Foster, Lori Sommers Sisters 01 Süße, nie gekannte Spiele

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IMPRESSUM

Süße, nie gekannte Spiele erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH

Redaktion und Verlag:

Postf ach 301161, 20304 Hamburg
Telef on: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail:

kundenserv ice@cora.de

Geschäf tsf ührung:

Thomas Beckmann

Redaktionsleitung:

Claudia Wuttke (v . i. S. d. P.)

Produktion:

Christel Borges

Graf ik:

Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,

Marina Grothues (Foto)

© 1998 by Lori Foster

Originaltitel: „Fantasy “
erschienen bei: Harlequin Books, Toronto
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANY

Band 802 - 1998 by CORA Verlag GmbH, Hamburg
Übersetzung: Christian Trautmann

Umschlagsmotiv e: egorr / Thinkstock

Veröf f entlicht im ePub Format in 10/2014 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printv ersion

überein.

E-Book-Produktion:

GGP Media GmbH

, Pößneck

ISBN 9783733786694

Alle Rechte, einschließlich das des v ollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form,

sind v orbehalten.
CORA-Romane dürf en nicht v erliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch v erwendet werden.
Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind f rei erf unden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder v erstorbenen
Personen sind rein zuf ällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MY STERY , TIFFANY

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1. KAPITEL

„Zum ersten … zum zweiten … und zum …“

Spannung lag in der Luft, und dann rief die Auktionatorin laut:

„Verkauft!“

Sebastian Sinclair beobachtete, wie der gerade erworbene

Mann unter wildem Jubel der Frauen von der Bühne geführt
wurde. Bald würde er an der Reihe sein.

Wie um alles in der Welt habe ich mich nur in diese Lage

gebracht? fragte er sich. Einen Anzug zu tragen, zuzusehen, wie
riesige Geldsummen achtlos den Besitzer wechselten und im
Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen – er hasste das alles.
Es erinnerte ihn an seine Jugend und daran, dass er mit diesen
oberflächlichen Reichen nichts gemeinsam hatte. Vor allem
aber widerstrebte ihm die Vorstellung, zum Amüsement reicher
Frauen wie ein teures Spielzeug verkauft zu werden – ganz
gleich, was der Anlass war.

Er schien der einzige Mann zu sein, der über die Aussicht, sich

präsentieren zu dürfen, nicht erfreut war. Die anderen, deren
Alter von Ende zwanzig bis Anfang vierzig variierte, lächelten
und stellten sich begeistert zur Schau. Inzwischen war nur noch
ein Mann vor Sebastian an der Reihe, und seinen Muskeln und
dem Dreitagebart nach zu urteilen, würde er nicht mehr lange
dort sein. Die Frauen gerieten bei diesen Macho-Typen ganz
aus dem Häuschen.

Allein deshalb trugen die Bauarbeiter wohl auch zerrissene

Jeans und knallenge T-Shirts. Denn bequem arbeiten konnte
ein Mann in so engen T-Shirts ganz sicher nicht. Die
Gartenbauer trugen ebenfalls ihre Arbeitsstiefel und Jeans, und

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manche von ihnen hatten nicht einmal ein T-Shirt an. Der
Zimmermann

hatte

einen

schweren

Werkzeuggürtel

umgebunden, voll ausgerüstet mit Schraubzwinge, Nageltasche
und einem überdimensionalen Hammer – zweifellos der
erbärmliche Versuch, etwas zu symbolisieren. Sebastian
schüttelte den Kopf.

Die Auktionatorin, eine Frau mit einem breiten Lächeln, das

ihre Zähne entblößte, führte einen Mann über die Bühne, indem
sie den Zeigefinger in seine Gürtelschnalle hakte und ihn
umdrehte. Das Publikum tobte. Das Spotlight glitt über seinen
Rücken, und die Frauen kreischten.

Sebastian fragte sich, ob diesen reichen Leuten der ernste

Hintergrund dieser Wohltätigkeitsveranstaltung überhaupt
bewusst war. Das Geld würde nämlich misshandelten Frauen
zugutekommen. Er bezweifelte, dass sie sich über den Zweck
im Klaren waren. Für die Gäste hier handelte es sich in erster
Linie

um

eine

Vergnügung

und

weniger

um

eine

Spendenaktion, damit Notleidende Unterschlupf und Hilfe
fanden. Für Sebastian dagegen war es eine persönliche
Angelegenheit.

Der Muskelmann vor ihm sprang auf die Bühne. Offenbar

konnte er es kaum erwarten, das Publikum in Stimmung zu
bringen. Sebastian blieb mit einer Assistentin zurück und
wartete auf sein Stichwort.

Er hatte sich nicht geirrt, der Bärtige wurde rasch versteigert.

Das letzte Gebot übertönte ein Durcheinander von Gekreische
und zweideutigen Witzen. Die Assistentin nahm Sebastians
Arm und führte ihn vorwärts.

Als er die Bühnenmitte erreichte, wurde er in grelles

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Scheinwerferlicht getaucht. Er sah ins Publikum und war mit der
Spendenfreudigkeit zufrieden. Die Gedankenlosigkeit der
Frauen jedoch widerte ihn an. Sie waren alle gleich –
herausgeputzt, oberflächlich, ordinär und nur auf ihren Spaß
aus. Er verachtete sie alle.

Doch dann entdeckte er sie.

Sie stand allein da, eine kleine dunkelhaarige Frau mit

auffallend großen Augen und einem faszinierten Ausdruck auf
dem Gesicht. Sie lächelte nicht, als ihre Blicke sich trafen. Sie
schrie keine Anspielungen oder Gebote wie die anderen
Frauen, noch machte sie Witze oder lachte. Sie stand nur da
und sah ihn an. Sebastian hörte die Stimme der Auktionatorin
nicht mehr, nahm die Hitze der grellen Scheinwerfer nicht länger
wahr. Seine Langeweile und sein Desinteresse waren von ihm
gewichen. Sebastian wagte nicht zu blinzeln. Die Frau wirkte
seltsam unschuldig, und er fand sie absolut unwiderstehlich.
Vielleicht würde er sich bei Shay doch nicht mehr beklagen,
sondern ihr im Gegenteil danken.

Sie wollte ihn.

Brandi stand in der Mitte unterhalb der Bühne. Die bisherigen

Männer waren für sie nicht sonderlich bemerkenswert gewesen.
Aber schließlich war sie auch nicht hier, um einen Mann zu
kaufen. Sie nahm an dieser Wohltätigkeitsveranstaltung
lediglich teil, um ihre Schwester, Shay, zu unterstützen.
Normalerweise mied sie derartige Veranstaltungen, bei denen
die Hormone der Leute verrücktspielten. Und es gab eine Reihe
anderer Möglichkeiten, wie sie ihren Geburtstag lieber
verbracht hätte.

Aber das alles spielte in diesem Moment keine Rolle. Der

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Mann auf der Bühne war unglaublich, und nachdem ihre Blicke
sich getroffen hatten, konnte sie nicht mehr aufhören, ihn
anzustarren. Eine unwiderstehliche Verbindung war zwischen
ihnen entstanden, und Brandi fand weder den Willen noch die
Kraft, einfach wegzugehen.

Die Auktionatorin lachte über einen Scherz, den Brandi nicht

mitbekommen hatte. Dann drehte sie sich um und nahm den
Mann am Arm, während sie in der andern Hand das Mikrofon
hielt. Sie kuschelte sich an ihn. „Was für ein großzügiges
Gebot!“, rief sie und klang sehr aufgeregt. Brandi war so damit
beschäftigt gewesen, den Mann zu betrachten, dass sie die
Höhe des Gebots nicht mitbekommen hatte. „Er ist jeden
einzelnen Penny wert, Ladies! Also los, nicht so schüchtern! Der
hier ist ein Prachtexemplar.“ Sie drückte seinen muskulösen
Oberarm und sah staunend ins Publikum.

Der Mann schien sich nicht sonderlich geschmeichelt zu fühlen.

Er strahlte Geringschätzung aus, und anstatt sich wie die
übrigen Männer in Szene zu setzen, verschränkte er nur die
Arme vor der Brust und spreizte die langen Beine. Seine
unbezwingbare Haltung ließ ihn beeindruckend groß und
männlich erscheinen.

Die Auktionatorin bemühte sich um seine Mitarbeit. Sie

versuchte ihn zu einer Drehung zu bewegen, um ihn wie die
anderen zu präsentieren. Das würde die ohnehin schon
astronomische Summe in die Höhe treiben. Doch er widerstand
ihren Anstrengungen mit Leichtigkeit. Der Auktionatorin gelang
es nicht, ihn auch nur einen Zentimeter von der Stelle zu
bewegen.

Den Frauen gefiel es. Sie riefen weitere Gebote, machten

unverblümte Anspielungen, was sie mit ihm anstellen würden,

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und feilschten untereinander.

Brandi war völlig gefesselt. Nie zuvor hatte sie das empfunden,

zumindest nicht in den letzten acht Jahren. Und davor war sie zu
jung gewesen. Doch jetzt ließ sich ihr Interesse nicht leugnen.
Sicher, sie hatte heute eine Entscheidung getroffen, die ihr
Leben verändern würde – hoffentlich zum Besseren. Aber dies
hier? Sollte sie wirklich für diesen Mann bieten? Wie zur Antwort
schüttelte sie den Kopf.

Der Mann schenkte ihr ein atemberaubendes Lächeln und

nickte dann, als wollte er sie ermutigen. Brandi errötete vor
Verlegenheit. Er konnte unmöglich wissen, was sie gedacht
hatte! Sie schüttelte erneut den Kopf, was jedoch zur Folge
hatte, dass sein Grinsen breiter wurde.

Grundgütiger, er war umwerfend! Und so groß und imposant

und

Es

durchströmte

sie

heiß.

Sie

versuchte

zurückzuweichen, um die unsichtbare Verbindung zwischen
ihnen zu unterbrechen, doch es gelang ihr nicht. Noch nie hatte
sie auf diese Weise die Aufmerksamkeit eines Mannes erregt.
Ihre Schwester, Shay, war so attraktiv und energiegeladen,
dass Brandi neben ihr verblasste.

Doch jetzt hielt dieser unglaubliche Mann sie mit seinem Blick

gefangen und ließ sie nicht mehr los. Brandi war gleichermaßen
alarmiert und angenehm verwirrt. In diesem Moment trat Shay
neben sie und hob fragend die schmalen Brauen. Der Mann sah
automatisch zu Shay, die Brandi überragte.

Brandi empfand nicht direkt Eifersucht, denn sie und Shay

standen sich sehr nahe. Es war eher Resignation. Zudem hatte
sie kein Recht, einen Mann anzustarren und sein Interesse zu
wecken, wenn sie es nicht erwidern wollte. Nicht erwidern

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konnte – noch nicht –, und schon gar nicht bei einem Mann wie
ihm. Ihren Entschluss, diesen Geburtstag anders zu begehen,
hatte sie noch nicht umgesetzt. Aber mit einem Mann wie
diesem würde sie das auch nicht. Da er sie nicht mehr ansah,
konnte auch Brandi sich mit einem bedauernden Seufzer
abwenden.

Shay hörte es und lächelte. „Er ist sensationell, nicht wahr?“

Verwirrt sah Brandi zu ihrer Schwester auf. „Wer?“

„Der Kerl, den du anstarrst.“ Shay führte sie ein Stück von der

Bühne weg. „Alle Frauen hier tun das Gleiche. Er ist auch nicht
gerade der Typ, dem eine Frau keine Aufmerksamkeit
schenken würde.“

„Es gefällt ihm da oben auf der Bühne nicht.“

Shay lachte. „Nein, vermutlich nicht. Aber hast du gesehen, wie

die Frauen auf sein Desinteresse reagieren? Sie sind ganz
verrückt nach ihm.“

„Dann wird er ja wohl viel Geld für deine Versteigerung zu

wohltätigen Zwecken zusammenbringen“, entgegnete Brandi
säuerlich.

„Darauf zähle ich fest.“ Shay warf Brandi einen Blick zu. „Ich

könnte dir Geld leihen.“

Brandi schnappte nach Luft. „Du willst doch wohl nicht

andeuten, ich …“

„Warum nicht?“

Eine solch lächerliche Frage verdiente nicht einmal eine

Antwort. Andererseits ärgerte es Brandi, sodass sie trotzdem
antwortete. „Du kennst den Grund. Hast du ihn dir mal
angesehen? Er ist riesig und sieht finster aus, auch wenn er

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einen Anzug trägt. Außerdem hat er bisher nur ein einziges Mal
gelächelt.“

„Ja, aber dieses Lächeln ist dir unter die Haut gegangen. Ich

habe alles genau beobachtet. Gib es zu, Brandi, es gefällt dir,
was du da siehst.“

Brandi nahm sich zusammen und erklärte: „Er macht mich

nervös, und das ist kein gutes Zeichen.“

Shays Miene hellte sich auf. „Soll das ein Witz sein? Das ist

doch ein fantastisches Zeichen!“

„Nein.“

„Aber …“

„Kein aber.“ Da sie wusste, dass ihre Schwester es nur gut mit

ihr meinte, fuhr Brandi in sanfterem Ton fort: „Ich habe heute
Morgen die Entscheidung getroffen, mein Leben in Ordnung zu
bringen und wieder auszugehen.“

„Du meinst, du willst mit Männern ausgehen?“ Shay klang

skeptisch und erfreut zugleich.

Brandi lächelte. „Ja. Wahrscheinlich mache ich mich selbst

zum Narren. Ich werde mit jemandem beginnen, den ich gut
kenne, dem ich vertraue und der nicht aufdringlich ist. Es wird
höchste Zeit, dass ich wieder das Leben einer normalen Frau
führe, auch wenn es mich große Überwindung kostet.“

Shay grinste. „Das halte ich für eine ausgezeichnete Idee. Und

da dir der Mann auf der Bühne gefällt …“

Sie drehten sich beide um, da die Auktionatorin eine Salve

von Geboten bestätigte. Jeden Moment würde der Mann
versteigert sein. Brandi schüttelte traurig den Kopf. Shay
verstand sie einfach nicht. Niemand in ihrer Familie tat das. Sie

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versuchte, sie nicht mit ihren Schwierigkeiten zu behelligen.
Daher erwiderte sie nur knapp, es gehe ihr gut, wann immer
danach gefragt wurde. Bis jetzt hatte diese Auskunft gereicht.

Brandi kehrte der Bühne den Rücken zu, um das Ende der

Versteigerung nicht mitzubekommen. „Ich würde mir nie einen
Mann kaufen. Das könnte ich nicht, das weißt du.“

Shay reckte sich zu ihrer vollen, beeindruckenden Größe. „Ich

habe damit kein Problem.“ Und bevor Brandi aus ihrer plötzlich
trockenen Kehle auch nur ein Wort herausbrachte, hob Shay
den Arm und bot die höchste Summe des gesamten Abends.

Zunächst herrschte benommenes Schweigen, dann setzten

laute Beschwerden und entnervtes Aufstöhnen über die
astronomische Summe ein. Niemand konnte mehr bieten. Nach
einigen Sekunden erteilte die Auktionatorin ihr sichtlich
zufrieden den Zuschlag.

Die Launen des Schicksals waren manchmal schrecklich.

Leise Verzweiflung beschlich Brandi.

„Na ja“, sagte Shay völlig ungerührt, „das war leicht, nicht

wahr? Niemand hat es gewagt, höher zu gehen.“

Brandi sah sie an. „Hast du völlig den Verstand verloren? Du

kannst jeden Mann bekommen, den du willst! Jedenfalls
brauchst du nicht dafür zu bezahlen.“

„Aber ich wollte diesen Mann.“ Shay wedelte mit ihrer

eleganten Hand. „Dies ist meine Veranstaltung, mein Projekt.
Alle erwarteten, dass ich mitbiete. Ich könnte das Geld auch
direkt spenden. Aber auf diese Weise bekommen die Männer
Gelegenheit, ihre Unternehmen der anwesenden Presse
vorzustellen und sich engagiert zu zeigen. Außerdem profitiert
das Heim davon, da jedes Unternehmen kostenlose

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Arbeitsstunden versprochen hat. So haben wir Maler-, Maurer-
und Gärtnerarbeiten für das neue Heim bekommen. Sie
erhalten großartige Werbung, wir die kostenlose Arbeit, und
jeder ist zufrieden.“

Ich nicht, dachte Brandi und fragte sich, was der Mann, den

Shay ersteigert hatte, beisteuerte. Doch dann entschied sie,
dass sie das gar nicht wissen wollte. Man konnte höchstens
vermuten, womit ein gefährlich wirkender, großer Mann wie er
seinen Lebensunterhalt verdiente.

„Es ist eine geschäftliche Veranstaltung“, fuhr Shay fort, „die

jedem Vorteile bringt. Die Reiseagentur beispielsweise hat die
Gatlinburg-Pauschalreisen gestiftet, weil es für sie eine
hervorragende Werbung ist. Vor allem aber bekommen
bedürftige Familien eine Unterkunft. Weißt du, wie viel Geld wir
eingenommen haben?“

Brandi hatte Verständnis für Shays Begeisterung. Seit sie

Witwe war, hatte sie sich unter die Elite der Gemeinde Jackson
in Tennessee gemischt, um Spenden von den Reichen für die
Armen zu sammeln. Das Geld ihres Ehemannes verschaffte ihr
großen Einfluss, und sie hatte die Energie und das Geschick,
es wirksam einzusetzen. Unglücklicherweise passte Shay mit
ihrem attraktiven Äußeren und ihrer aufgeschlossenen Art ganz
und gar nicht in das Bild einer matronenhaften Witwe. Viele
Männer nahmen ihre Bemühungen nicht ernst, und viele Frauen
sahen in ihr eine persönliche Bedrohung.

Brandi wusste, dass ihre Schwester unbedingt eine Aufgabe

finden wollte, eine Möglichkeit, um das Vermögen ihres Mannes
sinnvoll einzusetzen. Darin wollte Brandi, sie so gut es ging,
unterstützen.

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„Shay, du bist mir keine Erklärungen schuldig“, sagte sie, um

die Freude ihrer Schwester nicht zu dämpfen. „Wenn du dir
einen Mann kaufen willst … Nun, du kannst es dir leisten, und
ich habe nicht das Recht, deine Entscheidung infrage zu stellen.
Es tut mir leid.“ Es tat ihr leid, dass sie überhaupt
hierhergekommen war. Jetzt wollte sie nur noch nach Hause, in
Ruhe ihre Geburtstagstorte essen und vergessen, dass sie ihn
jemals gesehen hatte.

Shay grinste. „Ich wollte nur, dass du meine Motive verstehst.“

Brandi nickte. Sie hatte Verständnis. Der Abend hatte viel

Geld eingebracht, aber das hatte sie auch nie bezweifelt. Wenn
ihre Schwester sich etwas vornahm, setzte sie es auch durch. In
diesem Fall hatte sie sich einen sehr teuren Mann ersteigert.

„Aber warum ausgerechnet ihn?“, fragte Brandi. Shay hätte so

viele Männer haben können, und jeder von ihnen wäre erfreut
gewesen, von ihr erwählt zu werden. Wieso also hatte sie sich
genau diesen ausgesucht, den zu ersteigern Brandi gern selbst
den Mut gehabt hätte?

Nicht, dass es ihr etwas ausmachte. Brandi ging solchen

Männern instinktiv aus dem Weg. Er war zu groß und imposant.
Trotz seines Anzuges hatte sie deutlich seine Muskeln erkennen
können. Was hätte sie schon mit ihm anfangen sollen?
Erstaunlicherweise kamen ihr einige vage Ideen in den Sinn.

„Du hast selbst gesehen, wie unglaublich sexy er ist“, erwiderte

Shay.

Sexy war noch untertrieben. Dabei hatte er sich nicht einmal in

Pose geworfen oder gezwinkert wie die anderen Männer. Er
hatte einfach nur dagestanden. Das genügte.

Shay nahm Brandis Hand und führte sie dorthin, wo die

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Männer den Frauen vorgestellt wurden, die sie ersteigert hatten.
Brandi versuchte zurückzubleiben, doch das ließ Shay nicht zu.
„Komm schon“, drängte sie, „unser Mann muss irgendwo am
Ende der Reihe sein.“

Brandi blieb wie angewurzelt stehen. „Moment mal! Ich weiß ja

nicht, was du vorhast, aber er ist nicht ‚unser‘ Mann!“

Shay zog sie einfach hinter sich her. „Das stimmt, denn er

gehört dir.“

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2. KAPITEL

„Vergiss es, Shay. Ich will damit nichts zu tun haben.“

„Brandi“, flüsterte ihre Schwester. „Die Presse ist überall, wie

ich gehofft habe. Du willst meine Wohltätigkeitsveranstaltung
doch nicht schlecht dastehen lassen, oder? Du weißt, wie
schwer es schon ist, von diesen reichen alten Snobs akzeptiert
zu werden und sie dazu zu bringen, an solchen Veranstaltungen
teilzunehmen. Hätte Phillip mich nicht als reiche Witwe
zurückgelassen, würden sie nicht einmal mit mir reden. Und
ohne etwas so Ausgefallenes wie die Versteigerung hätte
niemand auch nur einen zusätzlichen Cent ausgegeben. Die
Bedürftigen könnten ihnen nicht gleichgültiger sein, aber sie
amüsieren sich eben gern. Also musste ich mir etwas einfallen
lassen. Du weißt ja, wie überfüllt die Frauenhäuser in Jackson
sind. Wir brauchten diese Versteigerung. Und wenn meine
eigene Schwester sich jetzt sträubt, werde ich nie wieder dazu
gewählt, eine solche Veranstaltung zu leiten.“

Brandi biss frustriert die Zähne zusammen, musste jedoch

zugeben, dass Shay recht hatte. Es war wichtig, dass sie ihre
Unterstützung zeigte. Deswegen war sie überhaupt gekommen.
Seit Phillips Tod hatte Shay sich in Aktivitäten gestürzt, doch
dieser Abend war der Höhepunkt, da so viele reiche, bekannte
Leute gekommen waren. Die Versteigerung war unbestritten ein
großer Erfolg und würde Shay neue Möglichkeiten als
Organisatorin von Benefizveranstaltungen eröffnen. Brandi
wollte und musste ihr helfen.

Wie Shay vorausgesagt hatte, war die Idee, dass Frauen

Männer ersteigerten, ein Knüller. Deshalb waren auch sehr viele
Reporter gekommen, gespannt und bereit, eine Story zu

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schreiben, die der Auktion die benötigte Publicity verschaffte.

Brandi hatte keine Ahnung, was Shay für Pläne mit ihrem Mann

hatte, und sie war auch nicht sicher, ob sie das überhaupt
wissen wollte. Aus irgendeinem Grund störte es sie, sich Shay
und diesen Mann gemeinsam an einem ruhigen, romantischen
Ort vorzustellen. So ungern sie es auch zugab, und so sehr sie
ihre Schwester auch liebte – sie beneidete sie.

„Komm, Brandi, es wird dir Spaß machen.“

Sie reihten sich in die dicht gedrängte Gruppe der Frauen ein,

die ihre „Einkäufe“ abholen wollten. Brandi beobachtete, wie
Männer und Frauen sich paarweise zusammenstellten, während
die Fotografen jede Bewegung festhielten. Die Frauen stellten
sich in Pose, führten ihre eleganten Kleider und ihren Schmuck
vor, und die Männer lächelten dazu, sahen sexy aus und waren
stolz auf ihren Erfolg. Sie gaben sich alle so ungezwungen und
waren ganz anders als Brandi. Alle schienen sich prächtig zu
amüsieren.

Bis auf einen Mann.

Brandi erstarrte und war gebannt von diesem angespannten,

ernsten Gesicht. Allein durch seine Größe hob er sich von den
anderen Männern ab. Doch auch seine glatten schwarzen
Haare und seine gebräunte Haut trugen dazu bei. Lediglich
seine grünen Augen leuchteten – und fixierten Brandi.

Er hatte bereits seine Fliege gelockert und die obersten

Knöpfe seines Smokinghemdes geöffnet. Dunkle Haare waren
in der Hemdöffnung zu sehen. Brandi fragte sich, ob er überall
so behaart war, und errötete sofort.

Er stand in lässiger Haltung da, die eine Schulter an die Wand

gelehnt. Brandi vermutete jedoch, dass er nur lässig wirkte, in

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Wahrheit aber eher einem Raubtier auf dem Sprung glich.
Brandi war fasziniert und erregt zugleich. Kurz hoben sich seine
Mundwinkel zu einem Lächeln, ehe es wieder verschwand. Er
musterte ihr Gesicht, dann ihren Körper. Brandi erinnerte sich
an diesen Blick und wusste, was er zu bedeuten hatte, obwohl
es Jahre her war, seit sie damit konfrontiert worden war. Jetzt
hatte er zur Folge, dass sich ihr Magen zusammenzog. Sie
überlegte, ob ihr schlichtes schwarzes Kleid ihn enttäuschte. Es
reichte bis knapp über ihre Knie. Zu dem Kleid trug sie eine
schwarze Strumpfhose und flache Pumps. Mit dem hohen
Ausschnitt und den ellbogenlangen Ärmeln spiegelte es ihren
zurückhaltenden, unkomplizierten und ruhigen Lebensstil wider.

Mehrere Frauen versuchten mit ihm zu sprechen, doch er

ignorierte sie. Er stieß sich von der Wand ab und ging direkt auf
Brandi zu. Sie überlegte, rasch zu verschwinden und Shay sich
selbst zu überlassen. Die Aussicht, den beiden dabei
zuzuschauen, wie sie sich miteinander bekannt machten, ließ
sie keineswegs gleichgültig.

Doch plötzlich sah Shay in die gleiche Richtung wie Brandi und

hielt sie auf, indem sie ihr eine Hand auf die Schulter legte. Mit
dem freien Arm umarmte sie den Mann und küsste ihn mit
vertrauter Zuneigung auf die Wange. Brandi konnte nur staunen.

„Sebastian, du warst fantastisch! Unsere größte Attraktion!

Einen Moment lang habe ich befürchtet, mein Gebot würde
einen Aufruhr verursachen. Einige der Ladys waren ziemlich
enttäuscht, dass ich sie aus dem Rennen geworfen habe.“ Sie
lachte und fügte hinzu: „Ich hatte recht, du bist ein Naturtalent.“

„Ich bin ein Idiot, dass ich mich von dir dazu habe überreden

lassen“, erwiderte er. Er sah Brandi an, und seine Stimme
bekam eine intimere Note. „Ich glaube nicht, dass ich dir für

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dein letztes Gebot dankbar sein werde.“

Brandi hob die Brauen. Wollte er damit andeuten, dass es ihm

lieber gewesen wäre, wenn sie geboten hätte?

„Es wäre allerdings nett, wenn du mich vorstellen würdest“,

sagte er. „Denn ihr beide scheint ja bereits gut miteinander
bekannt zu sein.“

Shay grinste und machte keinen Hehl aus ihrer Zufriedenheit

über sein Interesse. „Wir sind sogar verwandt. Sebastian, darf
ich dir meine kleine Schwester vorstellen?“ Sie schubste Brandi
leicht vorwärts.

„Deine Schwester?“, wiederholte er überrascht und es war

offensichtlich, dass er die Ähnlichkeit zwischen ihnen vermisste.

„Sebastian ist ein guter Freund von mir“, erklärte Shay, die

irgendetwas im Schilde führte, von dem Brandi nur wusste, dass
es ihr sicher nicht gefallen würde. Begeistert verkündete Shay
im gleichen Moment: „Herzlichen Glückwunsch, Brandi! Ich habe
ihn für dich ersteigert!“

Sebastians erster Gedanke war, dass die Frau gleich

ohnmächtig werden würde. Sie war leichenblass geworden,
doch als er die Hand nach ihr ausstreckte, wich sie zurück, und
ihrer Miene war nicht mehr die kleinste Unsicherheit anzusehen.
Ihr finsterer Blick machte ihm unmissverständlich klar, dass sie
nichts mit ihm zu tun haben wollte.

Zwar war er entrüstet, wusste aber nicht, was er sagen sollte.

Trotz ihrer offenkundigen Ablehnung konnte er sich von ihrem
Gesicht einfach nicht losreißen. Aus der Nähe erkannte er, dass
ihre großen Augen mit den langen, dichten Wimpern von einem
sanften Blau waren. Ihre Nasenspitze wies leicht nach oben, und
ihr schmales Kinn war ein klein wenig spitz. Ihre Wangen waren

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nach innen gewölbt, was ihr ein zartes Aussehen verlieh.
Gleichzeitig drückte ihr Gesicht Entschlossenheit aus. Sie hatte
außerdem einen sexy Mund, mit vollen, sinnlich geschwungenen
Lippen, auch wenn sie nicht lächelte und, wie jetzt, eher entsetzt
als erfreut wirkte. Ihre Haut war nicht so hell wie die von Shay,
sondern wies eher einen zart pinkfarbenen Ton auf, und ihre
kurz geschnittenen schwarzen Locken waren ungebändigt.
Sebastian konnte sich gegen die plötzlich aufsteigende
Sehnsucht nicht wehren. Doch diese Frau war noch immer über
die Großzügigkeit ihrer Schwester bestürzt.

„Ich wäre nie darauf gekommen, dass ihr miteinander verwandt

seid“, sagte Sebastian, um der Situation ihre Peinlichkeit zu
nehmen. „Ihr seht euch überhaupt nicht ähnlich.“

Shay grinste. „Ich wurde adoptiert. Hast du das nicht gewusst?

Wahrscheinlich habe ich es dir nie erzählt. Meine Stiefeltern
dachten, sie könnten keine Kinder haben, daher adoptierten sie
mich. Und sie behandelten mich immer wie ihr erstes Kind.“

„Du bist ihr erstes Kind“, meinte Brandi.

„Aber kurz nach meiner Adoption würde Mom schwanger.

Brandi ist sozusagen ein Wunderkind.“

„Als Kind kann man sie kaum noch bezeichnen“, bemerkte

Sebastian und stellte sich vor, sie auf ihren störrischen Mund zu
küssen.

Brandi verdrehte die Augen und verschränkte die Arme vor der

Brust. Zwar reichte sie ihm kaum bis zum Schlüsselbein, doch
brachte sie es dennoch fertig, imposant zu wirken. „Sie müssen
meiner Schwester schon verzeihen, Mr Sinclair. Gelegentlich
übertreibt sie ihre Großzügigkeit. Aber ich will nicht … das heißt
…“ Sie suchte nach den passenden Worten, was Shay die

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Möglichkeit gab, mehr Argumente vorzubringen.

„Ich kann ihn mir leisten, Brandi. Und er ist das perfekte

Geschenk!“

Brandi starrte ihre Schwester an und schien noch

entschlossener, Sebastian abzulehnen. Doch er kam ihr zuvor
und wandte sich an Shay. „Es ist nicht untertrieben, wenn du von
deiner ‚kleinen‘ Schwester sprichst.“

Shay war dankbar für den Themenwechsel. „Brandi sieht aus

wie der Rest der Familie: klein und dunkelhaarig. Ich dagegen
falle mit meiner schlaksigen Größe und den blonden Haaren
aus dem Rahmen.“

„Ha!“ Brandi stemmte die Hände in die schmalen Hüften. „Du

bist die Schöne, das weißt du ganz genau.“ Zu Sebastian
gewandt sagte sie: „Shay spielt gern den Boss in der Familie
und kommandiert uns alle herum. Wir lassen sie, weil es ihr so
viel Spaß macht. Aber diesmal …“

Er streckte ihr die Hand hin. „Ich bin also ein

Geburtstagsgeschenk? Ich muss zugeben, dass ich durch
meine Arbeit schon in schlimmere Rollen geschlüpft bin.“

Sie schüttelte sie zweimal kurz und fest. „Nett, Sie

kennenzulernen“, erwiderte sie und fügte im nächsten Atemzug
misstrauisch hinzu: „Was haben Sie denn für eine Arbeit?“

Shay stieß Brandi in die Rippen und erklärte: „Sebastian

besitzt eine Agentur für privaten Personenschutz. Daher auch
die vielen Muskeln, die du bemerkt hast.“ Brandi errötete und
funkelte ihre Schwester zornig an, doch Shay ignorierte es
einfach. „Sebastian muss immer in Topform sein, da sein Job
manchmal harten körperlichen Einsatz erfordert. Er ist aus dem
Holz geschnitzt, aus dem die Helden sind. Nur weiß er es nicht.“

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„Ich mache meinen Job wie jeder andere auch. Es ist nichts

dabei.“

„Verstehst du, was ich meine?“, wandte Shay sich an Brandi

und fügte halblaut hinzu: „Er wäre wirklich der perfekte Mann,
wenn er nicht so ein Chauvi wäre. Sebastian hält nämlich alle
Frauen für zart und zerbrechlich, und er will sie alle retten.“

Er kniff die Augen zusammen. „Oh, das weiß ich nicht. Dich

zerbrechlich zu nennen, wäre wohl falsch.“

Shay boxte ihn scherzhaft und lachte. Brandi dagegen

musterte ihn noch immer misstrauisch. Dann wandte sie sich an
ihre Schwester, und obwohl sie die Stimme senkte, konnte
Sebastian jedes Wort verstehen. „Ich weiß ja nicht, was du
vorhast, aber vergiss es. Du hast ihn gekauft, also behalte ihn
auch.“

„Aber ich will ihn nicht!“, entgegnete Shay. „Er ist ein

großartiger Kerl. Leider sind wir uns viel zu ähnlich. Wir würden
uns innerhalb kürzester Zeit erbittert streiten. So etwas habe ich
schon hinter mir und will es nicht noch einmal.“

„Aber ich soll es wollen?“

Shay zuckte die Achseln. „Wenn man etwas noch nicht probiert

hat, sollte man es tun, sonst könnte es rasch zu spät sein.“

„Das ist das dümmste Argument, das ich je von dir gehört

habe“, konterte Brandi.

