem Helm waren geknickt. Am Helm selbst 
ließ sich  das Visier nicht mehr öffnen. Außerdem klemmte der 
Verschluß. Das Rüstungsstück ließ sich nicht mehr abnehmen. Dabei 
begehrte Aspirant Douglas im Augenblick nichts so sehr, wie sich 
des Helmes zu entledigen. Denn durch den Sturz war ihm der Helm 
bis weit über die Augen ins Gesicht geraten und schmerzte höllisch. 

Im Moment konnte Ritter Wilhelmus mit dem unglücklichen 

Neffen wenig anfangen. Er wehrte sich mit beiden Händen gegen den 
Verwandten. 

»Hinweg mit dir, Tölpel!« 
Ritter Roland hatte mehr Mitgefühl. Er half dem verunglückten 

Springer auf die Füße. 

»Einen Moment Geduld nur.« 
Er packte heftig zu. Volker vom Hohentwiel half dem Freund 

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dabei. Aspirant Douglas verlor jegliche Form und Haltung. Er heulte 
wie vielleicht ein Teufel heult, wenn er mit Weihwasser in 
Berührung gekommen ist. Kein Wunder. Denn als Douglas endlich 
von dem klemmenden Helm befreit war, konnte jeder sehen, daß ihm 
bei der Operation beinahe das halbe Haupthaar ausgerissen worden 
war. 

Roland machte eine artige Verbeugung zu Ritter Wilhelmus hin. 
»Ich glaube, jeder wird Verständnis dafür haben, wenn Ihr Euch 

jetzt Eurem Neffen widmen wollt und mir den Sprung abtretet, 
Wilhelmus.« 

Höchstens eine Natur wie Knappe Louis hörte den Stein, der bei 

diesem Angebot vom Herzen Ritter Wilhelmus' plumpste. 

»Natürlich, Ritter Roland. Selbstverständlich komme ich Eurem 

Wunsche gerne nach und trete Euch meinen Sprung ab. Dies fällt mir 
um so leichter, als ich in meinen grünen Jugendjahren mehrfach den 
sogenannten Königssprung vollbringen konnte.« 

Sprach's, stützte seinen stöhnenden Neffen und stolzierte 

würdevoll vondannen. 

Louis stieß Pierre an. 
»Hast du da Worte? Sieh nur, wie er seinen lieben Neffen kneift 

und stößt! Der und den Königssprung geschafft! Einen Pferdeapfel 
hat er! Der ist zu seiner Zeit genauso aufs Schnäuzchen gepurzelt wie 
der liebe Douglas.« 

Was Knappe Louis über die intime Tuchfühlung zwischen Douglas 

und dem Onkel Wilhelmus sagte, stimmte nur zu sehr. Ritter 
Wilhelmus bearbeitete die Rippen des Neffen mit spitzem 
Ellenbogen. 

»Nichts als Ärger hat man mit einem Tölpel wie dir. Aber ich 

kriege dich noch hin, mein Junge! Ich schaffe es, daß du wirklich ein 
Ritter und Herr ohne Fehl und Tadel wirst.« 

Die Zuschauer schrien, brüllten, jubelten und klatschten. Ritter 

Wilhelmus schaute sich um. So wurde er Zeuge, wie Ritter Roland 
als erster den Königssprung schaffte. 

»Nicht zu fassen«, brummte Wilhelmus. »Glückt dem Kerl denn 

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alles?« 

Ritter Wilhelmus sah aus, als bekomme er die Gelbsucht. Den 

aktiven Teil des Leidens aber trug Neffe Douglas. Der übergab sich 
nämlich, als werde sein Innenleben komplett nach außen gestülpt. 
Ritter Wilhelmus stieß den unglücklichen Verwandten derb. »Nichts 
wie heim mit dir, du Ferkel!« 

Neben Ritter Roland schaffte nur noch Volker den Königssprung 
glatt. Auf Anregung Rolands wurde Volker der erste Preis, der 
goldene Eichenkranz also, zugesprochen. Roland selber gab sich mit 
dem Silberpreis zufrieden. 

Als Königin Ginevra Volker den Kranz überreichte, sagte sie: 

»Wir haben eine Bitte an Euch, Ritter vom Hohentwiel.« 

Ritter Volker zeigte sich begeistert. Er liebte nichts so sehr, wie im 

Mittelpunkt zu stehen. »Stets zu Diensten, Majestät!« 

»Wir, mein Gemahl und ich, wünschen, daß Ihr gemeinsam mit 

Eurem Freunde Roland nach Orplid reist. Ihr sollt Euch durch 
eigenen Augenschein überzeugen, wie es meiner lieben Schwester, 
Herzogin Inger geht.« 

Volker vom Hohentwiel sah aus, als werde der Tag jetzt erst 

richtig hell. Sein Blick suchte Ritter Rolands Augen. »Jawohl, 
Majestät.« 

König Artus schaltete sich ein. »Kommt beide vor dem Abend zu 

mir.« 

Beide Ritter verließen das Turniergelände. Volker vom Hohentwiel 

konnte seine Freude kaum zähmen. 

»Ich würde am liebsten laut singen.« 
Ritter Roland lächelte nachsichtig. »Das sieht man dir an!« 
»Ob wir morgen schon reiten?« 
»Der König schiebt nie etwas lange auf.« 
Am Sport und den Darbietungen dieses Tages hatten die Freunde 

kein Interesse mehr. Auch den Knappen war nicht entgangen, daß da 

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etwas Besonderes auf sie zukam. Louis stieß Pierre in die Seite. 

»Wetten, daß du Orplid viel eher wiedersiehst, als du jetzt 

ahntest?« 

»Wenn das wahr würde!« 
»Ich könnte eine tüchtige Portion von meiner Binutis auch ganz 

gut vertragen«, gab Louis zu. 

Knappe Louis machte, daß er in die Nähe seines Herrn kam. 
»Heißt das, ich darf packen?« 
Roland nickte. 
»Genauso ist es. Nimm genügend Reservewaffen und 

Aushilfspferde mit.« 

Beide Knappen zeigten sich hoch erfreut. 
»Für den Rest des Tages sind wir ja wohl entschuldigt.« 
Es verstand sich am Rande, daß sie für Volker genauso sorgten wie 

für ihren Herrn Roland. 

Wann würden sie reiten? Morgen? Später? 
Roland und Volker erfuhren abends Einzelheiten vom Königspaar. 

Die Informationen waren wichtig für ihr Vorgehen in Orplid. 

»Uns liegen Berichte vor, denen zufolge Orplid seine sämtlichen 

Nachbarn im Norden mit Krieg überzogen hat.« 

Solange Herzog Berwin lebte, war von militärischen Aktionen 

Orplids und überhaupt von Aggressivität nicht die Rede gewesen. 
Die Bewohner des Herzogtums arbeiteten, trieben Handel und waren 
froh, daß sie auf diese Weise zu bescheidenem Wohlstand kommen 
durften. 

»Und was ist Sinn und Zweck dieser Unternehmungen, Majestät?« 
König Artus sah seine Ritter an. »Die letzte Zielsetzung kennen 

wir nicht. Wir nehmen an, es geht um reine Gebietserweiterungen.« 

»Herzogin Inger ist die friedliebendste Person, welche man sich 

überhaupt vorstellen kann.« 

König Artus hob zu diesen Worten seiner Frau die Hand, als wolle 

er abschwächen, was Königin Ginevra sagte. »Jedenfalls sind leider 
sämtliche Einsatzbefehle, von welchen wir hörten, von der Herzogin 
unterschrieben.« 

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König Artus mußte weit gründlichere Informationen über den Fall 

Orplid haben, als er zugab. 

»Wir stellen euch anheim, wie ihr vorgehen wollt. Wir bitten nur 

um Diskretion.« 

Diskretion. Es ging dem Königspaar darum, Herzog Berwins guten 

Namen zu schonen. 

»Die Orplider sind bisher recht erfolgreich bei ihren Operationen 

gewesen. Die Nachbarn im Norden sind ihnen nicht gewachsen. 
Wahrscheinlich werden die Truppen Orplids von jemandem geführt, 
der organisatorische Talente hat. Ortwin Sengal. Das dachten Roland 
und sein Freund Volker zur gleichen Sekunde. »Habt Ihr des Herzogs 
besten Freund, diesen Ortwin Sengal jemals gesehen, Majestät?« 

So fragte Roland. Es stellte sich heraus, daß weder König Artus 

noch Königin Ginevra mehr als den Namen dieses Mannes kannten. 
Irgendwann, vor vielen Jahren, war er ihnen einmal flüchtig 
begegnet. 

»Aber damals lebte Berwins Vater noch. Ich entsinne mich, der 

alte Herzog hatte für Ortwin eine ausgesprochene Vorliebe.« 

So König Artus. Roland wollte genau wissen, was alles sie 

unternehmen durften, ohne sich aus dem Bereich der königlichen 
Wünsche zu entfernen. 

»Wenn er nun Dinge tut, die nicht unbedingt zum Wohle der 

Herzogin Witwe sind, Majestät?« 

»Ihr beide entscheidet völlig frei. Was immer ihr unternehmt, wird 

von uns akzeptiert.« 

»Ja«, bestätigte Königin Ginevra die Worte ihres Mannes. Sie 

wollte auf diese  Weise zeigen, daß Roland wie Volker ihr 
uneingeschränktes Vertrauen besaß. 

Nach Abschluß der Informationen wollten sich die Ritter 

entfernen. König Artus aber hielt sie zurück. »Leistet meiner Königin 
und mir noch einen Becher lang Gesellschaft, ihr Herren. Wer weiß, 
wann wir das nächste Mal zusammen kommen.« 

Der Mundschenk brachte Humpen und die Kanne. Der gute Wein 

aus König Artus' Privatkeller mundete ausnehmend gut. 

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»Auf den Erfolg und den Abschluß einer glücklichen Fahrt.« 
Die ritterlichen Freunde erwiderten den Trinkspruch ihres Königs. 
»Auf daß in Camelot alles in so hervorragender Ordnung bleibe, 

wie wir wünschen.« 

Auch für Königin Ginevra fiel mittels Trinkspruch ein 

Kompliment ab. 

»Auf das Wohl der schönsten, klügsten und besten Dame in 

Camelots höfischem Bereich.« 

Königin Ginevra bedankte sich artig. »Auf euer Glück und Heil, 

meine Herren Ritter.« 

Während die Männer in spätestens drei Trinkzügen einen Humpen 

leerten, trank Königin Ginevra nur mäßig. 

Sie äußerte den Wunsch, Sänger Volker möge seine Laute holen 

und singen. »Die Ballade vom großen Jäger, der seiner 
Pirschleidenschaft zum Opfer fällt.« 

Wann hätte Ritter Volker schon jemals den Wunsch einer Dame 

abgeschlagen? Er holte sein Instrument und bald drangen die 
wohlklingenden Akkorde aus der Königskammer. Die Ballade vom 
großen Jäger besang und beschrieb das Ende Herzog Berwins von 
Orplid. Dabei stellte sich heraus, daß Volker dem Lied neuerdings 
noch einige Strophen mehr angefügt hatte. 

Nachdenklich betrachtete die Königin den Sänger. Was sie dabei 

dachte, verriet sie später ihrem Gemahl. Eingedenk der Tatsache, daß 
die Herren mit Begleitung in der Frühe des nächsten Tages aufbre-
chen wollten, beendete König Artus den Abend zeitig. 

Königin Ginevra wartete mit ihrem Kommentar zu ihren 

Beobachtungen, bis sie mit dem König allein war. 

»Ich glaube, er hat sein Herz an Inger verloren.« 
Dem König gingen die letzten Takte des Liedes noch durch den 

Kopf. 

-Oh, schöne, junge Herzogin. Dürft ich doch tragen das Leid für 

dich! - König Artus summte den Kehrreim. 

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Im Gegensatz zu den Rittern Roland und Volker hatten sich die 
Knappen Louis und Pierre noch nicht zur Ruhe begeben. 

Vor den Ställen, aus denen heraus warm der typische Roßgeruch 

wehte, kam Louis auf das Thema des Königssprunges zurück. »Daß 
wir gewettet haben, weißt du genau. Bilde dir ja nicht ein, ich würde 
das vergessen.« 

Pierre wollte nicht so recht heran. Andererseits lockte ihn natürlich 

die Möglichkeit, etwas zu gewinnen. 

»Wenn du den Königssprung schaffst, dann hast du bei mir einen 

Wunsch offen. Ich muß dir den Wunsch erfüllen, sofern ich kann.« 

Louis nickte. 
»Richtig. Sofern du kannst.« 
»Und wenn du es nicht schaffst?« 
Louis griff in seine Taschen. Als er die Hand herauszog, klirrten 

vier, fünf Goldstücke darin. »Ist das etwa kein würdiges Gegenstück 
zu einem erfüllten Wunsch, Kamerad?« 

Das ließ sich nicht leugnen. In Pierres Augen glitzerten 

begehrliche Funken. 

»Wie stellen wir es an, das Springen noch vor unserer Abreise 

abzuhalten? Oder wollen wir warten, bis wir wieder zurück sind?« 

»Nichts da. Was wir heut tun können, das geschieht. Gibt 

außerdem wenig, was leichter war.« 

Louis zeigte gleich, wie er sich die Durchführung dieser 

gewissermaßen privaten Konkurrenz vorstellte. Er weckte die bis auf 
zwei Mann wohlig dösende Stallwache. 