Allmählich kam Sebastian sich wie ein zugelaufener Hund vor.

Seit er mit zwölf seine Größe und körperliche Statur entwickelt
hatte, hatte keine Frau mehr solches Desinteresse an seiner
Gesellschaft gezeigt. Er war nicht eitel, aber er war auch nicht
dumm. Frauen hatten schon öfter seinetwegen Streit
bekommen – aber dabei war es nie darum gegangen, wer sich

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mit ihm abgeben musste. Im Gegenteil, die Frauen waren hinter
ihm her gewesen. Brandi dagegen wollte ihn loswerden.
Vertrackterweise war er entschlossen zu bleiben.

Shay stemmte die Fäuste in die Hüften, um sich über Brandis

Haltung lustig zu machen. Sie wirkte ebenso entschlossen wie
Brandi. „Ich wollte dir zu deinem Geburtstag etwas Besonderes
schenken. Aber mir fiel absolut nichts ein. Doch dann
erwähntest du deine Pläne, und schon kam mir die Idee.“

„Aber so habe ich das nicht gemeint!“, rief Brandi und deutete

auf Sebastian.

„Er passt ausgezeichnet in deine Pläne. Du bist heute

sechsundzwanzig geworden und hast dich noch nie amüsiert.
Mit Sebastian kannst du dich amüsieren.“ Sie sah ihn um
Bestätigung suchend an. „Das stimmt doch, oder?“

„Und ob.“ Doch inzwischen fand er das Ganze längst nicht

mehr amüsant. Am liebsten hätte er Shay aufgefordert, ihre
Schwester nicht mehr zu drängen. Sie zwang ihn Brandi, die
bewundernswert ablehnend blieb, ja förmlich auf. Das war eine
ganz neue Erfahrung für ihn – die ihm absolut nicht gefiel.

Brandi schloss für einen Moment die Augen. „Nein.“

„Ach, Brandi …“

Wahrscheinlich trieb ihn männlicher Stolz an, denn er wollte

ebenso wenig wie jeder andere Mann abgelehnt werden.
Besonders nicht, nachdem Brandi ihn so fasziniert hatte. Am
besten wäre es, die ganze Sache zu vergessen. Er hatte
ohnehin keine Zeit, seine übrigen Verpflichtungen zu
vernachlässigen. Er musste noch Bewerber für eine Stelle im
Büro überprüfen, und jedes Zimmer in seinem Haus befand sich
in irgendeiner Phase der Renovierung. Eigentlich hatte er

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überhaupt keine freie Zeit zur Verfügung. Doch er hatte sich
bereits entschlossen, Brandis endgültiges Nein nicht zu
akzeptieren.

„Es tut mir leid, dass Sie mit diesem Arrangement nicht

glücklich sind, Miss Sommers“, sagte er, ohne seine
Verärgerung ganz überspielen zu können. „Aber Tatsache ist,
dass uns beiden keine andere Wahl mehr bleibt. Die Presse
lauert darauf, alles auch nur annähernd Verdächtige zu
fotografieren. Falls Sie also zögern oder ein Gesicht machen,
als würden Sie gezwungen, wird Shays Publicity darunter
leiden. Und damit auch das Frauenhaus.“

Brandi sah zu ihm auf. „Sie übertreiben.“

„Wir sind als Nächste für die Fotos dran. Sie können sich ja

vorstellen, wie der Text zum Foto ausfällt, wenn Sie unglücklich
oder unwillig aussehen. Dann wird man die guten Absichten
Ihrer Schwester anzweifeln, und meinem Unternehmen wird es
auch schaden. Sie werden es so darstellen, dass Sie einen
Grund gehabt hätten, meine Gesellschaft auf der Reise
abzulehnen. Die ganze Veranstaltung wird wie eine fragwürdige
Masche aussehen und die Bemühungen um ein Haus für
zerrüttete Familien zurückwerfen.“

Natürlich war das alles übertrieben, genau, wie sie gesagt

hatte. Sebastian wartete auf ihre Reaktion und kam sich albern
vor, dass ihre Entscheidung ihm so viel bedeutete. Wenn Brandi
Sommers ihrer Schwester nur ein wenig ähnlich war, konnte ihr
der Erfolg der Auktion nicht gleichgültig sein.

Brandi atmete tief durch. „Na schön, wie geht es weiter?“

Erleichtert meinte Shay: „Das Paket umfasst eine fünftägige

Reise nach Gatlinburg inklusive aller Kosten.“ Da Brandi erneut

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protestieren wollte, fügte Shay rasch hinzu: „Ihr werdet an einem
sehr ruhigen Ferienort sein. Ich habe ihn selbst ausgesucht. Es
wird euch gefallen.“

Sebastian drückte ihre Schulter, um ihr zu verstehen zu geben,

dass sie aufhören sollte. Wenn er Brandi schon aufgezwungen
werden sollte, wollte er sich lieber selbst darum kümmern.
Irgendwie erschien ihm das weniger erniedrigend. „Betrachten
Sie es mal von der Seite, Miss Sommers: ob es Ihnen gefällt
oder nicht, in den nächsten fünf Tagen gehöre ich Ihnen. Sie
haben das Sagen. Wenn Sie die ganze Zeit im Bungalow sitzen
und über Ihre aufdringliche Schwester grübeln wollen, ist das
Ihre Sache. Ich bin nur Ihr Begleiter, falls Sie einen wollen oder
benötigen.“ Unschuldig setzte er hinzu: „Oder für was Sie mich
sonst brauchen.“

Die Vorstellung war vielversprechend, obwohl Brandi sich als

störrische Lady entpuppte. Sie mochte zwar hübsch sein, aber
deswegen war sie noch lange nicht die warmherzigste oder
einladendste Frau, die ihm je begegnet war. Eigenartigerweise
schmälerte das sein Interesse an ihr nicht im Mindesten.

Brandi zögerte. „Ich weiß nicht …“

„Nehmen Sie sich ruhig Zeit, um in Ruhe darüber

nachzudenken.“ Er deutete auf die Reporter und fügte hinzu:
„Aber bis wir hier raus sind, ist es wichtig, dass Sie das
Spielchen mitspielen. Tun Sie wenigstens so, als machten Sie
bereitwillig mit.“

Schließlich gab sie nach. „Ich werde es mir überlegen. Und

jetzt lassen Sie uns bitte diesen Teil hinter uns bringen. Ich
möchte gern nach Hause.“

„So schnell kannst du noch nicht fort“, meinte Shay. „Die

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Fotografen wollen Bilder von euch beiden. Es gibt noch
Häppchen und Drinks, und es wird getanzt.“

Brandi versteifte sich. Aus irgendeinem Grund war sie

entschlossen, der Anziehung zwischen ihr und Sebastian zu
widerstehen.

Und

er

war

ebenso

entschlossen,

ihren

Vorsatz

zunichtezumachen.

„Wir werden uns den Fotografen stellen, aber die Drinks und

das Tanzen kannst du vergessen“, verkündete Brandi ihrer
Schwester.

Shay wirkte zwar verärgert, doch Sebastian akzeptierte die

Entscheidung. „Einverstanden. Sind Sie bereit?“ Er bot Brandi
die Hand.

Bereit? Gütiger Himmel, nein, dachte sie. Ich bin nicht bereit.

Doch ob sie wollte oder nicht, sie musste mitmachen. Sie wollte
Sebastian nicht mehr berühren. Das Händeschütteln mit ihm
hatte ihr schon eine Gänsehaut beschert, und sein bloßer
Anblick genügte, um ihr Herz schneller schlagen zu lassen. Sie
nahm seine große Hand und hatte plötzlich das Gefühl, es sei
ein Fehler, mit diesem Mann zu tanzen. Wahrscheinlich würde
sie sich zum Narren machen, und das könnte sie nicht ertragen.
Nicht bei ihm. Daher war es besser, ihn gleich zu entmutigen,
das würde ihnen beiden eine Menge Ärger ersparen.

Shay war nach dem ersten Foto verschwunden. Vermutlich

versteckte sie sich. Ohne Warnung hatte sie Brandi in dieser
brisanten Situation sich selbst überlassen. Sie meinte es zwar
gut, doch musste Brandi nun einen umwerfend attraktiven Mann
abweisen.

„Mr Sinclair …“

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„Sebastian.“

„Also schön, Sebastian.“ Sie mied direkten Augenkontakt,

indem sie den Blick schweifen ließ. „Ich verstehe ja die
Notwendigkeit, Shays Ruf zu wahren, indem wir das
Fotografiertwerden über uns ergehen lassen. Aber es gibt
keinen Grund, dieses Spielchen weiterzutreiben. Eine
gemeinsame Reise ist absurd.“

„Keineswegs“, widersprach er. „Ihre Schwester hat mich Ihnen

zum Geschenk gemacht. Inzwischen dürfte sich das bei allen
herumgesprochen haben. Wenn wir auf die Reise verzichten,
wird es irgendjemand herausbekommen, und die Versteigerung
wird ihre Glaubwürdigkeit verlieren. Was haben Sie eigentlich
gegen die Reise einzuwenden?“

Die Wahrheit konnte sie ihm schlecht sagen. Daher erwiderte

sie so sarkastisch wie möglich: „Mal überlegen. Ich soll mit
einem völlig Fremden eine Reise machen. Mr Sebastian, ich
kenne Sie nicht. Ich weiß nicht das Geringste über Sie.“

„Komisch, aber so, wie Sie mich vorhin bei der Versteigerung

angesehen haben, hatte ich den Eindruck, Sie wären über
meine Gesellschaft erfreut.“

„Dafür standen Sie doch schließlich auf der Bühne! Ich war

nicht die Einzige, die Sie angesehen hat.“

„Aber Sie sind die Einzige, die wegen einer Gratisreise einen

solchen Aufstand macht“, konterte er. „Jede andere Frau hier
würde die Reise bestimmt liebend gern antreten.“

„Dann sollten Sie einer von denen die Reise anbieten!“

Einen Moment starrte er sie finster an. Dann entspannten sich

seine Züge, und er lachte. „Verdammt, ich kann es nicht fassen,
dass ich mit Ihnen darüber streite. Was für ein Schlag für mein

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männliches Ego!“ Er führte sie in eine stillere Ecke. „Wenn ich
so etwas schon ertragen muss, möchte ich wenigstens unter
vier Augen sein, um zumindest etwas Würde zu wahren.“

Brandi war völlig durcheinander. Sie wollte nur noch nach

Hause und das alles vergessen. Doch sie bemerkte, dass sie
bereits Aufmerksamkeit erregten. Daher ließ sie sich
widerstandslos zu einer Holzbank führen. Er setzte sich neben
Brandi, wobei sein Oberschenkel ihren berührte. Brandi
erstarrte. „Mr … Sebastian, es tut mir leid, falls ich Sie in
irgendeiner Form beleidigt habe. Das war nicht meine Absicht.
Ich lasse mich nur nicht gern in die Ecke drängen.“

„Sie erstaunen mich wirklich“, gestand er,

„Ach? Sind Sie es gewohnt, dass fremde Frauen in

Begeisterung ausbrechen, wenn sie die Chance haben, mit
Ihnen allein zu sein?“

„Ich bin mit Ihrer Schwester befreundet, das wissen Sie. Ich

nehme an, Sie vertrauen ihr?“

„Selbstverständlich. Sie ist meine Schwester.“

„Dann kann ich wohl kein so schlechter Mensch sein, denn

andernfalls hätte Shay mich kaum für Sie ersteigert.“

„Du liebe Zeit“, meinte sie, „hier geht es doch hauptsächlich

um die Spende, nicht um das Geschenk. Wenn man Sie hört,
könnte man meinen, bei Ihnen handele es sich um ein
Spielzeug, mit dem man sich amüsieren kann.“

Er lachte, und Brandi errötete heftig, als ihr klar wurde, was sie

gesagt hatte. Sebastian strich mit den Fingerknöcheln sanft
über ihre Wange. Fast wäre Brandi aufgesprungen.

„Ich weiß zwar nicht, ob ich den Anforderungen eines

Spielzeuges gewachsen bin, aber ich verspreche Ihnen, Sie

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nicht allzu sehr zu ärgern.“

Brandi räusperte sich. „Ich wollte damit nicht andeuten …“

„Ich weiß.“ Er zog die Hand zurück. „Analysieren wir meinen

Charakter weiter. Shay hat Ihnen erzählt, dass ich eine Agentur
für privaten Personenschutz besitze. Ich werde hauptsächlich
von Politikern oder hochrangigen Persönlichkeiten als
Bodyguard engagiert oder um verschiedene Bereiche zu
überwachen, in denen sie Ärger erwarten. Ich übernehme
allerdings auch Fälle von gefährdeten Frauen oder Kindern. Es
verblüfft mich immer wieder, wie Männer zu viel Schwächeren
so brutal sein können.“

Brandi erschauerte. Er klang beunruhigend hart. Zweifellos

verachtete er solche Tyrannen. Und Brandi teilte diese
Verachtung.

Für einen Moment schien er in Gedanken versunken. Dann fuhr

er fort: „Ich habe eine militärische Ausbildung. In der Armee
habe ich acht Jahre lang Spezialaufträge erledigt, bei denen es
um den Schutz hoher Regierungsbeamter ging. Dann stieg ich
aus, arbeitete zwei Jahre für eine Firma und besitze jetzt mein
eigenes Unternehmen. Ich mag Menschen nicht, die anderen
wehtun oder Angst einjagen. Also habe ich es mir zur Aufgabe
gemacht, Menschen davon abzuhalten.“

„Wie stellen Sie das an?“, wollte Brandi wissen.

„Indem ich tue, was immer nötig ist. Möglichst ohne

Gewaltanwendung. Falls nötig, mit äußerster Gewalt.“

Dass er ihr unverblümt die Wahrheit sagte, milderte irgendwie

die Wirkung dieser harten Worte. „Wenigstens sind Sie ehrlich“,
murmelte Brandi.

„Das bin ich immer. Und ich werde Ihnen gegenüber immer

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ehrlich sein. Wenn Sie mich erst näher kennenlernen …“

„Das will ich überhaupt nicht.“

„… werden Sie feststellen, dass ich niemals lüge.“

Frustration stieg in ihr auf. Kein Mann war je so hartnäckig

gewesen. Sie hatte ihm angeboten, ihn aus dieser absurden
Situation zu entlassen. Aber er blieb beharrlich. „Was haben Sie
eigentlich davon, Sebastian?“

„Abgesehen von Ihrer einzigartigen Gesellschaft?“

Da war wieder diese leicht spöttische Art. Sie hob das Kinn.

„Ja. Wieso haben Sie sich überhaupt versteigern lassen? Sie
machten keinen begeisterten Eindruck.“

„Das war ich auch nicht“, gestand er. „Ich halte nichts von

solchen Veranstaltungen reicher Leute. Besonders seit mich
mein Job auf die Schattenseiten des Lebens geführt hat. Und
Geld einfach zu verschleudern …“

„Für einen guten Zweck“, unterbrach Brandi ihn.

„Da stimme ich Ihnen zu. Aber das Frauenhaus war für die

meisten Gebote nicht die Motivation. Auch wenn es nicht für
einen guten Zweck gewesen wäre, hätte es ihnen Spaß
gemacht, mit Geld um sich zu werfen. Für sie war das lediglich
ein Spaß, und diese Verschwendung macht mich krank.“

„Warum haben Sie dann mitgemacht, wenn Sie es so

hassen?“

„Weil das Geld dringend gebraucht wird. Denn die Zahl

misshandelter Frauen und Kinder steigt jeden Tag. Ich erlebe es
in meinem Job. Und ich wusste, dass die Versteigerung unter
Shays Leitung ein Erfolg werden würde. Sie weigerte sich,
meinen Scheck anzunehmen, weil sie Männer für die Bühne

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brauchte. Wenn Shay sich etwas in den Kopf gesetzt hat, kann
sie ganz schön überzeugend sein.“

Brandi seufzte. Er war sympathisch, ob es ihr nun passte oder

nicht. Er war sehr höflich, trotz seiner Arroganz, und seine
Motivation war keineswegs zweifelhaft. Im Gegenteil, Brandi
kam nicht umhin, sein Engagement zu bewundern. „Shay war
schon immer ein Tyrann. Wenn sie etwas will, kann nichts sie
aufhalten.“

„Sie ist hartnäckig, aber auch eine kluge Geschäftsfrau.“

„Kennen Sie meine Schwester gut?“

„Das dachte ich eigentlich. Aber diese Geschichte über die

Adoption war mir neu.“

„Es spielt keine große Rolle für Shay oder mich. Sie ist meine

ältere Schwester und das erste Kind meiner Eltern. Außerdem
bringt man so etwas ja auch nicht bei einer zwanglosen
Unterhaltung zur Sprache.“

„Da haben Sie vermutlich recht.“

„Wie haben Sie sich kennengelernt?“, wollte Brandi wissen

und begriff gleichzeitig, dass sie ihre Nase in Dinge steckte, die
sie nichts angingen. Es war ihr egal, ob Shay und Sebastian
eine Beziehung miteinander gehabt hatten. Zumindest sollte es
ihr egal sein.

„Shay und ich sind jetzt seit über einem Jahr befreundet. Ich

war damals mit einem Fall beschäftigt, bei dem ein Mann seine
Frau bedrohte. Er hatte sie schon früher geschlagen, und es
gab eine Krankenhausakte über ihre Aufenthalte dort. Sie hatte
zwei Kinder, kein Geld und keinen Ort, an den sie hätte gehen
können. Shay hatte gerade angefangen, im Frauenhaus zu
arbeiten. Ich brachte die Mutter und die Kinder dort unter.

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Anschließend sorgte ich mit ein paar Freunden von der Polizei
dafür, dass der Kerl ins Gefängnis kam. Eine persönliche
Rache wäre mir lieber gewesen, aber das hätte das Problem
langfristig auch nicht gelöst. Wie sich herausstellte, handelte er
auch noch mit Drogen. Somit ist er eine Weile aus dem Verkehr
gezogen. Wie auch immer, Shay war jedenfalls großartig und
sorgte für die Familie. Seitdem haben wir gemeinsame
Interessen.“

Brandis Herz pochte lauter. Er hatte gerade etwas über seinen

Charakter, seine Moral und was ihm wirklich wichtig war
verraten. Es war erstaunlich, aber plötzlich vertraute sie ihm.
Dieser Mann war ein Beschützer und ein aufrichtiger Mann. Und
er hatte ihr angeboten, ihr das Kommando zu überlassen. Das
war eine faszinierende Vorstellung, zumal es in ihren Plan
passte, ihr Leben wieder in die Hand zu nehmen und nach vorn
zu schauen. Sie war überzeugt, dass er ihren Regeln gehorchen
würde.

Wie diese aussehen sollten, wusste sie zwar noch nicht, doch

konnte sie sich darüber immer noch Gedanken machen. In
einem ungewohnten Anflug von Selbstbewusstsein entschied
sie sich, es zu riskieren. Sie streckte die Hand aus und wartete.

Er hob amüsiert eine Braue und nahm ihre Hand. „Warum

schütteln wir uns die Hand?“

„Weil ich einverstanden bin, mit Ihnen in dieses Feriengebiet

zu fahren.“

„Ah.“ Er grinste breit, was zwei Grübchen auf seine Wangen

zauberte. „Hat der ruhige Klang meiner Stimme Sie überzeugt?
Oder die Art, wie ich eine Geschichte erzähle? Nein? Dann wie
lässig ich sitze?“

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Sie grinste ebenfalls. „Um ehrlich zu sein, ich vertraue jetzt

darauf, dass Sie sich an Ihr Wort halten. Sie sagten, ich sei der
Boss, und Sie stünden mir in den nächsten fünf Tagen für alles
uneingeschränkt zur Verfügung. Ich finde, eine solche
Gelegenheit sollte ich mir nicht entgehen lassen. Dabei werde
ich Sie stets daran erinnern, dass ich das Kommando habe.“

Er senkte seine Lider mit den langen, dunklen Wimpern.

„Glauben Sie mir, das werde ich nicht vergessen.“

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3. KAPITEL

Die Dinge entwickelten sich viel zu schnell. Das Flugzeug war

nicht ausgebucht, besonders nicht in der ersten Klasse, die
Shay für Brandi und Sebastian gebucht hatte. Leider half das
nicht gegen Brandis wachsende Nervosität. Sie sah aus dem
Fenster. Draußen fiel ein feiner Nieselregen. Sie hasste es,
nachts zu fliegen. Sie hasste es überhaupt zu fliegen, aber
wenigstens war das eine vernünftige Angst, die sie mit Millionen
anderen Menschen teilte. Nur war das kein Trost.

Sie straffte die Schultern und stieß gegen Sebastian. Dieser

Mann nahm einfach zu viel Platz ein. Es war schlicht unmöglich,
seine Gegenwart zu ignorieren.

Shay hatte ihnen nicht viel Zeit gelassen, sich auf die Reise

vorzubereiten, vermutlich weil sie befürchtete, dass Brandi doch
noch einen Rückzieher machen würde. Dabei war diese
Befürchtung völlig unbegründet gewesen, denn jetzt wollte sie
die Sache auch durchstehen. Doch Shay hatte kein Risiko
eingehen wollen und sich um jedes kleine Detail gekümmert,
ohne Kosten zu scheuen.

Sie hatte jemanden zu Brandis Haus geschickt, der ihre

Sachen packte und sie zum Hotel brachte, in dem die
Versteigerung stattgefunden hatte. Der Flug sollte nur wenige
Stunden später gehen. Eine Limousine hatte sie zum Flughafen
gebracht, und bei ihrer Ankunft würde ebenfalls eine Limousine
auf sie warten, um sie zur Ferienanlage zu bringen. Dort hätten
sie dann einen Mietwagen zur Verfügung.

Sebastian war darauf vorbereitet gewesen, die Versteigerung

mit einer Frau zu verlassen, daher hatte er sein Gepäck dabei.

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Bevor sie abflogen, hatte er noch schnell den Smoking gegen
eine bequeme kakifarbene Hose und ein schwarzes Poloshirt
vertauscht. Bisher hatte der rasche Aufbruch Brandi zu sehr in
Atem gehalten, um sein neues Outfit zu betrachten. Das holte
sie jetzt nach.

Die dunkle Farbe des Shirts unterstrich das Grün seiner

Augen, und der Schnitt betonte seine breite Brust. Seine Hose,
die ein wenig spannte, da er die Beine ausgestreckt hatte …
Brandi errötete. Um das Handgelenk trug er eine Uhr mit
schwarzem Armband, und seine Bartstoppeln waren jetzt
länger.

Er legte den Arm auf die Lehne, mit der Handfläche nach

oben. „Nervös?“

Seine Hand zu nehmen hätte das Eingeständnis einer

Schwäche bedeutet, und sie hatte gelernt, ihre Ängste zu
verbergen. „Weswegen?“

„Ich weiß nicht. Vielleicht wegen der Reise oder aus Angst vor

dem Fliegen.“

Sie drehte sich ihm zu und sah ihn direkt an. Viele der anderen

Passagiere schliefen und hatten das Licht ausgeschaltet.
Sebastians Gesicht lag halb im Dunkeln, was seine markanten
Wangenknochen und den geraden Nasenrücken hervorhob.

Brandi hatte keine Chance, Schlaf zu finden. Misstrauisch

runzelte sie die Stirn. „Shay hat Ihnen sicher gesagt, wie ich
über das Fliegen denke.“

„Ja. Aber es ist keine große Sache. Ich habe selbst einige

Ängste. Vielleicht erzähle ich Ihnen eines Tages davon. Und
jetzt geben Sie mir Ihre Hand, das hilft.“

Das Flugzeug rollte auf die Startbahn zu, und Brandi nahm

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hastig Sebastians Angebot wahr.

„Ihre Finger sind ja eiskalt“, bemerkte er lächelnd und

betrachtete liebevoll ihre Hand. „Ich mochte Frauenhände schon
immer. Sie sind schmal und zart, aber dennoch sehr stark. Ihre
gefällt mir.“

Brandi starrte ihn an. „Was haben Sie vor?“

Er lachte. „Glauben Sie, ich versuche Sie zu verführen?“

Sie wurde blass. Er brachte sie völlig durcheinander. „Ich weiß

nicht. Ich … ich bin solche Sachen nicht gewöhnt.“

„Eigentlich wollte ich Sie während des Starts nur ablenken. Es

hat funktioniert, nicht wahr?“

Erstaunt sah sie aus dem Fenster in den endlosen schwarzen

Himmel. Sie holte tief Luft und drehte sich wieder zu ihm um.
„Ja. Danke.“

„Gut.“ Er löste seinen Sicherheitsgurt und schaute sich um, ob

ihnen jemand zuhören konnte. Aber fast alle Passagiere
schliefen. Brandi ließ seine Hand los, um ihren Sicherheitsgurt
ebenfalls zu lösen, und beobachtete Sebastians Bewegungen,
das Spiel seiner Muskeln in den Schultern, die glatten
schwarzen Haare, die ihm auf den Kragen und in die Stirn
fielen. Nie zuvor war Brandi von einem Mann so fasziniert
gewesen, selbst von seinen kleinsten Gesten und Bewegungen.
Sie wollte wieder seine Hand halten und ihn auch an anderen
Stellen berühren. Aber es konnte so riskant sein …

„Und jetzt zu dem Versuch, Sie zu verführen.“

„Also Sebastian, es besteht wirklich keine Veranlassung …“

„Doch, denn ich will Ihnen klarmachen, dass ich Sie in keiner

Weise drängen werde. Diese Reise soll romantisch sein, aber

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es ist kein Muss, wenn Sie es nicht wollen. Wir können tun, was
immer Sie möchten. Wir können Spazierengehen oder Schach
spielen, ich kann Sie auch ganz in Ruhe lassen. Falls Sie sich
aber dazu entschließen, dass Sie etwas von mir wollen …“

„Das werde ich nicht!“, erwiderte sie und merkte selbst, wie

panisch das klang.

„Lassen Sie es mich nur wissen. Wenn wir, so wie jetzt,

miteinander reden und uns kennenlernen, hat das nichts mit Sex
zu tun. Es geht nur darum, sich ein wenig näherzukommen. Ich
weiß, Sie waren gegen diese Reise, aber ich bin froh, dass Sie
mitgekommen sind. Falls ich also etwas tue oder sage, das
Ihnen unangenehm ist, lassen Sie es mich wissen.
Einverstanden?“

Sie biss sich auf die Unterlippe und nickte. Er berührte ein

Thema, mit dem konfrontiert zu werden sie gar nicht erwartet
hatte. Zumindest nicht so bald. Aber da er es nun zur Sprache
gebracht hatte, fragte sie sich unwillkürlich, wie er wohl über ihre
Gründe denken würde, weshalb sie gegen die Reise gewesen
war. Sie sollte ihm sagen, falls sie etwas von ihm wollte? Den
Mut dazu würde sie nie finden, was sie eigentlich schade fand.

Sebastians Arm war taub, doch das störte ihn nicht. Er genoss

es, dass Brandi an seiner Seite schlief. Die Limousine rollte
sanft dahin, um sie herum war es still, und es gefiel ihm, Brandi
so betrachten zu können – entspannt, ohne die Schutzbarrieren,
die sie um sich herum errichtet hatte.

Vorsichtig strich er ihre eine widerspenstige Strähne aus dem

Gesicht und berührte ihre sanfte, weiche Wange. Im Schlaf
konnte sie nicht erschrocken zurückweichen oder ihm zu
verstehen geben, wie unangenehm ihr seine Berührung war.

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Es war aufregend, ihr so nah zu sein. Brandi hatte das eine

Bein angewinkelt, sodass ihr Kleid bis über das Knie
hochgerutscht war und ein Stück ihres Schenkels entblößte. Sie
hatte einen ihrer Schuhe verloren, und er sah ihren schmalen
Fuß mit dem hohen Spann. Er konnte kaum glauben, dass das
genügte, um ihn zu erregen. Aber es ließ sich nicht leugnen. Ihr
warmer Atem streifte seinen Hals, als sie im Schlaf tief seufzte.
Ihre Nase berührte ihn unterhalb seines Kinns, ihr zerzaustes
Haar kitzelte seine Wange, und eine ihrer Brüste wurde gegen
seine Rippen gepresst.

Brandi war bereits nach einer Viertelstunde in der Limousine

eingeschlafen. In der einen Minute hatte sie noch verkrampft
neben ihm gesessen und aus dem Fenster gesehen, und im
nächsten Moment war sie zusammengesunken und hatte sich
wie eine Katze an ihn geschmiegt.

Am liebsten hätte er sie auf seinen Schoß gehoben, und als

sie allmählich erwachte und sich reckte, konnte er nicht
widerstehen, sie kurz an sich zu drücken. Sofort schlug sie die
Augen auf und wich zurück. Nun, das hatte er erwartet. Sie war
zwar sexy, aber sie war nicht an ihm interessiert.

Sebastian zwang sich zu einem Lächeln. „Ich hoffe, der Schlaf

hat Ihnen gutgetan.“

„Wie lange habe ich geschlafen?“

„Fast vierzig Minuten“, meinte er beinah vorwurfsvoll. „Wir

müssen bald da sein.“

Sie strich sich die Haare glatt, zupfte den Saum ihres Kleides

zurecht und rieb sich die Hände. Sie zu beobachten, weckte
erneut seine Begierde, daher wandte er sich ab.

„Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“

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Die zögernd hervorgebrachte Frage veranlasste ihn, sich

wieder zu ihr umzudrehen. „Ja, mir geht es gut. Wieso?“

„Sie machen so einen angespannten Eindruck.“

„Ich fühle mich bei all diesem Luxus nicht wohl. Die Erste-

Klasse-Flugtickets, die Limousine. Man hätte das Geld besser
anders verwenden können.“

Sie warf ihm einen Blick zu, der ihm einen Schauer über den

Rücken jagte. Der Fahrer hinter der Trennscheibe konzentrierte
sich ganz auf die Straße. Die Dunkelheit im Innern des Wagens
und die nächtliche Stille machten die Situation noch intimer.
Wenn Brandi ihn weiterhin so ansah, würde er noch die
Kontrolle über sich verlieren.

Sie schien von seinen Sorgen jedoch nichts zu bemerken.

„Unsere Reise ist sicher extravagant. Aber so ist Shay – stets
extravagant bis zur Übertreibung, besonders wenn es um
Menschen geht, die ihr am Herzen liegen. Es würde mich nicht
wundern, wenn alles nur vom Feinsten wäre.“ Sie neigte den
Kopf. „Stört Sie das wirklich so sehr? Die meisten Leute
würden sich freuen, wenn sie mit einer Limousine und solchen
Sachen verwöhnt werden.“

Sebastian war unsicher, ob er mit ihr darüber reden sollte, da

es nicht leicht war, überhaupt darüber zu sprechen. Doch dann
berührte sie sein Handgelenk, und alles in ihm zog sich
zusammen.

„Schon gut“, sagte sie beruhigend. „Es war nicht meine

Absicht, neugierig zu sein.“

Er wollte mit ihr reden, ihr Vertrauen gewinnen. Und dies war

eine gute Gelegenheit, damit zu beginnen. Er lehnte sich in den
Ledersitz zurück und erklärte: „Ich bin in Armut aufgewachsen.“

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„Ich verstehe.“

Er lachte leise. „Nein, das verstehen Sie nicht. Ich meine damit

nicht, dass wir uns kein neues Auto leisten konnten, sondern
dass wir kaum etwas zu essen hatten. Der Strom war meistens
abgestellt, heißes Wasser war Luxus, und allein ein Blick auf
eine Limousine in unserer Gegend wäre wie ein Traum
gewesen.“

Brandi

nickte.

„Daher

Ihre

Abneigung

gegen

Geldverschwendung.“

„Ich habe gelernt, besonders sparsam zu sein. Das musste ich,

damit das Essen ausreichte. Selbst jetzt, wo ich genug Geld
habe, macht mich die Verschwendung von Geld ganz krank,
auch wenn es nicht meines ist. Nur bei meinem Haus war ich
verschwenderisch. Es gibt mir ein Gefühl der Sicherheit, das ich
nirgends sonst bekomme.“ Er wartete auf ihre Reaktion. Noch
nie hatte er einer Frau so persönliche Dinge anvertraut.

Brandi nahm seine Hand und verflocht ihre Finger mit seinen.

In dieser kleinen Geste lag so viel Verständnis, dass er sich
ermutigt fühlte, weiter zu erzählen.

„Meine Mutter war unglaublich. Sie arbeitete hart, damit alles

funktionierte. Aber sie kam immer so erschöpft von ihrer
schlecht bezahlten Arbeit nach Hause, dass sie gar nicht mehr
ans Essen dachte. Ich versuchte dafür zu sorgen, dass sie
etwas aß, aber manchmal war sie einfach zu müde. Manchmal
gab es auch Zeiten, da fand ich kein Essen.“

„Was war mit Ihrem Vater?“

Er verzog angewidert das Gesicht, und Brandi drückte seine

Hand. „Mein Vater war ein betrunkener, gemeiner Bastard, der
das Geld vertrank, das meine Mutter verdiente. Er war die Sorte

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Mann, die dafür sorgt, dass die Frauenhäuser voll sind. Er wollte
sein Leben nicht bessern. So wie er trank, hätte er ohnehin
keinen Job behalten können, selbst wenn er es gewollt hätte.
Also fühlte er sich erbärmlich und ließ seine Wut an meiner
Mutter aus.“

„Er hat sie geschlagen?“ Brandi klang entsetzt, doch

Sebastian war so in seinen Erinnerungen gefangen, dass er
lediglich die Achseln zuckte.

„Ich weiß nicht, wie oft ich nachts aufwachte, weil mein Vater

meine Mutter anschrie und beschimpfte, während sie weinte.
Das konnte Stunden so gehen.“

Brandi biss sich auf die Unterlippe und wich zurück. Sebastian

stellte fest, dass sie blass geworden war. „Verzeihen Sie, ich
hätte nicht weiter erzählen dürfen. Dabei denke ich heute kaum
noch daran, außer wenn es um Geldverschwendung geht.“ Er
streichelte ihre Wange. „Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“

„Es tut mir leid, dass Sie so etwas Schreckliches haben

durchmachen müssen.“

„Ich? Meine Mutter musste ihn schließlich ertragen.“

„Und Sie haben sich um beide Sorgen gemacht.“ Tränen

schimmerten in ihren Augen, und Sebastian kam ihre Reaktion
ein wenig übertrieben vor. Immerhin lag das alles lange zurück.
Ihre Miene verriet weder Mitleid noch Abscheu, sondern reines
Verständnis, was ihn umso mehr verwirrte. Wie konnte jemand
aus einer liebevollen, intakten Familie so etwas nachvollziehen?

Langsam rutschte sie ein paar Zentimeter auf ihren Sitz zurück.

„Sehen Sie Ihren Vater manchmal?“, erkundigte sie sich.

Er lachte bitter. „Ganz bestimmt nicht. Schließlich war ich

derjenige, der ihn hinausgeworfen hat.“

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„Sie?“

„Als ich etwa zwölf war, hatte ich die Nase voll. Ich erwartete

meinen Vater mit einem Stück Bauholz von einer Baustelle in
unserer Straße. Als er dieses letzte Mal auf meine Mutter
losging, stoppte ich ihn.“

„‚Falls nötig, mit äußerster Gewalt‘“, zitierte sie ihn mit leiser

Stimme.

Er zuckte die Achseln. „Ich steckte einiges ein, aber da mein

Vater völlig betrunken war, teilte ich auch ziemlich aus. Mein
Vater war nicht der Typ, der blieb, wenn er selbst einstecken
musste. Von diesem Tag an wusste er, dass er sich jedes Mal,
wenn er auftauchte, mit mir würde auseinandersetzen müssen.
Also verschwand er und ließ sich nie mehr blicken.“

„Aber dadurch haben Sie Ihre Mutter gerettet.“

Mit diesem Argument hatte Sebastian sich ebenfalls über den

Verlust seines Vaters getröstet, denn so absurd es auch war, er
hatte doch etwas für diesen Mann empfunden. Er hatte ihn nach
seinem Verschwinden vermisst. Eine Zeit lang war das nicht
leicht für ihn gewesen, aber inzwischen waren diese Gefühle
längst verblasst. „Meine Mutter hat nie darüber geredet, weder
ob sie es guthieß noch ob sie es missbilligte! Aber sie lächelte
öfter, nachdem er fort war. Dass es mir gelungen war, etwas zu
ändern, gab mir ein gutes Gefühl, auch wenn mein Magen leer
war.“

„Mein Vater ist der sanftmütigste Mensch, den man sich

vorstellen kann“, meinte Brandi. „Er verwöhnt uns alle und
überhäuft uns mit Geschenken und Zuneigung. Zwar kann er
einem endlose Vorträge halten, aber er würde niemals die
Hand gegen eine Frau erheben.“

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„Sie haben Glück mit Ihrer Familie.“

„Das fand ich auch immer.“ Dann sagte sie: „Sie müssen sehr

stolz auf das sein, was Sie seither erreicht haben. Immerhin
haben Sie eine tragische Herkunft überwunden.“

„So tragisch war es nicht. Zumindest nicht viel anders als bei

vielen Familien. Aber es half mir bei der Entscheidung über
meine Zukunft und ist sicher der Grund, weshalb ich heute ein
erfolgreiches Unternehmen führe.“

„Die Agentur für privaten Personenschutz?“

„Ja.“ Es erstaunte ihn, wie ungezwungen er sich mit Brandi

unterhalten konnte. Schon jetzt wusste sie mehr über ihn als die
meisten Leute. „Ich fand, ich müsste mit einem Job zum
Unterhalt der Familie beitragen, nachdem mein Vater weg war,
obwohl wir ohne seine Trinkerei und mit einem Esser weniger
eigentlich besser dastanden. Damals schon entwickelte ich
mich fast zu meiner vollen Größe. Außerdem hatte die Straße
mich hart gemacht, und so bot ich mich an.“

„Gehörten Sie zu einer Gang?“

„Ich war meine eigene Gang. Ich war noch ein Teenager, aber

ich war von mir überzeugt. Wenn jemand Schutz brauchte,
konnte er ihn von mir bekommen. Aber nur zur Verteidigung,
nicht, um jemanden anzugreifen. Ich verdiente eine Menge Geld
damit.“

„Das klingt, als hätten Sie gelernt, mit dem Bösen zu leben,

ohne ihm entkommen zu sein.“

„Das stimmt“, erwiderte er. „Man nennt das Überleben. Das

begriff ich auch, allerdings erst nach einigen Konflikten mit dem
Gesetz. Deshalb ging ich zur Army. Das College kam nicht
infrage, da ich nur mit Mühe die Highschool geschafft hatte. Ich

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war nicht dumm, aber rebellisch. Und in der Army lernte ich
Disziplin.“

„Es ist erstaunlich, wie Sie Ihr Leben geändert haben.“

Sebastian betrachtete sie in der Dunkelheit, die hin und wieder

vom Licht einer Straßenlaterne kurz erhellt wurde. Er sehnte sich
danach, Brandi zu küssen. Doch kaum fiel sein Blick auf ihren
Mund, erstarrte sie, und wieder musste er ihre Zurückweisung
akzeptieren.

Das würden wahrscheinlich die längsten fünf Tage seines

Lebens werden. Brandi wollte ihn nicht und würde ihn vermutlich
nie wollen, wohingegen sein Verlangen mit jeder Minute, die er
mit ihr zusammen war, größer wurde. Er fühlte sich ihr auf eine
Art nahe, die er noch nie erlebt hatte. Eigentlich ergab das
keinen Sinn, da sie offenbar das genaue Gegenteil von ihm war
– sie hatte etwas Zerbrechliches und Unschuldiges. Dennoch
empfand er es aufgrund ihrer verständnisvollen Art so. Bei
keiner seiner Geliebten und Freundinnen war es ihm so
ergangen, und keine war ihm mühelos so nahegekommen. Es
würde eine einzigartige Qual werden, mit Brandi diese fünf
Tage zu verbringen.

Sebastian lachte, um sein Unbehagen zu vertreiben. Nun blieb

ihm ohnehin keine Wahl mehr. „Ich bin erstaunlich? Jetzt hören
Sie sich schon wie Shay an.“

Sie grinste. „Bloß nicht.“ Dann fragte sie: „Sehen Sie Ihrer

Mutter ähnlich? Sie sind so groß. Ich kann mir Sie nicht recht als
Kind vorstellen.“

„Nein, meine Mutter war klein, wie Sie, aber rundlicher.“

Brandi lachte. „Shay ermahnt mich dauernd, ich soll mehr

essen. Aber ich könnte zwanzig Pfund zulegen und wäre

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trotzdem nicht rundlich. Jedenfalls nicht an den richtigen
Stellen.“

„Sie sind genau richtig, so wie Sie sind.“

Er sagte das in neckendem Tonfall, doch es machte Brandi

trotzdem verlegen. „Ich würde Ihre Mutter gern einmal
kennenlernen. Sie muss sehr stolz auf Sie sein.“

„Sie ist vor einigen Jahren gestorben. Aber sie war immer

stolz, auch wenn ich es nicht verdiente. Sie sagte stets, ich sei
das Einzige, worüber sie sich freuen könnte. Was, wenn ich an
meine vertane Jugend denke, ziemlich traurig ist.“ Er grinste,
damit Brandi nicht sah, wie nahe ihm das Thema ging und
welche Wirkung sie auf ihn hatte. „Eltern müssen stolz auf ihre
Kinder sein, ganz gleich, was sie anstellen.“

Mit leiser Stimme gestand sie: „Meine Eltern waren nicht

immer stolz auf mich.“

Er runzelte die Stirn. „Unmöglich. Sie haben doch eben selbst

erzählt, wie abgöttisch Ihr Vater Sie liebt, und Shay prahlt
dauernd mit Ihrer Mutter. Ihre Eltern lieben Sie sehr.“

„Ja, das stimmt, das tun sie. Aber ich habe dennoch einige

schreckliche Fehler gemacht.“

Er hätte gern gewusst, um was für Fehler es sich dabei

handelte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Brandi etwas
Rücksichtsloses oder Unverantwortliches tat. Doch sie sollte
sich ihm freiwillig anvertrauen. Sein Job hatte ihn gelehrt,
geduldig zu sein, besonders mit Frauen. Wenn er sich Zeit ließ
und ihr die Gelegenheit gab, ihn näher kennenzulernen, würde
sie sich in seiner Gesellschaft auch wohler fühlen.

Er hob ihr Kinn, damit sie ihn ansah. „Wir alle machen Fehler.

Das ist menschlich.“

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„Ich kann nicht …“ Sie verstummte.

„Schon gut. Ich habe ja versprochen, Sie nicht zu drängen.“

Sie atmete tief durch und platzte heraus: „Ich sollte nicht hier

sein. Sie sollten diese Reise mit einer anderen Frau machen.
Es war unfair von Shay, mich Ihnen einfach so unterzujubeln.
Noch ist es nicht zu spät. Wir könnten …“

„Brandi“, unterbrach er sie. „Ich will mit keiner anderen Frau

hier sein, sondern nur mit Ihnen.“

„Aber Sie verstehen nicht.“

„Was verstehe ich nicht? Dass Sie nicht daran interessiert

sind, dass wir uns näherkommen? Glauben Sie mir, das habe
ich mittlerweile begriffen. Und es macht nichts. Ich genieße Ihre
Gesellschaft trotzdem.“

„Immerhin bin ich einfach eingeschlafen!“, rief sie. „Sie waren

müde. Das hat mir nichts ausgemacht.“

„Es war unhöflich“, beharrte sie.

Er seufzte laut und tief. „Ist Ihnen eigentlich klar, dass ich Ihnen

mehr über mich erzählt habe als jedem meiner Freunde? Ich
weiß nicht einmal den Grund. Mir war danach zu reden, und Sie
haben zugehört.“

„Das freut mich.“

„Und mich freut es, dass Sie hier bei mir sind.“ Er drückte ihre

Schulter. „Wir machen das Beste daraus. Einverstanden?“
Zögernd gestand sie: „Ich … eigentlich wollte ich mitkommen.“

„Aber?“

„Ich bin einfach noch nicht bereit für so etwas.“

Sebastian wusste nicht, was sie damit meinte, doch ihm

kamen mehrere Dinge in den Sinn. Möglicherweise liebte sie

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jemand anderen. Vielleicht hatte sie aber auch ein gebrochenes
Herz. Oder sie wollte jemanden, der einflussreicher war und den
gleichen gesellschaftlichen Hintergrund hatte wie sie. Das war
ihm egal. Was für Hindernisse es auch gab, er würde sie
irgendwie überwinden.

Er arbeitete lange genug in seinem Beruf, um zu wissen, dass

das, was man an der Oberfläche sah, nicht immer die Wahrheit
war. Brandi war ihm ein Rätsel. Sie war gebieterisch und
gleichzeitig sanft, selbstbewusst und manchmal verunsichert. Er
hatte fünf Tage Zeit, mehr über sie zu erfahren, und er freute
sich auf jede einzelne Minute.

„Haben Sie schon vergessen, dass Sie auf dieser Reise das

Kommando haben?“, erinnerte er sie. „Wir tun, was Sie wollen,
wann immer und wie Sie es wollen.“

„Ich riskiere nur nicht gern etwas.“

„Ich weiß, dass Sie bereit sind, etwas zu riskieren. Und zwar

mit mir.“

„Es ist ziemlich arrogant, so etwas zu behaupten, finden Sie

nicht?“, konterte sie.

Natürlich hatte sie recht, aber das würde er nicht zugeben.

„Wissen Sie, woran ich mich wahrscheinlich noch erinnern
werde, bis ich alt und grau bin? Daran, wie Sie mich angesehen
haben, als ich auf der Bühne stand. Keine Frau hat mich je zuvor
so angesehen. Das gefiel mir. Sehr sogar.“

Wie er erwartet hatte, straffte sie die Schultern und machte ein

finsteres Gesicht. Doch plötzlich fuhr der Fahrer eine scharfe
Kurve, und Brandi wurde gegen Sebastian geschleudert. Er
legte den Arm um sie und hielt sie fest. Bevor sie sich
losmachen konnte, glitt die Trennscheibe herunter, und in

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ernstem Ton verkündete der Fahrer, dass sie an der
Ferienanlage angekommen seien.

Brandi war ganz offensichtlich verlegen und, wenn Sebastian

nicht alles täuschte, wegen seiner Nähe ein wenig erregt. „Sie
sind der Boss. Sind Sie bereit, das Kommando zu
übernehmen?“

Sie kniff die Augen zusammen. Er sollte nicht die Oberhand

gewinnen, selbst wenn es nur darum ging, den anderen zu
necken. Sie reckte das Kinn und erklärte: „Ich kann es kaum
erwarten.“

„Der Himmel möge mir beistehen.“ Sebastian nahm sich

zusammen. „Na schön. Der Urlaub kann beginnen.“

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4. KAPITEL

Brandi gefiel die luxuriöse Ausstattung des Bungalows.

Sebastian hingegen war ganz verkrampft vor Unbehagen. Der
Bungalow war offenbar für Paare in den Flitterwochen gedacht.
Er war verschwenderisch extravagant und verführerisch
eingerichtet.

Sie waren am Hauptgebäude ausgestiegen, wo sie sich

eingetragen hatten. Der Angestellte an der Rezeption hatte
ihnen einen Schlüssel und eine Taschenlampe ausgehändigt.
Dann hatte er auf einen schmalen Pfad gezeigt, der durch eine
Bewaldung führte. Das Gepäck, so versicherte er, werde
umgehend gebracht, Sebastian und Brandi stand ein
Mietwagen zur Verfügung, aber den brauchten sie nicht, um zum
Bungalow zu gelangen.

Sebastian war mit Brandi Hand in Hand durch den dunklen

Wald gegangen und hatte die hohen Bäume und Felsen mit der
Taschenlampe angeleuchtet. Brandi hatte den ganzen Weg
über kein Wort gesprochen, doch als der Bungalow in Sicht
kam, spürte er ihre Begeisterung. Er erlebte sie zum ersten Mal
so aufgeregt, und sie sah wunderschön dabei aus.

Das Haus stand malerisch allein zwischen den Bäumen und

bot herrliche Ungestörtheit. Die Außenbeleuchtung brannte,
sodass man eine rechteckige Veranda mit gepolsterten
Gartenmöbeln erkennen konnte. Der vordere Raum hatte ein
Oberlicht über der Eingangstür, und grobe Steine bildeten an
der angrenzenden Außenwand einen Kamin. Da Brandi neben
Sebastian vor Freude beinah tanzte, blieb ihm nichts anderes
übrig, als die Tür aufzuschließen und einzutreten.

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„Es ist fantastisch!“

„Es ist zu viel“, knurrte er grimmig.

Sie tätschelte seinen Arm. „Lassen Sie das. Ich weiß, wie Sie

sich fühlen müssen, aber wir sollten versuchen, es zu genießen.
Schließlich hat Shay das alles organisiert.“

Nur wozu? fragte er sich. Wie sollte er die Zeit überstehen,

noch dazu in der Flitterwochen-Suite? Seit er Brandi zum ersten
Mal gesehen hatte, spielten seine Hormone verrückt. Die
Atmosphäre dieses Häuschens würde alles nur noch schlimmer
machen.

Brandi spähte inzwischen in alle Räume und untersuchte jeden

Winkel. „In einem der Schlafzimmer ist ein Wasserbett mit
einem extra Bad.“

Sebastian schaute sich noch immer im vorderen Zimmer um

und musste über Brandis Begeisterung lächeln. „Warum
nehmen Sie das Zimmer nicht?“

Sie steckte den Kopf zur Tür heraus und grinste. „Das werde

ich wohl, aber nur, weil in dem anderen Zimmer ein Doppelbett
steht.“ Sie musterte ihn von oben bis unten und hob eine Braue.
„Da passen Sie bestimmt hinein.“ Und damit verschwand sie
wieder, diesmal durch die Küche. Kurz darauf hörte er sie rufen:
„Hier hinten ist eine geschlossene Veranda mit einem
Whirlpool!“

Sofort kamen Sebastian erotische Bilder von nackter Haut –

Brandis Haut – und warmem Wasser in den Sinn. Er schluckte
und erwiderte hoffnungsvoll: „Möchten Sie ihn nach dem
Auspacken ausprobieren?“

Es folgte Schweigen. Brandi kam durch die Küche zurück.

„Nicht heute Abend. Es ist schon spät, und ich bin müde.“

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Sie sah ihn nicht an, und Sebastian bemerkte ihre

Unentschlossenheit. Resigniert fand er sich damit ab, dass der
Whirlpool für eine Weile nicht infrage kam. „Dann vielleicht
morgen.“ Er streckte sich, um die Muskeln zu entspannen,
wobei Brandi jede seiner Bewegungen verfolgte. Sie erschrak,
als es an der Tür klopfte.

„Unser Gepäck.“ Sebastian nahm etwas Trinkgeld aus seiner

Brieftasche und rief Brandi über die Schulter zu: „Wollen Sie
nicht schon einmal nachschauen, was die Küche an Vorräten zu
bieten hat, während ich die Koffer hereintrage? Ich könnte
etwas zu essen gebrauchen.“

Doch nachdem er das letzte Gepäckstück verstaut hatte, sah

er, dass sie die Speisekarte des Zimmerservice studierte. „Gibt
es in der Küche nichts zu essen?“

Brandi winkte ab. „Doch, aber ich habe keine Lust zu kochen.

Bestellen wir einfach etwas.“

Er nahm ihr die Karte aus der Hand und stieß angesichts der

Preise einen Pfiff aus. „Das soll wohl ein Witz sein. Von dem,
was hier ein Gericht kostet, kann ich mich eine Woche lang
ernähren. Außerdem ist es schon nach Mitternacht. Glauben
Sie, dass es so spät noch etwas gibt?“

„Vielleicht nicht. Aber falls es nur das Geld ist, kann ich …“

„Auf keinen Fall.“ Erbost über das, was sie hatte vorschlagen

wollen, fügte er hinzu: „Ich kann es mir schon leisten, falls wir uns
für den Zimmerservice entscheiden. Nur finde ich es unsinnig,
solche Preise zu zahlen, wenn es hier etwas zu essen gibt.“

„Aber kochen bedeutet so viel Aufwand, und wie Sie schon

sagten, es ist bereits nach Mitternacht.“

Ohne es eigentlich zu wollen, streichelte er ihre Wange. „Sie

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sehen müde aus. Machen Sie sich fertig fürs Bett. Ich kümmere
mich in der Zwischenzeit ums Essen.“

„Wenn es Ihnen wirklich nichts ausmacht.“

Wahrscheinlich stimmte sie aus Müdigkeit zu und um seiner

Nähe zu entfliehen. Da sie praktisch schon unterwegs war,
erwiderte er lachend: „Nein, es macht mir nichts aus.“ Es war
besser, wenn sie ging, bevor sie erkannte, welche Wirkung sie
auf ihn hatte. Allein die Vorstellung, wie sie sich für die Nacht
zurechtmachte, erregte ihn.

Er hörte, wie sie die Dusche anstellte, und begann, die

Küchenschränke durchzusehen. Er fand Dosensuppen, Cracker
und Käse, außerdem Champagner, für den sicher Shay
verantwortlich war. Er musste dringend mit ihr über ihre Neigung
zur Geldverschwendung sprechen.

Nachdem er die Suppe aufgesetzt und ein paar Stücke Käse

abgeschnitten hatte, ging er wieder ins Wohnzimmer, um Feuer
im Kamin anzuzünden. Das Haus war offen und geräumig
gestaltet. Das Wohnzimmer, das winzige Esszimmer und die
Küche gingen ineinander über. Im hinteren Teil des Hauses
befanden sich die beiden Schlafzimmer. Zusätzlich zu dem Bad
in Brandis Zimmer gab es ein zweites am Ende des Flurs
zwischen den beiden Zimmern.

An den Decken waren raue Holzbalken, die Böden bestanden

aus poliertem Kiefernholz und waren mit handgewebten
Teppichen ausgelegt. An der einen Wand vor dem Kamin
befand sich ein Sofa mit zwei Sesseln, auf der anderen ein
Fernsehgerät, ein Videorekorder und die Stereoanlage.
Sebastian schaltete die Anlage ein und fand einen Sender mit
ruhiger Musik.

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Im Kamin war bereits Holz aufgeschichtet, sodass innerhalb

kürzester Zeit ein Feuer brannte, das die Atmosphäre des
Hauses vervollkommnete und der Frühlingsluft die Kühle nahm.
Draußen war es stockfinster. Ohne die Außenbeleuchtung war
nicht einmal das Wäldchen zu erkennen. Drinnen erfüllten der
Duft von Suppe und Holzfeuer die Luft.

Aus den Augenwinkeln erkannte Sebastian Brandi, die

unsicher in ihrem weißen Bademantel und mit feuchten Haaren
dastand. Sie sah unglaublich sexy aus. Sebastian begehrte sie,
wie er noch nie zuvor eine andere Frau begehrt hatte. Er wollte
sie, und zwar ganz. Ihm blieben fünf Tage, also musste er
Geduld haben, auch wenn sich alles in ihm dagegen sträubte.

Er räusperte sich. „Die Suppe ist jeden Moment fertig.“

Sie hatte sich die Haare gewaschen, und die nassen Locken

waren nicht mehr so zerzaust wie vorher. Doch mit den kleinen
Locken, die an ihrer Wange und Stirn klebten, wirkte sie noch
verführerischer.

Sie

hatte

den

Gürtel

des

dicken

Frotteebademantels fest zugezogen, sodass Sebastian zwar
ihre schmale Taille erkennen konnte, nicht aber ihre Rundungen.
Sie schwieg noch immer, daher war er gezwungen, unbeholfen
weiterzureden.

„Sie hätten sich etwas an die Füße ziehen sollen. Es ist noch

ein wenig kühl hier.“

„Ich habe keine Hausschuhe in meinem Gepäck gefunden.

Wer auch immer gepackt hat, er muss sie vergessen haben.“

„Ich leihe Ihnen ein Paar Socken.“

Während Brandi die Socken, die er ihr brachte, anzog, füllte

Sebastian die Suppe in Teller und trug sie zusammen mit dem
Käse und den Crackern auf einem Tablett ins Wohnzimmer.

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Brandi brachte zwei Sodas aus dem Kühlschrank mit, und
gemeinsam machten sie es sich auf dem Fußboden vor dem
Feuer bequem und begannen zu essen.

Brandi wirkte sehr nachdenklich und in sich gekehrt. Nach

einigen Minuten sah sie auf. „Das ist sehr lecker. Danke. Viel
besser, als auf den Zimmerservice zu warten.“ Sie machte eine
Pause. „Ich habe so etwas noch nie gemacht. Es tut mir leid,
wenn ich nicht sehr unterhaltsam bin.“ Sie errötete. „Ich … ich
habe keine Ahnung, worüber wir jetzt reden sollten.“

„Wir müssen nicht reden.“ Er stellte seinen fast leeren Teller

ab. „Brandi, ich möchte, dass Sie sich wohlfühlen. Sie haben
das Sagen, vergessen Sie das nicht. Wenn Sie nur einfach still
dasitzen wollen, ist das durchaus in Ordnung.“

Sie stellte ihren Teller ebenfalls auf das Tablett zurück. „Das

meine ich nicht. Ich will ja mit Ihnen reden. Aber … haben Sie
das schon einmal getan? Mit einer Frau allein vor dem Feuer
gegessen und krampfhaft eine Unterhaltung zu führen versucht?“

„Mit einer Frau in ihrer Nachtkleidung? Nein, noch nie.

Zumindest nicht, wenn wir vorhatten, getrennte Schlafzimmer zu
benutzen. Dieses Haus …“

„Ich weiß, es gefällt Ihnen nicht.“

„Doch, das tut es. Nur ist es für Liebespaare gedacht.“ Ganz zu

schweigen von dem Geld, das es gekostet haben musste. Aber
das war angesichts seiner Gefühle im Moment nebensächlich.
Er versuchte ihr in die Augen zu sehen, doch sie hielt das
Gesicht abgewandt. „Brandi, ich kann nicht so tun, als würde ich
Sie nicht begehren.“

Seine tiefe, ein wenig heisere Stimme weckte ihre ganze

Aufmerksamkeit. Entsetzt sah sie ihn an.

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„Verdammt!“ Sebastian stand auf und entfernte sich ein paar

Schritte. Als er sich wieder zu ihr umdrehte, sah sie fast
angsterfüllt aus. Er kniete neben ihr. „Es tut mir leid. Sie müssen
doch wissen, wie schwierig das für mich ist. Offenbar ist es
Ihnen nicht klar, aber Sie sind eine attraktive Frau und
umwerfend sexy.“

„Das bin ich nicht!“

„Doch.“ Seine Frustration wich Amüsiertheit, und er lächelte.

„Tja, und da sind wir jetzt, allein in diesem Liebesnest.“

Sie entspannte sich ebenfalls. „Liebesnest?“

„Natürlich. Denken Sie nur an den Whirlpool, das Wasserbett

und den Kamin. Dieses Haus ist für romantische Zwecke
entworfen. Aber ich weiß, dass Sie damit nichts im Sinn haben,
und ich gebe Ihnen mein Wort, Sie nicht zu drängen.“

„Und Sie halten immer Ihr Wort?“ Da er nickte, fügte sie hinzu:

„Das Kommando habe ich, richtig?“

Er schluckte, da er nicht wusste, worauf sie hinauswollte. Doch

er hatte einige hoffnungsvolle Ideen. „Absolut.“

Ihre Wangen röteten sich noch mehr. Dann richtete sie sich auf

und sah ihn entschlossen an. „Na schön. Wenn ich das
Kommando habe, dann würde ich jetzt gern einen Kuss haben.“

Sebastian war nicht sicher, ob er richtig verstanden hatte.

„Einen Kuss?“

Sie sah zu Boden. „Natürlich nur, falls Sie wollen.“

Und ob er wollte, obwohl ein Kuss noch weit von dem entfernt

war, was ihm eigentlich vorschwebte und was er so sehr
brauchte.

„Es gibt solche und solche Küsse. Die Art von Kuss, die Sie

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sich vorstellen, ist möglicherweise nicht die, die ich Ihnen geben
möchte. Wollen Sie es mir nicht genauer erklären, damit ich es
richtig mache?“

Brandi zeichnete mit der Fingerspitze ein unsichtbares Muster

auf den Teppich. „Warum fangen Sie nicht einfach mit dem an,
von dem Sie meinen, dass ich ihn will? Danach können wir
vielleicht den ausprobieren, den Sie mir geben wollen.“

Brandi wartete mit angehaltenem Atem, während Sebastian

sich ihre Worte durch den Kopf gehen ließ. Er beugte sich vor,
und ihr Herz pochte wie wild vor Aufregung und Angst. Sie wollte
diesen Kuss wirklich genießen, und die einzige echte Angst, die
sie bisher verspürte, war die, sich zum Narren zu machen.
Diese Möglichkeit bestand durchaus, und sie würde es sicher
nicht ertragen können, falls …

Er berührte mit den Fingerspitzen ihre Wange, und alle

Gedanken lösten sich auf. Sanft hob er ihr Kinn. Er schloss die
Augen, und Brandi tat es ihm gleich und erwartete seinen Kuss.
Dann spürte sie seine warmen Lippen auf ihren. Sein Atem
streifte ihre Wange. Sie wollte ihn berühren, ihre Hand auf seine
breite Brust legen. Doch sie fürchtete sich vor seiner Reaktion
und vor ihrer eigenen.

Langsam löste er sich von ihr. Sie sahen sich in die Augen.

Brandi schluckte. Sein Duft war erregend. Sie wollte etwas
sagen, doch er legte ihr einen Finger auf den Mund.

„Das war der Kuss, den du wolltest.“

Brandi nickte benommen.

„Möchtest du weitermachen?“

Er klang rau und heiser wie jemand, der sich am Rand der

Selbstbeherrschung befand. Nervös leckte sie sich die Lippen

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und streifte dabei aus Versehen seinen Finger. Sebastians
Miene verhärtete sich, und noch ehe sie mühsam nach einer
Erklärung suchen musste, zog er sich zurück.

„Nein, wir sollten dieses Spiel nicht weiterführen. Jedenfalls

nicht jetzt. Du magst zwar bereit dafür sein, aber ich bin es
nicht.“

Seine Bemerkung über das Spiel lenkte sie von ihrer

Besorgnis ab, sodass sie prompt erwiderte: „Ich dachte, das
entscheide ich. Ich habe doch das Kommando, oder?“

„Natürlich. Aber dann küss du. So stellen wir sicher, dass du

auch bekommst, was du willst.“

Die Vorstellung faszinierte sie. Sebastian lehnte sich zurück,

bis seine Schultern das Sofa berührten. Er streckte die langen
muskulösen Beine aus und kreuzte sie an den Knöcheln. Dann
verschränkte er die Arme vor der Brust. Er wirkte zufrieden und
gelassen – keineswegs bedrohlich. Nur in seinen Augen
spiegelte sich die Erregung wider. Doch statt Angst empfand
sie zum ersten Mal weibliche Entschlossenheit. Sie hockte sich
auf die Knie und befahl: „Nicht bewegen.“

Vorsichtig legte sie ihm die Hände auf die Schultern. Seine

Muskeln fühlten sich an wie warmer, glatter Stein. Brandi starrte
auf seinen Mund und hätte am liebsten die feinen Bartstoppeln
an seinem Kinn berührt. Zudem fand sie seinen Duft wundervoll.
Doch sie war ein Feigling und begnügte sich mit einem
flüchtigen Kuss. Dann richtete sie sich schnell wieder auf und
erwartete seine Reaktion.

„Das war nicht das, was du wolltest, Brandi.“

Diese Stimme, das Verlangen darin, waren verlockend. Sie

erschauerte und beugte sich erneut vor. Diesmal war der Kuss

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nicht flüchtig und jede Bewegung wohlkalkuliert. Bis sie vergaß,
was sie tat, weil sein Duft und seine Nähe eine brennende
Sehnsucht in ihr weckte. Er vertiefte den Kuss, ließ seine Zunge
vorschnellen, und Brandi gab nach.

Abrupt wich sie zurück. Grundgütiger, auf keinen Fall hatte sie

gewollt, dass es so weit kam. Sie hatte lediglich einen Kuss
ausprobieren wollen. Doch als sie das Funkeln in Sebastians
Augen sah, wusste sie, dass sie zu weit gegangen war.

Sie sprang auf. Sebastian rührte sich nicht. „Es … es tut mir

leid. Ich sollte jetzt besser ins Bett gehen.“

Er hatte die Arme noch immer vor der Brust verschränkt und

nickte. „Gute Nacht, Brandi“, flüsterte er.

„Ich …“ Sie wollte es ihm erklären, damit er sie verstand.

„Schon gut“, unterbrach er sie. „Du brauchst nichts zu sagen.“

Ihr Blick fiel auf seine Hose, und sie bemerkte seine deutlich

sichtbare Erregung. Heiß durchströmte es ihren ganzen Körper.

Amüsiert erklärte Sebastian: „Wie gesagt, du bist sehr sexy,

und ich bin auch nur ein Mensch.“

Brandi schluckte. „Gute Nacht.“ Sie eilte hinaus, doch als sie

einen letzten Blick über die Schulter warf, sah sie, dass er den
Kopf auf das Sofa zurückgelegt und wie ein Leidender den
Unterarm auf die Stirn gelegt hatte. Oder war es kein Leiden,
sondern verzweifeltes Verlangen?

Sie hatte zwar ein schlechtes Gewissen, doch stieg

Zufriedenheit in ihr auf. Ein Mann wie Sebastian, und er
begehrte sie. Sie hatte ihn geküsst, ihn berührt. Sie war auf dem
Wege der vollständigen Besserung. Vielleicht würde dieser
Urlaub doch nicht so schlecht werden.

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„Musst du alles kaufen, was du siehst?“

Brandi verbarg ihr Grinsen über Sebastians grantige

Bemerkung. Sie hatte letzte Nacht tief und fest geschlafen,
zufrieden über den Fortschritt mit ihrem neuen Experiment.
Sebastian hatte offenbar überhaupt nicht geschlafen. Er wirkte
müde und war schlecht gelaunt.

„Gefällt dir das Pferd nicht? Ich finde es hübsch.“

„Es sieht albern aus. Der Kopf ist viel zu groß, und die Farbe

ist lächerlich. Du hast viel zu viel dafür bezahlt.“

„Es ist ein Souvenir. Natürlich ist es ein wenig teurer.“

Er stöhnte verärgert und warf einen Blick auf ihre

Einkaufstasche. „Am Jachthafen heute Morgen hast du
Fischimitationen gekauft und in dem Frühstückslokal zwei
Melkerinnen-Puppen.“

„Zwei sehr süße Melkerinnen“, korrigierte sie ihn. „Ich habe

mich heute sehr gut amüsiert. Obwohl es auf dem See heute
Morgen ein wenig kalt war, habe ich die Ruderbootfahrt
genossen. Nicht zu fassen, was für Bettler diese großen
Karpfen sind.“ Sie wusste, dass ihn ihre Dankbarkeit nur noch
mehr ärgerte. Jedes Mal, wenn sie sich bedankte, verfinsterte
sich seine Miene.