»He, ihr, habt ihr Lust, etwas zu sehen, was nicht alle Tage 

geboten wird?« 

Die Frage und ein blitzendes Goldstück machten die Stallwachen 

mobil. Jemand, der solche Reichtümer zu verschenken hatte, mußte 
einfach ein großer Herr sein, wenn er im Augenblick auch nur das 
Gewand eines Knappen trug. 

»Um was geht es denn.« 
Louis setzte die Stallknechte ins Bild. »Es dauert nicht lange. Wir 

brauchen die Rösser nur für einen einzigen Sprung. Es sei denn, mein 

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Kamerad überlegt sich die Sache und wagt auch einen Satz.« 

Pierre streckte beide Hände so abwehrend aus, als sei ihm wer 

weiß welch übles Ansinnen gestellt worden. 

»Davon ist nie die Rede gewesen, Louis. Du hast springen wollen. 

Nicht ich.« 

Louis lachte. Die Stallknechte führten die gleichen Pferde, welche 

nachmittags als Sprunghürde gedient hatten, in einen der hinteren 
Höfe. Hier sorgte der Mond für Beleuchtung. 

Louis wappnete sich. Er lief an. Im Ansprung schon erkannte 

Knappe Pierre, daß sein Kamerad den Riesensatz schaffen würde. 

Louis schraubte sich hoch. Die Technik des Sprunges, der sowohl 

in die Höhe als auch in die Weite führte, beherrschte er wie die 
Ritter. 

Sicher und ohne die aufgestellten Pferdeleiber auch nur zu streifen, 

landete der Knappe federnd jenseits der lebendigen Barriere. 

Die Stallknechte brachen in laute Beifallsrufe aus. Dann führten sie 

die Pferde eilig fort. 

Louis wandte sich an den Kameraden. »Nun, Pierre?« 
»Gratuliere, Louis. Du hast gewonnen.« 

Nicht allein die Stallknechte und die schnaubenden Pferde waren 
Zeugen der nächtlichen Darbietung gewesen. 

Als Louis hinter seinem Kameraden die Kammer betreten wollte, 

hatte er das Gefühl, jemand beobachte ihn. 

Er wandte sich um. Da stand ein heller Schatten in der Dunkelheit 

des Schloßflures. 

»Moment.« 
Louis schloß die Tür. Dies geschah so plötzlich, daß Pierre 

dümmlich hinterher kam. 

»Ist noch was?« 
»Ja, aber nichts für dich. Gute Nacht. Ich bin morgen früh zeitig 

zurück.« 

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Was Pierre sonst noch sagen wollte, ging in der Entschiedenheit 

unter, mit welcher Louis die Kammertür schloß. Der ehemalige 
Gastwirt ging auf den hellen Schatten zu. 

»Gilt das mir?« 
Eine Woge vielfältiger Wohlgerüche hüllte ihn ein. Weich sagte 

eine Frauenstimme: »Ja, das gilt dem tüchtigen Knappen, der den 
Königssprung schaffte und den ich glücklich machen will heut 
Nacht. Kommt.« 

Die Kammer war so finster wie ein abgelöschter Kohlenmeiler. 

Doch es roch überall so, wie die Frau duftete. 

Kleidung raschelte. Je länger die Augen sich an die Dunkelheit 

anpassen durften, desto mehr erkannte Louis. Von der prächtig 
eingerichteten Kammer. Und von der Frau. 

Sie hatte ihr langes Nachthemd abgestreift. Es lag jetzt zu ihren 

Füßen. Daraus wuchsen schlanke, lange Beine. Genauso beschaffen, 
wie  Knappe Louis Frauenbeine liebte. Die Hüften darüber waren so, 
daß dem guten Knappen das Wasser im Munde zusammenlief. Der 
flache Leib mit dem unter dichtem Haar versteckten Schoß lockte 
Louis. Die Brüste der Frau hatten gleichfalls das genau richtige Maß. 
Sie schienen fest zu sein. Die junge Frau hatte kupferblondes Haar. 
Das fiel ihr offen und lang bis fast auf die Hüften. Das aber, was den 
Knappen Louis jetzt am meisten interessierte, konnte er nicht sehen. 
Das Gesicht der Frau steckte unter einer Samtmaske. 

Ihre angenehme Stimme sprach leise zu ihm. »Willst du nicht 

meinem Beispiel folgen und dich ebenfalls ausziehen, Held der 
Nacht, die uns gehört?« 

Louis wollte ihr die Maske vom Gesicht streifen. Doch dies war 

unmöglich. Sie entzog sich ihm. Auf eine Weise, die keinen 
Widerspruch zuließ und den Respekt verlangte. 

»Schwöre, daß du die Maske so lange auf meinem Gesicht lassen 

wirst, bis ich selber sie lüfte.« 

Nun, ihr Anblick hatte dem guten Louis so eingeheizt, daß er ihr 

unbedenklich weit schwerere Dinge versprochen haben würde, als 
das, was sie verlangte. 

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»Versprochen!« 
»Du sollst nichts versprechen, sondern schwören!« 
»Bei was?« 
»Bei deinem Schwert und bei der Lust der Minne, die du so 

schätzt, bei deiner Männlichkeit von mir aus.« 

Höchstens der Blitz bewegte sich schneller, als Knappe Louis, der 

jetzt ganz aus den Kleidern fuhr. Die Frau stand dicht neben ihm. Sie 
lachte verhalten. In diesem Lachen schwangen ausgesprochen 
wollüstige Töne mit. 

Louis trug die Frau zum Lager. Dort entzog sie sich ihm. Sie lachte 

gurrend. Unverkennbar stieg ihre Erwartung. 

»Erst wollen wir richtig zärtlich zueinander sein, nicht wahr?« 
»Und sie wies den Knappen ein. Sie zeigte ihm ohne Scheu, wie 

sie die Liebe am  meisten schätzte. Louis, der geglaubt hatte, erfahren 
zu sein, lernte in dieser Nacht. Es dauerte lange, bis der Moment 
kam, welchen Louis so sehr ersehnte. Danach lagen sie ruhig 
nebeneinander. Sie streichelten sich und waren dankbar für den 
Genuß, den sie sich bereitet hatten. »Ihr reitet morgen nach Orplid, 
nicht wahr?« 

Louis sah keinen Grund, aus dem Reiseunternehmen ein 

Geheimnis zu machen. Sie lebten hier in Camelot. Da konnte man 
den Menschen vertrauen. 

»Ja. Interessiert es dich? Kennst du das Herzogtum?« 
Die Frau kuschelte sich eng an den Mann. Sie nahm Louis' Hände 

und legte sie auf ihre Brüste. 

»So hab ich's gern. Ja, ich kenne Orplid. So, wie man eben das 

Land kennt, in dem man geboren und aufgewachsen ist.« 

»Und wie heißt du? Wo kommst du her?« 
Wieder lachte sie. Auf diese rätselvolle, verschleiernde Weise. 

Louis meinte, jetzt, wo sie einander doch so gut und gründlich 
kannten, brauche sie aus ihrem Namen und ihrer Person kein 
Geheimnis mehr zu machen. 

»Alles zu seiner Zeit, mein starker, flinker Freund. Irgendwann 

will ich dir sagen, was du wissen mußt. Vorläufig jedoch ist es noch 

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weit bis dahin. Wen sucht ihr in Orplid, die Ritter und du?« 

»Da sind außer den Herren Roland und Volker noch der alte 

Waidenhold sowie mein Kamerad Pierre zu nennen. Ja, was suchen 
wir genau? Eigentlich geht es nur darum, herauszufinden, warum 
ihre Durchlaucht, die Herzogin Inger, die Briefe ihrer königlichen 
Halbschwester nicht beantwortet.« 

»Und weiter?« 
»Daneben sollen wir für Frieden sorgen in dem Land. An den 

Grenzen herrscht ja Krieg, wie man hört.« 

»Und was sollt ihr mit dem obersten Befehlshaber machen, mit 

Ortwin Sengal?« 

Für Sekunden schien Louis jegliche Liebeslust vergangen zu sein. 

Er wiederholte den Namen. »Ortwin Sengal?« 

Die Frau mußte mit König Artus und seiner Königin ganz hübsch 

vertraut sein, wenn sie so viele Details über Orplid wußte. 
Andererseits kam sie ja daher. Vielleicht wußte sie genug über die 
inneren Verhältnisse im Herzogstum, um Wert oder Unwert der 
einzelnen Machtverantwortlichen abzuschätzen. 

»Der war Freund und Vertrauter Herzog Berwins, als der Herzog 

noch lebte. Manche behaupten sogar, er wäre der Milchbruder 
Berwins gewesen.« 

Sie wußte tatsächlich genau Bescheid. Wer klug war, ließ keine 

Möglichkeit außer acht und bediente sich ihrer. Die Reise nach 
Orplid und von da aus vielleicht noch in andere Richtungen, würde 
eine Fahrt durch Feindesland werden. Darüber machte sich Louis 
nichts vor. Der Knappe hatte häufig genug für seinen Herrn Roland 
den Kundschafter gemacht. 

»Warum willst du mich aushorchen?« 
Louis' Frage kam plötzlich. Die Frau wich nicht aus. 
»Weil es wahrscheinlich so ist, daß ich euch helfen kann. Auf 

jeden Fall müßt ihr nämlich zum Norden hin. Herzogin Inger und ihr 
Söhnchen findet ihr nicht mehr in Orplid. Erfüllst du mir einen 
Wunsch?« 

Knappe Louis ließ sich nicht gerne im Bett zu Versprechungen 

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drängen. »Natürlich bin ich dir gern zu Gefallen. Aber ehe ich etwas 
verspreche, muß ich schon wissen, um was es sich handelt.« 

Sie sprach hauchleise in sein Ohr. 
»Wenn du ihn siehst, wenn du Ortwin Sengal begegnest, so stoß 

ihm dein Dolchmesser ins falsche Herz. Und drehe den Stahl um, 
wenn er bis zum Heft im Fleische sitzt.« 

Wie mußte die Frau diesen Ortwin Sengal hassen. Sie sagte noch 

mehr. »Komm zu mir. Erfülle mich mit deiner Stärke und mache die 
Nacht für uns beide unvergeßlich schön.« 

Sie weiß viel mehr, als ich jetzt ahnen kann. Ich muß heraufinden, 

was alles es ist und es für meinen Herrn und uns alle nutzbar 
machen. So ging es Louis durch den Kopf. 

Die Nacht war lang. Louis konnte sich nicht entsinnen, schon 

jemals bei der Liebe eingeschlafen zu sein. Heute erlebte er auf 
diesem Gebiet eine Premiere. 

Er hielt die ebenso erfahrene wie reife Frau noch fest in den Armen 

und spürte sie in jeder Faser, als bleischwere Müdigkeit, um nicht zu 
sagen Erschöpfung, sein Bewußtsein auslöschte. Das war wie ein 
Schlag mit einem schweren Streithammer. 

Als der Knappe aufwachte, wummerten wuchtige Faustschläge 

gegen die Kammertür. Nur mühsam rappelte sich Louis hoch. Der 
Bettplatz neben ihm war leer. Doch die feinen Leinentücher rochen 
nach dem Parfüm der Frau. 

»Verflixt!« 
Louis federte aus dem Bett. Er eilte zur Tür. Sein Kopf schmerzte, 

als habe er gestern mehr Wein getrunken, als er vertrug. 

»Warum hast denn du dich eingeschlossen, Louis?« 
Knappe Pierre stand vor der Tür. Er machte sein Anliegen 

dringend. 

»Bist du etwa wieder eingeschlafen? Du hast mir doch ganz 

vernünftig Antwort gegeben, als ich dich das erste Mal weckte. Mach 
schon auf! Diesmal geh' ich nämlich keine Ruh', bis ich dich richtig 
wach weiß.« 

Louis mußte zugeben, keinen Schlüssel zu haben. 

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Pierre brach in ein wahrhaft klassisches Gelächter aus. Das, was er 

hörte, steigerte Louis Mißmut bis zum Gehtnichtmehr. Er konnte sich 
plastisch vorstellen, wie Pierre herumtanzte und sich auf die 
Schenkel klatschte. 

»Wir haben nur noch eine knappe halbe Stunde bis zum Abmarsch. 

Die Herren sitzen schon beim Frühstück. Sieh endlich zu, daß du 
fertig wirst.« 

Louis hielt es für das Beste, weder Schlosser noch Schmied zu 

bemühen. Er würde sich anziehen und aus dem Fenster turnen. Da sie 
heute ihre Reise begannen, kam er bestimmt nicht mehr dazu, nach 
der verschwundenen Frau zu fahnden. Er konnte die Geschichte dre-
hen und wenden wie immer er wollte, sie hatte ihn hereingelegt. Das 
stand fest. 

Bitter schoß es ihm durch den Kopf, wie leicht es doch war, einen 

ausgewachsenen Mann zu fangen. Man brauchte ihn nur mit einem 
willigen Weibchen zu locken. Der Köder zog immer. 

Übrigens konnte er sich die Kletterpartie durch das Fenster und am 

Spalier hinab sparen. 

Er raspelte und feilte und drehte am Türschloß. Dann ging die Tür 

unversehens auf. Knappe Pierre schaute in den Raum. Schnüffelnd 
zog er die Nase kraus. 