„Es ist dein Urlaub, Brandi, und der ist dazu da, dass du Spaß

hast.“

„Den habe ich, vor allem beim Einkaufen.“ Das stimmte, doch

trieb sie dabei auch noch ein Hintergedanke. Da Sebastian ihr
half, ohne dass er es wusste, wollte sie ihm auch helfen. Sie
hoffte, dass sie ihm eine etwas gelassenere Einstellung zum
Geld vermitteln konnte. Sie hielt, wie er, nichts von
Geldverschwendung, aber ebenso wenig machte es ihr Spaß,

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knauserig zu sein, wenn man Geld hatte, Sebastian war es
einfach nicht gewohnt, seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse
in den Vordergrund zu stellen. In seinem Leben drehte sich alles
darum, anderen zu helfen. Es wurde höchste Zeit, dass er sich
etwas Freude gönnte.

„Was fängst du mit dem ganzen Zeug eigentlich an?“, wollte er

wissen.

Es war nicht einfach gewesen, aber Brandi hatte ihn dazu

überredet, nach dem Frühstück mit ihr einen Bummel durch die
Einkaufsstraße zu machen. Allerdings war sie gezwungen
gewesen, Druck auszuüben, indem sie ihn daran erinnerte, wer
das Sagen hatte. Er hatte sich murrend gefügt. Inzwischen
waren sie seit Stunden unterwegs und hatten noch nicht einmal
zum Mittagessen haltgemacht.

Brandi hatte gehofft, dass sich seine Laune bessern würde,

aber offenbar hasste er Einkaufsbummel. Er hatte nichts übrig
für die vielen kleinen reizenden Läden. Brandi dagegen kaufte
in jedem einzelnen etwas.

Zuerst hatte es morgens geregnet, doch inzwischen schien die

Sonne, und es war ein herrlicher Tag, obwohl es nicht allzu
warm war. Brandi fühlte sich jedoch wohl in ihrem Jeansrock
und einem weiten dunkelblauen Pullover. Sebastian trug Jeans
und erneut ein Poloshirt, diesmal ein graues. Er sah sehr gut
aus, wenn auch ein wenig mürrisch. Trotzdem war er ein
perfekter Gentleman. Sobald Brandi aus einem Geschäft kam,
nahm er ihre Hand. Er führte sie um vorbeiströmende Menschen
und Pfützen herum. Es tat gut, ihm so nah zu sein und seine
Wärme und Stärke zu fühlen.

„Wenn du es unbedingt wissen musst: Ich will jedem der Kinder

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im Frauenhaus ein Geschenk mitbringen. Sie bekommen so
selten Geschenke.“

Sie hatte es leichthin gesagt, doch Sebastian war beschämt.

„Tut mir leid. Ich habe mich nicht besonders gut benommen
heute, aber ich habe letzte Nacht einfach zu wenig geschlafen.
Wie wäre es mit einer Tasse Kaffee? Das Koffein wird mir
guttun, und du kannst sicher auch eine Pause gebrauchen.“

Eigentlich ging es ihr gut, aber Sebastian sah wirklich

erschöpft aus. Also willigte sie ein. „Ich muss nur noch zwei
Geschenke kaufen. Geh ruhig schon Kaffee trinken, ich komme
in ein paar Minuten nach.“

„Ich kann dich begleiten“, erwiderte er. „Ich sollte auch etwas

für die Kinder besorgen. Daran habe ich bisher gar nicht
gedacht.“

„Das ist nicht nötig, ich habe genügend Geschenke.“ Da er

nicht überzeugt wirkte, fügte sie hinzu: „Dort drüben an der Ecke
ist ein Café. Ich gehe schnell in das letzte Geschäft und komme
dann nach. Gib mir fünfzehn Minuten.“ Er zögerte noch immer,
wahrscheinlich weil sie eher dazu neigte, in jedem Laden
fünfundvierzig Minuten zu verbringen. „Geh, ich befehle es dir.
Ich bin schließlich der Boss. Geh Kaffee trinken, damit du wach
wirst.“

Endlich nickte er und wandte sich ab. Sie sah ihm nach, als er

die Straße überquerte und in der Menge verschwand. Dieser
Urlaub wurde zu einem Glücksfall. Sie hatte sich so lange hinter
ihrer Unabhängigkeit und Privatsphäre versteckt, hatte nie
gewollt, dass ihr jemand zu nahe kam und ihre Gedanken
kannte. Doch kaum war Sebastian fort, vermisste sie ihn
beinahe.

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Ein warmes Gefühl durchströmte sie, wenn sie an ihn dachte –

was sie tat, während sie in dem Geschäft nach Kleinigkeiten
zum Verschenken suchte. Wahrscheinlich hatte der Kuss
gestern Abend ihm nicht allzu viel bedeutet. Für sie dagegen
war es eine Leistung gewesen, ein riesiger Schritt nach vorn.
Seit ihrem achtzehnten Lebensjahr hatte sie keinen Mann mehr
geküsst oder gar begehrt. Allein die Vorstellung war abstoßend
gewesen und die damit zusammenhängenden Erinnerungen
schrecklich. Aber

an

Sebastian

Sinclair

war

nichts

Abstoßendes. Ein einziger Blick von ihm genügte, um ihr einen
prickelnden Schauer über den Rücken zu jagen.

Noch ganz in Gedanken an ihren jüngsten Einkauf und an

Sebastian, stieß sie beinah mit zwei Männern zusammen. Als
sie sie entdeckte, war es zu spät, um ihnen auszuweichen.
Sofort drängten sie sie gegen die Hauswand. Panik stieg in
Brandi auf, doch sie kämpfte dagegen an. Sie befanden sich
auf einer belebten Straße. Hier konnte ihr nichts geschehen.
Doch als einer der Männer einen anerkennenden Pfiff ausstieß,
schreckte sie zurück. Erinnerungen überkamen sie. Die beiden
Männer lachten.

Einer von ihnen lächelte aufrichtig. „Sie sehen aus, als könnten

Sie mit dieser großen Einkaufstüte Hilfe gebrauchen, Süße. Soll
ich Sie ein Stück mitnehmen? Vielleicht zu uns? Na, wie wäre
es?“

Sie versuchte zu antworten, brachte jedoch kein Wort heraus.

Die Männer waren ihr viel zu nah und überragten sie. Der eine
trat noch näher. „Sie will von dir nichts wissen, Josh. Gib mir
eine Chance.“ Er grinste Brandi breit an. „Wie ist es, Süße?
Willst du ein bisschen Spaß haben?“

Sie schüttelte den Kopf und hasste sich für ihre Angst. Der

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erste Mann runzelte die Stirn. Er wirkte besorgt und streckte die
Hand nach ihr aus. Brandi zuckte zurück. Obwohl sie sich dabei
dumm vorkam, rannte sie die Straße hinunter, die Einkaufstüte
fest an sich gepresst. Hinter sich hörte sie die Männer erstaunt
über ihre Flucht auflachen. Tränen stiegen ihr in die Augen.
Verzweifelt hielt sie nach Sebastian Ausschau. Doch sie
entdeckte ihn nirgends. Ihre Panik wuchs. Jemand packte von
hinten ihren Arm, und sie schrie auf.

„Was ist los mit dir? Was ist passiert?“

Es war Sebastian. Brandi warf sich ihm entgegen, und es war

ihr gleichgültig, dass sie Aufmerksamkeit erregten. Sie
klammerte sich an ihn und versuchte sich zu beruhigen. Statt
Fragen zu stellen, hielt er sie einfach fest, streichelte tröstend
ihren Rücken und küsste sie sanft auf die Schläfe. Sie hob den
Kopf, und er sah ihr einen Moment prüfend ins Gesicht.
„Komm“, sagte er dann, legte ihr den Arm um die Taille und
führte sie die Straße hinunter. Brandi protestierte nicht einmal,
als er ihr die Einkaufstüte abnahm.

Er führte sie ein wenig fort von der Einkaufsstraße zu einer

niedrigen Steinmauer. Dort hob er Brandi hoch und setzte sie
darauf. Um sie herum blühten pinkfarbene und weiße Azaleen,
deren süßer Duft die Luft erfüllte. Sebastian stand vor Brandi,
die Beine leicht gespreizt. Seine Miene war undurchdringlich.
„Erzähl mir, was passiert ist.“

Um Himmels willen, das konnte sie nicht! Sie schloss die

Augen und schüttelte den Kopf. Sebastian trat einen Schritt auf
sie zu, bis ihre Knie ihn berührten. Brandi wagte nicht
hinzusehen, wo genau sie ihn berührten.

„Brandi, du bist blass wie ein Geist.“

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„Und genauso leer.“

„Möchtest du mir erklären, was das zu bedeuten hat?“

„Nicht unbedingt.“ Wieder einmal hatte sie sich wie eine Närrin

benommen. Die Angst war wieder so stark gewesen wie
damals, als sie achtzehn gewesen war.

„Brandi, rede mit mir, Liebes. Mir gefällt das alles überhaupt

nicht.“

Seine Worte klangen aufrichtig besorgt. Sie nahm seine

Hände in ihre. „Es tut mir leid. Ich habe überreagiert, das ist
alles. Ich kann manchmal sehr albern sein.“

„Weswegen hast du überreagiert?“

„Es ist nichts, wirklich. Zwei Männer sprachen mich an, das ist

alles. Ich bekam ein bisschen Angst und bin wie ein Idiot
davongelaufen.“

Er sah nicht überzeugt aus. „Du bist nicht davongelaufen,

sondern zu mir.“

„Das … das stimmt wohl.“

„Weil du dich bei mir sicher fühlst.“

„Um Himmels willen, ich kenne dich! Diese Männer kannte ich

nicht. Mach nicht mehr daraus.“

„Was haben sie denn zu dir gesagt?“, fragte er.

Jetzt, wo sie in Sicherheit war und die Panik sich legte, konnte

sie es nicht über sich bringen, es zu wiederholen. „Es waren
bloß zwei Männer, die flirten wollten. Sie haben ein paar Dinge
gesagt, und ich hätte sie zurechtweisen sollen. Stattdessen bin
ich davongelaufen.“

„Zu mir.“

Brandi verdrehte die Augen. Offenbar klammerte er sich an

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diese unbedeutende Tatsache. „Ja, zu dir. Hast du vielleicht
erwartet, ich laufe den ganzen Weg zum Haus zurück?“

„Ich hätte erwartet, dass du überhaupt nicht wegrennst, sonst

hätte ich dich gar nicht erst allein gelassen. Ich hatte von Anfang
an kein gutes Gefühl dabei. Ich wollte dich gerade holen, als ich
dich über die Straße rennen sah.“

Brandi wollte unbedingt das Thema wechseln, daher fragte sie:

„Hast du deinen Kaffee bekommen?“

„Nein. Ich entdeckte eine Ankündigung für ein Open-Air-

Musical und dachte mir, dass das ebenso gut wie der Kaffee
helfen würde. Hättest du Lust, es zu sehen? Wir könnten uns
irgendwo einen Hamburger oder so etwas zum Abendessen
kaufen.“

Erstaunt schaute Brandi auf ihre Uhr. Es ging auf fünf Uhr zu.

Der Tag war wie im Flug vergangen, und sie hatten seit dem
Frühstück nichts mehr gegessen. Ein Open-Air-Musical klang
verlockend, obwohl sie für das Abendessen die Privatsphäre
des Bungalows vorzog. „Wir können uns das Musical ansehen,
aber einen fettigen Hamburger werde ich nicht essen. Ich
möchte heute Abend etwas Richtiges.“

„Einverstanden. Wie wäre es mit einer Stunde Musik, und

anschließend suchst du ein Restaurant aus?“

„Kein Restaurant. Ich möchte zurück zum Bungalow und etwas

vom Zimmerservice kommen lassen.“

Sebastian antwortete nicht gleich. Brandi wusste, wie er über

das teure Essen in der Ferienanlage dachte. Doch sie wollte
heute Abend nicht unter Menschen sein. Außerdem wollte sie
ihm beibringen, sich an den kleinen Dingen des Lebens zu
freuen, auch wenn sie ein bisschen mehr kosteten. Sie

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erwartete, dass er dagegen war, besonders angesichts seiner
streitlustigen Laune von vorhin. Doch er holte lediglich tief Luft
und fragte: „Hast du einen Badeanzug dabei?“

„Ich glaube schon. Wieso?“

„Du zeigtest gestern Interesse am Whirlpool. Wir könnten ihn

nach dem Essen ausprobieren. Vielleicht hilft dir das, dich zu
entspannen.“

Ein erregendes Gefühl breitete sich in ihr aus und vertrieb die

Verlegenheit wegen ihrer entsetzten Flucht. „Hast du eine
Badehose mit?“

„Nein, aber ich kann meine Unterhose anbehalten. Falls du

nichts dagegen hast“, fügte er hinzu.

In diesem Moment wusste Brandi genau, wo ihre Knie ihn

berührten. Deutlich spürte sie seine Erregung, für die sicher die
Vorstellung von ihnen beiden im Whirlpool verantwortlich war.
Und sie hatte das Kommando. Sie konnte es tun – im Whirlpool
sitzen und es genießen, mit Sebastian allein zu sein, ohne die
Angst vor Konsequenzen oder davor, zu etwas gedrängt zu
werden.

Da sie wusste, dass er eine ablehnende Antwort erwartete,

hob sie das Kinn und sagte: „Na schön, probieren wir den
Whirlpool aus. Aber zuerst kommt das Abendessen.“

Er atmete tief durch und hob sie von der Mauer. „Was soll’s,

ich könnte sowieso ein anständiges Essen gebrauchen, um
wieder Energie zu tanken.“

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5. KAPITEL

Das Musical abzuwarten erwies sich als reinste Qual. Im Gras

neben Brandi zu sitzen, die sich sanft zur Musik wiegte, war fast
zu viel für Sebastian gewesen. Doch was seine Lust noch mehr
anfachte, war der Gedanke daran, dass sie zu ihm gerannt war.
Was ihr auch Angst gemacht hatte – und für ihn bestand kein
Zweifel daran, dass mehr dahintersteckte, als sie zugab –, sie
war zu ihm gerannt. Auch wenn ihr Vertrauen nicht so groß war,
ihm die ganze Wahrheit zu gestehen, war es ein Fortschritt.
Brandi brachte ihn ganz schön aus dem Gleichgewicht.
Angefangen hatte es mit dem Kuss gestern Abend, der ihm
anschließend eine schlaflose Nacht beschert hatte. Und seit
dem Morgen war er noch nicht in der Lage gewesen, seine
Gedanken zu ordnen.

Irgendetwas war während dieses kurzen, allzu unschuldigen

Kusses geschehen. Es hatte etwas damit zu tun, dass Brandi
das Kommando hatte. Er hatte es als Witz vorgeschlagen, um
sie zu ermutigen. Doch es war darüber hinausgegangen.
Irgendwie hatten sie eine unsichtbare Grenze überschritten. Er
wünschte nur, er wüsste, was es war.

Das Musical durchzustehen war schon schlimm genug

gewesen, aber verglichen mit dem Dinner war es nichts. Er
hatte nicht einmal die Kraft gefunden, gegen die T-Bone-Steaks
zu protestieren, die Brandi bestellte. Steaks, die so teuer
waren, dass man mit dem Geld eine vierköpfige Familie satt
bekommen konnte. Als Brandi sich endlich zurücklehnte, schob
er den Rest seines Essens beiseite und bot ihr an, den Tisch
abzuräumen.

Doch sie wandte sich verlegen ab. „Nein, das hast du gestern

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Abend schon gemacht, nachdem ich ins Bett gegangen bin.
Jetzt bin ich dran.“

Er hatte sich darum und um das Feuer gekümmert, um etwas

zu tun zu haben. Aber das hatte nicht funktioniert. Seine
Begierde war so groß gewesen, dass er keinen Schlaf
gefunden hatte. Und das nur wegen eines einfachen, aber
wirkungsvollen Kusses. „Einverstanden. Du kümmerst dich um
das Geschirr, und ich ziehe die Abdeckung vom Whirlpool.“

Brandi stand auf und knetete ihre Hände. „Meinst du, jemand

kann uns von draußen sehen?“

„Das Haus liegt sehr einsam, und es ist niemand in der Nähe.

Aber wenn du willst, können wir das Licht aus lassen.“

„Nein!“ Rasch fand sie ihre Fassung wieder. „Ich möchte

lieber, dass es an ist. Vielleicht kann man es ein wenig
dimmen.“

„Ich habe im Küchenschrank Kerzen gesehen. Bist du mit

Kerzenlicht einverstanden?“

Brandi nickte und erwiderte leise: „Ja, das wäre schön.

Danke.“

Sebastian musste über ihre Förmlichkeit lächeln. Er streichelte

ihre Wange. „Beeil dich und zieh deinen Badeanzug an. Ich
warte im Whirlpool auf dich.“

Er nahm drei dicke Kerzen aus dem Schrank und eine

Schachtel Streichhölzer. Brandi hatte die beiden Teller bereits
abgekratzt und in den Korb zurückgelegt, in dem sie gebracht
worden waren. Sie musste den Korb nur noch vor die Tür
stellen, damit er später abgeholt wurde. Brandi sah unsicher zu
Sebastian. Dann verließ sie die Küche. Er ging zur hinteren
Veranda mit dem Whirlpool und hoffte, sich beherrschen zu

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können.

Fünfzehn Minuten später musste er jedoch feststellen, dass

auch das warme, sprudelnde Wasser keine beruhigende
Wirkung auf ihn hatte. Er wartete ungeduldig auf Brandi, legte
den Kopf zurück und sah durch das Glasdach der
geschlossenen Veranda zu den Sternen hinauf. Gedämpftes
Kerzenlicht ließ seinen Körper golden schimmern.“

Er hörte ein leises Geräusch, und seine Erregung stieg.

Langsam richtete er den Blick von den Sternen auf die Veranda
und entdeckte Brandi. Sie stand vor dem Whirlpool, die Füße
dicht nebeneinander, die Hände an die Seiten gelegt. Der
dunkle Abendhimmel und ihr einteiliger schwarzer Badeanzug
hoben ihre helle Haut hervor. Ihre Rundungen waren nicht üppig,
aber deutlich vorhanden und durch ihre Unaufdringlichkeit umso
verlockender. Ihre Hüften waren schmal und nur leicht gerundet,
ihre Beine schlank.

Schweigend streckte Sebastian die Hand nach ihr aus. Brandi

zögerte, ehe sie akzeptierte. Sobald sie ins Wasser gestiegen
war, ließ sie seine Hand los und ging auf die andere Seite des
Pools. Langsam setzte sie sich in das warme Wasser.
Sebastian hörte sie leise seufzen.

Eine Weile herrschte Stille. Dann glitt Sebastian zu Brandi

hinüber. Ohne zu fragen, rutschte er an ihre Seite. „Ich möchte
dich noch einmal küssen.“ Der heisere, erregte Klang seiner
Stimme war ihm nicht peinlich. Er begehrte Brandi, und sie
sollte es wissen.

Brandi plätscherte mit den Fingern im Wasser, ohne ihn

anzusehen. „Ich habe dich geküsst. Schon vergessen?“

„Wirst du mich noch einmal küssen?“

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„Wenn du dann wieder gehst.“

Erstaunt fragte er: „Ich soll wieder auf die andere Seite

gehen?“ Er hob ihr Kinn, damit sie ihn ansah. „Du musst mir
schon sagen, was du willst.“ Sie rutschte ein paar Zentimeter
von ihm fort. Das Kerzenlicht reichte aus, um ihr Mienenspiel zu
erkennen. Sie sah unentschlossen und unsicher aus. „Also?“,
drängte Sebastian.

„Ich will, dass du mich küsst“, meinte sie leise. „Aber ich will

nicht, dass du mich anfasst.“

Er versuchte schlau aus dem zu werden, was sich hinter ihren

Worten verbarg. Falls ihr der Sinn nach erotischen Spielchen
stand, war er nur allzu gern bereit. Nur musste er die Regeln
kennen.

Da er nichts sagte, rutschte sie noch weiter weg von ihm.

„Schon gut, es tut mir leid.“

„Warte.“ Er hielt sie am Arm fest, doch da sie sich sofort

verkrampfte, ließ er sie wieder los. „Erklär es mir, ja? Ich habe
nichts gegen Spielchen.“

Sie sah ihn verwirrt an. Dann erwiderte sie: „Weißt du noch,

wie ich dich gestern Abend geküsst habe?“

Er lehnte sich an den Beckenrand und verschränkte die Arme

vor der Brust. „So?“

„Ja.“ Sie drehte sich halb, sodass sie seitlich vor ihm kniete.

„Genau so. Und jetzt nicht bewegen.“

Er biss die Zähne zusammen und wusste nicht, ob er das

überstehen würde. Der schwarze Badeanzug umspannte ihre
Brüste und ihre schmalen Hüften. Ihre Schultern glänzten nass,
und ihre Haare waren bereits feucht vom aufsteigenden
Wasserdampf. Sie beugte sich über ihn, und er schloss die

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Augen nicht, denn noch nie hatte ein Kuss ihm so viel bedeutet.

Brandis rechte Brust berührte seine Schulter, und er

erschauerte, als er die aufgerichtete Knospe spürte. Er wollte
ihre Brustspitze berühren, sie mit seiner Zunge und seinen
Zähnen liebkosen und daran saugen. Ihr Atem streifte seine
Wange, und dann lagen ihre? Lippen endlich auf seinen.

Obwohl es ihn große Anstrengung kostete, bewegte er sich

nicht. Er wollte sie umarmen, sie an sich pressen und ihren
Körper an seinem spüren. Doch er nahm sich zusammen, und
nur sein stockender Atem verriet seine Erregung.

Schließlich löste Brandi sich von ihm. „Ist alles in Ordnung mit

dir?“, erkundigte sie sich.

Er lachte gepresst. „Du hast keine Ahnung, wie sehr ich dich

begehre, oder?“

Sie machte ein verständnisloses Gesicht und schaute

automatisch auf die Wasseroberfläche.

„Du kannst es nicht sehen, aber du kannst es fühlen.“

Sofort schüttelte sie den Kopf. „Nein, das kann ich nicht.“

„Warum? Du hast das Kommando. Du kannst tun, was du

willst, und ich werde mich nicht bewegen“, versprach er.

Sie wollte ihn berühren, das verriet deutlich die Art, wie sie ihn

ansah. Offenbar rang sie um eine Entscheidung. Schließlich
tauchte sie die Hand ins Wasser. Sebastian stöhnte auf, in der
Erwartung ihrer Berührung. Ihre Fingerspitzen stießen gegen
seine muskulösen Oberschenkel und glitten ganz langsam an
der Innenseite hinauf.

Plötzlich wich Sebastian zurück. Dies war weder der richtige

Ort noch der richtige Zeitpunkt. Er wollte nichts überstürzen,

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solange Brandi nicht bereit war, sich ganz hinzugeben. Was für
ein Spiel sie auch spielen wollte, sie würde damit warten
müssen, bis er sich besser unter Kontrolle hatte.

„Aber ich dachte …“

„Vergiss es“, erwiderte er, wütend auf sich selbst. „Tut mir leid,

aber das Spiel ist vorbei.“

Brandi wollte aus dem Whirlpool stürmen, doch Sebastian hielt

sie fest. Sie wirbelte aufbrausend herum. „Lass mich los!“

Überrascht ließ er sie los. Sie schien kurz davor, in Tränen

auszubrechen. „Brandi?“

Im nächsten Moment war sie verschwunden, einfach so. Sie

rannte ins Haus und ließ die Verandatür offen. Sebastian
fluchte. Es war ihr Spiel gewesen. Warum also reagierte sie so
aufgebracht? Es wurde höchste Zeit, dass sie sich für ein
besseres Verständnis miteinander unterhielten. Er musste
wissen, was mit ihr los war, und zwar noch heute Abend.

Er stieg aus dem Whirlpool, streifte seinen nassen Slip ab,

wrang ihn aus und warf ihn über eine Stuhllehne. Dann zog er
die Plane wieder über den Whirlpool. Er fand ein Handtuch und
wickelte es sich um die Hüften.

Stille empfing ihn im Innern des Bungalows. Die Tür zu Brandis

Zimmer war geschlossen. Er wollte zu ihr gehen und ihr sein
Verhalten erklären, fand es jedoch klüger, sich zuerst etwas
anzuziehen und sich zu beruhigen.

Es war schon sehr spät, als er endlich an Brandis Tür klopfte.

Da er keine Antwort bekam, drehte er den Türknopf und spähte
ins Zimmer. Brandi lag zusammengerollt wie ein kleines Kind
auf der Seite, die Decken über die Schulter gezogen. Die
Nachttischlampe hatte sie brennen lassen. Offenbar mochte sie

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die

Dunkelheit

wirklich

nicht.

Er

fand

es

zwar

Geldverschwendung, das Licht brennen zu lassen, doch
überwog seine Sorge über ihre Furcht. Er machte sich
Gedanken über ihre Ängste. Am meisten Sorgen bereitete ihm,
dass sie in gewisser Hinsicht offenbar auch vor ihm Angst hatte.

Er zog die Tür wieder zu und beschloss, das Gespräch auf

morgen zu verschieben. Da er ohnehin nicht würde schlafen
können, zog er Hemd, Socken und Schuhe aus und machte es
sich auf dem schmalen Sofa bequem. Dann nahm er die
Fernbedienung des Fernsehers, stellte den Ton leise und
suchte einen Sender, der die ganze Nacht Spielfilme zeigte.

Stunden vergingen, und Sebastian war fast eingeschlafen, als

ein erstickter Schrei ihn aufweckte. Sofort war er auf den
Beinen. Sein Herz pochte wild. Doch bevor er reagieren konnte,
flog Brandis Schlafzimmertür auf. Sie sah ihn, stöhnte
schmerzerfüllt auf und stürzte in seine Arme.

In Sebastians Armen, an seine warme, harte Brust

geschmiegt, fühlte Brandi sich gleich sicherer. Der Traum war
so schrecklich gewesen, besonders da sie so lange davon
verschont geblieben war. Sie hatte gebetet, der Albtraum möge
für immer vorbei sein, aber es war nicht viel nötig gewesen,
damit er wiederkam. Verzweifelt akzeptierte sie, dass der
Schrecken nie ganz aufhören und sie nie mehr die Gleiche sein
würde.

Sie schmiegte sich enger an Sebastian. Er wiegte sie sanft

und murmelte beruhigende Worte. Nach einigen Minuten hob er
den Kopf und sah sie lächelnd an.

„Ich nehme an, es befindet sich kein Verbrecher in deinem

Zimmer, oder? Ich brauche also nicht wie der Weiße Ritter in

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den Kampf zu ziehen?“

Brandi schüttelte ernst den Kopf.

„Es kam auch keine Schlange durch dein Fenster? Keine

Spinne unter deine Decke?“

„Nein, keine Schlange, keine Spinne. Nur Monster“, lautete ihre

Antwort.

„Dann war es also ein Traum?“

Sie war erleichtert, dass er nicht „nur ein Traum“ gesagt hatte

und brachte sogar ein zaghaftes Lächeln zustande. Gleichzeitig
kam sie sich dumm vor. Ständig benahm sie sich in seiner
Gegenwart wie eine Närrin. Sie versuchte sich von ihm zu lösen,
doch er hielt sie fest. Als sie durch den Traum erwacht war,
hatte sie automatisch nach Sebastian gesucht. Jetzt wünschte
sie, sie wäre wie früher allein damit fertig geworden.

„Scht, ist ja gut, Brandi. Lauf nicht weg von mir.“

Gütiger Himmel. Nach der katastrophalen Szene im Whirlpool

musste er sie ja für verrückt halten: Mal rannte sie vor ihm
davon, dann wieder stürzte sie sich in seine Arme. Sie legte die
Stirn an seine Brust und kämpfte gegen die Tränen.

Er streichelte ihre Haare und rieb tröstend ihren Rücken.

„Komm her.“

Bevor sie wusste, was er tat, hatte er sich schon mit ihr auf die

Couch gesetzt und Brandi auf den Schoß gehoben. Zu ihrem
Erstaunen geriet sie dadurch nicht wieder in Panik. Im
Gegenteil, sie fühlte sich sicher und geborgen. Das lange
Flanellnachthemd hatte sie bis über die Knie gezogen. Ihr Kopf
lag unter seinem Kinn, und er hatte die Arme um sie gelegt. Sie
spürte seine Wärme und seine Haut. Sie öffnete ihre Hand ein
kleines bisschen und berührte seinen harten, festen Körper …

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und hielt sofort inne. Sie hatte kein Recht, ihn erneut zu reizen,
wenn sie nicht weitergehen konnte. Er hatte ihr heute Abend
bereits gezeigt, dass er an ihrer Art von zaghafter Intimität nicht
interessiert war. Zudem gab es keine Garantie, dass sie diese
Albträume und Erinnerungen jemals überwinden würde.

Sie versuchte sich zurückzuziehen, doch er hinderte sie sanft

daran. Offenbar wollte er sie eine Weile im Arm halten, und
insgeheim war sie froh darüber.

Sebastian küsste sie auf den Kopf und sagte: „Möchtest du mir

von dem Traum erzählen?“

„Nein.“ Sie fühlte sein Lachen in seiner Brust, und ein wenig

ließ ihre düstere Stimmung nach. „Aber ich werde es trotzdem
tun, wenn du es wirklich hören willst. Denn es handelt sich nicht
bloß um einen Traum.“

„Ich würde es gern hören.“

Sie seufzte und überlegte, wo sie beginnen sollte. Sie

entschied, dass am Anfang eine Entschuldigung stehen sollte.
„Ich glaube, ich bin dir einige Erklärungen schuldig, nachdem
ich mich so albern benommen habe.“

„Brandi, wie oft muss ich es dir noch sagen“, tadelte er sie

zärtlich, und sie sah zu ihm auf. „Dies ist dein Urlaub, und du
brauchst dich für nichts zu entschuldigen. Ja, es stimmt, ich will
dich besser verstehen, so wie ich möchte, dass du mich besser
kennenlernst. Aber ich will nicht, dass du dich unter Druck
gesetzt fühlst. Du bist mir überhaupt nichts schuldig, und schon
gar keine Erklärung. Solltest du jedoch den Wunsch haben, mit
mir darüber zu sprechen, höre ich dir nur zu gern zu. Hast du
das verstanden?“

Sie schmiegte ihre Wange wieder an seine warme Brust und

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nickte. Seine Brusthaare kitzelten ihre Nase. Sie versuchte
unauffällig seinen männlichen Duft einzuatmen und erschauerte
vor Freude. Sie hätte die ganze Nacht hier mit ihm sitzen und
seine Nähe genießen können. Inzwischen hatte sie sich so weit
entspannt, dass sie hätte einschlafen können, der Albtraum war
schon fast vergessen. Doch auch wenn Sebastian anderer
Ansicht war, sie musste ihm einiges erklären.

Er streichelte sie weiter, was ihre wohlige Trägheit verstärkte.

„Du hast dich nicht albern benommen. Schön, ich bin nicht ganz
schlau aus allem geworden, aber albern habe ich dich nicht
gefunden. So darfst du dich nicht nennen.“

„Jawohl, Sir.“

Er drückte sie kurz und küsste sie auf die Schläfe. Brandi

wusste, dass er geduldig wartete. Sie fuhr mit ihren Fingern
durch seine Brusthaare, ohne darüber nachzudenken, was sie
tat, und suchte nach den richtigen Worten.

„Brandi?“

„Als ich achtzehn war, wurde ich vergewaltigt.“

Er erstarrte. Wahrscheinlich hätte sie nicht so damit

herausplatzen sollen, aber wie erzählte man so etwas?
Sebastian bewegte sich nicht, noch atmete er. Er war wie
versteinert. Brandi kannte diese Reaktion von ihrer Schwester
und ihren Eltern. Stummes Entsetzen und Unglauben, gefolgt
von innerer Distanzierung, denn die Wahrheit war hässlich, und
niemand wollte sie teilen. Die Leute wussten nicht, was sie dazu
sagen sollten, und es weckte in ihnen ein Gefühl des
Unbehagens.

Brandis Kehle war wie zugeschnürt, und auch das war eine

vertraute Reaktion. Doch dann hielt Sebastian sie eng an sich

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gedrückt, als wollte er sie beschützen und seine Kraft auf sie
übergehen lassen.

Brandi atmete tief durch. „Du willst sicher keine Einzelheiten

hören …“

„Doch“, widersprach er mit heiserer Stimme. Seine Miene war

starr. Er berührte ihre Wange, strich mit dem Daumen über
ihren Wangenknochen. „Es hat dich heute verfolgt, sonst hättest
du den Traum nicht gehabt. Darum ging es doch in dem Traum,
oder?“

Sie nickte kaum merklich und flüsterte: „Früher verfolgte mich

dieser Albtraum jede Nacht. Im Lauf der Jahre wurde es besser.
Heute plagt er mich kaum noch. Aber ich nehme an, nach dem,
was heute geschehen ist …“

Er legte die Stirn an ihre. „Du meinst das, was ich im Whirlpool

getan habe?“

„Nein! Der Traum kam nur durch die Männer wieder, die mich

beim Einkaufen angesprochen haben, nicht, weil du mich
zurückgewiesen hast.“

Er hob abrupt den Kopf. Das Flimmern des Fernsehers

spiegelte sich in seinen Augen wider. Er sah Brandi
durchdringend an. „Du meinst also, ich hätte dich
zurückgewiesen?“

Eigentlich hätte sie verlegen sein müssen, doch seine

ungläubige Reaktion veranlasste sie lediglich, sich zu
rechtfertigen. „Du wolltest, dass ich dich berühre, und das hätte
ich auch getan. Aber ich brauchte so lange und benahm mich
dumm wie ein Schulmädchen. Deshalb hast du deine Meinung
geändert.“

„Gütiger Himmel, nein.“ Er küsste sie auf die Stirn und die

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Nase. „Es ist doch nicht deine Schuld, dass ich es einfach nicht
begriffen habe. Ich habe mich wie ein typischer männlicher Idiot
benommen, der sich nur von seinen Hormonen leiten lässt.“

„Wovon sprichst du?“

„Ich dachte, du würdest ein Spiel spielen.“

„Ein Spiel?“, wiederholte sie erstaunt.

Sebastian seufzte. „Ich fürchte, es gibt einiges, was wir

miteinander besprechen sollten. Möchtest du einen Kaffee oder
eine heiße Schokolade?“

Sie überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf. „Ich will

einfach nur hier sitzen und dich so sehen.“ Zur Erklärung
streichelte sie seine Brust, seine muskulöse Schulter und
berührte mit ihren Fingerspitzen die Bartstoppeln an seinem
Kinn.

Er lächelte schief. „Du kannst gern die ganze Nacht so sitzen.

Brandi, ich will dir sagen, was ich dachte, damit die Sache
geklärt wird. Allerdings kenne ich keine taktvolle oder
behutsame Art, es auszudrücken. Also betrachte dies schon im
Voraus als meine Entschuldigung.“

Sie bereitete sich auf seine Zurückweisung vor und nickte.

Welcher Mann wollte schon eine Frau, die so etwas
durchgemacht hatte und die diese Qualen nie mehr losließen?
Es hatte Jahre gedauert, aber schließlich hatte sie ihr Leben
wieder in den Griff bekommen – bis auf ihr Liebesleben. Und
sie war nicht sicher, ob sie in dieser Hinsicht jemals wieder wie
andere Frauen sein konnte.

Sebastian hatte den Kopf auf die Sofalehne gelegt und wirkte

entspannt. „Ich hoffe, ich bringe dich nicht in Verlegenheit, aber
wenn du mich heute im Whirlpool angefasst hättest, wäre es mit

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meiner Selbstbeherrschung vorbei gewesen.“

Brandi schluckte, doch glücklicherweise sah Sebastian sie

nicht an. Er zuckte nur die Achseln und fuhr trotz des unglaublich
intimen Geständnisses leichthin fort.

„Das wollte ich nicht. Nicht eher, bis ich mit dir schlafe, wonach

ich mich seit unserer ersten Begegnung sehne. Was heute
Abend geschehen ist, war keine Zurückweisung, sondern reiner
Selbstschutz. Du warst so verführerisch und sexy, dass es mich
verrückt gemacht hat. Ich kann dich nicht einmal ansehen, ohne
erregt zu werden. Das geht inzwischen schon so lange so, dass
ich im Whirlpool praktisch explodiert wäre, wenn du mich
berührt hättest.“

Er wartete auf ihre Reaktion, während Brandi mit einem

Durcheinander an Gefühlen zu kämpfen hatte. Was er sagte,
war erregend und erfüllte sie mit Stolz. Sebastian, der
umwerfendste, unglaublichste Mann, dem sie je begegnet war,
begehrte sie. Doch plötzlich wurde sie wieder an die Realität
erinnert, und Reue überkam sie.

„Es tut mir leid, aber ich glaube, ich kann es nicht. Ich möchte

ja, und ich küsse dich gern und berühre dich. Das habe ich seit
der Vergewaltigung mit keinem Mann getan. Diese Angst … sie
kommt aus dem Nichts und immer dann, wenn ich nicht damit
rechne. Panik überfällt mich. Ich versuche, es zu verdrängen,
aber es gelingt mir nicht.“

Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel. „Nur wenn du alles

absolut unter Kontrolle hast? Wie bei dem Kuss vor dem
Kamin?“

„Ja, da hatte ich keine Angst. Du hast mir gesagt, ich hätte das

Kommando, und ich habe deinem Wort vertraut. Hättest du mich

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angefasst oder auch nur so wie jetzt halten wollen, wäre ich wohl
in Panik ausgebrochen.“

„Es stört dich also jetzt nicht, dass ich dich im Arm halte?“

„Nein, aber wir küssen uns ja auch nicht. Du siehst mich nicht

so an wie bei dem Kuss vor dem Kamin.“

„Du meinst erregt?“

Brandi nickte und fühlte sich schüchtern, obwohl sie so offen

miteinander redeten. „Auch im Whirlpool hattest du diesen
Blick, als würdest du mich am liebsten verschlingen.“

„Das trifft es ziemlich genau.“

Er streichelte erneut ihre Wange, und Brandi bemerkte, dass

er zitterte. Sie genoss seine Zärtlichkeit, seine sanften Küsse,
die nichts forderten.

Er setzte sich auf und umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen.

„Ich möchte, dass du nicht nur für die Dauer dieses Urlaubs,
sondern solange du mich kennst, weißt, dass du immer das
Sagen haben wirst. Ich könnte es nicht ertragen, wenn du dich
meinetwegen unwohl fühlst. Wenn ich etwas falsch mache, lass
es mich wissen. Du kannst mir gegenüber ehrlich sein. Ich will
mir nur keine Sorgen machen, dass ich es verderben könnte,
ohne es zu bemerken.“

Sie nickte wieder und glaubte kaum, was sie hörte. „Soll das

heißen, du willst …“

„Dich weiterhin küssen? Dich berühren? Und ob!“

„Du bist nicht angewidert, weil ich vergewaltigt worden bin?

Oder weil ich noch immer mit meinen Ängsten zu kämpfen
habe?“

„Um Himmels willen, nein. Ich will dir nichts vormachen, indem

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ich behaupte, dass ich den Kerl nicht gern finden und mit
meinen bloßen Händen umbringen würde. Aber du bist nicht
verantwortlich dafür, was er getan hat. Und deine Vorbehalte
sind mir jetzt absolut verständlich.“

„Willst du die ganze Geschichte wirklich hören?“

„Ich möchte alles über dich erfahren“, erwiderte er. „Ich will

wissen, was dich zum Lachen oder zum Weinen bringt, was
dich glücklich oder traurig macht. Ich möchte deine Träume
ebenso kennen wie deine Albträume, denn beides ist ein Teil
deiner Persönlichkeit.“ Sie überlegte, wo sie beginnen sollte.
Dann entschied sie sich für Sebastians Taktik, einfach
geradeheraus die Wahrheit zu sagen. „Es waren drei Männer,
nicht einer.“

„Gütiger Himmel.“ Er drückte sie fester an sich.

Brandi hörte seine tiefen Atemzüge. Doch er sagte nichts

mehr, sodass sie nicht mehr wusste, wie seine Reaktion auf
ihre hässliche Wahrheit ausfallen würde. Vielleicht würde es ihn
abschrecken, aber dann wäre es wenigstens eine klare Sache,
und sie könnte darüber hinwegkommen. Von Beginn an war es
Sebastian irgendwie gelungen, Gefühle aus ihr hervorzulocken,
von deren Existenz sie nichts geahnt hatte. Wenn er ihr diese
Gefühle jetzt wieder nehmen wollte, dann sollte es lieber gleich
geschehen. Je eher, desto besser. Sie würde es rasch hinter
sich bringen und die Konsequenzen akzeptieren.

„Ich war mit meiner Familie an Bord eines Kreuzfahrtschiffes in

der Karibik. Es war der letzte Urlaub, den ich bis heute gemacht
habe. Es sollte eine tolle Reise werden. Ich kam mir sehr
erwachsen vor, denn ich war gerade achtzehn geworden und
schon fast eine Frau. Also flirtete ich. Nur mit den falschen

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Männern. Es war sehr aufregend, zumindest bis ich müde
wurde. Ich verließ Shay und meine Eltern, die auf der Party auf
dem Oberdeck blieben, und kehrte in unsere Luxuskabine
zurück. Was ich nicht wusste, war, dass die Männer mir gefolgt
waren. Da ich annahm, dass nur Shay kommen würde,
überprüfte ich die Tür nicht. Einer meiner Schuhe hatte sich
darin verklemmt, sodass sie nicht richtig schloss. Die Männer
brauchten nicht einmal anzuklopfen.“

Es wurde schwerer und schwerer, und es war so lange her,

seit sie die Einzelheiten wieder heraufbeschworen hatte. Ihre
Kehle war wie zugeschnürt, und ihre Brust schmerzte. Sie
registrierte, dass Sebastian wieder ihren Rücken streichelte. Es
tat gut, seine Stärke zu spüren, die sie jetzt brauchte. Sie
bemerkte, dass ihr Tränen in den Augen standen.

„Ich schrie wie verrückt, aber sie waren hereingekommen,

während ich schlief, und als ich aufwachte, war die Tür schon
fest verschlossen. Niemand hörte meine Schreie, als die
Männer über mich herfielen. Sie beschimpften und schlugen
mich, weil ich nicht aufhörte zu schreien und zu weinen.“

Sebastian hob ihre Hand an seine Lippen.

„Bis zum nächsten Tag wusste niemand, was geschehen war.

Shay und ich teilten uns die Kabine, doch als sie hereinkam,
konnte ich mich nicht dazu überwinden, es ihr zu erzählen. Ich
hätte es tun sollen. Es war so dumm von mir, einfach nur
dazuliegen. Aber ich fühlte mich wie betäubt. Ich schämte mich
und kam mir schmutzig vor. Es war leichter, so zu tun, als wäre
es nicht passiert. Shay nahm an, dass ich schlief. Und früh am
nächsten Morgen verschwanden die Männer von Bord, sobald
wir im Hafen lagen. Ich habe sie nie wiedergesehen.“

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Es war nicht so schwer gewesen, es Sebastian zu erzählen,

wie sie vermutet hatte. Überrascht erkannte sie, dass es damit
zu tun hatte, dass er sie in den Armen hielt. Es war etwas ganz
anderes, als es den Polizisten zu erklären, die sie mit Fragen
bombardiert hatten und im Zimmer auf und ab liefen. Oder der
Psychologin, die trotz ihrer mitfühlenden Miene kühl und
unbeteiligt in ihrem Sessel saß und darauf wartete, dass Brandi
sich emotional offenbarte, damit sie ihre Therapie danach
ausrichten konnte. Selbst Brandis Schwester und ihre Eltern
waren nicht in der Lage, einfach nur zuzuhören. Ständig sagten
sie unnötigerweise, wie leid es ihnen täte und dass sie sich
schuldig fühlten. Sie tauschten leidende Blicke, bis Brandi sich
für ihr Unglück schuldig fühlte.

„Zuerst waren meine Eltern geschockt, dann wütend. Nicht auf

mich. Nur verstanden sie nicht, weshalb ich ihnen nichts erzählt
habe. Sie wollten die Männer fassen. Wenn ich es im
Nachhinein betrachte, mussten meine Eltern wohl so reagieren.
Sie stellten Forderungen an den Kapitän, der herausgefunden
hatte, dass ich mit den Männern geflirtet hatte. Er machte mir
nicht direkt einen Vorwurf, sagte meinen Eltern jedoch, dass ich
lernen müsste, vorsichtiger zu sein und dass man niemandem
trauen dürfe. Natürlich hatte er recht. Ich hätte nicht mit Fremden
flirten dürfen, und ich hätte das Geschehene sofort erzählen
müssen. Aber damals konnte ich es einfach nicht. Außerdem
befanden wir uns in internationalen Gewässern, sodass man
ohnehin nichts unternehmen konnte.“

„Brandi.“

Sebastian sprach ihren Namen zärtlich aus, doch seine Miene

war verhärtet und seine Augen kalt und hart. Er sah aus, wie ihre
Eltern ausgesehen hatten – verstört und angewidert. Sie

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versuchte, ihre Hand aus seiner zu befreien, doch erneut hob er
sie an seine Lippen und küsste ihr Handgelenk.

Benommen fragte sie: „Bist du glücklich jetzt, wo du alles

weißt?“ Der sarkastische Unterton war reiner Selbstschutz.

Sebastian wischte ihr eine Träne von der Wange. „Ich bin froh,

dass du es mir gesagt hast, aber ich bin nicht glücklich. Im
Gegenteil, ich fühle mich elend.“

„Weil du diesen Urlaub mit mir verbringen musst? Niemand

schreibt uns vor, dass wir die ganze Zeit zusammensein
müssen.“

„Oh Brandi.“ Er verzog tadelnd das Gesicht. „Das meinte ich

nicht.“

„Nein?“ Plötzlich fror sie von innen heraus und zitterte. „Ich

habe lauter falsche Entscheidungen getroffen und einen Fehler
nach dem anderen gemacht. Du musst mich für eine Idiotin
halten.“

Er streichelte ihre Haare, ihren Rücken und drückte sie ein

wenig enger an seine nackte Brust. Sein Blick war zärtlich. „Wir
wollten bei der Wahrheit bleiben.“

„Sicher“, sagte sie, obwohl sie nicht wusste, ob sie die

Wahrheit ertragen konnte.

Er lächelte traurig. „Ich halte dich für die unglaublichste Frau,

die mir je begegnet ist.“

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6. KAPITEL

Verlegen wegen des albernen Kompliments, schnaubte Brandi

und sagte: „Du musst ja leicht zu beeindrucken sein.“

Sebastian lachte. „Eigentlich nicht, denn wegen meiner

Herkunft bin ich anderen Leuten gegenüber eher zu kritisch.
Aber trotz allem, was du durchgemacht hast, bist du nicht
verbittert, sondern immer noch freundlich und sanft. Das grenzt
schon an ein kleines Wunder, finde ich.“

„Ich bin vielleicht nicht verbittert, aber ich werde auch nie mehr

eine normale Frau sein.“

Sebastian tat, als würde er ihr Gesicht studieren. „Für mich

siehst du ganz normal aus.“ Dann küsste er sie auf die Wange.
„Und du schmeckst so gut. Keine normale Frau hat mich je so
gereizt wie du.“

Sie strahlte unwillkürlich, obwohl sie wusste, dass seine Worte

Unsinn waren. „Du weißt genau, was ich meine.“

„Ja, ich weiß. Aber das stimmt nicht. Du bist vielleicht

reservierter, aber du hast die gleichen Wünsche und
Bedürfnisse wie jede andere Frau.“ Grinsend fügte er hinzu: „Du
brauchst nur den richtigen Mann, der dir seinen Körper für deine
Neugier zur Verfügung stellt.“

Sie wischte sich die letzten Tränen aus den Augen.

„Sebastian, ich weiß nicht, ob ich je wieder mit einem Mann
schlafen kann. Allein die Vorstellung …“ Sie verstummte. Es war
einfach viel zu schwer, all diese Dinge auszusprechen und
auszudrücken, was sie fühlte.

„Du kannst mir alles anvertrauen“, versicherte er ihr sanft. „Es

ist niemand außer uns beiden hier.“

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Die Nacht war still. Ohne dass Brandi es mitbekommen hatte,

war das Fernsehprogramm zu Ende gegangen, und nur noch
ein Flimmern war zu sehen, begleitet von einem leisen
Rauschen. Sie atmete Sebastians Duft ein, genoss seine
Wärme, sein Interesse und seine Zärtlichkeit. Er trug lediglich
seine Jeans, hatte die langen Beine ausgestreckt, und seine
Füße wären nackt. Ein dunkler Bartschatten bedeckte seine
Wangen. Seine Augen waren verschlafen, seine Haare
zerzaust.

Brandi fühlte sich sicher bei ihm. Er war sexy und irgendwie

schon ein Teil von ihr. Sie schluckte und beschloss, die
Situation zu nutzen. Möglicherweise würde sie eine zweite
Chance nie bekommen, und sie hatte noch so viele Fragen, es
gab so viele Dinge, über die sie mit ihm reden wollte. Sebastian
war da, und sie vertraute ihm, sogar mehr, als sie sich selbst
manchmal traute.

„Die Vorstellung, dass ein Mann auf mir liegt, macht mich ganz

krank, und mir bricht der kalte Schweiß aus.“

Er rieb sein Kinn an ihrem Kopf und erwiderte schlicht: „Es gibt

schließlich auch andere Stellungen.“

„Aber ein Mann ist viel stärker. Er kann die Position immer

bestimmen. Shay hat mir einmal erzählt, dass ein Mann, der
sehr erregt ist, nicht immer weiß, was er tut.“

„Wie bitte?“ Er sah sie erstaunt an. „Das ist Unfug und eine

üble Ausrede. Männer sind immer verantwortlich für ihr Handeln,
besonders wenn sie mit einer Frau zusammen sind. Warum hat
Shay dir etwas so Dummes erzählt?“

Dass er so aufgebracht war, verblüffte sie. „Sie hatte mich zu

einer Verabredung überredet, und der Kerl wurde zudringlich. Er

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hat eigentlich nichts getan, nur versucht, mich zu küssen.“

„Aber du wolltest ihn nicht küssen?“

„Nein. Vermutlich dachte er an diesem Abend, er würde mich

schon überreden können.“

„Ich hoffe, du hast ihm eine gelangt“, murmelte Sebastian.

„Ich wünschte, ich hätte es getan. Stattdessen bin ich

weggerannt: Ich gerate in Panik und kann dann nur noch an
Flucht denken.“

„Und das ist dir heute während des Einkaufs auch passiert?“

Brandi nickte. Es fiel ihr erstaunlich leicht, sich mit ihm darüber

zu unterhalten. „Zwei Männer haben versucht, sich an mich
heranzumachen.“

„Glück für sie, dass ich es nicht mitbekommen habe.“

Brandi lachte über seine finstere Miene. Es gefiel ihr, dass er

sie verteidigen wollte, obwohl sie lernen wollte und musste, sich
selbst zu verteidigen. „Es war keine große Sache. Shay meint,
ich bewerte manche Dinge einfach über, und sie hat recht. Sie
sagt, nur weil ein Mann Interesse bekundet oder zu küssen
versucht, macht ihn das noch nicht zum Vergewaltiger.“

„Das stimmt wohl. Aber jeder, ob Mann oder Frau, sollte auch

ein Nein akzeptieren und die Wünsche des anderen
respektieren. Lass dich von Shay nicht zu etwas überreden, was
du nicht willst.“

„Sie hat mich zu diesem Urlaub überredet.“

„Ausgenommen diesen Urlaub“, schränkte er rasch ein und

grinste schief. „Was das angeht, war Shay brillant.“

Brandi schüttelte den Kopf. „Eigentlich hätte es mich nicht

überraschen dürfen, was sie tat. Sie hat es sich nämlich zu

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ihrem persönlichen Ziel erklärt, mein Leben wieder in Schwung
zu bringen. Irgendwie fühlt sie sich verantwortlich, weil sie auf
der Kreuzfahrt nicht auf mich aufgepasst hat. Ich versichere ihr
ständig, dass es nicht ihre, sondern meine Schuld war.“

„Es war auch nicht deine Schuld, Liebes. Dass du die Tür

offengelassen hast, rechtfertigt noch lange nicht, was diese
Bastarde dir angetan haben. Es war ein kleiner Fehler, für den
du bitter bezahlen musstest.“

„Aber ich habe mit ihnen geflirtet.“

„Na und? Das macht jeder. Das ist ganz normal, aber noch

lange keine Aufforderung zur Gewalt. Die einzigen Schuldigen
sind diese Männer, die die Arglosigkeit eines jungen Mädchens
ausgenutzt haben.“

„Ich habe mir schon so oft gewünscht, ich hätte einiges anders

gemacht“, sagte sie.

„So geht es uns allen. Aber wir sind nun einmal alle Menschen

und machen Fehler. Wir müssen lernen, damit zu leben.“

Brandi entspannte sich. Sebastian war so offen und ehrlich.

Das Thema schien ihn überhaupt nicht zu stören. Sie drückte ihn
kurz an sich. „Es ist ganz anders, mit dir zu reden, als mit
meiner Familie!“

„Warum?“

„Sie wollen im Grunde nichts davon hören, weil sie sich

unbehaglich dabei fühlen. Sie wissen nicht, wie sie reagieren
sollen, und fürchten, mich aufzuregen. Gewöhnlich endet es
damit, dass sie sich entschuldigen. Inzwischen gibt es eine stille
Übereinkunft, das Thema nicht mehr zur Sprache zu bringen,
und so zu tun, als sei es nie geschehen. Sie wissen nichts von
meinen Albträumen. Ich will nicht, dass sie sich Sorgen machen

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oder ihre albernen Schuldgefühle stärker werden. Es gibt
ohnehin nichts, was sie dagegen tun könnten. Ich muss einfach
lernen, mit diesen Träumen fertig zu werden.“

„Ich bin froh, dass du mit mir darüber gesprochen hast“, meinte

Sebastian. „Ich möchte dir das Gefühl geben, dass du mit mir
über alles reden, mir jede Frage stellen kannst. Du kannst dich
jederzeit an mich wenden. Jeder hat das Bedürfnis zu reden.
Etwas in sich hineinzufressen hilft nie.“

Brandi zögerte einen Moment, da sie nicht wusste, wie sie ihre

Gefühle in Worte fassen sollte. Sie wollte Sebastian begreiflich
machen, wie viel ihr diese Zeit mit ihm bedeutete. Bei ihren
Eltern oder ihrer Schwester war sie am Ende gewöhnlich
diejenige, die zuhörte. Sie wollten, dass Brandi ihre
Schuldgefühle verstand und begriff, dass sie wegen des
Geschehenen ebenfalls litten. Doch Sebastian hörte einfach zu
und akzeptierte es, wie es war. Sie konnte ihm ihr Herz
ausschütten, und es tat gut. Nicht einmal mehr die Albträume
erschienen ihr so bedrohlich wie früher. Unmöglich konnte sie all
das in Worte fassen, daher flüsterte sie nur: „Danke.“

Er zögerte, ehe er sacht ihre Schläfe küsste, ihre Wange, ihren

Mund. „Gern geschehen.“

Sie schloss die Augen vor ihrem nächsten Geständnis.

„Sebastian, ich mag es, dich zu küssen.“

„Wirklich?“

Sie fuhr mit der Hand über seine nackte Schulter, und sein

sinnlicher Blick ließ sie erschauern. Seine Begierde war ihm so
deutlich anzusehen und so natürlich. Er verbarg nichts vor
Brandi, und vermutlich machte das die Sache weniger
beängstigend.

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„Ich war schon so lange neugierig. Aber ich wollte es nicht

riskieren, jemanden an mich herankommen zu lassen und Dinge
zu tun, die die meisten Mädchen schon als Teenager erleben.
Ich war ein Spätzünder. Ich wurde nicht oft von Jungen
eingeladen, denn Shay sah so fantastisch aus, dass die
meisten Jungen in meinem Alter mich kaum beachteten.“

„Ich habe dich beachtet.“

Brandi grinste. „Ich weiß. Es wundert mich immer noch, dass

du nichts mit Shay hast.“

Sebastian schnaubte. „Ich finde deine Schwester viel zu

dominant. Sie ist ohne Zweifel schön, aber ganz anders als du.
Shay ist nicht im Mindesten so sensibel wie du. Sie ist
extravagant, selbstsicher und kann man manchmal ziemlich
nerven.“

„Sie ist unglaublich.“

Er lachte. „Du brauchst sie nicht zu verteidigen. Ich mag sie

sehr, und ihr Charakter passt absolut zu ihr. Aber Shay hat eine
Art, aus Männern wie mir Hackfleisch zu machen, und ich habe
keine Lust, mit ihr zu kämpfen.“

„Du beschreibst sie wie eine Amazone.“

„Das trifft es ja auch ziemlich genau.“

Brandi boxte ihn gegen die Schulter. „Dann überrascht es

mich, dass du ihr entkommen bist. Die meisten Männer erliegen
ihrem Zauber innerhalb weniger Minuten.“

„Einschließlich all der Jungen, die du als Teenager kanntest?“

„Ja. Mich kannte man nur als Shays kleine Schwester. Daher

hatte ich wenig Gelegenheit, etwas auszuprobieren, während
die anderen Mädchen schon herumknutschten und alles

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Mögliche anstellten. Und nach der Vergewaltigung … Nun,
heute wünschte ich, ich hätte schon einen Freund gehabt.“

Sie vermochte es nicht, ihre Gedanken exakt in Worte zu

fassen, doch Sebastian verstand. „Du wolltest diese ersten
aufregenden Dinge erleben, den ersten Kuss, die ersten
Zärtlichkeiten, ohne dass es zum Äußersten kam.“ Während er
sprach, glitten seine Finger über ihren Arm. Ein wohliger
Schauer durchrieselte Brandi.

„Ich mag es, wenn du mich berührst, Sebastian. Und ich

berühre dich gern. Du fühlst dich so anders an als ich.“ Sie
streichelte sein Schlüsselbein, seinen warmen Hals. Seine Haut
war fest und seidenweich über den harten Knochen und
Muskeln.

Er schloss seine Finger um ihre und küsste ihre Handfläche,

wobei er ihr Gesicht betrachtete. „Hast du je den Bart eines
Mannes gefühlt?“

Sein glutvoller Blick machte es ihr schwer, zu sprechen. „Ja,

bei meinem Vater.“

„Aber dies ist ein wenig anders, oder?“ Seine Stimme nahm

einen tiefen, intimen Klang an. Er fuhr mit ihrer Hand über sein
Kinn und dann über die Oberlippe, wo in wenigen Tagen ein
Schnauzbart sein würde, wenn er sich nicht rasierte. Sein Atem
war warm an ihrer Handfläche.

Brandi öffnete die Hand und umfasste seine Wange.

Sebastian nahm seine Hände fort und legte sie auf ihre Taille,
damit sie aus eigenen Stücken tun konnte, was sie wollte.
Atemlos flüsterte sie: „Ja, es ist etwas anderes.“ Es war
erstaunlich, faszinierend und aufregend. „Du bist immer so
warm.“

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Er lachte leise und schmiegte kurz das Gesicht in ihre

zerzausten Haare. „Ich habe eine wunderschöne, erotische Frau
auf meinem Schoß. Es ist ein Wunder, dass ich noch nicht in
Flammen stehe.“

Brandi schenkte seinen Worten keine Beachtung. Sie war

nicht schön, höchstens einigermaßen hübsch. Dennoch gab er
ihr das Gefühl, sexy zu sein. Sie strich mit dem Finger über
seinen Hals, fühlte seine Bartstoppeln, das Pulsieren des Blutes
in seinen Adern. Sie berührte sein Haar im Nacken. Es war kühl
und seidig. „Ich hätte nie gedacht, dass Männer so weiches
Haar haben.“

Er beobachtete sie. „Mein Bart ist rau, aber die übrigen Haare

an meinem Körper sind es nicht.“

Sie bekam ein flaues, aber gleichzeitig angenehmes Gefühl im

Magen, als würde sie tief im Innern etwas kitzeln. Sie sah auf
die dunklen, dichten Haare, die seine Brust bedeckten und
seine kleinen braunen Brustwarzen umgaben. Sie legte beide
Hände gespreizt auf seine Brust, fühlte seinen Herzschlag.

„Brandi?“, fragte er heiser. „Ich mag es, wenn du mich berührst,

Liebling.“

Sein Atem streifte sie, und dann bemerkte sie seine Erregung.

Ihre Blicke trafen sich.

„Ich werde mich nicht bewegen und dich nicht berühren, ehe du

mich nicht dazu aufforderst“, versprach er. „Aber ich bin auch
nur ein ganz normaler Mann, der sich sehr zu dir hingezogen
fühlt. Gegen die Reaktion meines Körpers bin ich machtlos.“

„Für einen ganz normalen Mann halte ich dich nicht.“ Sie legte

die Hände auf seinen Bizeps und staunte über seine Muskeln.
Nach einer Weile war es ihr vertraut, ihn zu berühren, und das

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überraschte sie. Es kam ihr so natürlich vor, mit ihm zusammen
zu sein. Sebastian hielt sein Wort und bewegte sich nicht, außer
dass er einmal kurz seine Position veränderte und schwerer
atmete. Erneut umfasste sie seine Wangen, fuhr mit den
Fingern über seinen Nasenrücken und seine Brauen. Dann
legte sie sie auf seine Lider, die sich langsam schlossen. Er
hielt absolut still.

„Ich mag es, wie du mich mit halbgeschlossenen Augen

ansiehst“, sagte sie. Anfangs hatte sein intensiver Blick ihr
Angst gemacht, jetzt aber hatte sie sich daran gewöhnt. Es gab
ihr das Gefühl, etwas Besonderes zu sein.

„Was magst du noch?“

Ohne zu zögern, antwortete sie: „Deinen Duft.“ Sie berührte

wieder seinen Nasenrücken und bemerkte eine winzige
Krümmung. Wahrscheinlich war sie ihm gebrochen worden. An
seinem Mundwinkel war eine kleine Narbe. Alles an ihm
faszinierte sie. Er fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe
und streifte dabei ihre Fingerspitzen. Rasch zog sie die Hand
zurück.

„Berühre mich noch einmal“, bat Sebastian.

„Ich …“

„Es hat dich erschreckt, meine Zunge zu spüren?“

„Ja.“

„Was hast du dabei empfunden? Furcht?“

„Nein.“ Nicht Furcht hatte ihr den Atem genommen. „Ich habe

es noch nie gefühlt, daher ist es schwierig zu beschreiben.“

„Möchtest du weitermachen?“

Sie nickte, obwohl sie nicht sicher war, wo sie weitermachen

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sollte.

Sebastian löste das Problem für sie. „Wie wäre es, wenn ich

dir sage, was ich empfunden habe?“

Ihr Herz pochte schneller. Die Luft zwischen ihnen war wie

elektrisch aufgeladen. Es gefiel Brandi, dass sie eine solche
Wirkung auf ihn hatte und er sie so heftig begehrte.

„Es durchströmte mich heiß, im ganzen Körper.“ Er grinste.

„Du sitzt auf meinem Schoß, also nehme ich an, du hast es
gemerkt.“

„Es ist mir unheimlich. Ich habe so etwas noch nie zuvor

empfunden.“

Wieder hob er ihre Hand an den Mund und küsste ihre

Handfläche. „Was geschehen ist, hat deine Entwicklung nur
verlangsamt. Vor der Vergewaltigung warst du noch zu jung, um
deine eigene Sinnlichkeit zu entdecken, und danach hattest du
viel zu viel Angst. Aber jetzt, bei mir, fühlst du dich sicher. Habe
ich recht?“

„Ja“, bestätigte sie und ermahnte sich, ehrlich zu sein. „Bis zu

einem gewissen Punkt.“

„Ich glaube, ich verstehe deine Regeln jetzt. Vorhin, im

Whirlpool, dachte ich, du würdest ein Dominanz-Spiel spielen,
und dass ich mich nicht bewegen sollte, damit du mich reizen
kannst. Das hat mir wirklich gefallen. Aber es war zu viel, und
ich konnte mich nicht länger beherrschen. Jetzt weiß ich, dass
du nicht spielst. Ich verstehe nun, weshalb es für dich so wichtig
ist, dass du diejenige bist, die die Kontrolle hat.“ Er gab ihr
einen Kuss, der sie überraschte und zugleich erregte.
„Befriedige ruhig deine Neugier bei mir.“

Brandi lachte. Erotische Spielereien mit einem Mann war sie

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nicht gewohnt. Doch mit Sebastian schien es ihr ganz
selbstverständlich zu sein, und es machte ihr überhaupt keine
Angst,

Er wickelte eine Strähne ihres Haars um seinen Zeigefinger,

und seine Miene wurde ernst. „Jetzt, wo ich es verstanden habe,
sollst du mich leiten, mir sagen, was du willst und was du
brauchst. Du kannst mich überall anfassen, wie auch immer du
es willst, wann immer du es willst. Wenn ich mich nicht bewegen
soll, werde ich es auch nicht tun. Wenn du möchtest, dass ich
dich anfasse, werde ich deinem Wunsch nur zu gern
nachkommen. Aber nur, falls du mich dazu aufforderst. Du hast
es in der Hand, im wahrsten Sinne des Wortes.“

Sebastian beobachtete Brandi, die sich seine Worte durch

den Kopf gehen ließ. Er versuchte sich nicht anmerken zu
lassen, wie sehr ihr Bericht ihn aufgewühlt hatte. Einige Leute,
nicht zuletzt ihre Familie, hätte er sich gern vorgenommen. Sie
hatten Brandis Bedürfnis erstickt, über die Vergewaltigung zu
sprechen, und so verhindert, dass sie ihren Schmerz
verarbeiten konnte. Brandi hatte ihre Familie geschont, wo es
doch genau andersherum hätte sein müssen. Er erinnerte sich
an die eigenen Schuldgefühle seiner Mutter gegenüber und
wusste, dass das mangelnde Verständnis von Brandis Eltern
keine Absicht war. Oft litten die Angehörigen von Gewaltopfern
am meisten, wenn auch anders als das Opfer selbst. Das hatte
er bei seiner Arbeit schon häufig genug erlebt.

Zu gern hätte er die Männer in die Finger bekommen, die es

gewagt hatten, Brandi anzurühren. Doch vor allem war er
wütend auf sich selbst. In seinem Job hatte er es ständig mit
emotionalen und körperlichen Traumata zu tun. Er beschützte
Frauen

vor

ihren

prügelnden

Ehemännern

und

die

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Unschuldigen, auf die man es wegen des Geldes oder des
politischen Vorteils abgesehen hatte. Sebastian kannte die
Anzeichen und die Ängste. Doch seit er Brandi kennengelernt
hatte, war er nicht mehr er selbst gewesen. Alle Anzeichen
waren ihm entgangen, da sich für ihn alles um seine Lust und
Verletzbarkeit gedreht hatte.

Er hatte es bei manchen Fällen sogar mit Vergewaltigung zu

tun gehabt. Doch anstatt Brandis Vorsicht und Neugier als
Überbleibsel eines Traumas zu interpretieren, hatte er
angenommen, dass sie erotische Spielchen mit ihm spielen
wollte. Er hatte geglaubt, sie setze ihre Scheu und den Wunsch
nach Kontrolle bewusst ein, um die Spannung zu erhöhen.