»Na, was dich fortgelockt hat, brauche ich nicht lange zu raten. Ich 

rieche es noch.« 

»Wenn du weiter so viel dummes Zeug redest, wird deine Nase für 

die nächste Zeit komplett ausfallen. Du kriegst nämlich von mir was 
drauf.« 

Knappe Pierre entrüstete sich. »Ist das der Dank für meine prompte 

und schnelle Hilfe?« 

»Ich wäre auch so aus der Klemme gekommen«, behauptete 

Knappe Louis. 

»Roland hat übrigens schon nach dir gefragt!« 
»Von mir aus!« Louis zog sich fertig an. Was sein Herr über ihn 

dachte, war ihm beileibe nicht so gleichgültig, wie er tat. 

»Sind die Sachen fertig?« 

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»Die haben Waidenhold und ich gepackt. Auch die Reservewaffen 

und die Reservepferde sind ausgesucht und stehen bereit.« 

Knappe Pierre hatte seine Zeit wahrhaftig nicht verschlafen. 

Langsam kam Louis wieder zu klarem Denken. 

»Bist schon in Ordnung«, raunte er dem Kameraden zu. »Wie hast 

du die Tür aufgekriegt?« 

»Mit einem Dietrich!« 
Im Schloß waren nur die Leute wach, die zur Küche gehörten. Es 

roch nach Frühstück. 

Louis meldete sich bei seinem Herrn. 
»Na? Ausgeschlafen, Louis?« 
Waidenhold musterte den Knappen. Ein Lächeln umspielte seine 

bärtigen Lippen. Der Waffenmeister brauchte keine Fragen zu 
stellen. Er wußte auch so, womit Louis in der verflossenen Nacht 
beschäftigt gewesen war. 

»Ja.« 
»Und wie heißt die ... Schöne?« 
»Keine Ahnung!« 
»Was? Hast du etwa über Ziel und Zweck unserer Fahrt 

geplaudert?« 

Louis schluckte. 
Doch er blieb tapfer bei der Wahrheit. »Ich habe natürlich 

angenommen, sie sei hier aus dem Schloß! Wenn ich es richtig 
bedenke, so bin ich ihr auf den Leim gehüpft wie ein rechter 
Gimpel.« 

Nach und nach mußte Louis preisgeben, wie die Zusammenhänge 

waren. Pierre und Waidenhold wandten sich ab. Ihre Schultern 
zuckten, daß Roland mit dem ehemaligen Gastwirt Louis Mitleid 
bekam und sich auf seine Seite stellte. 

»Das hätte jedem von euch genauso passieren können. Wenn ihr 

einen wehenden Rock an hübschen Beinen gewahrt, seid ihr schon 
dahinter her. Eigentlich kann es jedem von uns so ergehen. Daß 
Louis es nicht einmal fertig brachte, ihr die Maske abzunehmen, 
spricht für die Durchtriebenheit der Frau. Daß sie ihn hierher in die 

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Gästezimmer lockte, könnte jede andere auch fertig bringen. Denn, 
wenn die Hofhaltung keinen Besuch hat, stehen die Räumlichkeiten 
ja leer. Meine Meinung ist die, daß die Dame unseren Weg nochmals 
kreuzen wird, und dann müssen wir dreifach gewappnet sein. Kopf 
hoch, Louis. Jedenfalls scheint sie keine Anhängerin des 
Herzogtumsverwesers Sengal zu sein. Was unter Umständen ein 
ziemlicher Vorteil ist. Sobald du gefrühstückt hast, brechen wir auf.« 

So geschah es. Niemand aus Camelot verabschiedete sie. Das war 
Roland genauso recht wie Volker. 

Waidenhold machte den Vorreiter. Danach kam Roland auf seinem 

Samum. Neben ihm ritt Volker vom Hohentwiel. Die beiden 
Knappen bildeten den Schluß. 

Louis mochte sich nicht besonders wohl im Sattel fühlen. Doch 

seine Sinne waren in Ordnung. Er beugte sich vor, als richte er etwas 
am Zaumzeug. Dabei raunte er seinem Kameraden zu: »Voraus 
halbrechts steckt wer im Busch und verfolgt jede Bewegung von 
uns.« 

Sie hatten gerade die Grenze zum ersten Nachbarn im Westen 

passiert. Das Land lag zwischen Camelot und Orplid. Die Knappen 
musterten die Ritter und den voraus trabenden Waidenhold. Roland 
und Volker war offenbar nichts aufgefallen.  Der Waffenmeister 
mußte mit seinen Gedanken ebenfalls  ganz  woanders sein, als bei 
dem augenblicklichen Unternehmen. 

Wahrscheinlich rechnete niemand damit, so nahe bei Camelot 

angegriffen zu 

werden. Vielleicht würden die unsichtbaren 

Beobachter auch gar nicht angegriffen haben. Doch Knappe Louis 
brachte die Dinge ins Rollen. Er hielt die Ungewißheit nicht mehr 
aus. 

»Das will ich genau wissen.« 
Er sprengte ohne weitere Erklärung auf den Buschrand zu.  Er sah 

nichts. Hatte er sich  etwa nur eingebildet, daß da jemand auf der 

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Lauer liege? Er untersuchte das kugelig gewachsene 
Brombeergebüsch. Und er gewahrte die leichten Druckstellen im 
Gras. Überhaupt, dieses Gras hatte es in sich. Es war so niedrig 
gehalten, als hätten verschiedene Rehrudel hier ihren Lieblingsplatz 
zum Äsen. 

Knappe Louis lächelte. Er erkannte das Quadrat im Gras. Da hatte 

irgend jemand, der sich auf dergleichen Dinge verstand, einen 
Unterschlupf gebaut. Lief der Beobachtungsposten Gefahr, entdeckt 
zu werden, brauchte er nur den in den Rasen säuberlich 
eingebastelten Deckel zu lüften, ins Versteck zu kriechen und 
abzuwarten, bis die Luft wieder rein war. 

Louis band sein Pferd an. Dann ging er auf Zehenspitzen zu dem 

Quadrat im Rasen. Behutsam griff er zu. Klappte dann mit 
energischem Griff die Abdeckung hoch und schnellte gleichzeitig 
mit dem Oberkörper zurück. Es brachte wenig ein, etwaigen 
Schützen ein Ziel für ihre Pfeile zu bieten. 

Die Kalkulation stimmte. Das Viereck ließ sich tatsächlich 

hochklappen. Treppenstufen kamen zum Vorschein. Sie waren 
sauber mit Holzleisten versehen. Die Konstruktion war von 
jemandem gebaut worden, der sein Fach verstand. 

»Komm raus, wer du auch sein magst, Kamerad.« 
Louis Stimme hallte in dem ausgebauten Erdloch wider. Dem 

Knappen wurde unbehaglich. Er pfiff schrill auf den Fingern. Das 
Signal erreichte alle, die zur Gruppe gehörten. Waidenhold verhielt 
auf der Stelle. Volker und Roland indes, die beiden Ritter, trabten 
neugierig heran. 

»Das kennen wir doch. Sollte man glauben, daß sich Finnmarker 

so nahe bei Camelot herumtreiben?« 

Urplötzlich fegten dicht hintereinander drei grellbunte Wollknäuel 

aus dem Loch. Krummschwerter blitzten um die Wette mit kurzen 
Jagdlanzenspitzen. Stahl klirrte gegen Stahl. Die drei vornehmlich in 
rot und blau gekleideten, kleinwüchsigen Männer fielen über Louis 
her. Offenbar glaubten sie, es nur mit ihm zu tun zu haben. Sie taten 
baß erstaunt, als ihnen plötzlich vier Männer gegenüberstanden. 

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Waidenholds Aufmerksamkeit wurde durch das, was er da verfolgen 
mußte, absolut gefesselt. 

»Gebt ihnen, was sie brauchen.« Seine Donnerstimme hallte durch 

den Wald. 

Die Drei, welche da aus dem Versteck gekommen waren, hatten 

Erfahrung. 

Das wurde den Cameloten bereits nach den ersten Schwerthieben 

klar. 

Die Buntgekleideten stellten sich so auf, daß einer den ändern 

abschirmte. Sie standen Rücken an Rücken. So bildeten sie eine 
Einheit, der schwer beizukommen war. 

Waffenmeister Waidenhold hielt es nicht mehr aus, nur Zuschauer 

zu sein. Er sprengte herbei. 

»Wer wird sich denn von solchem Prachervolk lang aufhalten 

lassen?« 

Sprach's und schleuderte seine Streitaxt, die Franziska. Mit Würfen 

dieser Waffe hatte Waidenhold stets Glück. Das heißt, er besaß 
hinlänglich Erfahrung im Umgang mit der Streitaxt. Es verging kaum 
ein Tag, ohne, daß Waidenhold übte. Das Beil wirbelte durch die 
Luft. Die breite Schneide blitzte im Tag. Der Stahl riß die 
Dreiergruppe der Finnmarker auseinander. Der Mann, auf welchen 
Waidenhold gezielt hatte, sank zu Boden. Die beiden übrigen 
kümmerten sich nicht weiter um den Gefallenen. Hitzig drangen sie 
auf die Cameloten ein. Sie hatten Bewegungen und Mienen, als seien 
sie bereit und fähig, es mit der ganzen Welt aufzunehmen. 

Der Strauß war so plötzlich über sie gekommen, daß keiner der 

Männer um Ritter Roland seinen Helm oder die Sturmhaube hatte 
aufsetzen können. Sogar Waidenholds Helm baumelte am 
Sattelknauf. Louis wurde dieser Mangel als erstem schmerzhaft 
deutlich. Zischend umfächelte eine scharfe Klinge seinen Kopf. Das 
Haupthaar wurde ihm auf Spannenlänge gestutzt. Daneben begannen 
seine Ohrspitzen unvermittelt so zu brennen, als seien sie loderndem 
Feuer zu nahe gekommen. 

»Meiner Seel, Louis, der ungehobelte Waldkater aus dem Norden 

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spitzt dir die Ohren an.« 

Verunstaltungen gerade der Ohren galten als denkbar großer 

Schimpf. So wurden unverbesserliche Betrüger dadurch kenntlich 
gemacht, daß der Henker ihnen Kerben in die Ohrspitzen schnitt. 
Nach der dritten Verurteilung wegen des gleichen Betrugsdeliktes, 
ging ein Ohr verloren. Begegnete man in jenen Zeiten jemandem, der 
keine Ohren mehr hatte, so war man schon durch diesen 
Augenschein hinreichend gewarnt. Auch wenn einer durch kein 
Zureden dazu zu bringen war, die Kopfbedeckung abzusetzen, so 
hieß das, daß man einen vor sich  hatte, der von irgendeinem 
Scharfrichtersknecht zum Schlitzohr gemacht worden war. 

Louis brüllte wie ein Stier, den rote Wut überkommt. 
»Euch werde ich's zeigen.« 
Er drang auf die Finnmarker ein wie das Wetter, das dem 

Sonnentag zu Leibe geht. Und er hatte Glück. Sein Gegner wollte 
besonders schlau sein und Louis unterlaufen. Doch das Manöver 
klappte nicht. Der Finnmarker rannte voll ins Schwert des Knappen. 
Das verhalf Louis zu einem leichten Sieg. 

Roland brauchte genausowenig einzugreifen wie sein Freund 

Volker. Waffenmeister Waidenhold preschte wie das schwere Wetter 
heran. Doch auch ihm blieb nichts mehr zu tun. Knappe Pierre hatte 
den letzten Gegner angenommen und geworfen. Er fiel mit einem 
wahren Netz von Schwerthieben, Dolchstößen, Fußtritten und 
Flüchen über den Finnmarker her. Er sah einem Berserker ähnlich. 
Schaum stand vor seinem Mund. Genauso, wie man es jenen Recken 
nachsagt, die erst durch den Genuß von reichlich Bilsensaft in die 
Stimmung gerieten, die sie ihre Schlachten so siegreich schlagen 
ließ. Der Finnmarker ging zu Boden. 

Die drei Finnmarker als Bollwerk waren beseitigt. Ritter Roland 

sah zuerst, was da jetzt als Nächstes auf sie zukam. Als seien sie glatt 
aus dem Erdboden gewachsen, sperrten Reiter den Weg der 
Cameloten. Louis zählte die Gegner. Er kam auf zwanzig stämmige 
Männer. Sie hockten in der für Finnmarker typischen Weise im 
Sattel. Vornüber gebeugt und mit denkbar hochgeschnallten 

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Steigbügeln. Das gab ihnen das Aussehen von reitenden Affen. 
Würden sie zu Pferde angreifen? Da kamen die Herren aus Camelot 
hübsch ins Gedränge. Denn jeder hatte vier Gegner. 

Die rotblau gekleideten Finnmarker glitten aus den Sätteln. Wie 

verabredet nahmen sie die Hornbogen vom Rücken. Die straff 
gespannten Sehnen schrillten, als die kurzschäftigen, gefiederten 
Pfeile darauf gelegt wurden. Ritter Roland und seine Freunde 
verschanzten sich blitzschnell hinter den Schilden. Sirrend kamen die 
Pfeile an. Nur Roland und Waidenhold hielten die Schilde instinktiv 
so, daß die Geschosse abprallten. In die  Schilde der ändern drangen 
die Pfeile ein. Roland und seine Freunde stapften voran. Als erster 
ging Ritter Roland. Dann kamen Volker und Waidenhold. Die beiden 
Knappen machten den Schluß. 