Aber jetzt kannte er die Wahrheit und würde seine eigenen

Wünsche zurückstellen. Nichts war momentan wichtiger, als
Brandi zu ermutigen und ihr zu zeigen, dass sie in jeder Hinsicht
eine normale Frau war. Das war ihm jede Unannehmlichkeit
wert. Schon jetzt hielt er es vor Erwartung kaum aus.

„Du willst, dass ich dich berühre?“

Er musste über ihre Unsicherheit und geröteten Wangen

lächeln. „Ja, das will ich.“ Er küsste sie, und es war erneut ein
zurückhaltender, kurzer Kuss, aus dem hoffentlich mehr werden
würde. „Fühl dich frei, mich anzufassen, wo du willst, mich zu
küssen oder einfach nur anzusehen.“

„Das kann ich nicht.“

Brandis Miene widerlegte ihre Worte. Sebastian lachte leise.

„Das hast du bereits getan. Und wenn du schon so fasziniert
bist von meiner Brust, muss dich der Rest meines Körpers auch
interessieren.“

Sie schluckte und holte tief Luft. „Soll das etwa heißen, du

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würdest mich …“

„Was? Sprich es ruhig aus.“

„Ich weiß nicht, ob ich das kann. Immerhin weiß ich nie, wann

mich die Angst überkommt.“

„Ich weiß. Aber das macht nichts. Du kannst jederzeit deine

Meinung ändern und stehst in keiner Hinsicht unter Druck. Sag
einfach Nein, das ist alles.“

„Das behauptest du jetzt. Aber sobald wir uns erst einmal

miteinander … eingelassen haben, siehst du es vielleicht
anders.“

„Fürchtest du, ich könnte die Beherrschung verlieren?“

„Ich glaube nicht, dass du mir absichtlich wehtun würdest“,

antwortete sie.

Sebastian musste die Tatsache akzeptieren, dass es dauern

würde, bis er ihr Vertrauen gewonnen hatte. Doch das fiel ihm
nicht leicht. Andererseits war er entschlossen, in diesen fünf
Tagen so große Fortschritte wie möglich zu erzielen. Daher
nannte er ihr die einzig realisierbare Möglichkeit, die ihm einfiel,
auch wenn ihm die Vorstellung unbehaglich war. „Falls du dir
Sorgen machst, dass ich die Kontrolle verlieren könnte, darfst
du mich jederzeit ans Bett fesseln.“

Brandi starrte ihn ungläubig und verblüfft an.

„Ich meine es ernst“, fuhr er fort. „Ich möchte, dass du dich

absolut wohl mit mir fühlst, und wenn das dazu nötig ist, dann
soll es so sein.“ Ihre Reaktion bestätigte ihn in seinem
Entschluss und brachte seinen Humor zurück. „Natürlich musst
du mir versprechen, behutsam zu sein und meinen armen
Körper mit Respekt zu behandeln.“

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Sie gab ihm einen liebevollen Klaps und grinste.

„Selbstverständlich darfst du mich nicht kitzeln. Das halte ich

nicht aus.“

„Du bist also kitzelig?“

Er zog im Scherz die Brauen zusammen. „Dieses boshafte

Funkeln in deinen Augen gefällt mir ganz und gar nicht.
Versprich es mir auf der Stelle.“

„Na schön, ich verspreche, dich nicht zu kitzeln.“ Flüsternd

fügte sie hinzu: „Jedenfalls nicht, solange du gefesselt bist.“

Er tat, als würde er über ihre Worte nachdenken, obwohl ihn

die ungezwungene Art begeisterte, mit der sie ihn aufzog. Ihre
Stimme war heiser und voller Erwartung gewesen. Das war ein
weiterer Fortschritt. Zumindest wollte er es so interpretieren.

„Gut, dann sind wir uns einig.“ Sebastian nahm die

Fernbedienung vom Tisch und schaltete den Fernseher aus.

Brandi war sofort alarmiert. „Was machst du?“

„Nicht das, was du dir anscheinend vorstellst.“ Er zupfte an

einer dunklen Locke an ihrer Schläfe. „Meinst du etwa, ich hatte
die Absicht, mich gekonnt vor dir zu entkleiden?“

„Ich bin mir nicht sicher. Das alles ist so neu für mich.“

„Du kannst dich entspannen, denn ich wollte nur vorschlagen,

dass wir versuchen, noch etwas Schlaf zu bekommen. Es ist
schon spät.“

„Oh.“ Sie wirkte enttäuscht und wollte aufstehen. „Dann sollte

ich jetzt wohl besser zurück in mein Bett gehen.“

Sebastian legte die Arme um sie, sodass sie auf seinem

Schoß sitzen blieb. „Ich dachte eigentlich, dass wir hier
schlafen. Ich habe es bequem, und nachdem ich dich so lange

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gehalten habe, ist der Gedanke an mein leeres, kaltes Bett nicht
gerade verlockend.“

Brandi war unschlüssig. „Bin ich dir nicht zu schwer?“, fragte

sie.

„Liebling, du bist leicht wie eine Decke.“

„Vielleicht bekomme ich wieder einen Albtraum.“

Genau das war einer der Gründe, weswegen er in ihrer Nähe

bleiben wollte. Er würde sein Möglichstes tun, um sie zu
beschützen, auch vor den Dämonen, die sie verfolgten. „Wenn
du wieder einen schrecklichen Traum hast, kannst du dich an
mir festhalten. Du bist dann nicht allein.“

Tränen traten ihr in die Augen, und Sebastian schmiegte ihren

Kopf unter sein Kinn, nahm eine Decke von einem der Sessel
und breitete sie über ihnen aus. Er legte die Beine auf den
Couchtisch und lehnte sich zurück. Brandi bewegte sich einige
Male und erinnerte Sebastian schmerzlich an seine Erregung.
Doch er biss die Zähne zusammen.

„Sebastian?“

„Hm?“

„Gute Nacht.“

Es tat gut, sie so zu halten und ihrem Atem zu lauschen. Er

könnte sich durchaus daran gewöhnen, sich von ihr für den Rest
seines Lebens eine gute Nacht wünschen zu lassen. Er legte
die Wange an ihren Kopf, und ihre Haare kitzelten ihn in der
Nase. „Gute Nacht, Liebes. Schlaf gut.“

Brandi seufzte. „Das werde ich.“

Und wie bereits in der Limousine, schlief sie von einem

Moment zum anderen ein. Sebastian brauchte länger, um sich

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zu entspannen. Er dachte darüber nach, wie er sich bei seinem
ersten sexuellen Abenteuer verhalten hatte. Das war schon sehr
lange her, und er erinnerte sich nicht gern daran, da diese Zeit
voller Armut, Traurigkeit und Verzweiflung gewesen war. Er
hatte seine ersten Erfahrungen viel zu früh gemacht, indem er
versuchte, Trost bei den Frauen in der Nachbarschaft zu finden.
Sie brauchten diese Abwechslung ebenso dringend wie er.

Nach dem Dienst in der Army war er wählerischer geworden,

und es hatte lange Phasen gegeben, in denen er sich mit
Frauen nicht einließ. Meistens hatte er es nicht sonderlich
vermisst, und wenn, dann hatte er rasch weibliche Gesellschaft
gefunden. Stets hatte er die Kontrolle gehabt und war keine
Verpflichtung eingegangen.

Doch jetzt fühlte er sich Brandi verpflichtet. Er wollte der erste

Mann sein, der sie in die Geheimnisse der körperlichen Liebe
einweihte. Ihm blieben noch vier Tage, und er würde das Beste
aus ihnen machen. Gleich morgen früh würde er damit
beginnen. Er musste grinsen, denn sein Plan war ein bisschen
hinterhältig. Brandi musste die Kontrolle haben, und er würde
sie ihr geben. Der Trick bestand darin, ihr das Gefühl zu
vermitteln, dass sie die Zügel in der Hand hielt, wenn sie in
Wahrheit seinem Willen folgte.

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7. KAPITEL

Sebastian trocknete sich ungerührt weiter ab, obwohl er

wusste, dass Brandi wie erstarrt im Türrahmen stand. Unter
normalen Umständen, wenn er mit einer Frau zusammen
gewesen wäre, die er begehrte – und die ihn begehrte –, wäre
er sich seiner Nacktheit gar nicht bewusst gewesen, denn dann
wäre die Frau höchstwahrscheinlich ebenfalls nackt gewesen.

Nicht so Brandi. Sie trug ihr Nachthemd und sah ihn

verschlafen an. Sebastian spürte förmlich ihre neugierigen
Blicke auf seinem Körper, und am liebsten hätte er sie an sich
gedrückt, um die Berührung ihrer Hände zu fühlen. Stattdessen
gab er sich gleichgültig.

Das Wetter passte zu seiner Stimmung – es hatte ihn heute

Morgen mit einem heftigen Gewitter geweckt. Regen klatschte
gegen die Scheiben, und der Himmel war so düster wie am
frühen Abend. Nach einem lauten Donnerschlag hatte
Sebastian sich von Brandi gelöst und war ins Bad gegangen. Er
hatte die Tür während des Duschens absichtlich offen gelassen,
in der Hoffnung, dass Brandi vielleicht vom Rauschen des
Wassers aufwachen würde. Zwar war sie nicht einmal vom
Gewitter aufgewacht, doch hatte sie da auch noch eng an ihn
geschmiegt geschlafen. Außerdem war es kalt, und obwohl er
sie zudeckte, vermutete er, dass die fehlende Wärme sie
wecken würde.

Er wollte, dass sie mit seinen Gewohnheiten als Mann und mit

seinem Körper vertraut wurde. Je mehr sie ihn als Mann und
sich als Frau begriff, desto weniger würde sie in ihm einen
dominanten Gegenpart sehen. Die alltäglichen Dinge wie
rasieren, duschen und essen würden ihn für Brandi allmählich

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von einer potenziellen Bedrohung zu einem ganz normalen
Menschen machen.

Er trocknete sich zu Ende ab, warf sich das Handtuch um die

Schultern und drehte sich grinsend zu Brandi um. Doch ihr Blick
war nicht auf sein Gesicht gerichtet. Er räusperte sich, und sie
zuckte zusammen. „Ist alles in Ordnung, Liebes?“

„Du bist nackt.“

„Tatsächlich? Verdammt, du hast recht.“ Er machte ein

verblüfftes Gesicht. „Ich habe mich ausgezogen, um zu duschen.
Das macht man gewöhnlich so.“

„Oh.“ Sie zuckte die Schultern. „Die Tür stand offen.“

„Ich wollte hören, wenn du aufwachst“, erklärte er.

Brandi nickte. „Das Gewitter hat mich geweckt.“

Lange würde eine Reaktion seines Körpers nicht mehr

ausbleiben, wenn sie ihn weiterhin so betrachtete. Er musste
sich irgendwie ablenken, daher ging er ans Waschbecken,
drehte den Warmwasserhahn auf und nahm sein Rasierzeug.

„Was hast du vor?“

Brandis Ton verriet inzwischen die Neugier, auf die er gehofft

hatte. Er wandte sich kurz um und sah, dass sie näher trat. Er
verhielt sich in seiner Nacktheit ganz ungezwungen, und
offenbar versuchte Brandi das auch.

„Ich werde mich rasieren.“ Dann fügte er beiläufig hinzu: „Ich

will dich mit meinen Bartstoppeln nicht kratzen, falls du dich
entschließt, das Küssen und Berühren zu probieren, über das
wir gesprochen haben.“ Sie betrachtete ihn weiterhin
schweigend, und er sprühte sich etwas Rasiercreme in die
Hand. „Hast du je einem Mann beim Rasieren zugesehen?“

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„Nein.“

„Nicht einmal deinem Vater?“

„Mein Dad achtet sehr auf seine Privatsphäre. Außerdem

hatten er und meine Mom jeder ein eigenes Badezimmer.“

Sebastian klappte den Toilettendeckel herunter und sagte:

„Komm und setz dich. Ich habe nichts gegen ein bisschen
Gesellschaft.“

„Ich … also …“ Sie trat von einem Fuß auf den anderen,

knetete ihre Hände und platzte schließlich heraus: „Gut, aber
könntest du noch einen Moment warten? Ich bin gleich wieder
zurück.“

Ehe er darauf etwas erwidern konnte, war sie verschwunden.

Sebastian lachte leise. Natürlich, sie musste erst in ihr
Badezimmer.

Er hoffte nur, dass sie sich nicht umzog. Er mochte ihr weites

Flanellnachthemd mit den winzigen blauen Blumen darauf. Der
viktorianische Stil passte zu ihr. Er wollte auch nicht, dass sie
sich die Haare kämmte oder das Gesicht wusch. Sie gefiel ihm
verschlafen und zerzaust, das machte sie sehr sexy und
verlockend.

Kurze Zeit später kam sie genau so zurück, wie sie gegangen

war. Ihre blauen Augen leuchteten. Sie setzte sich auf den
Toilettensitz. „Fang an.“

Er lachte. „Du willst die Show genießen, wie?“

Sie streckte die Beine aus, schlug sie an den Knöcheln

übereinander und lehnte sich gegen die Kommode. „Du hast es
mir angeboten, und so bald werde ich so etwas sicher nicht
mehr zu sehen bekommen.“

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„Da irrst du dich. Du kannst mir beim Rasieren zusehen, wann

immer du willst. Du musst es mir nur sagen.“ Er verteilte den
Rasierschaum im Gesicht und begann sich zu rasieren. Brandi
sah ihm fasziniert zu. Sie beobachtete ebenso seinen Körper
wie den Vorgang des Rasierens.

Sebastian war fast fertig. Als er mit dem Rasierer ein letztes

Mal über die Wange fuhr, sagte Brandi leise: „Du siehst so hart
aus.“

Er schnitt sich und fluchte, doch als er sich zu ihr umdrehte,

stellte er fest, dass sie seine Hüften betrachtete, wo die Haut
eine Spur heller war. Sie hob die Hand ein Stück und ließ sie
wieder in den Schoß sinken.

Sebastian wischte sich das Gesicht mit einem Handtuch ab

und drehte sich ganz zu Brandi um. Sein Körper reagierte
unwillkürlich auf sie, und da er vollkommen nackt war, ließ sich
das nicht verbergen.

„Du … du bist erregt, nur weil ich dich anschaue?“

Statt ihr zu antworten, ließ er seinen Blick über ihren Körper

schweifen, über die sanfte Wölbung ihrer Brüste, ihren Bauch
und ihre Schenkel. Er nahm sich Zeit, damit sie genau merkte,
wo er sie betrachtete. Sie erschauerte und errötete.

„Du reagierst auch auf mich, wenn ich dich ansehe, Liebes.

Dein Körper zeigt es nur nicht ganz so offensichtlich wie meiner.
Doch ein kluger Mann weiß, woran er es erkennen kann.“ Seine
Stimme war rau. Er streckte die Hand aus und berührte mit dem
Finger ganz sanft eine ihrer hochaufgerichteten Brustspitzen.
Brandi sog scharf die Luft ein, wich jedoch nicht zurück. „Dies
ist ein kleiner Hinweis.“

„Ich mag das.“

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Sie klang eher erstaunt, nicht abweisend. „Gut. Soll ich es noch

einmal tun?“

Sie biss sich auf die Unterlippe und nickte unsicher.

Für die meisten Menschen wäre dies eine bizarre Situation

gewesen – eine Frau im Nachthemd und ein völlig nackter
Mann, der äußerst behutsam ihre Brust berührte. Für Brandi
aber war es ein unglaublicher Fortschritt. Mit zitternder Hand
versuchte Sebastian es erneut und fürchtete gleichzeitig,
irgendetwas falsch zu machen und sie zu verschrecken. Er
wollte sie auf keinen Fall zu rasch zu irgendetwas drängen.

Wieder umspielte er mit dem Finger ihre harte Knospe, strich

mit dem Fingernagel darüber, um sie noch mehr zu reizen, bis
Brandi schwer atmete. „Bitte“, stieß sie keuchend hervor.

Er war so erregt, dass es beinahe körperlich schmerzte. Doch

Brandi war ganz auf ihren eigenen Körper konzentriert. „Ich
werde jetzt beide Brüste streicheln, und es wird dir gefallen,
Liebes. Das verspreche ich. Falls nicht, sag es.“

Er ließ ihr nicht die Gelegenheit, darüber nachzudenken,

sondern hob die andere Hand und umfasste jetzt beide Brüste.
Sie fühlten sich warm und fest an. Brandis Herz pochte heftig.
Sebastian konnte sich nicht erinnern, jemals so erregt gewesen
zu sein. Brandis Unschuld, ihr Vertrauen wirkten zusätzlich
stimulierend. Er wollte, dass sie ihm vertraute, dass sie losließ
und sich ihm ganz hingab.

„Gefällt dir das, Liebes?“, flüsterte er.

„Ja.“

Sie stieß dieses eine Wort lustvoll hervor, und Sebastian

musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht ebenfalls einen
Laut der Begierde von sich zu geben. „Liebling, ich möchte

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etwas anderes probieren. Einverstanden? Sieh mich nicht so
an, ich habe nichts Schlimmes vor. Denk dran, du bist der Boss.
Ich mache dir nur einen Vorschlag.“

Sie zögerte einen Moment, doch dann sagte sie:

„Einverstanden.“ Während er sprach, fuhr er fort, ihre kleinen,
festen Brüste durch den Flanellstoff ihres Nachthemdes zu
liebkosen. „Es gefällt dir, wenn ich dich dort anfasse. Aber ich
glaube, mein Mund würde dir noch besser gefallen.“ Brandi
schüttelte heftig den Kopf.

„Pscht“, versuchte er sie zu beruhigen. „Hör mir zu. Du kannst

dich auf den Toilettendeckel stellen. Wenn du willst, lege ich
sogar meine Hände auf den Rücken. Und wenn es dir
tatsächlich nicht gefällt, kannst du es immer noch sagen.“ Er
spürte, dass sie in Versuchung geriet.

„Aber mein Nachthemd will ich nicht ausziehen.“

„Das musst du auch nicht.“

„Diese Männer, die mich vergewaltigt haben …“ Ihre Stimme

bebte. „Sie sagten, ich sei kein besonderer Anblick, nur Haut
und Knochen. Sie … sie lachten mich aus. Ich weiß, dass ich zu
dünn bin. Shay neckt mich immer, dass ich ein paar Pfund
zulegen müsste. Meine Mutter meinte, ich komme ganz nach ihr
und würde erst rundlicher, sobald ich Kinder habe. Aber da ich
nie daran gedacht habe, Kinder zu bekommen, werde ich wohl
immer zu dünn bleiben.“

Wut stieg in Sebastian auf über alle, die Brandi ihr

Selbstwertgefühl genommen hatten. Sogar ihre eigene Familie
hatte zu ihrer Unsicherheit beigetragen. Begriffen sie denn nicht,
dass sie sie mit ihren achtlosen Bemerkungen verletzten? Shay
wäre sicher niedergeschlagen, wenn sie ihre Rolle dabei

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erführe. Er sollte es ihr trotzdem sagen. Natürlich liebte sie
Brandi und wollte nur das Beste für sie, Shay verletzte
niemanden absichtlich, besonders nicht die Menschen, die sie
liebte.

Sebastians Augen brannten, und in seinem Kopf hämmerte es

heftig. Offenbar sah er so zornig aus, wie er sich fühlte, denn
Brandi stand auf und lief schnell zur Tür. Er drehte sich nicht um
und unternahm keinen Versuch, sie aufzuhalten. Er würde jetzt
ohnehin keine vernünftigen Worte hervorbringen, sondern
musste sich erst einmal sammeln, bevor er ihr einige Dinge
erklären konnte.

„Sebastian?“

Ohne dass er es wollte, ballte er die Fäuste und sagte

grimmig: „Diese Idioten! Alle!“

Betretenes Schweigen folgte. Sebastian drehte sich um.

Brandi stand noch immer dort, mit wachsamer Miene, und
dachte offenbar über seine Worte nach. „Sieh mich an“, forderte
er sie auf. „Glaubst du etwa, ich würde eine Frau so sehr
begehren, wenn sie nicht unglaublich sexy wäre?“

„Du findest nicht, dass ich zu dünn bin?“

Mit zwei Schritten war er bei ihr. „Du kannst in diesem Urlaub

machen, was du willst, Liebes. Du kannst von mir verlangen,
dass ich still bin, dass ich verschwinde oder auf dem Kopf
stehe, wenn es dich glücklich macht. Aber du darfst nichts von
dem glauben, was diese Idioten dir gesagt haben. Du bist von
Natur aus zierlich, das ist alles. Außerdem bist du die
erotischste Frau, die mir je begegnet ist. Und glaub mir, ich
erkenne eine schöne Frau, wenn ich sie sehe.“

„Findest du mich wirklich schön?“

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„Ja!“, rief er.

Brandi zuckte kurz zusammen, lächelte aber gleich darauf. Sie

betrachtete noch einmal eingehend seinen Körper und meinte:
„Ich werde mich jetzt besser anziehen.“

Er hatte ganz vergessen, dass er nackt war. Sebastian nickte,

obwohl er absolut nicht wollte, dass sie sich anzog. „Das ist
wahrscheinlich keine schlechte Idee.“

„Vielleicht solltest du dich auch besser anziehen.“

Ihr Ton war neckend. Sebastian kniff die Augen zusammen.

„Was ist los? Willst du etwa nicht, dass ich hier nackt
umherstolziere?“ Er stöhnte. „Schon gut, vergiss es.“ Er ging an
ihr vorbei in den Flur und fühlte ihre Blicke im Rücken. Diese
Reise würde sich noch als die anstrengendste erweisen, die er
je gemacht hatte.

Dann erinnerte er sich an Brandis Gesichtsausdruck, als er

ihre Brüste und die harten Knospen liebkost hatte. Es würde
nicht mehr lange dauern. Daran musste er fest glauben, sonst
würde er verrückt werden. Schon bald würde sie ganz ihm
gehören. Schon sehr bald.

Erstaunlich, wie ein paar Worte oder eine simple Gelegenheit

alles verändern konnten. Brandi verließ viel selbstbewusster ihr
Schlafzimmer. Sie war sich über ihre Absichten im Klaren und
hatte das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben. Sie trug den
langen Jeansrock zum Aufknöpfen von gestern, flache Schuhe
und eine leichte Baumwollbluse. Mit gekämmten Haaren und
gewaschenem Gesicht war sie bereit, Sebastian erneut
gegenüberzutreten.

Er stand vor dem Wohnzimmerfenster und sah hinaus in das

Unwetter. Er trug Jeans und ein weißes T-Shirt. Seine Füße

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waren nackt. Die feuchten Haare hatte er nur flüchtig mit den
Fingern gekämmt. Brandi gefiel sein Anblick. Sie mochte ihn.
Er hatte ein Feuer im Kamin gemacht, das die Kühle vertrieb.
Sie fand es wunderbar, an diesem verregneten Tag mit ihm
allein zu sein, drinnen im Warmen, weit weg vom Rest der Welt.

Brandi trat hinter ihn, und als er sich umdrehen wollte, legte sie

die Hände auf seinen muskulösen Rücken. „Warte“, sagte sie.
Er gehorchte. Das Gefühl der Macht war aufregend. Sie ließ die
Hände über seine breiten Schultern gleiten. Trotz seiner Größe
und Kraft war er ein sanfter, sinnlicher Mann. Und er fand sie
schön. „Ich möchte dir ein paar Dinge sagen, Sebastian, und es
fällt mir leichter, wenn du mich dabei nicht anschaust.“

Er entspannte sich und schob die Hände in die Hosentaschen.

„Ich bin ganz Ohr.“

Sie holte tief Luft. „Was du heute Morgen im Badezimmer für

mich getan hast, hat mir sehr gefallen. Dafür möchte ich dir
danken.“

Er drehte ihr den Kopf ein wenig zu, nahm sich aber gleich

wieder zusammen und schaute aus dem Fenster. „Es war mir
ein Vergnügen. Wir können es wiederholen, wann immer du
willst. Lass es mich nur wissen.“

„Das beabsichtige ich auch, aber dazu kommen wir gleich.“ Er

gab einen Laut des Erstaunens von sich, und Brandi musste
lächeln. „Ich komme mir ein bisschen dumm vor, also hab
Nachsicht mit mir. Und unterbrich mich nicht“, fügte sie hinzu, da
er genau das tun wollte. „Ich habe viel über alles nachgedacht.
Und da du mich davon überzeugt hast, dass du mich wirklich
begehrst, habe ich beschlossen, das Beste aus diesem Urlaub
zu machen. Mir ist es noch nie so leichtgefallen, mit jemandem

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zu reden. Bei dir fühle ich mich endlich wieder frei.“

„Das freut mich.“

Sie hörte die Zärtlichkeit in seiner Stimme, schlang von hinten

die Arme um ihn und schmiegte die Wange an seine Schulter.
Er war so warm und fühlte sich so gut an. Sie liebte seinen Duft.
Ohne nachzudenken, biss sie ihn sanft. Er sog scharf die Luft
ein, rührte sich aber nicht. „Würdest du mir zuliebe bitte dein T-
Shirt ausziehen?“

Er gehorchte, streifte es sich rasch über den Kopf und warf es

zu Boden. Er unternahm keinen Versuch, sich zu Brandi
umzudrehen, doch jeder einzelne Muskel seines Körpers trat
deutlich hervor.

„Da es regnet, können wir heute nicht ausgehen. Das will ich

ohnehin nicht. Ich will lieber hierbleiben, mich mit deinem
wundervollen Körper vertraut machen und die Gefühle genießen,
die du in mir weckst.“

„Ist dir eigentlich bewusst, dass du mich um den Verstand

bringst, Liebes?“

Sie lachte leise und fühlte sich ermutigt. „Das bedeutet, dass

du erregt bist. Das freut mich.“ Sie begann von Neuem, ihn zu
berühren, seine warme, seidige Haut, die festen Muskeln auf
seinen Schultern und seinem Rücken. „Ich möchte alles tun,
Sebastian, aber ich fürchte, das kann ich nicht. Zumindest noch
nicht. Aber was du gesagt hast, wegen des Bettes …“

Einen Moment lang herrschte Stille. Dann schluckte er hart und

fragte: „Du willst mich fesseln?“

Brandi ließ die Hände über seinen flachen Bauch gleiten. „Ja“,

hauchte sie. „Das möchte ich gern. Gleich. Jetzt genieße ich
erst, dich zu streicheln, ohne dass du mich ansiehst. Ich kann

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jeden Zentimeter deines Körpers sehen, doch es macht mich
nicht verlegen, weil du mir den Rücken zugedreht hast. Ich kann
nicht im Dunkeln mit dir zusammen sein“, fuhr sie fort. „Es macht
mir Angst. Es fällt mir nicht schwer, es jetzt zuzugeben. Als die
Männer mich vergewaltigten, war es stockfinster. Ich brauchte
lange, um mich an die Dunkelheit zu gewöhnen, und die Panik
machte es nur noch schwieriger. Sie schienen überall
gleichzeitig zu sein und nach mir zu greifen.“

„Liebes, nicht.“

Aber er meinte damit nicht ihre Worte. Denn er wusste, dass

es leichter für sie wurde, wenn sie darüber sprach. Brandi fragte
sich, ob jemand so aufmerksam wie er gewesen wäre und ihr
so zugehört hätte, wenn sie ihr Leben schon früher wieder
aufgenommen hätte.

Es waren nicht die Worte, sondern ihre Berührung, gegen die

Sebastian protestierte. Brandi hatte ihre Hand in seine Jeans
geschoben, sodass sie den Beweis seiner Erregung spürte.
Und während sie sprach, streichelte sie ihn. Offenbar fühlte
Sebastian sich bei dieser Kombination nicht ganz wohl.

„Ich habe die Kontrolle. Schon vergessen? Ich will dich

streicheln, während ich mit dir rede, weil alles andere mir
unwirklich und unwichtig vorkommt, wenn ich dich fühle und
Zentimeter für Zentimeter kennenlerne. Ich weiß, es ist
merkwürdig. Aber diese Sache habe ich immer nur mit
Schmerz und Angst in Verbindung gebracht. Deinen Körper zu
berühren und kennenzulernen ist jedoch aufregend.“

Er warf den Kopf zurück und versuchte, sich zu entspannen.

Brandi trat näher, bis ihre Oberschenkel seine berührten. „Leg
deine Hände hinter den Kopf“, befahl sie. „Ich will dich überall

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anfassen.“

Er stöhnte leise auf, tat aber, was sie verlangte.

„Du bist ein wunderschöner Mann, Sebastian. So groß und hart

und muskulös.“ Sie umfasste seinen Po, ließ die Hände über
seine Oberschenkel gleiten und erneut vorn unter den Bund
seiner Jeans. „Weißt du, was ich gern tun würde?“

„Sag es mir.“

„Dir Lust bereiten.“

„Das tust du, Liebes, das tust du.“

„Nein, ich meine vollkommene Lust.“ Jetzt wurde es

schwieriger, denn sie musste ihn zu sich umdrehen. Zuvor
jedoch knöpfte sie seine Jeans auf und zog den Reißverschluss
herunter.

„Brandi…“

Sein Ton war warnend, doch sie ignorierte es. „Sag mir, falls

ich dir wehtue.“ Sie spürte ihn hart durch seinen Slip hindurch.
Dann schob sie die Hand unter den Gummizug des Slips und
umfasste ihn. „Du fühlst dich an wie heißer Samt, nur so
lebendig und fest.“

Er war von Kopf bis Fuß angespannt, und mit den Händen

hinter seinem Kopf stieß er die Ellbogen vor, als müsste er sich
gegen unsichtbare Fesseln wehren.

Brandi schloss die Augen und genoss es, ihn zu fühlen. Mit

ihren Fingern erforschte sie ihn, während sie sich an seinen
Rücken schmiegte.

„Brandi, lange halte ich es nicht mehr aus.“

Angesichts seines Verlangens schwand jegliche Verlegenheit.

Ihn nicht anzuschauen hatte es ihr leichter gemacht. Doch jetzt

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wollte sie ihm in die Augen sehen, um seine Reaktion zu
erleben.

Sie stellte sich vor ihn und betrachtete ihn dort, wo sie ihn

berührte, ehe sie den Mut fasste, zu ihm aufzusehen. Sebastian
legte seine Wange an ihre, behielt die Arme jedoch weiter
hinter dem Nacken. „Ich will dich berühren, Brandi, bitte …“

„Das möchte ich auch, wirklich.“ Sie barg ihr Gesicht an seiner

Brust.

„Du hast gesagt, du willst mir Lust bereiten. Das würde es

ganz sicher. Ich würde alles tun, um dich jetzt anfassen zu
dürfen.“

„Ich habe große Angst davor, dich und mich zu enttäuschen“,

flüsterte sie.

„Das wird nicht geschehen, das verspreche ich dir. Vertrau

mir.“

Das tat sie, doch um Vertrauen ging es nicht. Noch fühlte sie

sich sicher, weil er ihre Wünsche respektierte. Was aber würde
geschehen, wenn alle Schranken fielen? Ihre Ängste waren
stärker als alle anderen Überlegungen, sosehr sie es sich auch
anders wünschte.

Langsam, um sie nicht zu erschrecken, ließ Sebastian die

Arme sinken und hielt ihre Handgelenke fest. „Ja?“

Brandi nickte.

„Dann werde ich dich jetzt küssen.“

Brandi erwartete keinen zurückhaltenden Kuss, sonst hätte er

sie nicht gewarnt. Doch sie wollte es jetzt auch nicht mehr sanft
und zurückhaltend. Sie wollte seine Begierde fühlen, sein
ganzes Verlangen. Sie hoffte nur, dass sie akzeptieren konnte,

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was er ihr gab. Sie richtete sich entschlossen auf und erklärte:
„Ich werde den Kuss erwidern.“

Sebastian grinste und küsste sie. In dem Durcheinander der

Gefühle war kein Platz mehr für Angst. Seine Lippen waren heiß
und fordernd, seine Zunge lockte und neckte sie. Er knabberte
zärtlich an ihrer Unterlippe, ohne zu fordernd zu werden, damit
Brandi sich nicht bedroht fühlte. Und seine Hände hielt er
ebenfalls unter Kontrolle.

Als sie sich eng an ihn presste und die Arme um seinen

Nacken schlang, wich er ein Stück zurück und sagte: „Komm mit
in die Küche.“

Brandi

lachte

nervös.

„Meinst

du

nicht

eher

das

Schlafzimmer?“

„Nein. Das Schlafzimmer erscheint mir schon zu eindeutig,

obwohl wir dort sicher auch landen werden. Ich möchte
unbedingt mit dir schlafen, aber ich beginne es lieber sicher. Es
bedeutet mir viel zu viel, um es zu verderben.“

„Und die Küche ist sicher?“

Er nickte. „Kommst du mit? Wirst du mir vertrauen?“

Ihr blieb gar keine andere Wahl. Sie wollte ihn, und die

Vorstellung, jetzt aufzuhören, war äußerst unbefriedigend. Zwar
war die Angst noch immer da, aber sie war nicht so stark wie
ihre Lust. „Na schön“, erwiderte sie.

Sebastian nahm ihre Hand und führte sie hinaus. In der Küche

ging er zu dem kleinen runden Tisch und zog einen Stuhl heran.
Brandi wollte sich setzen, doch er hielt sie auf. „Der Stuhl ist für
mich.“ Er hob sie auf die Tischkante, sodass sie ihm
gegenübersaß. „Ich will dich dort haben.“

Brandi errötete. Ihre erhöhte Position auf dem Tisch war von

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ihm sicher beabsichtigt. Dadurch, dass er auf dem Stuhl saß,
befand er sich aber auch zwischen ihren Beinen, die von ihrem
Rock bedeckt waren. Sebastians Hände ruhten auf ihren
Oberschenkeln, seine Augen waren in Höhe ihrer Brüste. Er
genoss, was er sah. „Ist das in Ordnung so?“

Brandi nickte und war sich plötzlich der Tatsache bewusst,

dass sie keinen BH trug. Sie fühlte bereits, wie ihre Brustspitzen
sich unter der Bluse aufrichteten.

„Wenn du es nicht magst, sag es mir.“ Und damit beugte er

sich vor und saugte durch den Stoff hindurch an einer harten
Knospe.

Scharf sog sie die Luft ein. Doch aufgrund ihrer Position fühlte

sie sich nicht im Mindesten bedroht. Sie schob die Finger in
seine seidig-weichen Haare und gab sich ganz dem
wundervollen Gefühl hin, das sein Mund in ihr hervorrief. Selbst
durch den Baumwollstoff hindurch war seine Liebkosung eine
süße Qual.

Er wandte sich der anderen Brust zu, während er die erste mit

der Hand weitermassierte. Diese sinnliche Attacke war
überwältigend, und instinktiv lehnte Brandi sich zurück, um ihm
besseren Zugang zu gewähren.

Sebastian stützte ihren Rücken und richtete sie wieder auf.

„Ganz ruhig, Liebes.“

Sie krallte die Finger in seine Haare und hatte keine Ahnung,

was sie wollte, nur dass sie irgendetwas verzweifelt brauchte.
Er stand auf, hielt jedoch Abstand zwischen ihnen.

„Wir werden deinen Rock ein wenig aufknöpfen, ja?“

Genau diese Möglichkeit hatte ihr bei der Entscheidung für

den Jeansrock vorgeschwebt. Er reichte ihr fast bis zu den

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Knöcheln, doch ihre Beine darunter waren nackt. Sie hatte ihn
angezogen und sich Sebastians forschende Hände darunter
vorgestellt. Und jetzt würde ihre Fantasie Wirklichkeit werden.
Brandi streifte ihre Schuhe ab und nickte.

Sebastian besaß die Fähigkeit, Dinge auf ganz natürliche und

selbstverständliche Art zu tun. Seine Blicke waren nicht
anzüglich, und er fasste sie nicht gleich an. Er öffnete einfach
den untersten Knopf am Saum und wartete, um ihr Gelegenheit
zum Rückzug zu geben.

Da Brandi sich nicht sträubte, nahm er sich nach einem kurzen

Moment den nächsten Knopf vor. Seine ganze Aufmerksamkeit
war auf das gerichtet, was er tat, sodass Brandi ihn offen
beobachten konnte. Dies war also Verlangen. Niemals hätte sie
geglaubt, dass es so stark und überwältigend sein könnte.
Ungeduld erfasste sie, denn es kam ihr wie eine Ewigkeit vor,
bis der Rock ganz aufgeknöpft war. Sebastian teilte ihn und
betrachtete ihre Beine, die rechts und links von seinen Hüften
lagen. Er setzte sich wieder, und sie musste die Beine ein
wenig mehr spreizen, damit sein Oberkörper dazwischen Platz
hatte. Brandi wusste, dass er ihren schlichten Baumwollslip
sehen konnte. Kurz spannten sich seine Finger auf ihren
Schenkeln an, ehe sein Griff wieder locker wurde.

Doch seine Miene war keineswegs entspannt. In seinen Augen

las Brandi unverhüllte Begierde. „Ich will sicher sein, dass du es
genießt“, flüsterte er.

„Das tue ich.“ Sie schluckte, und weil sie es nicht länger

aushalten konnte, sagte sie: „Bitte schlaf mit mir, Sebastian.“

Seine Miene wurde noch angespannter, doch er schüttelte den

Kopf. „Noch nicht.“ Nach einigen Sekunden fragte er: „Weißt du,

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wie du dein eigenes Verlangen richtig einschätzt? Was mit
deinem Körper geschieht, wenn du erregt bist?“

„Ich weiß nur, dass ich dich will. Jetzt“, erwiderte sie.

„Aber das ist möglicherweise nicht genug.“ Er streichelte ihre

Schenkel. „Ich will dir nicht wehtun, Liebes.“

„Das wirst du nicht. Sebastian, bitte.“

Er schob die Hände weiter hinauf, an der Innenseite ihrer

Schenkel, bis er ihren Slip erreichte. Durch den Stoff hindurch
liebkoste er sie. „Ja, du bist bereit für mich.“

Instinktiv wollte Brandi die Beine zusammenpressen, doch er

hinderte sie daran. Sebastian schob eine Hand unter den Saum
ihres Slips und drang behutsam mit einem Finger in sie ein.

Brandi schrie auf und warf den Kopf zurück. Sie wollte sich

rückwärts auf den Tisch sinken lassen, aber auch diesmal hielt
Sebastian sie auf.

„Du fühlst dich so gut an, so heiß und feucht“, flüsterte er und

fuhr mit seinen Liebkosungen fort. Gleichzeitig beugte er sich
über sie und saugte an einer ihrer harten Knospen. Es war
überwältigend, und Brandi fühlte, wie ihr die Tränen über die
Wangen liefen. Sie schmeckte sie in ihrem Mundwinkel. Sie
hob sich ihm rhythmisch entgegen, und obwohl es ihr peinlich
war, konnte sie nicht aufhören. Sie war sich selbst fremd, alles
kam ihr neu vor. Brandi stöhnte auf.

„Ja, Liebes“, ermutigte er sie mit sanfter Stimme und

streichelte ihren empfindsamsten Punkt. „Komm, so ist es gut.
Jetzt bist du mein, ganz und gar.“

Brandi näherte sich dem Höhepunkt und hörte Sebastians

Worte nur wie durch einen Nebel hindurch. Um sie herum schien
alles zu explodieren. Selbst hinterher, als ihr Herzschlag sich

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wieder beruhigte, bekam sie nicht die Chance, über seine
besitzergreifenden Worte nachzudenken.

Denn Sebastian fegte jeglichen zusammenhängenden

Gedanken fort, indem er sich lächelnd zurücklehnte und fragte:
„Möchtest du mich jetzt fesseln?“

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8. KAPITEL

Die stärker werdenden Schmerzen in seinen Armen konnte

Sebastian nicht länger ignorieren, obwohl er Brandi nur äußerst
ungern störte. Sie schlief tief und fest an seiner Brust, ein Bein
über seine Hüfte gelegt, und ihr Atem streifte seine rechte
Brustwarze.

Er lächelte bei der Erinnerung daran, wie begeistert Brandi

mitgemacht hatte, nachdem sie ihn ans Bett gefesselt hatte. All
ihre Hemmungen war verschwunden, und sie hatte ihn mit ihrer
Neugier gründlich gequält. Jetzt wusste sie, wie er reagierte,
und er hatte keine Geheimnisse mehr vor ihr. Selbst das heikle
Thema, wie man mit einem Kondom umgeht, hatte sie nicht
lange aufgehalten. Er hatte ihr die nötigen Instruktionen
gegeben, und sie hatte sie befolgt.

Sie hatte mit ihm geschlafen, und es war unvergleichlich

gewesen, etwas, was er nie zuvor erlebt hatte. Denn sie lernte
nicht nur seinen Körper kennen, sondern auch ihren eigenen.
Und er hatte die Gelegenheit gehabt, jede ihrer Reaktionen von
ihrem Gesicht abzulesen. Erstaunen und Erregung hatte er darin
ebenso gesehen wie Scheu und Zurückhaltung.

So sehr er es auch genossen hatte, er wünschte, sie hätte

nicht vergessen, ihn loszubinden, bevor sie eingeschlafen war.
Wieder einmal war sie von einem Moment zum anderen in
tiefen Schlaf gefallen, diesmal ohne Albträume. Sebastian war
es sogar gelungen, hier und dort für einige Minuten zu dösen.
Doch jetzt taten ihm die Arme weh, und er hatte Hunger.
Außerdem fror er, da es kühl geworden war, seit das Feuer
ausgegangen war und der Regen aufgehört hatte.

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Er hob den Kopf, um Brandi zu betrachten. Im Licht des späten

Nachmittags, das durch die Fenster hereinfiel, sah sie
wundervoll aus. Sie trug noch ihre Bluse, doch der Rock und ihr
Slip waren fort. Sie hatte einen anmutigen Rücken, und der
Anblick ihres Pos hatte ihn immer wieder aufs Neue erregt. Er
hatte sich danach gesehnt, ihn zu liebkosen, doch durch seinen
eigenen Vorschlag war er bewegungslos geworden. Eine
solche Erfahrung wollte er mit keiner anderen Frau wiederholen
– mit Brandi dagegen sofort. Natürlich erst, nachdem er etwas
gegessen hatte und das Blut wieder durch seine Arme
zirkulierte.

Sebastian wollte gerade ihren Namen sagen, in der Hoffnung,

sie dadurch sanft zu wecken, als es laut an der Tür klopfte.
Panik erfasste ihn. „Brandi? Komm, Liebes, wach auf.“

Sie rührte sich verschlafen. „Hm?“

Sebastian bewegte die Hüften, um Brandi zum Aufstehen zu

bewegen. „Verdammt, Brandi, wach auf! Da ist jemand an der
Tür!“ Sie schaute sich benommen um. „Jemand ist an der Tür?“

„Binde mich los“, drängte Sebastian.

Statt auf seine Bitte einzugehen, setzte sie sich auf und

schwang die Beine aus dem Bett. Dann schnappte sie sich
ihren Rock und begann sich anzuziehen.

„Brandi? Bitte mach mich los!“

„Gleich. Ich will erst sehen, wer da an der Tür ist.“

„Nein!“ Sie verschwand trotzdem aus dem Schlafzimmer.

„Brandi!“

Sie erschien noch einmal im Türrahmen. „Pst“, sagte sie, dann

war sie weg.

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Die Tür wurde geöffnet, und Sebastian hörte leise Stimmen,

ohne verstehen zu können, was geredet wurde. Es kam ihm vor
wie eine Ewigkeit, bis Brandi zurückkam. Sie hielt einen Zettel
in der Hand,

„Es war jemand von der Rezeption. Shay versucht mich zu

erreichen. Nach den Worten der Rezeptionistin zu urteilen,
macht sie sie bereits alle verrückt. Es gefällt ihr ganz und gar
nicht, dass wir kein Telefon haben.“

Er zerrte an seinen Fesseln. „Ich will kein verdammtes

Telefon.“

„Ich auch nicht. Trotzdem sollte ich zurückrufen. Sonst taucht

sie hier noch auf, um sicherzugehen, dass alles in Ordnung ist.
Du weißt ja, wie sie ist.“

„Lass dir ja nicht einfallen, an die Rezeption zu gehen, ohne

mich vorher loszubinden.“

„Oh.“ Sie errötete. „Natürlich nicht.“ Sie betrachtete seinen

nackten Körper, machte jedoch keine Anstalten, ihn von seinen
Fesseln zu befreien. „Brandi?“

„Hm?“

„Ich habe jede Sekunde in diesem Bett mit dir genossen, aber

jetzt sind meine Arme taub!“

„Oh!“ Sie rutschte zum Kopfteil des Bettes und setzte sich

neben Sebastians Brust. Die Matratze sank ein, und er rollte
leicht in ihre Richtung. Er atmete ihren Duft ein und wunderte
sich aufs Neue über die Wirkung, die diese Frau auf ihn hatte.
Es gefiel ihm und machte ihm gleichzeitig Angst.

Endlich hatte sie seine rechte Hand befreit, und er ließ den

Arm so auf ihren Oberschenkel sinken, dass er um ihre Taille
lag. Sie beugte sich über ihn, um den zweiten Knoten zu lösen,

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und ihre kleinen, wundervollen Brüste waren nur noch wenige
Zentimeter von seiner Nase entfernt. Er hatte an diesen Fesseln
gerüttelt, um sich von seinem Verlangen, sie in den Armen zu
halten, abzulenken. Brandi war über ihm gewesen, auf ihm, ihr
Gesicht angespannt vor Lust, während sie sich auf den
Höhepunkt zubewegte, und Sebastian hatte ihr weder helfen
noch sie berühren können. Sie hilflos zu beobachten war eine
besonders raffinierte Art des Vorspiels gewesen.

Die Erinnerung daran erregte ihn erneut. Zum Glück bemerkte

sie es nicht, denn das hätte womöglich ihre Fortschritte
zunichtegemacht. Wieso er schon wieder Lust haben konnte,
begriff er allerdings selbst nicht. Er war schon immer ein
sinnlicher Mann mit großem sexuellen Appetit gewesen, aber
nicht unersättlich. Andererseits hatte er bisher auch niemanden
wie Brandi gekannt. Wahrscheinlich waren die Knoten durch
sein Zerren noch fester geworden. „Ich hab’s gleich“, versprach
Brandi.

Sebastian grinste über ihren besorgten Ton. Nachdem der

Knoten gelöst war, lehnte Brandi sich zurück und lächelte ihn an.
„Komm her“, flüsterte Sebastian.

Ohne darüber nachzudenken, beugte sie sich herunter und

küsste ihn. Sebastian wusste, dass ihr die Bedeutung dieses
Kusses nicht klar war. Sie lagen zusammen in einem Bett, in
dem er sich frei bewegen konnte, und sie war trotzdem zu ihm
gekommen. Er hatte vorher noch nie erotische Spiele gespielt,
aber er musste zugeben, dass es ihm mit Brandi gefiel. Er teilte
die Lippen und versuchte, den Kuss zu vertiefen.

Sie richtete sich auf. „Oh nein, ich habe dich nicht

losgebunden, um dich gleich wieder zu fesseln. Ich muss zur

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Rezeption und herausfinden, was Shay von mir will.“ Sie strich
mit der Hand über seine Brust. „Willst du nicht mitkommen?“

Er beugte langsam die Arme und seufzte. „Ja, ich komme mit.

Wartest du, bis ich geduscht habe?“

„Natürlich. Ich muss mich auch erst zurechtmachen.“

Er hatte gehofft, dass sie ihm anbieten würde, mit ihm

gemeinsam zu duschen. Stattdessen wirkte sie wieder scheu.
Er setzte sich auf, bewegte die Schultern und kam ihr bewusst
näher, um zu testen, wie viel Spielraum sie ihm nach ihrem
Liebesspiel ließ. Offenbar nicht viel. Brandi sprang auf, die
Hände an ihrem Rock. Sie wollte zur Tür, und ihr Lächeln war
nicht mehr ganz so überzeugend. Sebastian hielt ihre Hand fest.
„Warum ziehst du dich nicht um, und dann suchen wir uns ein
nettes Restaurant zum Abendessen? Vielleicht mit ein bisschen
Tanz.“

Brandis Nervosität verschwand, wie er es beabsichtigt hatte.

„Abendessen und Tanz? Willst du mich in einen Nachtclub
ausführen?“

„Warum nicht?“ Der Vorschlag war ihm selbst ein wenig

unangenehm, wenn er daran dachte, Zeit mit Fremden zu
verbringen, die er vielleicht nicht mochte. Aber er wollte, dass
Brandi glücklich war und nicht darüber grübelte, was sie heute
getan hatten. Jedenfalls nicht, bis sie wieder zu Bett gingen. Er
hoffte sehr, dann nicht nur Sex mit ihr zu haben, sondern sie die
ganze Nacht in den Armen zu halten und eng an sie geschmiegt
aufzuwachen.

Während des Liebesspiels hatte er gesagt, dass sie jetzt ihm

gehöre. Sie hatte diese Worte nicht verstanden und daher nicht
darauf reagiert. Zum Glück, denn es war ein taktischer Fehler

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gewesen, sie mit diesem besitzergreifenden Ausruf zu einer
Gefühlsnähe zu drängen, die sie noch nicht empfand.

Brandi wirkte verwirrt. „Tanzt du gern?“

Er zuckte die Achseln. „Ich würde gern mit dir tanzen.“

Sie trat auf ihn zu und umarmte ihn. Sebastian war so erstaunt,

dass er einen Moment brauchte, um diese Zärtlichkeit zu
erwidern. Er küsste sie auf die Stirn und fragte: „Ist das ein Ja
oder ein Nein?“

„Ich kann nicht tanzen.“

Erneut überkam ihn ein Gefühl tiefer Zärtlichkeit für sie.

Natürlich hatte sie kaum Gelegenheit gehabt zu tanzen. Sie
hatte als Teenager im Schatten ihrer Schwester Shay
gestanden und sich seit ihrer Vergewaltigung völlig von
Männern ferngehalten. Wahrscheinlich gab es viele Dinge, die
sie noch nicht getan hatte, und plötzlich wollte er sie alle mit ihr
nachholen.

„Dann müssen wir auf jeden Fall gehen. Vertrau mir, du bist

bestimmt ein Naturtalent.“ Er küsste sie noch einmal und atmete
den Duft ihrer Haare ein. Er liebte ihre weichen, wilden Locken,
die tief dunkle Farbe ihrer Haare. Er umrahmte ihr Gesicht mit
den Händen und küsste sie zärtlich. „Heute Abend stellen wir
die Stadt auf den Kopf, also zieh dich sexy an.“

Brandi lachte. „Solche Kleidung besitze ich nicht, das weißt

du.“

„Dann muss ich dir eben etwas kaufen.“ Sie hatte so viele

Geschenke gekauft, aber nichts für sich selbst. Sie hatte nur an
die Kinder im Frauenhaus gedacht, und diese Selbstlosigkeit
rührte ihn. Nach allem, was sie in ihrem Leben hatte
durchmachen müssen, war da immer noch Platz für die Sorge

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um andere. Ihre aufopfernde, fürsorgliche Art machte es leicht,
sich in sie zu verlieben. Dieser Gedanke ängstigte ihn nicht, im
Gegenteil, er gefiel ihm sehr gut. Er würde ihr ein so schickes
Kleid aussuchen, wie sie es noch nie besessen hatte.

„Sebastian, ich glaube nicht …“

Er unterbrach sie, da er keine Gegenargumente hören wollte.

Noch nie hatte die Aussicht Geld auszugeben ihm so viel
Freude gemacht. „Wir haben noch viel zu erledigen, sobald du
Shay angerufen hast. Zuerst müssen wir einkaufen, dann essen
und dann tanzen.“ Er drehte sie um, ehe sie protestieren konnte,
und gab ihr einen Klaps auf den Po. „Beeil dich, ich sterbe vor
Hunger.“

Sebastian wartete ungeduldig, während Brandi zum

wiederholten Mal beteuerte, dass alles in Ordnung sei. Sie
telefonierte schon seit fünf Minuten, und nach allem, was
Sebastian Brandis Worten entnehmen konnte, verlangte Shay
einen ausführlichen Bericht über die bisherigen Ereignisse. Sie
wollte sichergehen, dass es kein Fehler gewesen war, Brandi
mit einem Mann fortzuschicken.

Das brachte Sebastian auf die Palme. Schließlich war er nicht

irgendein Mann. Shay wusste genau, wie sensibel er im
Umgang mit Frauen war, und sie vertraute ihm in vielen
Situationen bei den Frauenhäusern. Warum also musste sie
Brandi einem Verhör unterziehen?

„Ich schwöre dir, Shay, ich amüsiere mich. Ehrlich.“ Brandi warf

Sebastian einen entschuldigenden und leicht verlegenen Blick
zu. „Nein, so ist es nicht. Er ist … nun …“

Sebastian hielt es nicht länger aus und nahm Brandi den Hörer

aus der Hand. Sie schnappte danach, doch er hielt ihn

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außerhalb ihrer Reichweite. Als er den Hörer ans Ohr presste,
Brandis Proteste ignorierend, hörte er Shay sagen: „Denk dran,
er ist ein Mann. Und ob es dir bewusst ist oder nicht, du bist
eine sehr attraktive Frau. Erwarte nicht, dass er sich den
ganzen Urlaub über von dir fernhält.“

Sebastian verdrehte die Augen und war verärgert und

deprimiert zugleich. „Sie ist nicht nur attraktiv, sondern
wunderschön und außerdem verdammt sexy. Sie wird schon
allein mit einem Mann fertig, sogar mit mir.“

Einen Moment lang herrschte Schweigen in der Leitung.

„Sebastian?“

„Shay“, erwiderte er übertrieben freundlich. „Ich, äh, wollte …“

„Du wolltest deine Schwester vor mir warnen? Und das,

nachdem du mich ihr zum Geburtstagsgeschenk gemacht
hast?“

„Ich wollte doch nur sichergehen, dass ich keinen Fehler

begangen habe“, verteidigte sie sich rasch.

Ihr beleidigter Ton stimmte ihn milde. Trotz ihrer Einmischung

meinte sie es ja nur gut. Für sie war es einfach
selbstverständlich, sich verantwortlich zu fühlen und die Dinge in
die Hand zu nehmen. „Sei sicher, es war kein Fehler. Vergiss
nicht, dass du mir vertraust.“

„Ja, ich vertraue dir. Es ist nur …“

„Es ist alles in bester Ordnung, und wir amüsieren uns. Alle

beide.“ Er sah zu Brandi, die rot geworden war. Sie machte ein
Gesicht, als würde sie ihn am liebsten ohrfeigen.

Er grinste. „Ich muss Schluss machen. Brandi kann es kaum

erwarten, mit mir auszugehen.“ Sie holte aus, doch er duckte
sich. Lachend sagte er in den Hörer: „Falls Brandi irgendetwas

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benötigt, meldet sie sich bei dir. Bye!“

„Leg nicht …“ Der Hörer landete auf der Gabel, und Brandis

Miene verfinsterte sich. „… auf.“

„Du brauchst dir ihren Unsinn nicht anzuhören.“ Oder dich vor

mir warnen zu lassen, fügte er im Stillen hinzu. „Ebenso wenig
wie du ihren Rat nötig hast. Ich finde, wir kommen auch allein
ganz gut zurecht.“

Sie funkelte ihn wütend an, doch da er es mit einem Grinsen

erwiderte, entspannte sich ihre Miene, und sie warf die Arme in
die Luft. „Na schön, ich gebe auf. Ich kann sowieso nicht wütend
bleiben, wenn ich insgeheim froh bin, nicht mehr mit ihr
telefonieren zu müssen. Aber mach das nicht noch einmal.“

Damit sie nicht gleich wieder zornig wurde, versicherte er ihr

schnell: „Ich war ein arroganter Idiot, und es wird nicht wieder
vorkommen.“

Sie schüttelte den Kopf und lächelte. „Soweit würde ich nicht

gehen. Arrogant schon, aber du bist kein Idiot. Allerdings warst
du selbstherrlich.“

„Du siehst verlegen aus.“

„Man kann Shay nur schwer ausweichen, wenn sie einen mit

hartnäckigen Fragen bombardiert.“

„Sag ihr beim nächsten Mal einfach, dass sie sich

heraushalten soll.“ Er berührte ihre Wange. „Besonders wenn es
um dein Liebesleben geht.“

Brandi lachte. „Soll das ein Witz sein? Das käme für Shay dem

Eingeständnis gleich, dass da etwas ist, und sie würde mich
erbarmungslos nach Details ausquetschen. Vor allem, weil ich
bisher nie ein Liebesleben hatte.“

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Sebastian führte sie zum Ausgang. Leise fragte er: „Ist da

denn etwas?“

„Du weißt schon, was ich meine.“

Natürlich wusste er das, aber er wollte mehr darüber erfahren.

Er hatte den Eindruck, dass sie vor allem eine einmalige
Chance nutzte, um mit ihrer Sexualität zu experimentieren,
während seine Gefühle für Brandi immer intensiver wurden.
Aber er hatte sie ja selbst zu diesem Experiment aufgefordert.
Anfangs war es ihm auch genug gewesen. Doch inzwischen
reichte das nicht mehr. Er hatte ihr seinen Körper angeboten,
doch er wollte nicht länger benutzt werden. Er wollte teilhaben,
wollte ihr Vertrauen. Vielleicht sogar für immer.

Brandi hatte noch nie Lust erfahren, daher konnte sie die

einzigartige Chemie zwischen ihnen nicht einschätzen. Es war
Lust, was sie verband. Aber daneben spielten noch so viele
andere, zärtlichere Gefühle eine Rolle. Er wollte ihr beibringen,
die Liebe zu genießen, aber sie sollte dieses Wissen bei
keinem anderen Mann anwenden. Die bloße Vorstellung
machte ihn rasend.

„Sebastian? Stimmt etwas nicht?“

„Nein. Es ist alles in Ordnung.“

„Du siehst so aufgebracht aus.“

Er warf ihr einen Blick zu, während sie hinaus in die

Dämmerung traten. Er atmete tief die regenfeuchte Luft ein und
nahm sich zusammen. „Ich möchte, dass du heute Nacht bei mir
schläfst. Die ganze Nacht.“

Brandi zögerte. „Ich weiß nicht …“

Er legte ihr die Hände auf die Schultern und sah ihr tief in die

Augen. „Nur schlafen, Liebes. Ich möchte dich die ganze Nacht

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in den Armen halten und morgen früh neben dir aufwachen.
Vertrau mir.“

„Ich will dir ja vertrauen, aber es fällt mir nicht leicht“, gestand

sie. „Ich glaube nicht, dass ich dann schlafen kann.“

„Wollen wir es nicht wenigstens versuchen?“

„Weshalb?“

Sie wirkte frustriert. Möglicherweise drängte er sie zu sehr.

Aber ihnen blieben nur noch wenige Tage, einschließlich des
Abreisetages. Und würde sie ihm eine Chance geben, sobald
sie wieder in die Realität zurückgekehrt waren, mit all den
Verpflichtungen gegenüber der Familie und dem Job? Oder
würde sie die Tage mit ihm als angenehme Erfahrungen
verbuchen und versuchen, ihr bisheriges Leben weiterzuführen?
War es überhaupt fair von ihm, mehr zu erwarten? Sie hatte so
wenig Spaß gehabt und nie eine Beziehung zwischen Mann und
Frau kennengelernt. Doch er wollte der Mann sein, der ihr die
Dinge gab, die sie verpasst hatte – das Flirten, die kleinen
Geschenke und neuen Zärtlichkeiten.

Er konnte es. Es reizte ihn, ihr Blumen und Pralinen zu kaufen

und ihr sein Haus zu zeigen. Ob es ihr gefallen würde? Sicher,
es war kein Palast, aber es war solide gebaut und hatte genau
die richtige Größe für ihn. Eine gute Investition.

Er scheute vor diesem vernünftigen Gedanken zurück, weil er

sich dabei wie ein Narr vorkam. Brandi brauchte Freude und
Spaß, keine Vernunft. Und er war entschlossen, ihr das zu
geben.

Die Sonne verscheuchte die letzten Wolken und ließ die nasse

Erde glitzern. Sebastian gab Brandi trotz ihres Widerstandes
einen entschlossenen Kuss.

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„Ich will, dass du bei mir schläfst, weil du so weich und warm

bist und so gut duftest.“ Sie errötete und wandte sich ab.
Sebastian lachte leise. „Außerdem bin ich sicher, dass es dir
gefällt. Es ist schön, sich die ganze Nacht eng an jemanden zu
schmiegen, der einem etwas bedeutet.“

Sie bestritt nicht, dass er ihr etwas bedeutete, biss sich jedoch

nervös auf die Unterlippe. Er wertete das als Fortschritt,
schließlich war er Optimist.

„Falls es dir nicht gefällt, können wir uns immer noch anders

entscheiden. Immerhin hat es dir auch gefallen, bei mir auf der
Couch zu schlafen.“

Sie blieb stehen. „Die Couch ist kein Bett. Außerdem hast du

dort gesessen. Es klingt zwar verrückt, aber für mich ist das ein
Unterschied.“

„Betrachte es einmal von der Seite: Hättest du dir vor einer

Woche vorstellen können, mit einem Mann auf einer Couch zu
schlafen, ganz gleich, in welcher Position?“

„Letzte Woche hätte ich mir noch gar nichts von dem ausmalen

können, was wir tun“, erwiderte sie.

„Und du bedauerst nichts davon?“

Sie schüttelte den Kopf, und ihr zaghaftes Lächeln verriet ihre

neu gefasste Zuversicht. Sebastian legte einen Arm um sie und
drückte sie an sich. „Warten wir ab, wie es läuft. Du kannst
sogar in diesem langen Großmutter-Nachthemd schlafen, wenn
du dich dann besser fühlst.“

„Selbstverständlich werde ich mein Nachthemd tragen!“,

meinte sie entrüstet.

Sebastian lachte über ihre Bestimmtheit. Wahrscheinlich

wusste sie nicht, wie sexy sie in dem Nachthemd aussah. Es

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verbarg ihre Rundungen, doch ihre rosigen Brustspitzen
schimmerten durch den Stoff. Die Erinnerung daran erregte ihn
aufs Neue. Und im Gegensatz zu Brandi schlief er nackt.

Er schaute zur strahlenden Sonne hinauf. Es waren noch

etliche Stunden bis zum Abend, und er war nicht sicher, ob er es
noch so lange aushalten konnte.

Das Kleid hatte ein kleines Vermögen gekostet, und Brandi

hatte lange gezögert, bis sie sich zum Kauf entschloss.
Sebastian hatte jedoch darauf bestanden und es ihr zum
Geburtstagsgeschenk gemacht. Auf diese Weise hatte sie es
nicht ablehnen können. Jetzt, wo er sie über die Tanzfläche
führte, wusste sie, dass es ein wundervolles Kleid war. Beim
Anprobieren hatte Sebastian einen anerkennenden Pfiff
ausgestoßen und ihr einen glühenden Blick zugeworfen.

Brandi fühlte sich sexy, doch wurde dieses Gefühl

hervorgerufen durch die Schlichtheit des Kleides und
Sebastians Aufmerksamkeit. Er hatte nicht versucht, ihr etwas
Ultrakurzes oder Tiefausgeschnittenes aufzudrängen. Im
Gegenteil, er hatte alles verworfen, worin sie sich nicht
wohlfühlte. Für diese Sensibilität war sie ihm dankbar.

Das Kleid endete knapp oberhalb ihrer Knie und hatte auf der

einen Seite einen fünf Zentimeter langen Schlitz. Es
umschmiegte, was es verbarg, war jedoch nicht zu eng, sondern
betonte dezent ihre schlanke Figur. Vorn war es geschlossen,
doch der Rückenausschnitt zeigte ihre Schultern. In diesem
Moment fühlte Brandi Sebastians warme Hände dort. Der Mann
konnte die Finger nicht von ihr lassen, und das gefiel ihr.

Sie versuchte, nicht an die bevorstehende Nacht zu denken,

denn dabei wurde ihr mulmig. Sie wollte nicht alles verderben,

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indem sie sich wie ein Dummkopf oder Feigling anstellte.
Zudem vertraute sie ihm inzwischen vollkommen. Leider hieß
das nicht, dass sie die ganze Nacht in seinen Armen liegen
konnte. Wenn ihr Albtraum wiederkam, konnte es ihre
gemeinsame Zeit überschatten. Und es blieben ihnen nur noch
wenige Tage.

Die Musik endete. „Woran denkst du?“, erkundigte sich

Sebastian.

„Ich habe über dich nachgedacht. Wo du wohnst, ob du wegen

deiner Arbeit oft von zu Hause weg bist.“

Er führte sie zurück an ihren Tisch. „Woher kommt diese

Neugier auf einmal?“

Brandi wusste es selbst nicht. Wahrscheinlich weil sie ihn unter

normalen Umständen erleben wollte, auch wenn ihr klar war,
dass das unmöglich war. Ihre gemeinsame Zeit war zauberhaft
und unwirklich, und für eine dauerhafte Beziehung waren sie viel
zu verschieden. Sebastian war der energiegeladenste und
aufregendste Mann, dem sie je begegnet war. Sie dagegen war
noch immer der Schatten einer Frau. Daran würde sich nichts
ändern, sosehr sie es sich auch wünschte.

„Brandi?“ Er griff über den Tisch nach ihrer Hand. Brandi

würde seine Berührungen vermissen, wenn sie wieder zu Hause
waren. Aber er verdiente eine richtige Frau, keine, die die
emotionalen Probleme ihrer Vergangenheit nicht bewältigen
konnte.

„Du weißt so viel über mich, und ich habe nicht einmal eine

Ahnung, wo du lebst.“

Er dachte einen Moment darüber nach, bevor er antwortete.