Wieder zischte eine Ladung Pfeile heran. 
»Schräg halten«, kommandierte Roland. Sie folgten der Weisung. 

Und prompt sirrten die abprallenden Geschosse himmelwärts. Sie 
landeten irgendwo im Wald. Dreimal noch wehrten die aus Camelot 
die Pfeilsalven ab. Dann waren sie am Mann. Beim ersten Klang 
aufeinander prallenden Stahls scherten die Knappen aus. Sie 
sicherten die Flanken. Roland, Volker und Waidenhold wurden tätig. 
Ihre Schwerter mähten über die Nordmarker. Die Finnmarker 
ihrerseits versuchten, aus ihrer Übermacht Kapital zu schlagen, 
solange sie noch in der Überzahl waren. Das Vorhaben gelang nur 
halb. Denn die Knappen Louis und Pierre verhinderten, daß die 
Nordmarkmänner den Rittern und dem Waffenmeister in den Rücken 
fielen. 

Nach dem ersten Zusammenprall standen nur noch fünfzehn 

Finnmarker gegen die Cameloten.  Es dauerte nicht lange, da waren 
weitere fünf Nordleute ausgeschaltet. Dann fochten sie gleich stark 
fünf gegen fünf. Geschrei und Kampfeslärm erfüllten den Wald und 
das Land. 

Obschon er kämpfte und dabei alle Wachsamkeit seiner Sinne 

brauchte, vergaß Waidenhold nicht, die Umgebung zu mustern. So 
bemerkte er, daß zwei Reiter in höchster Gangart durch den Wald 

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sprengten. Sie mußten die Hufe ihrer Pferde so präpariert haben, daß 
der für Galopp typische Hufschlag fast unhörbar wurde. Waidenhold 
deutete mit dem Schwerte dahin. »Schau einmal nach, was es mit den 
Vögeln auf sich hat, Louis.« 

Im Nu hatte Knappe Louis erfaßt, um was es da ging. Ein 

gewappneter Mann und eine Frau strebten dort in sichere Weiten. 
Eine Frau! Siedendheiß fiel dem Knappen seine Bettgenossin ein, die 
sich so gekonnt empfohlen hatte. Louis schlug seinem Pferd die 
Zügel ermunternd auf den Hals. Er war mit einem Satz in den Sattel 
gesprungen. Das Pferd wieherte gellend laut, ging hoch, drehte sich 
auf der Hinterhand und bewegte sich dann genau in die Richtung, 
welche Louis angab. 

»Hei, die haben wir gleich.« 
Louis Versprechen kam etwas zu voreilig. Denn das Paar, welches 

er verfolgen wollte, gehörte zu denen, welche vom Reiten wirklich 
etwas verstehen. Außerdem waren sie listig. Sie schlugen Haken wie 
gescheuchte Hasen. 

Unvermittelt waren sie verschwunden. Louis wußte, daß 

Finnmarker und alle, die zu ihnen gehören, äußerst tückische 
Menschen sind. Der Knappe wurde langsamer und vorsichtiger. Er 
untersuchte den weichen Waldboden nach Spuren. Hier und dort und 
drüben sah er genau, wo die beiden Flüchtlinge auf ihren flinken 
Pferden geritten waren. Urplötzlich brach die Spur ab. Gab es hier 
einen Zugang zu dem Versteck, das er drüben entdeckt hatte? Oder 
lauerten sie etwa hinter dem Kuschelgesträuch dort am Rand der 
Lichtung? 

Ehe Louis dazu kam, einen Entschluß zu fassen, flog etwas 

Dunkles durch die Luft. Es taumelte wie das Verhängnis selber 
klobig auf Louis zu. Der Knappe wurde am Kopf getroffen. Ohne 
einen Laut schwankte er nach rechts,  glitt nach links und rutschte aus 
dem Sattel. Sein Pferd beschnupperte ihn. Im Gras lag ein 
Streitkolben, ein Instrument ähnlich einem Morgenstern. Offenbar 
hatte Louis Glück im Unglück gehabt. Denn der Streitkolben hatte 
seinen Kopf mit dem stumpfen Stiel getroffen. Wäre die Waffe mit 

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dem runden, stachelbesetzten Waffenigel gelandet, niemand auf der 
Welt hätte Louis noch retten können. 

Waffenmeister Waidenhold war als erster bei dem Knappen. Er 

wies Pierre an. 

»Halt die Augen offen. Sonst fallen die noch  mit Pfeilen über uns 

her. Von Finnmarkern ist alles zu erwarten, nur nichts Gutes.« 

Inzwischen hatten die Finnmarker endgültig verloren. Die letzten 

zwei ergaben sich. Sie konnten sich Roland und Volker verständlich 
machen und wußten auch genug von ritterlichem Brauch. 

»Wir bitten um Quartier.« 
Ihre Sprache war kehlig hart. Sie ließen ihre Waffen fallen und 

hoben die Arme hoch. Alle beide trugen hervorragend gearbeitete 
Kettenhemden. 

Da sie sich in der vorgeschriebenen Form ergeben hatten, stand 

ihnen schonende Behandlung zu. 

»Wenn wir Gefangene mit uns schleppen, belasten wir uns mehr, 

als die Mission verträgt.« 

»Wir können sie auch nicht nach Camelot zurückschaffen. Es muß 

irgendwo in der Nähe, im nächsten Dorf zum Beispiel, eine 
Möglichkeit geben, sie zu verwahren, bis wir heimreiten.« 

Zunächst trieben sie die beiden Nordmarker dorthin, wo 

Waidenhold den vom Pech betroffenen Louis untersuchte. 

Der Waffenmeister brummte: 
»Es hat ihn ziemlich derb erwischt, doch es ging nicht ans Leben. 

Drei Wochen Bettruhe, und er ist wie neu.« 

Man würde den guten Louis dort lassen, wo die beiden Gefangenen 

ihre Verwahrung fanden. 

Verwahrung. Dorf. Siedlung. Das war leicht gedacht, aber recht 

beschwerlich zu finden. 

Waidenhold half dem Knappen Pierre, die erbeuteten Waffen zu 

verladen. 

Für Louis wurde eine Trage gezimmert. Zwei Reservepferde 

trugen das Gestell zwischen sich. Es ging weiter. 

Die Sonne stand hoch am Himmel. 

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Sie brauchten einen vollen Tag, bis das erste Dorf in Sicht kam. Die 
Männer und Frauen arbeiteten gemeinsam mit den Kindern auf den 
Feldern. Jetzt war die Zeit, wo das Gemüse geerntet wurde. 

So ganz sicher mußten sich die Menschen nicht fühlen. Sie hatten 

jedenfalls Wachen aufgestellt. Die meldeten die Gruppe aus 
Camelot. Die Menschen steckten die Köpfe zusammen. Dann 
bildeten sie drei, vier Gruppen. Sie sahen Ritter Roland und seiner 
Begleitung entgegen. Roland hob grüßend die gepanzerte Hand, als 
er seinen Samum zügelte. Die Menschen rückten noch enger 
zusammen. Ihre Augen blickten ernst. Angst ging von ihnen aus. 

Roland trug sein Anliegen vor und bot Bezahlung aller 

Aufwendungen und Mühen an. 

Sie winkten ab. 
»Wenn wir etwas für euch täten, so geschähe es aus Mitgefühl und 

bedürfte keines besonderen Lohnes. Doch wie die Dinge liegen ...« 

Sie wollten nicht heraus mit der Sprache. Ritter Roland fragte 

ihnen ihre Sorgen geduldig ab. Es war so, daß sie die Kriegsmacht 
Orplids fürchteten. 

»Sind die bunten Krieger der Orpliden denn schon hier im 

Grenzland gewesen?« 

Sie bestaunten die Arglosigkeit, mit welcher Ritter Roland fragte. 
»Sie kommen regelmäßig. Und sie erheben sogar Steuern bei uns. 

Wer sich weigert, zu bezahlen oder für sie tätig zu werden, hat gar 
bald Grund, seine Haltung zu bedauern.« 

Es mußte Beispiele dafür geben, daß die aus Orplid mit 

ausgesprochener Härte gegen alles vorgingen, was sich ihnen in den 
Weg stellte. 

»Was sollten wir dagegen tun? Etwa den großen König in Camelot 

um Beistand bitten?« 

So fragten einige. Andere drückten sich noch klarer aus. 
»König Artus in Camelot feiert Feste und hält auf seiner prächtigen 

Burg Turniere ab. Der ist außerdem mit den Machthabenden in 

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Orplid verwandt. Er wird nichts gegen sie unternehmen.« 

Ritter Rolands Gesicht wurde zornrot. 
»Recht oder Unrecht. Danach urteilt der König, dem ich mich 

verschrieben habe. Niemals wird er auf Verwandtschaft Rücksicht 
nehmen. Das sollte eigentlich jeder wissen, der Camelot kennt.« 

Die Leute sagten offen, wo sie der Schuh drückte. Kein Zweifel, 

sie sagten die Wahrheit. Danach mußte es so sein, daß die Orplider 
auch hier durch Agententätigkeit und direkten Einsatz auf die völlige 
Besetzung des Landes hinarbeiteten. 

Je länger sie zuhörten, desto unwilliger wurden die Mienen 

Rolands und Volkers. Waidenhold, der Waffenmeister, sprach das 
erlösende Wort. 

»Gut, daß ausgesprochen ist, wohin dieser Ortwin Sengal und seine 

Kräfte zielen. Jetzt wissen wir, wo wir ansetzen müssen, um den 
Feind wirkungsvoll zu packen.« 

Waidenhold machte eine Geste, als werfe er irgend etwas fort. 
»Laßt denen hier ihre Ruhe, wenn sie fürchten, wir unterlägen 

gegen den Feind. Sie werden dann auch nicht an unserer Seite sein 
und mit uns feiern, wenn wir über die Gegner triumphieren. Im 
nächsten Dorf finden wir willigere Helfer.« 

Die temperamentvolle Art, in der Waidenhold sprach, forderte den 

Widerspruch der Dörfler heraus. 

»Wer sagt denn, daß wir denen aus Camelot Hilfe versagen? Es 

muß doch erlaubt sein, eins gegen das andere abzuwägen, oder?« 

Die Belohnung, welche Ritter Roland angedeutet hatte, lockte, 

mochten sie das auch noch so energisch und weit von sich weisen. 
Sie betonten, eigentlich mit König Artus und den Seinen stets gute 
Erfahrungen gemacht zu haben. Ihre Augen funkelten begehrlich. Es 
wollte ihnen so schnell nicht einfallen, wie sie den Ritter dazu 
bringen konnten, eine etwaige Belohnung wieder ins Gespräch zu 
bringen. 

»Der König aus Camelot war immer ein großzügiger Herr. Laßt 

den Verwundeten und den Gefangenen bei uns, ihr Herren. Wir 
wollen beides gut pflegen und versorgen, bis sie abgeholt werden.« 

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Roland nahm an. Er wählte mit Bedacht ein Hofwesen, welches 

mitten im Ort lag. Hier war im Handumdrehen Hilfe zur Stelle, wenn 
beispielsweise die Orplidkrieger auftauchten. 

Um ganz sicher zu gehen, versprach Roland gebührende 

Bezahlung, sobald Louis und die gefangenen Nordmarker abgeholt 
wurden. Als Vorschuß gab er dem Besitzer des Hauses einen 
Golddukaten. 

Mit einem weiteren Dukaten wandte Roland einen ganz 

besonderen Trick an. Er hielt die blitzende Münze hoch. Dann packte 
er mit beiden Händen zu. Es war ihm nicht anzusehen, ob das, was er 
da tat, schwer oder leicht war. Das Goldstück brach plötzlich in zwei 
ziemlich gleiche Stücke. Eines warf Roland dem Hausbesitzer zu. 

»Für den Fall, daß ich selber nicht kommen kann, wird der, den ich 

schicke, sich durch das halbe Goldstück ausweisen. Du brauchst die 
beiden Hälften nur gegeneinander zu halten. Klar?« 

»Vollkommen verstanden, Herr Ritter.« 
Es stand dem Hausbesitzer auf der Stirn, daß er diese Goldmünze, 

die Roland aus Camelot vor ihrer aller Augen zerbrochen hatte, 
niemals hergeben würde. 

Erstaunlich, wie sehr das Beispiel Schule machte. Jetzt boten sich 

immer mehr an. Sie erklärten, grundsätzlich helfen zu wollen und 
überhaupt mit dem Herzen auf Seiten der Cameloten zu stehen. Brot 
und Salz, die uralten Zeichen guter, gastlicher Aufnahme, wurden 
gebracht. Ritter Roland und seine Begleiter nahmen davon. 

»Bleibt noch bei uns. Vielleicht ist morgen schon der Zustand 

eures Kameraden so, daß er mit euch weiterziehen kann.« 

Roland winkte ab. 
»Schönen Dank, aber das geht leider nicht. Wir haben schon zuviel 

Zeit verloren. Was ich noch fragen wollte, war da in letzter Zeit eine 
Frau mit den Sendboten Orplids unterwegs und hat bei euch hier Rast 
gemacht?« 

Sie antworteten völlig arglos. »Eine Frau? Nie. Manchmal zogen 

schon Mädchen von hier und da mit den Nordmarkern. Doch das 
waren immer andere Begleiterinnen.« 

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Die Orplidischen Krieger erschienen nur, um Steuern zu erheben 

oder Naturalien zu beschlagnahmen. 

»Auch auf gute Pferde waren sie erpicht. Damit aber konnten wir 

leider so gut wie nie dienen. Wir sind Fischer. Die freie Zeit füllen 
wir mit Ackerbau aus. Der eine oder andere hält auch Kühe und 
Ziegen. Der Milch wegen.« 

Pierre trennte sich nur schwer von seinem Kameraden. 
»Wer soll unseren Louis pflegen? Er ist doch so gut wie hilflos.« 
Ritter Roland blieb bei den einmal getroffenen Anordnungen. 
»Louis ist zäh und weiß sich wohl zu helfen.« 
»Und wenn sich wer, der im Sold der Orplidischen  steht, an ihm 

vergreift?« 

»Waidenhold wird es schon nicht an eindrucksvollen Mahnungen 

fehlen lassen, wie ich ihn kenne.« 

Während er das sagte, sah Roland seinen Waffenmeister 

bedeutungsvoll an. Waidenhold verstand. Jetzt, wo die Dörfler 
ziemlich komplett versammelt waren, ließ sich eine Darbietung 
anbringen, welche auch Übelgesinnte zu Wohlverhalten bringen 
konnte. 

Die stärksten Dörfler herauszufinden, war ein Kinderspiel, welches 

auf den ersten Blick gelang. Zwei davon standen zufällig dicht 
nebeneinander. Waidenhold ging auf die beiden zu. 

»Nichts für ungut!« 
Schon hatte er die Männer gepackt. Da half kein Zappeln und kein 

Sträuben. Sie wurden hochgestemmt und nach allen Seiten 
geschwenkt. Als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten, 
machten sie die Mienen von Männern, welche einer schweren Gefahr 
entronnen sind. Waidenhold aber war mit seiner Demonstration noch 
nicht fertig. Er zeigte auf die uralte Linde mitten auf dem Dorfplatz. 
Irgend jemand hatte den dicken Stamm mit einer Zielscheibe 
versehen. 

»Wetten, daß mein Speer genau den schwarzen Punkt in der Mitte 

trifft?« 

Es meldete sich niemand, der hätte wetten wollen. Waidenhold 

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holte aus und warf seinen Speer. Wie angesagt, fuhr die schmale 
Framspitze mitten ins Scheibenzentrum. 

Die Männer spendeten Beifall. Auf diese Weise hofften sie, den so 

unbändig starken und erfahrenen Waffenmeister freundlich zu 
stimmen. Waidenhold lachte. 

»Jetzt schaut genau hin. Meine Franziska wird den Ger-Schaft in 

der Mitte treffen und spalten.« 

Der Waffenmeister holte kurz aus. Wuchtig flog die Streitaxt. Sie 

wirbelte nicht, sondern traf mit der Schneide voran den Speer. Der 
Eschenschaft wurde gespalten. Die Axt fuhr noch so tief ins 
Lindenholz, daß keiner der Dorfmänner die Waffe herausziehen 
konnte. Vergeblich forderte Waidenhold sie auf, alle Scheu 
abzulegen und kräftig zuzupacken. Schließlich legte der 
Waffenmeister selber Hand an. Es war ihm keine Anstrengung 
anzusehen. Doch es dauerte lange, bis die Axtschneide mit einem 
ächzenden Laut sich vom Lindenholz trennte. Waidenhold steckte 
die »Franziska« an ihren Platz im Wehrgehänge. Raunen erhob sich 
ringsum. Die Männer beneideten Waidenhold seiner Stärke wegen, 
die Frauen bewunderten ihn. 

Die Dörfler schworen, auf Louis und die Gefangenen so 

achtzugeben wie auf ihren Augapfel. 

Die letzte Weisung, welche die Dörfler von Ritter Roland 

bekamen, war die, die Walstatt im Walde aufzuräumen und die 
Gefallenen zu beerdigen. 

Die Menschen gaben ihnen das Geleit bis tief in den Wald. 
»Glück und Segen sei mit euch!« 
»Kommt gesund zurück.« 
»Denkt an eure Freunde in Reusenbach.« 
So hieß das Dorf. 
Zwei Tage später waren sie in Orplid. Dort, wo vordem die Burg 

Herzog Berwins gestanden hatte. 

Waffenmeister Waidenhold blies die Lure. Jeder sollte wissen, daß 

Freunde kamen. Die Signale waren unüberhörbar. Dennoch zeigte 
sich kein Mensch zur Begrüßung der Gäste aus Camelot. Das 

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Burgdorf in Orplid schien glatt ausgestorben zu sein. Hier und dort 
spähten neugierige Augen scheu um Häuserecken. 

Die aus Camelot hielten vor dem Mahlhaus, welches Herzogin 

Inger als Not- und Ausweichquartier hatte dienen sollen. 

Die Burg sah so aus, wie sie sie vom Winter her in Erinnerung 

hatten. Da war nicht einmal aufgeräumt worden. Ritter Roland fiel es 
schwer, das Unbehagen zu zügeln, welches ihn befiel. Volker vom 
Hohentwiel hatte einen hochroten Kopf. 

»Das geht nie und nimmer mit rechten Dingen zu. Da muß irgend 

etwas vorgefallen sein.« 

Da die Menschen sich nicht blicken ließen, mußten die Cameloten 

zu den Einwohnern in ihre Häuser gehen. Sie wurden empfangen, als 
seien sie wahre Teufel oder doch mindestens mit dem bösen Blick 
behaftet. Die Menschen machten gar seltsame Zeichen und Ge-
bärden. So hielten die Orplider die gespreizten Finger der rechten 
Hand vor ihre Augen. Die linke Hand wies zugleich gestreckt und 
geschlossen zu Boden. Das sollte vor allem Ungemach schützen, wie 
zuversichtlich geglaubt wurde. 

»Affentheater.« Ritter Roland machte keinen Hehl aus seiner 

Kritik. »Wollt ihr uns nicht endlich sagen, wo sich eure Frau 
Herzogin aufhält?« 

Das wußte angeblich keiner. Weder im Burgdorf noch sonstwo. 
Ritter Roland wollte Gewißheit. Er hörte nicht auf zu fragen. 

Volker tat es ihm gleich. Ihn drängte es, der Herzogin zu helfen und 
die schöne Witwe aus allen Schwierigkeiten zu erlösen. 

»Wir wissen nichts.« 
Das ließen Roland und sein Freund Volker nicht gelten. 
»Es müssen doch einige unter euch sein, die früher zum Hofstaat 

gehört haben.« 

Grundsätzlich stimmte die Kombination wohl. Doch ob Zufall oder 

genau berechnete Absicht, es war niemand vom Burgpersonal mehr 
im Ort. Von der Herzogin-Witwe wußten sie nur, daß Inger samt 
ihrem Söhnchen kurz nach dem Brand verreist war. Was konnten 
einfache Menschen wie sie von den Plänen, die Absichten und 

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Wünschen so vornehmer Herrschaften wie der Herzogin-Witwe 
wissen, der doch alles Land in Orplid gehörte? 

Volker vom Hohentwiel begann, ganz anders zu fragen. 
»Wo hat Ortwin Sengal sein Hauptquartier?« 
Auch darüber bekamen sie nirgendwo sofort Auskunft. Ortwin 

Sengal mochte ein fähiger Militär sein, doch beliebt war er in Orplid 
auf gar keinen Fall. 

Ritter Roland und seine Begleiter wären noch sehr lange über die 

Situation in Orplid im unklaren geblieben, hätte sich nicht just in 
diesem Augenblick vor der Mühle und weiter weg in der Nähe der 
ausgebrannten Burg ein Höllenlärm erhoben. 

Rauhe Stimmen schrien laute Kommandos. 
»Zusammen bleiben!« 
»Wer sich entfernt, wird aufgehängt.« 
Neugierig sahen Roland und Volker nach draußen. 

Was sie da wahrnahmen, sah zwar lustig aus, war indes von den 
Männern, die dadurch betroffen wurden, gar nicht lustig gemeint. 

Kam da ein langer Zug von Männergestalten des Weges. Sie 

marschierten in Doppelreihe. Jeder war mit dicken Stricken an seinen 
Nebenmann gefesselt. Auch verbanden raffiniert geschlungene 
Knoten jeden in dem Zug mit dem Vorder- und dem Hintermann. 

Rechts und links der Doppelreihe ritten blaurot gekleidete Reiter 

auf kleinen, flinken Pferden. 

Kaum hatten die Begleitreiter die Pferde Rolands und seiner 

Gruppe gesehen, da wollten sie die Tiere unbedingt haben. Roland 
hörte seinen Samum wiehern. 

»Moment. Das darf doch nicht wahr sein!« 
Ritter  Roland sah sofort nach. Es ging inzwischen nicht mehr nur 

um die Pferde. Pierre sowie Waidenhold befanden sich im Gedränge. 

Den blauroten Reiter, der es sich in den Kopf gesetzt hatte, Samum 

mitzunehmen, wehrte Waidenhold zunächst ab. Doch als der 

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krummbeinige Mann den Waffenmeister mit der langen, derben 
Treiberpeitsche schlug, riß Waidenholds Geduld. 

Er griff zu. Sobald er die Peitschenschnur einmal gefaßt hatte, zog 

er das Leder wie einen Strick ein. Zwangsläufig kriegte er das, was 
am Griff der Peitsche hing, in die Fäuste. Den zornbebenden 
Nordmarkreiter, der es nicht fassen konnte, daß der Graubart nicht 
ängstlich vor ihm kroch. Waidenhold sprach den Mann in dessen 
Landessprache an. Das erhöhte den Zorn des Peitschenträgers und 
ließ ihn regelrecht Gift und Galle spucken. Letzteres sollte wörtlich 
genommen werden. Waidenhold tat indes nicht das, womit der 
Nordmarker wohl gerechnet hatte. Das heißt, er ließ ihn nicht los. Im 
Gegenteil. Jetzt geriet der Mann aus der Finnmark erst richtig in 
Waidenholds Griff. Der Waffenmeister knurrte grimmig: 

»Ich sehe, du gehörst zu den bedauernswerten Geschöpfen, die 

mehr gefüttert, als erzogen worden sind. Das wollen wir gleich 
nachholen.« 

Sprach's und ohrfeigte den ausgewachsenen Mann, daß es seine 

Art hatte. Rechts und links. Dann warf er den Finnmarker so fort wie 
ein beschmutztes Stück Papier. 

»Lauf. Wenn ich dich nämlich nochmal zwischennehme, so 

kommst du nicht so billig davon, das sei dir versprochen.« 

Der Nordmarkmann, der zuvor schon sein Pferd verloren hatte, 

machte tatsächlich, daß er weg kam. Erst aus sicherer Entfernung 
hob er drohend die Faust. Schimpfte. 

»Ich geh dir schon noch heraus. Und was die Drohung angeht, ich 

würde in euer sogenanntes Heer aufgenommen, so werden eure 
hohen Herren wenig Freude an mir haben.« 

Schon war der nächste Interessent von Samum abzuhalten. Doch 

da erschien auch bereits Ritter Roland auf dem Plan. Er erfaßte die 
Lage mit einem Blick. Er trat ohne Fragen den Finnmarker, der von 
seinem Pferd geklettert war, um gleich Samum zu besteigen, denkbar 
kräftig ins verlängerte Rückgrat. 

»Dir werd ich Manieren beibringen und zeigen, was bei uns auf 

Pferdediebstahl steht.« 

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Waidenhold spendierte Beifall. 
»Zeig es ihm, Herr. Mit denen kannst du nicht hart genug 

umgehen. Diese Sprache verstehen sie.« 

Der Unglückszug, welchen die Reiter begleiteten, kam ins Stocken. 

Es dämmerte denen aus Camelot. Das Volk von Orplid mied heute 
deshalb die Straßen und Plätze, weil rekrutiert wurde. Die Armee 
brauchte Nachwuchs. 

Waidenhold fand die Lösung, die allen half. Mit einer Stimme, die 

laut war wie ein Sturmhorn, brüllte er. 

»Hände weg von unserem Eigentum und Hände weg von uns 

selber. Es wäre für uns ein Kinderspiel, euch Finnmarker so zu 
versohlen, daß euch Hören und Sehen verginge. Doch wir wollen 
niemanden kränken oder gar schädigen, der zu Ortwin Sengals 
Armee gehört.« 

Ortwin Sengal. Der Name, welcher anderenorts alles andere als 

eine Empfehlung war, wirkte hier Wunder. Die Streitlust und die 
diebische Gier der Nordmarkmänner war gebändigt. Sie schalteten 
um und waren plötzlich die Freundlichkeit in Person. Es mochte eine 
falsche Freundlichkeit sein, doch mit ihr ließ sich leichter und wohl 
auch besser leben, als wenn sie sich mit ihren Schwertern hätten 
durch die orplidischen Heermassen hätten durchklopfen müssen, bis 
sie der Zufall endlich zum Oberbefehlshaber aller Bewaffneten 
führte. 

Waidenhold machte den Dolmetscher. Alle blaurot gewandeten 

Finnmarker versammelten sich. Neugierig hörten sie zu. 

Fragen flogen geschwind hin und her. 
»Das sind Ritter aus Camelot?« 
Dem, der die Frage stellte, stand deutlich genug in den Augen, daß 

er dachte: Laßt nur! Auch Camelot gehört uns eines Tages. 

Ein anderer meinte: »Die wollen mit uns zum Oberbefehlshaber 

reisen?« 

»Laßt sie ruhig. Besser und schneller als wir, kann ihnen wohl 

niemand den Weg zu Ortwin Sengal zeigen.« 

Die Blicke, welche sie hinter dem Rücken der Cameloten einander 

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zuwarfen, besagten:  - Das müssen ja besonders dumme Hühner sein, 
welche dem Fuchs den Einbruch in den Hühnerstall ersparen und 
selber in seine Höhle wandern!  - Waidenhold wußte recht genau, was 
die Finnmarker dachten. Er seinerseits machte sich ebenfalls seine 
eigenen Vorstellungen. Man würde ja sehen, wer  am Ende Recht 
behielt. Der Waffenmeister in seinem absolut gesunden 
Selbstbewußtsein setzte auf Ritter Roland und seine Begleitung. 

Sehr zu ihrem Nachteil hatten ein, zwei Dutzend Männer in 

wehrfähigem Alter ihr Versteck verlassen. Sie mochten den Lärm im 
Ort gründlich mißverstanden haben und der Meinung sein, sie hätten 
nunmehr von den Rekrutierungsmannschaften nichts mehr zu 
befürchten. Die blauroten Nordmarker kassierten sie sofort. Da gab 
es an allen Ecken lautes Wehegeschrei. Ja, Frauen und Mädchen 
boten sich den Nordmarkern zur Kurzweil an, wenn sie bereit wären, 
den Mann, um den es den Weibsleuten ging, frei zu lassen. 

»Ich sehe deutlich, in Orplid geht es drunter und drüber«, sagte 

Ritter Roland. 

Volker vom Hohentwiel stimmte dem Freunde zu. 
»Um so größere Eile sollten wir entwickeln, Herzogin Inger 

beizustehen. Ich kann mir nicht helfen, aber das größte Übel scheint 
mir für das Land Orplid von diesem Ortwin Sengal auszugehen.« 

»Möglich.« 
Hier und da wollte der Handel »schnelle Liebe« gegen Freiheit 

eines Mannes wohl klappen. Doch Waidenhold fuhr dazwischen. 
Mochte dies auch noch so sehr gegen den Wunsch und Willen der 
Nordmarker gerichtet sein. Er schimpfte mit den Frauenzimmern. 

»Nichts da. Schämt ihr euch nicht, euch mir nichts dir nichts mit 

solchen Teufeln einzulassen?« 

Ein Nordmarker mit besonders breitem Rücken und von extrem 

störrischem Wesen stellte sich gegen Waidenhold. Er griff den 
Waffenmeister an. 

Das bekam dem Nordmarker denkbar schlecht. Waidenhold gab 

ihm eine Maulschelle, daß der Mann meterweit zur Seite flog. Er 
rappelte sich aber unverdrossen auf und wollte nicht einsehen, daß er 

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verloren hatte. Er zog seinen »Pucko« diesen kurzen, starkklingigen 
Finndolch, und drang auf Waidenhold ein. 

Der Waffenmeister sah ihm gelassen entgegen. »Komm nur«, sagte 

er lockend. »Komm her und du wirst in zwei Minuten bei mir mehr 
zu lernen haben, als in den Jahren deines Lebens zuvor.« 

Der Finnmarker griff an. Unmittelbar vor dem Mann wechselte der 

Dolch in die andere Hand. Dieser Trick aber irritierte den 
Waffenmeister nicht. 

Waidenhold erwartete den Angriff. Und er fing ihn ab. Ehe der 

Nordmarker sich versah, hatte der Waffenmeister dem Feind schon 
die Waffe abgenommen. 

Der Finnmarker wollte immer noch nicht aufgeben. Er zog das 

Schwert, ein  besonders schön gearbeitetes Stück. Schon hatte 
Waidenhold die Axt zur Hand. Die Franziska wippte in seiner Faust. 

»Du kannst dir auch einen gespaltenen Schädel holen, wenn dir 

unbedingt danach ist. Es wäre klüger, wenn du einsähest, daß du 
verloren hast.« 

Sieh einer an. Der Nordmarker war entweder kluger Einsicht fähig 

oder aber es handelte sich bei ihm um ein besonders durchtriebenes 
Stück seiner Art. 

Von einer Sekunde zur ändern wich jeglicher Zorn aus seinen 

Mienen. Er lachte so breit, als gedenke er, die eigenen Ohren zu 
verspeisen. Blitzschnell steckte er seinen Dolch weg. Und hielt 
Waidenhold gar die Hand hin. 

»Schlag ein, Kamerad. Als Verwandter der Herzogin ist euer 

König Artus ja so etwas wie ein Verbündeter für uns. Wir wollen 
Freunde sein. Einverstanden?« 

Der Stimmungswechsel mochte andere beeindrucken. Bei 

Waidenhold kam das weniger an. »Von mir aus.« 

Es stellte sich heraus, daß der Gegner des Waffenmeisters in den 

Reihen seiner blauroten Kameraden etwas zu sagen hatte. Jedenfalls 
hörten die anderen auf ihn. 

Waidenhold verlangte: »Ich will nicht, daß sich eure Männer am 

hellichten Tag und unter unseren Augen mit unseren Weibern 

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vergnügen. Stell das also ab und sieh zu, daß sie sich zurückhalten.« 

Vier, fünf Sätze in einer Sprache, die nicht einmal Waidenhold 

kannte. Murrend fügten sich die Finnmarker. Sie hatten hinfort für 
die Reize der Orplider Weiblichkeit keinen Blick mehr. 

Sie trieben ihre Rekruten zusammen. Dann marschierten sie weiter. 
Ritter Roland und Waidenhold ritten nebeneinander. 
»Versuch doch, herauszufinden, wie lange wir bis zu Sengal 

unterwegs sein werden.« 

Wenig später wußte Waidenhold, daß sie in drei Tagen das 

Hauptquartier des Heerführers erreichen würden. 

Rolands Neugierde stellte weitere Fragen. 
»Frag sie, ob sie auch schon drüben bei uns rekrutiert haben?« 
Arglos erhielten der Waffenmeister Auskunft. »Wir rekrutieren 

nicht, aber wir werben für den Bund der Eulenbrüder.« 

Roland nickte. Dieser Ortwin Sengal mußte eine Natur sein, die 

einfach an alles dachte. 

Was die Nordmarker sagten, stimmte. 
Drei Tage später zogen sie in Ortwin Sengals Hauptquartier ein. 
Die Ritter aus Camelot und ihre Begleitung wurden wie die wahren 

Wundertiere angestaunt. 

»Gefällt dir die Lage nicht?« Das wollten Roland und Volker vom 

Hohentwiel von Waidenhold wissen. 

Der Waffenmeister krauste die Stirn. Er streichelte seinen Bart. 

»Was heißt hier Gefallen? Man sollte den Herren aus der Nordmark 
nicht alles glauben. Sie sind falsch. Andererseits gibt es auch 
Ausnahmen unter ihnen. Die Ausnahmen können verdammt gute 
Freunde sein. Ich kenne solche. Warten wir ab, was uns die nächsten 
Tage bringen.« 

Was blieb  ihnen auch sonst übrig? Von den Nordmarkern, welche 

den größten Teil von Orplids Heeresmacht stellten, wurden die 
Cameloten gebührend angestaunt. Die Kunde von ihrem Eintreffen 
im Lager mußte sich wie ein Lauffeuer verbreitet haben. 

Lurensignale erschallten. Die Blauroten mußten diese Signale 

genau kennen. Sie nahmen Haltung an und gaben sich in jeder 

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Beziehung noch straffer als sonst. 

Immer näher kamen die Signale. Dann erschien inmitten 

ausgesuchter Leibwächter ein Mann, welcher eine Herzogskrone um 
die Helmzier trug. Er war hochgewachsen, breitschulterig und 
zeichnete sich durch flinke Bewegungen aus. 

Er hatte ein freundliches Gesicht. Die Augen darin aber glänzten 

wie blankes Eis. Auch dann, wenn seine schmalen Lippen lachten. 

Roland hörte, wie sein  Freund Volker flüsterte: »Wenn das Sengal 

ist, dann steh ich mit dem Mann gar bald auf morgengrauer Heide.« 

Volker vom Hohentwiel gefiel er also nicht. Wenn Roland ehrlich 

seine Meinung sagte, so würde Ortwin Sengal niemals zu seinen 
Intimfreunden gehören. Wenn dieser Mann im Kettenzeug Sengal 
war. 

Er war es. Er stellte sich selbst vor. Sein Lächeln huschte über 

jeden der Cameloten hinweg. Auch über die Knappen. Nur Roland 
hingegen reichte er die Hand. 

»Laßt mich raten, ja?« 
Roland nickte. »Von mir aus.« 
Ortwin Sengal lächelte. »Ihr seid Roland, Herr Ritter! Roland, der 

Vertraute König Artus' und Königin Ginevras! Ist es so?« 

»Erraten!« 
Ortwin Sengal lächelte, als dürfe er jetzt sicher sein, Roland bereits 

voll für sich gewonnen zu haben. 

»Darf ich mir erlauben, Euch und Eure ... Freunde heute abend zu 

dem kleinen Bankett einzuladen, welches für uns angerichtet ist?« 

Es wäre mehr als unhöflich gewesen, eine so freundliche 

Einladung abzulehnen. 

»Aber gerne. Werden wir die Ehre haben, Herzogin-Witwe Inger 

zu begrüßen?« 

Ortwin Sengal verriet mit keiner Miene, was in ihm vorging. 
»Leider ist die Herzogin-Witwe samt ihrem Söhnchen nicht hier, 

sondern auf einer Burg im Hinterland. Doch Ihr werdet reichlich 
Gelegenheit finden, mit ihr zu reden. Haben der König  und die 
Königin von Camelot Euch irgendwelche Aufträge mitgegeben, die 

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für uns einfache Kriegsleute von Bedeutung sein könnten?« 

»Was wir auszurichten haben, sind ausnahmslos Dinge, welche 

Herzogin-Witwe Inger von Orplid angehen. Habt also Verständnis 
dafür, Ritter Sengal, wenn wir mit diesen Ausrichtungen warten, bis 
wir vor der Herzogin stehen.« 

Ortwin Sengal verbarg seine Enttäuschung. Sein unruhiges 

Temperament gestattete ihm offenbar nicht, länger bei den Fremden 
zu bleiben. 

»Nichts für ungut, die Herren, aber mir fällt ein, daß es dringende 

Geschäfte gibt, die ich leider vergaß. Wir sehen uns beim Bankett. Es 
ist eine gemütliche Runde beisammen. Sie dürfen alle ohne Waffen 
erscheinen.« 

Roland zog Waidenhold zur Seite, als sie fertig angekleidet waren. 

»Willst du wirklich deine Waffen im Quartier lassen?« 
Der Waffenmeister lachte dröhnend. »Ist es bei euch Sitte, den 

Gast beim Mahle zu überfallen?« 

Nun, sie gingen ohne Waffen zum Bankett. Schon als sie das 

riesige Festzelt betraten, wollte es ihnen scheinen, einen schweren 
Fehler begangen zu haben. 

Es hielt sich eine Delegation aus einem der für Orplid 

gegnerischen Nordstaaten im Hauptquartier auf. Es hieß, Ortwin 
Sengal wäre dabei, gerade diesem Gegner seine 
Friedensbedingungen zu diktieren. 

Wohin sie auch blickten, nirgendwo sahen die Cameloten 

jemanden, der ohne Waffen zum Bankett erschienen war. Zurück 
konnten sie nicht mehr gehen. Waidenhold neigte sich seinem Herrn 
zu. »Sie haben die Eingänge hinter uns dicht gemacht. Das sieht  nach 
Plan und Methode aus.« 

Sie machten gute Miene zum unter Umständen für sie bösen Spiel. 
Zunächst geschah gar nichts. Eine Musikkapelle der Nordmarker 

spielte Weisen, welche für finnmarkische Ohren zwar schön sein 

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mochten, die aber dem musikalisch so feinsinnigen Volker vom 
Hohentwiel wie Katzenmusik vorkamen. 

Die Musik verstummte augenblicklich, als Ortwin Sengal samt 

seinem Stab erschien. 

Der Oberbefehlshaber der Orplidheere begrüßte die Delegation, 

welche den Friedensvertrag aushandeln wollte ausführlich und 
würdigte ihre im bisherigen Verlauf des Feldzuges bewiesene 
Tapferkeit. Ritter Roland und seine Freunde erwähnte Sengal mit 
keinem Wort. 

Roland schwante Unheil. Er ließ nicht zu, daß er von seinen 

Freunden getrennt wurde. 

»Meinst du, es wäre etwas nicht in Ordnung?« So fragte Volker 

vom Hohentwiel. 

»Es ist überhaupt nichts in Ordnung, Volker. Das Schicksal muß es 

schon verflucht gut mit uns meinen, wenn wir den morgigen Tag 
erleben sollen.« 

»So schlimm steht es?« 
Roland nickte ernst. 
»Noch viel schlimmer.« 
Ortwin Sengal, der auf einer Empore saß oder besser thronte, sah 

die Plauderei zwischen den Freunden. Er lachte verhalten in sich 
hinein. Ungefähr so, als wisse er sehr genau, wann die Stunde der 
Wahrheit für die aus Camelot schlug. 

Ehe das eigentliche Bankett, die Mahlzeit aus Fleisch und 

Fischgerichten aller Art, begann, wurde getrunken. Vor jedem Gast 
stand ein fein versilberter Becher. Auch die Cameloten waren hierbei 
nicht vergessen. 

Die Tischbedienungen, schlanke, junge Pagen von angenehmem 

Aussehen, schenkten ein. 

»Bitte erst trinken, wenn der oberste Kriegsherr seinen Spruch 

ausgebracht hat.« 

Das raunten sie jedem einzelnen zu. Waidenhold schnupperte 

mißtrauisch an seinem Wein. Das tat er gänzlich ungeniert. Ortwin 
Sengal gewahrte dieses Zeichen von Mißtrauen. Das erheiterte ihn 

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einmal mehr. 

Dann stand der Mann, den sie hier im Feldlager den obersten 

Kriegsherrn nannten, auf. Er sagte nur wenige Worte. 

»Wir sind zusammengekommen, um einen Vertrag zu feiern, der in 

wenigen Tagen reif zur Unterschrift ist. Ich bitte alle, die mit mir 
einer Meinung sind, nämlich der Meinung, daß es für die Gesamtheit 
gut ist, das Wohl von Groß-Orplid sämtlichem anderen überzuord-
nen, mit mir ihr Glas zu erheben und zu leeren. Humpen ex!« 

Ortwin Sengal ging persönlich mit gutem Beispiel voran. 

Dröhnend laut wurde der Trinkspruch erwidert und erweitert. 

»Auf Groß-Orplid! Auf Ortwin Sengal, den obersten Kriegsherrn! 

Humpen ex!« 

Überall im Bankett-Zelt blitzten die Silberhumpen. Es gehörte mit 

zu den ungeschriebenen Gesetzen der Zeit, daß die Gäste so lange 
trinken mußten, wie auch der Gastgeber trank. 

Als Ortwin Sengal den Humpen absetzte, war das Trinkgefäß leer. 

Der Wein war gut. Keine Frage! Doch bekam er auch gut? Um 
hierüber urteilen zu können, mußte der nächste Morgen abgewartet 
werden. 

Wie die anderen Gäste, tranken auch Roland und seine Freunde 

ihre Humpen bis zur Nagelprobe aus. Zum Zeichen dafür, daß sie 
ehrliches Spiel trieben, kehrten sie die Silberhumpen um. 

Wieder tat Ortwin Sengal etwas kund. »Die Heeresleitung von 

Groß-Orplid gibt sich die Ehre, jedem unserer Staatsgäste den 
Silberbecher der heutigen Banketttafel als Geschenk zu verehren.« 

Brausender Beifall belohnte die Ankündigung. Ortwin Sengal 

verstand die Kunst, die Gemüter der Menge zu bewegen. Die 
Verteilung so kostbarer Gastgeschenke stellte eine gar noble Geste 
dar. 

Immer wieder suchten Ortwin Sengals Augen die Gruppe aus 

Camelot.  - Er hat irgendwas! Er wartet auf ganz bestimmte 
Ereignisse!  -  So argwöhnte Ritter Roland. Da sah er, wie Pierre 
einfach zusammenbrach. 

»Pierre! Junge! Was fehlt dir?« 

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Pierre war nicht mehr in der Lage, Antwort zu geben. Ritter 

Roland und sein Waffenmeister Waidenhold griffen gleichzeitig an 
ihre Stirn. Es kam ihnen vor, als habe ihr Blick sich verschleiert. 

Sie griffen aus, als wollten sie sich aneinander festhalten. Doch 

heute konnte keiner dem andern Stab oder Stütze sein. Wie gefällte 
Baumriesen brachen sie zusammen. Sie streckten sich unter den 
Bänken. Es würde unmöglich sein, festzustellen, ob sie nun 
eingeschlafen oder ohnmächtig waren. Volker vom Hohentwiel ging 
als letzter hinüber in das Reich der grauen Träume. Der Sänger 
gewahrte, wie Ortwin Sengal zu ihnen kam. Dem der Ohnmacht 
verfallenen Mann erschien Sengal riesengroß. 

Auch die Stimme des Befehlshabers der orplidischen Heere schien 

auf unwirkliche Weise gewachsen zu sein. 

»Schafft sie weg! Legt sie in Eisen! Jeden für sich. Ganz so, wie es 

befohlen ist.« 

Keiner der Cameloten nahm wahr, was nun mit ihm geschah. Sie 

wurden in Keller geschafft, die mitten in dem Zeltlager lagen, 
welches als Sengals Hauptquartier fungierte. Früher hatte über den 
Verliesen eine Burg gestanden. Ortwin Sengal hatte sie erobert und 
geschleift. 

So kamen Ritter Roland, Volker vom Hohentwiel, Waidenhold und 

Pierre in festes Eisen. Man hatte sie angeschmiedet wie Tiere. 
Handeisen, Fußeisen, Halseisen, Leibeisen. Kein Mensch hatte 
Aussicht, solche Fesseln jemals loszuwerden, wenn ihm keine Hilfe 
zuteil wurde. 

Sie waren in getrennten Verliesen untergebracht. Doch die 

Trennung dazwischen bestand nur aus Gittern. Festen, 
handgelenkdicken Eisen. Sie konnten die gesamten Kellerhöhlen 
überblicken. Ritter Roland und Waidenhold wurden zuerst wach. 

»Da sind wir ja hübsch hereingelegt worden.« 
»Ja, Herr! Ich glaube, sie haben unseren Wein entsprechend 

gewürzt. Was riecht das denn hier so eigentümlich? Mir will 
scheinen, den Geruch kenne ich nur zu gut.« 

Volker und Pierre schliefen noch. Ritter Rolands Augen hatten sich 

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langsam an die bestehenden Lichtverhältnisse gewöhnt. 

»Waidenhold ... Siehst du auch, was ich dort drüben sehe? Ich 

meine, kann es überhaupt möglich sein?« 

Roland meinte den letzten Käfig im Kellerrevier. Da wanderten 

vier riesige, dunkle Schattenwesen auf geschmeidigen, weichen 
Sohlen hin und her. Immer hin und her. 

»Ja, Herr«, sagte Waidenhold. »Ich roch es schon gleich beim 

Wachwerden. Da marschieren Braunbären, wie es ihre Art ist, wenn 
sie Langeweile haben. Denk dir was aus für den Fall, sie lassen die 
Tiere zu uns herein.« 

Es geschah zum ersten Male, daß Ritter Roland so etwas wie 

blankes Entsetzen verspürte. »Sie werden doch nicht etwa ...« 

Roland mochte den Satz gar nicht zu Ende denken und sprechen. 

Waidenhold unterbrach ihn. 

»Doch. Sie werden! Sie werden sich sogar einen ganz besonderen 

Spaß daraus machen, die Bären auf uns zu hetzen. Sieh genau hin, 
Herr. Jedes Tier trägt .einen Nasenring und ein breites Halsband. Der 
Braunbär welcher den Herzog schlug, und dann der Hauptbär, der 
mich anfiel, stammen aus dem gleichen Käfig. Die stummen 
Wanderer da drüben sind ihre Kameraden ... Einen nach dem andern 
und dann vier hintereinander, das trau ich mir zu, Herr. Aber vier von 
dem Kaliber auf ein Mal! Ich fürchte, das ist auch für einen Mann 
wie mich zuviel. Dennoch, wir dürfen nicht aufgeben.« 

Schlüssel klirrten. Sechs auffallend starke Männer betraten den 

Keller. Sie trugen Frischfleisch. Das warfen sie in den Bärenkäfig. 
Brummend machten sich die Bestien über ihre Mahlzeit. Was 
Waidenhold gesagt hatte, stimmte. Die Bären waren halb zahm. Sie 
ließen sich von zwei Männern anfassen. 

Die menschlichen Gefangenen bekamen nur zwei Krüge Wasser. 
»Zum Eingewöhnen«, lachten die Kerkerbüttel. 
»Wie lange will man uns hier festhalten?« begehrte Ritter Roland 

auf. 

Die Antwort kam prompt. 
»Freiheit und Sonne sind für euch abgetan. Herren werdet ihr nie 

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wieder sein. 24 Tage liegt ihr hier in dem Loch. Ihr habt noch sechs 
Tage Zeit.« 

»Und dann?« 
Der Kerkerbüttel zeigte dorthin, wo die Bären schmatzend 

mahlzeiteten. 

»Ist das so schwer zu erraten? Die dort drüben sind die Endstation. 

Übrigens, es kommt noch jemand zu euch, den ihr kennt. Er wird 
gerade durch Herrn Ortwin, den obersten Kriegsherrn willkommen 
geheißen.« 

Wie? 24 Tage schon sollten sie  in diesem elenden, stinkenden 

Loch sein? Unfaßbar! Roland griff an sein Kinn. Da stellte er fest, 
daß ihm ein kapitaler Bart gewachsen war. Die Auskunft des Büttels 
schien also doch der Wahrheit zu entsprechen. Wer war der Mann, 
der gleich zu ihnen stoßen würde? 

Es mochten zwei Stunden vergangen sein, da ging erneut die Tür 

auf. Die Büttel schleiften jemanden herein, an dessen Körper 
buchstäblich kein Streifen Haut ungeschlagen geblieben war. Der 
Neue wurde angeschmiedet wie sie. Und da erkannten sie ihn. 

»Louis!« 
Der Name schallte so laut in den Kellergewölben wider, daß 

Volker und Pierre wach wurden. Die Bären schreckten aus ihrem 
dösenden Verdauungsschlaf. Sie brüllten. In der fauchenden Weise 
ihrer Art. 

Welch Wunder! Louis antwortete. 
»Herr Roland. Heil und Gruß!« 
»Du kannst noch reden, Louis? Bist du uns gefolgt. Ortwin Sengal 

hat uns übertölpelt.« 

Louis schien wie immer guten Mutes zu sein. Die rauhe 

Behandlung hatte seinen Lebenswillen nicht gebrochen. Er erzählte, 
wie es ihm gelungen war, hierher zu kommen. Er hatte drei volle 
Wochen im Bett zugebracht. Und ihm war die beste Pflege zuteil 
geworden, die sich ein Mann nur wünschen kann. Die Pflege einer 
liebenden Frau nämlich. 

»Es war die Frau von der letzten Nacht vor unserem Aufbruch in 

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Camelot.  Sie heißt Sante Löfdottar und sie gehört zu den Menschen, 
die genauso heiß hassen, wie sie lieben.« 

Jeder erwartete wohl, jetzt würden Pläne zum gemeinsamen 

Ausbruch geschmiedet. Was wirklich geschah, was gleich passierte, 
erriet nicht einmal die wildeste Fantasie. 

»Nein«, staunten Roland, Volker und die anderen. »Das ist doch 

unmöglich.« 

Was sie sahen, was sie erlebten, aber blieb. In stummer Wut hatte 

sich Roland gegen die eisernen Fesseln gestemmt. Jeder würde ihm 
beim ersten Blick gesagt haben, es sei  sinnlos, sich gegen Eisen 
dieses Kalibers aufzubäumen. Rolands Adern auf der Stirn, an den 
Armen und den Beinen wurden fast genauso dick wie seine Muskeln. 
Er brachte das Kunststück fertig, die Eisen auseinanderzubiegen. 

Zuerst sprengte er seine Fesseln.  Danach kam Volker vom 

Hohentwiel an die Reihe. Ritter Roland wanderte von einem Verlies 
zum ändern. Er bog die trennende Stäbe einfach auseinander. Die 
Keller sahen schon nach dem ersten Durchgang aus, als hätten 
Urweltriesen darin gewütet. 

Als alle befreit waren, verbog Roland das Schloß zum Bärenkäfig 

so, daß es ohne die sachkundige Hand eines Schmiedes wohl kaum 
noch zu öffnen war. Dann warteten sie auf die Kerkerbüttel. Die 
kamen kurz bevor sie selber zur Ruhe gingen. Sie kamen und wurden 
überwältigt. Dann stiegen die fünf aus Camelot nach oben. Louis, der 
erstaunlich frisch war, gab Ziel und Richtung an. »Wir müssen zu 
Sante Löfdottar. Sie und ihre Mutter Mette helfen uns weiter. Mir 
nach!« 

Wann entdeckten die Lagerwachen, was in den Kellerverliesen 
geschehen war? Sie bewegten sich flink wie die Mäuse. Jede 
Sekunde rechneten die Ausbrecher mit Alarm. 

Louis hatte sich den Weg, welchen sie jetzt bewältigen mußten, 

genau beschreiben lassen. Dem ehemaligen Gastwirt war nichts von 

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aller Unbill  anzumerken,  der er ausgesetzt gewesen war. Im 
Hauptquartier der orplidischen Heere wurden irgendwelche 
Siegesmeldungen gefeiert. Es hieß, die Armeen des Herzogtums 
seien schlechterdings unschlagbar. Allem Anschein nach hatte Louis 
bei seinem Ritt ins große Feldlager weit mehr gesehen als Roland 
und seine Freunde. 

»Wo ich auch hinkam, überall war der Krieg schon gewesen. Er 

hatte das Land mit Brand und Plünderung gezeichnet. Manchmal 
stand kein Stein mehr auf dem ändern. Es wird viel Mühe, Zeit und 
Dukaten kosten, wenn die Schäden beseitigt werden.« 

Roland dachte an Vergeltung für das, war Ortwin Sengal seinen 

Begleitern und ihm angetan hatte. 

»Treffen wir ihn? Oder ist er bei einer seiner Unternehmungen im 

freien Feld?« 

»Mette Löfdottar weiß, wo der Diktator ist«, behauptete Louis. 
»Und wo steckt Mette?« 
»Nicht lange mehr und du wirst sie sehen. Beide Frauen, welche 

Löfdottar heißen!« 

Sie waren eine ganze Weile schon in kühlem Wald. Die Nacht 

spannte das blitzende Funkelwunder ihres Sternnetzes über den 
samtblauen Himmel. Der Weg führte steil bergan. Die Luft wurde so 
würzig rein, wie sie sich nur in den kühlen Nächten des Nordens 
atmen läßt. 

Voraus leuchteten Lichter. Rötlich gelb. So, wie Kerzen hinter der 

pergamentenen Durchsichtigkeit von Tierblasen brennen. 

Roland fühlte sich glänzend aufgelegt. Es war ihm gelungen, wider 

jede Wahrscheinlichkeit die Freiheit zu gewinnen. Er spürte einen 
Muskelkater wie nie zuvor im Leben. Doch mit jedem Schritt fühlte 
er neue Kraft. Er würde das letzte Gefecht gegen Sengal gewinnen. 
Dessen war er sicher. 

Die Lichter wurden deutlicher. Sie winkten von vier verschiedenen 

Stellen. Stand man ganz nahe davor,  so stellte sich das Ganze als 
eine sehr wehrhafte Mauer um ein Bauerngehöft dar. Die Lichter 
brannten auf den vier Ecktürmen. 

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Knappe Louis legte die Hände wie eine Muschel vor den Mund. 

Der hohle Ruf der großen Waldohreule erschallte. Das klang richtig 
unheimlich. 

»Willst du uns etwa zu den Eulenbrüdern führen?« Roland stand 

ganz dicht hinter dem Knappen Louis. Der sah seinen Herrn ergeben 
an. 

»Die Eulenbrüder sind keine Kraft mehr, auf welche sich Ortwin 

Sengal stützen darf. Sie haben sich geteilt. Die,  welche hier ihr 
Zentrum unterhalten, sind die schärfsten Widersacher des Usurpators 
Sengal.« 

Der Ruf des Knappen wurde umgehend beantwortet. 
»Schuhu... Schuhu!« 
Ein Tor öffnete sich. Bis über die Zähne bewaffnete Männer 

schwärmten aus. Sie nahmen die Ankömmlinge in die Mitte und 
drängten sie in die Umzäunung. Jemand in einem hellen Kleid lief 
geschwind Louis entgegen. Umarmte ihn. 

»So hast du erreicht, was du wolltest, mein tapferer Mann.« 
»Das ist Sante Löfdottar«, stellte Louis vor. Seine Stimme klang 

stolz. 

Roland sah ein ebenmäßiges, schönes Frauengesicht. Er fand, 

Louis sei zu beneiden. 

Sante sagte in Louis' Ohr: 
»Bring hinter dich, was zu geschehen hat. Um so eher haben wir 

Zeit für uns. Ortwin Sengal ist auf der Feste Landskron. Es heißt, er 
will die Herzogin-Witwe Inger heiraten. Die Herzogin wird in 
Landskron gefangen gehalten.« 

»Und wie kommen wir in die Burg?« 
Sante Löfdottar lächelte wie jemand, der sein Terrain gut 

vorbereitet weiß. »Die Wachen Landskrons bestehen aus ehrlichen, 
guten Eulenbrüdern. Sie stehen auf unserer Seite.« 

Eng umschlungen gingen Louis und Sante ins Haus. Roland und 

die übrigen folgten den beiden. Eine Frau von imponierender Größe 
trat ihnen entgegen. Sie hielt eine Lampe hoch. Mit dem Licht 
musterte sie jeden einzelnen. Bei Roland verhielt sie länger. »Du bist 

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der Ritter Roland von Camelot, nicht wahr?« 

In ihrem faltigen Gesicht wetterleuchtete es heftig. »Dir glaube ich, 

daß du den Tyrannen stürzen kannst. Der Sieg steht dir auf der Stirn. 
Handele schnell!« 

Es blieb ihnen nur knapp soviel Zeit, eine Erfrischung zu sich zu 

nehmen. Dann ging es zu Pferde weiter. Roland vermißte seinen 
Samum. Mette Löfdottar sagte tröstend: »Unsere Männer werden 
sich um alles kümmern, was von deinem Eigentum in Sengals 
Hauptquartier beschlagnahmt wurde.« 

Roland glaubte der Frau. Sie strahlte Zuversicht aus. Beim 

Aufbruch machten sich auch Mette Löfdottar und ihre Tochter Sante 
fertig. Sante trug ein feines Kettenhemd. Die Panzerung schützte den 
ganzen Körper vom Kopf bis zu den Füßen. Während des Marsches 
nach Landskron ritt Sante auf Tuchfühlung neben Louis. Jedesmal, 
wenn sich ihre Knie, ihre Beine oder die Hände berührten, lächelte 
sie glücklich. 

Als der junge Morgen den Himmelsrand im Osten rosig färbte, 

hielt die stattliche Reitergruppe vor der trotzigen Burg Landskron. 
Der Schrei der Ohreule klang von den dicken Mauern wider. Sofort 
kam Antwort. Neben dem großen Südtor öffnete sich eine kleine 
Pforte. Mäusen ähnlich, welche zu Bau schlüpften, verschwanden die 
Ankömmlinge in der Festung. 

Im obersten Stockwerk des Burgfrieds brannte noch Licht. Da 

sprach Ortwin Sengal seit Stunden mit Herzogin Inger. Die schöne 
Frau gab sich über den Mann keinerlei Illusionen mehr hin. 

»Du weißt genau, daß du großes Glück gehabt hast. Hätte Berwin 

dich auch nur ein Mal so erlebt wie ich, du hättest keinen Atem mehr 
gehabt. Er war viel stärker als du.« 

»Aber du hast ihn nicht geliebt.« 
Das feine, stolze Gesicht der Herzogin wurde so  rot, als stünde 

Frau Inger vor einem Schmelzofen. Doch sie bekannte sich tapfer 
zum Geheimnis ihres Lebens. »Nein ... Aber wir würden aufeinander 
zugewachsen sein.« 

Der Mann lachte. Das klang unangenehm. »Du wirst mich lieben.« 

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»Nie.« 
Da griff der Mann in die Wiege, darin der junge Berwin schlief. 

Ohne Rücksicht zerrte er das Kind aus den warmen Decken. Hielt es 
an einem Fuß hoch. 

»Es ist lange genug geredet worden. Du wirst mich auf der Stelle 

heiraten, oder ... dein Sohn erlebt den kommenden Morgen nicht.« 

Ortwin Sengals Stimme wurde drängend. »Weißt du, daß der 

Burgkaplan aus Orplid Dorf bestellt ist und wartet? Weißt du, daß 
die Köche bei Sonnenaufgang mit der Zurichtung des 
Hochzeitsmahles beginnen werden? Es gibt keine Ausflucht mehr. 
Mein Glück gegen das Leben deines Sohnes. Entscheide dich. Du 
hast...« 

Lautlos hatte sich die Tür zum Turmgemach geöffnet. Ritter 

Roland stand im Raum. Louis folgte auf dem Fuß. Roland stieß 
Ortwin Sengal mit elementarer Wucht die Faust ins Gesicht. 

»Zieh verräterischer Hund. Zieh und wehre dich deines Lebens.« 
Es war nur ein Leihschwert, welches Ritter Roland zur Verfügung 

stand. Doch die Klinge war aus gutem Nordmannsstahl geschmiedet. 
Knappe Louis hatte den schreienden Säugling aus Sengals Faust 
gerettet und die Herzogin in sichere Deckung gezwungen. 

Von da sah Inger zu, wie Ortwin Sengal sich gegen Roland wehren 

mußte, wie er aber mehr und mehr auf die Verliererstraße geriet. 

»Wer hat dich frei gelassen?« keuchte Sengal. 
»Das wirst du nie erfahren, Verräter.« 
Stahl klirrte gegen Stahl. Funken stoben. Sengal stolperte.  Er 

klammerte sich an sein Schwert. Roland schlug dem Gegner die 
Faust in den Nacken. Sein ganzes Gewicht steckte hinter dem 
Schlag. Sengal stürzte. Das eigene Schwert durchbohrte ihm die 
Brust. Vier, fünf Atemzüge lang schwieg Roland. 

Dann bot er Herzogin Inger den Arm. 
»Darf ich Euch zu jemandem bringen, der Euch Grüße und viel 

Wissenswertes von Eurer königlichen Schwester zu berichten hat?« 

Herzogin Inger schaute vertrauensvoll und lächelnd zu Roland auf. 

Volker vom Hohentwiel begegnete ihnen auf der Wendeltreppe im 

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Turm. Roland deutete auf den Freund. 

»Seht, hohe Frau. Dies ist der Ritter, welcher darauf brennt, Euch 

alles zu erzählen, was Eure Schwester ihm zu sagen aufgetragen 
hat.« 

Der Mann, dem die Herzogin Dankbarkeit zu schulden glaubte, 

hieß Roland. 

Doch das wandelte sich. Als sie alle gemeinsam nach Abwicklung 

aller anstehenden Verbindlichkeiten, die der Erledigung harrten, nach 
Camelot reisten, da hingen Ingers Blicke schwärmerisch an den 
Lippen Volkers, des Sängers vorn Hohentwiel. 

Vorher war es ihre Pflicht gewesen, die Armee Orplids aufzulösen. 

Die Nordmarkmänner hatten versucht, gegen die Auflösung und ihre 
Entlassung zu protestieren. Zwecklos. Die meisten Verhandlungen 
mit den Finnmarkern waren Waidenhold übertragen worden. Der 
kannte die Mentalität der Nordischen genau, und er wurde mit ihnen 
fertig. Es sollte Waidenholds letzter Auftrag sein, den er in Rolands 
Namen ausführte. 

Mette Löfdottar und ihre Tochter Sante waren gefragt worden, was 

sie für ihre Verdienste an Belohnung beanspruchten. 

»Wir wollen in Frieden und in Ruhe leben.« Das hatten beide 

Frauen erklärt. »Am liebsten lebten wir in Camelot. Wir werden uns 
schon irgendwo nützlich machen können.« 

Ortwin Sengal hatte ihren Haß geweckt, weil er Mettes Mann und 

Santes  Vater sowie Santes Bräutigam aus reiner Machtgier hatte 
ermorden lassen. 

Wie Mette vorausgesagt hatte, bekamen Ritter Roland und seine 

Freunde all ihre Ausrüstungsstücke zurück, welche ihnen in Sengals 
Hauptquartier abgenommen worden waren. 

Samum begrüßte seinen Herrn mit freudigem Schnauben und 

Wiehern. Zu den Gefangenen, die aus finnmarkischen 
Gefangenenlagern befreit wurden, gehörte der Fischer Radbod leider 
nicht. 

Waidenhold beschloß deshalb, zu Dalinde zurückzukehren. Für 

immer. Er bat Roland, ihn aus dessen Diensten zu entlassen. 

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Volker vom Hohentwiel erhielt seine Belohnung: 
Das Jahr mündete in einen besonders schönen Herbst. Und an 

einem Abend, wo Volker seine Blicke nicht von Herzogin Ingers 
Schönheit hatte wenden können, klopfte es bei dem Sänger. Volker 
glaubte, Roland wolle ihn nochmals sprechen und sagte forsch. 
»Komm rein! Die Tür ist auf.« 

»Die Begrüßung lobe ich mir«, sagte eine leise, aber glockenhelle 

Stimme. Der überraschte Volker sah in Herzogin Ingers strahlende 
Augen. Sie trug einen wunderbaren Silberfuchsmantel, der ihr bis auf 
die Füße reichte. Als sie den Mantel öffnete, begriff Volker, warum 
sie bei ihm war. Er eilte zu ihr, umarmte sie, hob sie hoch und trug 
sie zum Bett. Sie küßte ihn. Und er spürte, daß weniger Dankbarkeit 
ihre Handlungen lenkte, als viel mehr die Sehnsucht einer Erfüllung 
suchenden Liebe. »Bevor du mit Roland losreitest nach Camelot, 
wollen wir uns den Abschied verschönern ...« 

 

ENDE 

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Liebe Abenteuer-Freunde, 
in 14 Tagen erscheint einer der stärksten Romane, die bisher für 
die Serie »Ritter Roland« geschrieben worden sind. In Günther 
Herbsts 

Das Duell um die 

Grafentochter 

lesen Sie von ergreifenden Schicksalen, atemberaubenden 
Kämpfen und prunkvollen Festen.  - Dies ist eine Geschichte, 
die so spannend erzählt ist, daß man nicht zu lesen aufhören 
kann, bis man weiß, ob auch bei dem Reitervolk der Tataren 
Recht Recht bleibt. 

Sie erhalten den Band 27 bei Ihrem Zeitschriftenhändler. 
Schreiben Sie Ihre Meinung über den Roman an die Redaktion 
Ritter Roland.