„Ich besitze ein altes Farmhaus, das ich Zug um Zug selbst

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renoviere. Ich finde es wunderschön mit seinen alten Balken und
den Hartholzböden. Mit der Renovierung verbringe ich meine
Freizeit. Ich musste einen Großteil der alten Wasser-und
Elektroleitungen ersetzen, und das Dach war in einem
erbärmlichen Zustand. Aber das Haus hat Charme, und es ist
isoliert. Außerdem liegt es weitab von der dicht besiedelten
Vorstadtgegend und der übervölkerten City.“

„Hast du einen weiten Weg bis zur Arbeit?“

Er zuckte die Schultern. „Das hängt immer vom jeweiligen

Auftrag ab. Ich weiß nie, wohin mich der nächste Job führt. Bis
in die Stadt, wo sich mein Büro befindet, sind es etwa dreißig
Minuten mit dem Wagen. Es gibt keine anderen Häuser in der
Nähe. Ich besitze mehrere Hektar Land, sodass meine
Privatsphäre immer gewährleistet ist.“

„Ist dir das so wichtig?“

„Nach einer Kindheit in Mietskasernen, in deren Flure

Stadtstreicher und Betrunkene herumlungerten, ja. Ich würde
meine Privatsphäre niemals aufgeben.“

„Bist du oft weg von zu Hause?“

„Manchmal. Es kommt schon vor, dass ich einige Tage

unterwegs bin. Die meisten Aufträge erledige ich aber in der
Stadt.“ Er neigte den Kopf, als wollte er ihre Gedanken lesen.
„Ich könnte meine Arbeitszeit außerhalb der Stadt jederzeit
einschränken, wenn es sein müsste.“

Brandi fühlte sich unbehaglich. Sie hatte den Eindruck, dass er

die persönlichen Gründe hinter ihren Fragen ahnte. „Für einen
alleinstehenden Mann ist das natürlich kein Thema.“

„Nein. Ich erweitere gerade meine Büros und stelle neue Leute

zur Überwachung ein. Aber es ist ein Teufelskreis. Ich habe

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dadurch mehr Zeit zur Verfügung, nur kostet die Erweiterung
des Unternehmens mich andererseits Zeit und bringt zusätzliche
Verpflichtungen mit sich.“

Brandi konnte sich nicht vorstellen, draußen in der Einsamkeit

zu wohnen, fern von den Nachbarn und der Familie. Zu
Sebastian passte es jedoch. „Du bist dort also glücklich?“

„Mein Heim ist nicht luxuriös, aber es gehört mir. Mir gefällt es

dort. Ich bastele daran herum und schaue zu, wie es sich
verändert. Das Haus ist eines der wenigen Dinge, in die ich
mein Geld gesteckt habe. Es fällt mir schwer, das zuzugeben,
aber in gewisser Hinsicht ist es meine persönliche
Versicherung. Auf diese Weise kann ich weder bankrottgehen
noch obdachlos werden, denn es ist bezahlt. Und es ist genug
Land vorhanden, um Geld mit allen möglichen Unternehmungen
zu verdienen, falls es nötig sein sollte. Außerdem habe ich Geld
auf der Bank, was eine zusätzliche Versicherung ist, wenn auch
nicht ganz so wie ein Haus, dass man vollkommen sein eigen
nennen kann. So weiß ich zumindest, dass ich nie wie einer
dieser Stadtstreicher aus meiner Kindheit enden werde.“

Brandi wusste, wie wichtig es ihm war, ihr gegenüber seine

finanzielle Unabhängigkeit zu betonen. „Kaum zu glauben, dass
du dir wegen Geld Sorgen machst. Du bist erfolgreich, und man
sieht es. Und mir gegenüber warst du großzügig.“

Er zuckte die Achseln. „So teuer war das Kleid nun auch nicht,

obwohl ich zugeben muss, dass ich gar nicht weiß, was
Frauenkleider normalerweise kosten. Außerdem sehe ich dich
gern in diesem Kleid. Du wirkst umwerfend sexy darin.“

Ihr wurde ganz warm ums Herz. Aber es lag nicht nur an dem

Kompliment, sondern auch an ihrem kleinen Erfolg. Denn ein

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wenig hatte sie dazu beigetragen, seine Vorbehalte gegen das
Geldausgeben zu überwinden. Sie wollte ihm begreiflich
machen, dass er die Welt nicht retten konnte und dass es kein
Verbrechen war, sich ein bisschen Luxus zu gönnen. „Das Kleid
ist wundervoll. Es ist wohl das hübscheste, was ich je besessen
habe.“

„Wenn es dir gefällt, war es jeden Penny wert.“

Sie wünschte, er könnte es ebenso genießen, Dinge für sich zu

kaufen. „Es ist ein extravagantes Geschenk.“ Sie grinste.
„Besonders, da du ja schon mein Geburtstagsgeschenk warst.“

Er drückte ihre Hand. „Ich bin froh, dass Shay mich als

Geschenk ausgesucht hat und nicht irgendeinen anderen
Mann.“

„Einen anderen hätte ich abgelehnt.“ Das entsprach der

Wahrheit. Ein Blick auf Sebastian hatte genügt, um seinen
Charme, seine Stärke und sein Lächeln unwiderstehlich zu
finden. In ihrem Herzen hatte sie ihn längst erwählt, und Shay
war scharfsinnig genug gewesen, es zu bemerken. „Shay hat
mein Interesse – und das war einmalig genug – an dir bemerkt.
Dummerweise hatte ich ihr zusätzlich von meinen Plänen
erzählt.“

„Ach, das hatte ich schon ganz vergessen. Was sind das für

tolle Pläne?“

„Es ist gar nichts so Besonderes“, erklärte Brandi. „Ich wollte

nur einiges verändern und mich wieder mehr öffnen. Ich habe
mich lange genug verkrochen und der Vergangenheit zu viel
Bedeutung beigemessen. Es schien mir einfacher, mein Leben
allein zu führen, als zu versuchen, die Probleme zu überwinden.
Vor allem, da die Männer vor meiner Tür nicht gerade Schlange

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standen. Nicht, dass ich etwas dagegen gehabt hätte, da mich
ohnehin kein Mann anzog.“

Er grinste schief. „Bis du mich gesehen hast.“

„Ja.“

Er beugte sich mit ernster Miene vor. „Ich würde dir bei deinen

Plänen gern helfen, wenn du mich lässt.“

„Oh Sebastian.“ Sie küsste seine Hand. „Als ich dich

großzügig nannte, meinte ich nicht nur das Kleid. Du hast mir
die Möglichkeit geboten, etwas über die Liebe und mich selbst
herauszufinden, was ich anders vermutlich nie kennengelernt
hätte.“ Sie errötete. „Natürlich war es kein echtes Miteinander-
Schlafen, da du nur gegeben hast und ich nur genommen habe.“

„So solltest du es nicht betrachten. Was heute geschehen ist,

war unglaublich. Du warst unglaublich. Außerdem geht es nicht
darum, dass ich dir helfe, sondern darum, dass ich ein Mann
bin, der dich begehrt.“

Zu gern hätte sie ihm geglaubt. Doch tief in ihrem Herzen

wusste sie, dass ein Mann wie Sebastian unter anderen
Umständen gar nicht mit ihr hier wäre. Sie wusste nicht, was
passieren würde, sobald der Urlaub vorbei war. Die Vorstellung,
ihn nie wiederzusehen, ließ sie fast verzweifeln.

„Ich wünschte, es könnte normal sein zwischen uns und ich

könnte dir so viel geben wie du mir.“

Sebastian stand abrupt auf und zog sie mit hoch. „Wir sollten

gehen“, verkündete er. „Ich muss dir einiges erklären, und ein
überfülltes Restaurant ist dafür nicht der richtige Ort.“

Brandi folgte ihm bereitwillig hinaus. Es hatte nicht mehr

geregnet, doch die Abendluft war noch feucht und drückend und
ließ bereits ein neues Gewitter erahnen. Sobald sie im

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Mietwagen saßen, zog Sebastian Brandi an sich und küsste
sie. Schwach fiel das Mondlicht durch die Fenster herein.
Brandi fühlte Sebastians Hände in ihren Haaren und seine
festen, heißen Lippen auf ihren. Er küsste ihre Wange, ihre
Schläfe, ihr Ohr.

„Du machst mich verrückt, Liebes“, flüsterte er.

Sein warmer Atem an ihrem Ohr und seine Zärtlichkeiten

verursachten ein Prickeln auf ihrer Haut. Sie erlebte so etwas
zum ersten Mal, und seine Worte gaben ihr das Gefühl, etwas
Besonderes zu sein. „Das tut mir leid.“

„Das braucht es nicht, denn mir gefällt deine einzigartige Art,

mich zu quälen.“ Er lehnte sich zurück und betrachtete sie mit
glühender Leidenschaft im Dämmerlicht des Wageninnern.
„Und es gefällt mir, von dir ans Bett gefesselt zu werden und
durch dich süße Qualen zu leiden.“

Brandi atmete schwer. „Ich wollte dich nicht quälen.“

„Dann möchte ich nicht erleben, wie es ist, wenn du es

beabsichtigst.“ Er grinste und küsste sie erneut, hart und
stürmisch. Doch inzwischen weckten seine ungestümen Küsse
keine Furcht mehr in ihr. „Männer haben Fantasien wie Frauen
auch“, flüsterte er. „Vermutlich hat schon jeder Mann davon
geträumt, sich von einer wunderschönen Frau ans Bett fesseln
zu lassen. Du hast mir nicht wehgetan, sondern mir Lust
bereitet, beinah unerträglich viel. Allein die Vorstellung ist schon
sehr erregend.“

Brandi lauschte gebannt seinen Worten. „Was für Fantasien

hast du noch?“

„Ah, du bist also neugierig?“

„Ja.“ Es war ihr nicht peinlich, da er so offen und ohne jegliche

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Scham über diese Dinge sprach. Die Hitze ihrer Körper hatte
die Scheiben im Wagen beschlagen lassen. Selbst wenn
jemand zufällig vorbeikäme, wären sie im Verborgenen.

Mit heiserer Stimme sagte Sebastian: „Manche Fantasien sind

rein sexuell und elementar.“ Er nannte ihr einige, wobei er hin
und wieder den sensiblen Punkt unterhalb ihres Ohres mit der
Zunge liebkoste oder an ihrem Hals knabberte. „Andere
Fantasien basieren eher auf Gefühlen, wie zum Beispiel der
Wunsch, der Beschützer einer Frau zu sein, sodass sie völlig
von mir abhängig ist, auch was ihre Lust betrifft.“

„Das würde dir gefallen?“, fragte Brandi erstaunt.

„Und ob.“

„Ich dachte, die Männer von heute bevorzugen unabhängige

Frauen.“

Sebastian lachte leise. „Wir sprechen hier über Fantasien,

nicht über die Realität. Natürlich möchte ich eine intelligente
Frau mit einer eigenen Meinung. Aber im Schlafzimmer ist das
etwas anderes, für Männer und Frauen gleichermaßen. Dort
muss jeder seine eigenen Grenzen finden und seine Tiefen
erforschen. Dort gibt es kein Falsch oder Richtig, nur die
Wahrheit dessen, was beiden Vergnügen bereitet. Sie müssen
füreinander offen sein und ihre Geheimnisse miteinander teilen,
um diese Wahrheiten kennenzulernen. Wir beide haben das
getan, und es war sehr gut.“

„Was für Fantasien hast du sonst noch?“

Er streichelte ihre Wange und strich mit dem Daumen über

ihre Schläfe. „Sosehr ich es auch genossen habe, gefesselt zu
sein, die Vorstellung, dass eine Frau an mein Bett gefesselt ist,
finde ich auch sehr reizvoll.“

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„Das könnte ich niemals tun.“

„Und ich würde dich niemals darum bitten. Wenn dir etwas

keinen Spaß macht, würde es mir auch keinen machen. Es war
auch kein ernst gemeinter Vorschlag“, beruhigte er sie sofort.
„Du hast mich gefragt, und ich habe dir geantwortet. Das ist nun
einmal das Wesen von Fantasien, sie sind bei jedem Menschen
verschieden. Daher passen sie auch nicht immer zusammen.
Aber zwischen zwei erwachsenen Menschen, die sich einig
sind, gibt es keine schlechten Fantasien. Nicht zwischen uns
beiden.“

Sie schmiegte das Gesicht an seinen Hals. Tief in ihrem Innern

erregte die Vorstellung sie, diesem Mann ausgeliefert zu sein.
Natürlich würde sie diese Fantasie nicht in die Tat umsetzen,
denn dazu war die Angst, benutzt und verletzt zu werden, viel zu
groß. Dennoch bekannte sie sich dazu.

„Wie steht es mit dir, Brandi? Hast du Fantasien?“

Sie schüttelte den Kopf. Sie hatte nie viel über Sex

nachgedacht und ihn gemieden. „Nein.“

„Dann finden wir schon noch welche für dich. Drei Tage

bleiben uns dazu noch.“ Er küsste sie ein letztes Mal und
startete den Wagen. „Wir sollten uns lieber beeilen, sonst finde
ich keinen Drugstore mehr, der geöffnet hat.“

„Wozu brauchen wir einen Drugstore?“

„Ich brauche neue Kondome.“

„Oh.“ Sie musste einen Moment schlucken. „Hattest du nicht

gesagt, ich sollte heute Nacht nur bei dir schlafen?“

Er lenkte den Wagen auf die Straße und grinste Brandi

jungenhaft an. „Stimmt, aber erst hinterher.“

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Brandi erwiderte darauf nichts, doch innerlich grinste sie auch.

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9. KAPITEL

Auf Sebastian zu liegen, seine breite Brust zu spüren, die sich

unter schweren Atemzügen hob und senkte, die Wärme seines
Körpers zu fühlen war etwas, woran Brandi sich rasch gewöhnt
hatte. Seine Hand lag auf ihrem Po und streichelte ihn sanft.
Offenbar hatte er eine Schwäche für diesen Körperteil.

Und Brandi hatte eine Schwäche für Sebastian. Es hatte nicht

lange gedauert, bis er ihre Bedenken überwunden hatte. Nach
dieser ersten gemeinsamen Nacht, in der sie so friedlich wie
seit Jahren nicht mehr geschlafen hatte, hatte sie nicht mehr in
ihr eigenes Zimmer gewollt. Sebastian war stets so behutsam
und überließ ihr beim Liebesspiel die Führung. Nach jenem
einen Mal hatten sie die Fesseln weggelassen. Obwohl sie
weiterhin auf dem Nachttisch lagen, hatte keiner von beiden
mehr die Benutzung vorgeschlagen. Brandi benötigte diese Art
von Sicherheit nicht länger, da sie Sebastian absolut vertraute.

Nach dem Abend im Restaurant hatte er sie zum Bungalow

zurückgebracht und sie leidenschaftlich liebkost, kaum war die
Tür hinter ihnen zugefallen. Er hatte Brandi ins Schlafzimmer
getragen, wo sie sich dem Liebesspiel hingaben. Seine
Zärtlichkeit hatte ihre Ängste vertrieben, und mit einer
unfehlbaren Sicherheit hatte er ihr bewiesen, dass er genau
wusste, was ihr Lust bereitete.

Meistens schliefen sie danach ein, Brandi auf ihm, während er

sie in den Armen hielt. Die Zeit mit ihm würde sie nie
vergessen, zumal ihr etwas sehr Dummes passiert war – sie
hatte sich in ihn verliebt. Vor fünf Tagen noch hätte sie
geschworen, dass ein Mann wie Sebastian gar nicht existierte.
Jetzt aber, an ihrem letzten gemeinsamen Tag, musste sie

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zugeben, dass es einen Mann wie ihn gab. Nur würde sie ihn
leider nicht halten können.

Sebastian bewegte sich, hob den Kopf und biss sie zärtlich in

die Schulter. „Wie spät ist es?“

Brandi zwang sich, die Augen zu öffnen, und sah auf den

Wecker auf dem Nachttisch. „Halb fünf.“

„Du solltest schlafen. In ein paar Stunden müssen wir schon

packen.“

Seine Stimme klang barsch, und am liebsten hätte Brandi

geweint. Diese fünf Tage waren zauberhaft gewesen, und bis zu
einem gewissen Grad hatten sie beide sich verändert. Sie war
mit Sebastian einkaufen gegangen, und er hatte ihr dabei
geholfen, weitere Geschenke auszusuchen. Er hatte sogar ein
paar Souvenirs für sich selbst gekauft. Inzwischen schien es ihm
nicht mehr so viel auszumachen, wenn sie etwas kaufte. Im
Gegenteil, manchmal war er geradezu begeistert gewesen, zum
Beispiel bei Eiscreme, Fahrten mit dem Riesenrad oder sogar
bei der Wahrsagerin. Das waren alles kleine Dinge, an denen
er jedoch Spaß hatte, und Brandi freute sich, ihn so entspannt
und glücklich zu sehen.

Er hatte ihr angeboten, beim Einpacken der Geschenke zu

helfen, und so hatten sie einen ganzen verregneten Tag in dem
Bungalow genau damit verbracht. Anschließend hatten sie vor
dem Kamin miteinander geschlafen.

Sebastian hatte ihr all das gegeben, was ihr früher entgangen

war. Er hatte ihr die zweifelhaften Freuden des Liebesspiels im
Wagen gezeigt, und sie hatten viel gelacht, besonders als ein
weiterer Wagen gekommen war und sie sich bereits ertappt
wähnten. Er hatte für sie Wildblumen gepflückt, die jetzt den

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Küchentisch schmückten. Zweimal hatte er ihr Frühstück ans
Bett gebracht. Er hatte sie verwöhnt, verführt und umworben.
Dafür liebte sie ihn.

Als sie vor zwei Nächten erneut von den Dämonen ihres

Albtraums heimgesucht worden war, hatte Sebastian sie
gehalten und getröstet. An seiner Brust hatte sie sich so sicher
gefühlt, dass sie sich gefragt hatte, ob der Traum überhaupt
jemals wiederkommen würde.

Sie wussten beide, dass dies ihre letzte Nacht war, und Brandi

klammerte sich für einen kurzen Moment an ihn. Sebastian hörte
auf, ihren Rücken zu streicheln.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte er leise.

„Ja, ich bin nur nicht mehr müde.“

„Na ja …“ Der raue Ton seiner Stimme verriet ihr seine

Erregung. Erneut verblüffte er sie mit seiner Ausdauer und
seiner Lust. Brandi hatte sich nie vorher als sexuelles Wesen
betrachtet, doch bei Sebastian kam sie sich unersättlich vor.

Sie stützte sich auf die Unterarme, sodass er ihre Brüste

erreichen konnte. Er schob Brandi ein Stück weiter hoch und
begann, sanft an einer Knospe zu knabbern. Brandi stöhnte.

„Du hast wundervolle Brüste.“

„Das sagst du mir nicht zum ersten Mal.“

„Ja, weil es mich so erregt.“

Sie war froh, ihm Vergnügen bereiten zu können, da er es bei

ihr in jeder Hinsicht getan hatte. Sie umfasste seine Wangen
und sah ihm ernst ins Gesicht. „Ich will dich glücklich machen.
Dies ist unsere letzte gemeinsame Nacht.“

Er runzelte die Stirn und küsste sie leidenschaftlich. „Daran will

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ich jetzt nicht denken.“

Sie glitt von ihm herunter an seine Seite und fuhr mit dem

Zeigefinger über seine Brust, umkreiste eine seiner
Brustwarzen. „Was kann ich für dich tun?“

„Brandi …“

Sie liebte diesen warnenden Ton, der ihr verriet, wie sehr ihm

das gefiel, was sie tat. Langsam ließ sie die Hand über seinen
Bauch hinuntergleiten. Sein Atem ging schwerer. „Dieser Teil
deines Körpers fasziniert mich.“

„Und deine Faszination bringt mich um den Verstand“,

entgegnete er mühsam.

Brandi lachte und beugte sich herunter, um die Zungenspitze in

seinen Nabel zu tauchen. „Weißt du, was ich gern tun würde?“

„Ich weiß, was ich mir wünsche“, erwiderte er keuchend.

„Ich würde gern an den See gehen.“

„Ah, Liebes, du weißt wirklich, wie man einem Mann jegliche

Illusion nimmt.“

Brandi ignorierte seine Worte. Sie war sich genau darüber im

Klaren, was er wollte. Doch bisher hatte sie nicht den Mut
gefunden, es ihm zu geben. Immerhin hatte er ihre Neugier
geweckt,

und

jetzt

war

die

letzte

Gelegenheit,

es

auszuprobieren.

„Ich möchte an den See gehen und mich mit dir in eine Decke

hüllen. Wir könnten die Sterne beobachten, den Grillen lauschen
und … miteinander schlafen.“

Er streichelte ihren Rücken. „Ist das eine von deinen

Fantasien, Liebes?“

„Ja.“

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Sebastian setzte sich auf und zog Brandi auf seinen Schoß.

„Das lässt sich arrangieren. Aber wirst du nicht frieren?“ Im
Gegensatz zu ihr fror er selten, und Brandi verließ sich auf seine
Körperwärme.

„Es war den ganzen Tag über warm. Mir wird schon nicht kalt

werden. Wir nehmen einfach ein paar Decken mit. Ich will dort
bleiben, bis die Sonne aufgeht.“

Der kleine See lag ganz in der Nähe ihres Bungalows. Sie

waren mehrere Male dort gewesen, hatten lange Spaziergänge
unternommen, Blumen gepflückt und die Eichhörnchen
beobachtet. Nach jenem Abend, an dem Sebastian ein kleines
Vermögen ausgegeben hatte, hatte Brandi darauf geachtet,
dass sie in der Nähe des Bungalows blieben. Wenn sie essen
gingen, wie bei ihrem zweiten Einkaufsbummel, bestand sie auf
einem billigen Restaurant. Offenbar überschätzte Sebastian den
Grad an Luxus, an den sie gewöhnt war. Sie lebte wie er ein
schlichtes Leben, besonders im Vergleich zu Shay. Das
schönste Essen war ihr Picknick am See gewesen. Nur war es
eine andere Sache, ihn davon zu überzeugen. Er wollte sie
unbedingt verwöhnen, obwohl das absolut nicht nötig war.

Sebastian zog seine Jeans und sein T-Shirt an und sammelte

Decken ein. Brandi zog ihren Bademantel über und band den
Gürtel fest zu. Darunter war sie allerdings nackt. Dies war die
letzte Nacht mit Sebastian, und sie wollte das Beste daraus
machen. Schlafen konnte sie zu jeder anderen Zeit.

Geduldig begleitete er sie hinunter zum See und wartete, bis

sie einen Platz ausgesucht hatte, um die größte Decke
auszubreiten. Erst als sie ihren Bademantel öffnete, wurde er
hellwach.

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„Brandi?“

Der Mantel glitt zu Boden. Sie stand nackt im Mondlicht vor

ihm. Bisher hatte sie sich ihm nie so offen gezeigt. Dazu war sie
zu scheu gewesen, und nur Verzweiflung trieb sie jetzt so weit. In
dieser Nacht wollte sie alles, es sollte keine Schranken mehr
zwischen ihnen geben.

Zweifellos gefiel ihm, was sie tat. Er nahm ihren Anblick in sich

auf, und sie hörte, wie er scharf den Atem einsog. Wie erwartet
rührte er sich nicht, sondern wartete auf ihre Anweisung. Nicht
ein einziges Mal hatte er ihre Abmachung vergessen, und
dieser Tatsache war es zu verdanken, dass Brandi inzwischen
so unverkrampft war.

„Komm her“, befahl sie leise.

Er kickte seine Schuhe fort und trat zu Brandi in die Mitte der

Decke. Er wollte die Hände nach ihr ausstrecken, doch sie hielt
sie fest, küsste beide Handflächen und schob sie zurück. „Zieh
dein T-Shirt aus.“

Rasch zerrte er sich das T-Shirt über den Kopf. Brandi nahm

es von ihm entgegen und legte es zu ihrem Bademantel. Am
liebsten hätte sie ihn selbst vollständig ausgezogen, nur war er
zu groß für sie, um ihm das T-Shirt über den Kopf zu ziehen.
Aber das war auch der einzige Kompromiss, den einzugehen
sie bereit war. Mit seiner Jeans würde sie keine Probleme
haben.

Sie fuhr mit dem Finger über seinen harten, flachen Bauch und

dann unter den ersten Knopf. Eine sanfte Brise wehte und trug
den Geruch des Sees herüber. Es duftete nach Azaleen und
taunassem Gras. Bis auf das leise Rascheln der Blätter und
ihren Atem war alles still.

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Der erste Knopf sprang auf. Brandi sank auf die Knie und

küsste das behaarte Stück Haut, das sie bisher entblößt hatte.
Sebastian holte tief Luft. Mit dem nächsten Knopf war es etwas
schwieriger, der dritte und vierte dagegen boten keinen
Widerstand. Da Sebastian sich nicht die Mühe gemacht hatte,
einen Slip anzuziehen, konnte Brandi ihn sofort umfassen. Er
war heiß und hart. Sie schmiegte ihre Wange daran.

Sebastian berührte kurz ihren Kopf und ließ die Hand dann

sinken. „Brandi“, stieß er gepresst hervor. „Du machst mich
verrückt, Liebes.“

Sie zog ihm die Jeans bis zu den Knien hinunter und küsste

die Innenseite seiner Schenkel. „Ich liebe deinen Duft“, flüsterte
sie. „Er ist so sexy und männlich.“

Er ballte die Fäuste. „Wollen wir uns jetzt nicht lieber

hinlegen?“

„Nein, noch nicht.“ Diese Nacht sollte für ihn etwas Besonderes

werden, damit sie sich für den Rest ihres Lebens daran erinnern
konnten. Einen Mann wie ihn würde es nicht mehr geben. Ihm
hatte sie ihr wiedergewonnenes Vertrauen in sich selbst zu
verdanken, er hatte ihr geholfen, sich wieder als Frau zu fühlen.
Aber sie würde ihn nicht dauerhaft glücklich machen können.
Sie konnte ihm nicht geben, was er verdiente, und wenn sie ihn
noch so liebte. Dieser Gedanke machte sie traurig. Sie
verdrängte die Realität, beugte sich vor und umschloss ihn mit
dem Mund.

Sebastian stöhnte laut auf und krallte die Finger in ihre Haare.

Dann beherrschte er sich und legte die Hände auf den Rücken.
Er atmete schwer. „Liebling, was du da tust, ist fantastisch.“

Brandi leckte sich die Lippen. „Falls ich etwas falsch mache

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…“

Er lachte heiser. „Oh nein, ganz sicher nicht. Hör einfach nicht

auf.“

„Das werde ich nicht.“ Sie beugte sich erneut vor. „Magst du

das?“ Sie neckte ihn mit der Zungenspitze. „Und wie ist es
damit?“ Sie nahm ihn so tief, wie sie konnte, in den Mund und
erkannte, dass es noch eine Fantasie gab, die sie nicht
ausgelebt hatte. Sie arbeitete gerade daran, das zu ändern. Ihre
Bewegungen waren unbeholfen, das wusste sie, doch er
beklagte sich nicht. Im Gegenteil, es schien ihm größte Lust zu
bereiten, zumindest den Lauten nach zu urteilen, die er von sich
gab. Schließlich ging ein Zittern durch seinen Körper, und er
schob Brandi fort.

Hastig streifte er die Jeans ab und zerrte ein Kondom aus

einer der Hosentaschen. Doch seine Hände zitterten zu sehr,
daher nahm sie es ihm einfach ab. Sie hatte noch nicht
beendet, was sie begonnen hatte, aber sie sehnte sich jetzt zu
sehr nach ihm, um zu protestieren. Geschickt streifte sie ihm
das Kondom über, und Sebastian ließ sich neben sie sinken
und zog sie auf sich. Mit einer einzigen kraftvollen Bewegung
drang er tief in sie ein und erlebte fast im selben Moment den
Höhepunkt. Brandi selbst war so erregt durch sein heftiges
Verlangen, dass sie ihm unmittelbar auf den Gipfel folgte. Dann
sank sie erschöpft auf seine Brust.

Viele Minuten vergingen, in denen sie sich stumm

umschlungen hielten, und Brandi fragte sich, ob Sebastian den
nahen Abschied ebenfalls als einen Verlust empfand. Sie wollte
nicht wieder zurück, aber das war natürlich unausweichlich. Sie
hatte einen Job und eine Familie. Er hatte seine Arbeit und sein
Haus, das sie niemals zu Gesicht bekommen würde. Allerdings

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hatte sie sich schon oft vorgestellt, wie es aussah und wie der
Einfluss einer Frau es noch verbessern könnte. Leider würde
sie diese Frau nicht sein.

Sicher würden sie sich wieder begegnen, schließlich war er

mit Shay befreundet. Und Brandi verbrachte viel Zeit damit,
Shay bei ihren Spendensammlungen und im Frauenhaus zu
helfen. Aber sie würde ihm keine Szene machen, wenn sie sich
über den Weg liefen. Er sollte weder seine Großzügigkeit
bereuen noch dass er mit ihr zusammen gewesen war.

Den restlichen Morgen verbrachten sie Arm in Arm

schweigend am See. Und beim Sonnenaufgang tat Brandi ihr
Bestes, um den Tag nicht zu verfluchen. Sebastian und die
Decken hielten sie warm, und bei Tagesanbruch schlief er noch
einmal mit ihr. Vielleicht lag es nur daran, dass ihr Herz brach,
doch kamen ihr seine Bewegungen ebenso verzweifelt vor wie
ihre.

Drei Stunden später bestiegen sie das Flugzeug, das sie nach

Hause bringen würde.

Mit jeder weiteren Sekunde wurde Sebastian wütender.

Verdammt, wie konnte es nur so enden, als sei überhaupt nichts
geschehen? Ganz offenbar wollte Brandi es so. Im Flugzeug
war sie distanziert gewesen und hatte lediglich beim Start und
bei der Landung seine Hand gehalten. Sie hatte im Flughafen
sogar den Vorschlag gemacht, verschiedene Taxis zu nehmen,
damit er den Umweg zu ihrem Haus sparte. Zum Glück hatte
Shay die Limousine wieder geschickt, und so konnte er Brandis
Angebot ablehnen.

Es kostete ihn Mühe, sich zusammenzunehmen. Am liebsten

hätte er laut geschrien. Seit dem Start hatte er sich

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zusammengenommen. Er wollte nicht, dass das Ende der
Reise nach Gatlinburg auch das Ende ihrer Beziehung war.
Obwohl er sich danach sehnte, ihr seine Gefühle zu gestehen,
brachte er es nicht über sich. Wahrscheinlich hatte es mit seiner
Kindheit in ärmlichen Verhältnissen zu tun, jedenfalls fürchtete er
ihre Ablehnung. Ihr stand jetzt eine ganz neue Welt offen, und sie
verdiente die Chance, diese Welt zu erkunden, ohne an
jemanden gebunden zu sein.

Auf der anderen Seite drängte ihn etwas in seinem Innern

dazu, Ansprüche auf sie zu erheben und ihr klarzumachen, dass
sie nur zu ihm gehörte. Er versuchte sich einzureden, das habe
lediglich mit der erotischen Situation ihres gemeinsamen
Urlaubs zu tun. Aber er war schon mit vielen Frauen zusammen
gewesen, ohne etwas Derartiges empfunden zu haben. Und
seine innere Stimme sagte ihm, dass ihm so etwas nicht noch
einmal passieren würde.

Brandi bat ihn nicht, ihn wiedersehen zu dürfen. Auch brachte

sie eine mögliche Zukunft ihrer Beziehung nicht zur Sprache.
Für sie schien es bereits vorbei zu sein, obwohl sie noch nicht
einmal ganz zu Hause war. Mit jeder weiteren Meile stieg
Sebastians innere Anspannung. Er musste etwas unternehmen,
ehe er die Beherrschung verlor und sich wie ein Idiot benahm.

„Kommt Shay dich besuchen?“, erkundigte er sich.

Sie lächelte kurz. „Ganz sicher. Wahrscheinlich wartet sie

schon auf den Stufen vor dem Haus.“

Sebastian fragte sich, ob sie Shay etwas über sie beide

erzählen würde. Nicht, dass er etwas dagegen hätte. Brandi
musste selbst entscheiden, was sie tat. Er erinnerte sich an ihre
erste Begegnung – es schien ihm schon Monate her zu sein,

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nicht Tage. Sie war so entschlossen gewesen, die Reise nicht
mit ihm anzutreten. Sie hatte ihn nicht gewollt, nicht einmal als
Teil eines tollen Reisegewinns. Es machte ihr keine
Schwierigkeiten, ihr eigenes Leben zu führen. Ihn hatte sie nur
zum Sex gebraucht, und den hatte sie von ihm bekommen. Ihre
Nähe war jedoch kontrolliert gewesen.

Eigentlich hätte die Erfüllung einer aufregenden Fantasie auch

genügen sollen. Doch jetzt fühlte er sich nur leer. Statt sich auf
seinen Job und sein Haus zu freuen, fürchtete er jede
verstreichende

Minute,

da

der

endgültige

Abschied

unausweichlich näher rückte. Er versuchte, die aufsteigende
Panik zu verscheuchen, und räusperte sich. „Wann wirst du zum
Frauenhaus fahren?“

„Gleich morgen früh. Ich kann es kaum erwarten, den Kindern

ihre Geschenke zu geben.“

Er zwang sich zu einem Lächeln. „Sie werden sicher aufgeregt

sein.“

„Nochmals danke für deine Hilfe beim Aussuchen und

Einpacken der Geschenke.“

„War mir ein Vergnügen.“

Brandi zögerte und knetete die Hände in ihrem Schoß.

„Sebastian …“

Er hoffte, eine Einladung zu hören, irgendeinen Hinweis darauf,

wie sie sich fühlte. Gebannt hielt er den Atem an.

„Ich möchte nur, dass du weißt, wie viel mir diese Reise

bedeutet hat.“

Wut stieg in ihm auf. „Kein Problem, ich habe nicht gerade

gelitten dabei“, erwiderte er, und es war nicht leicht, nicht
sarkastisch zu klingen.

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Brandi wirkte verwirrt. Sie wandte sich ein wenig ab, und in

ihrer Stimme lag ein Zittern, das vorhin noch nicht da gewesen
war. „Für mich war es etwas ganz Besonderes, das ich niemals
vergessen werde.“

Er hatte ihre Gefühle verletzt und verachtete sich jetzt selbst

dafür. Er verfluchte ihre neu gewonnene Freiheit, ihre Rechte.
Natürlich brauchte sie Zeit, um sich über ihre Gefühle klar zu
werden, aber das bedeutete noch lange nicht, dass er sie
einfach gehen lassen wollte. Er legte den Arm um sie und
drückte sie an sich. Sie sah mit wachsamer Miene zu ihm auf.

„Wir sind Freunde“, flüsterte er. „Ich hoffe, du rufst mich an,

wann immer du jemanden zum Reden brauchst.“

Sie schien freudig überrascht von seinem Angebot und

lächelte unsicher.

„Oder falls du das hier brauchst“, fügte er hinzu und küsste sie.

Es kümmerte ihn nicht, dass der Fahrer ihnen zuschaute. Von
ihm aus hätte die ganze Welt ihnen zusehen können.

Brandi grub die Finger in seine Schultern und hielt ihn fest. Der

Kuss war leidenschaftlich, wie ein verzweifelter Versuch, ihr
seinen Stempel aufzudrücken. Sebastian wollte ihr bewusst
machen, dass er ihr etwas geben konnte, was sie bei keinem
anderen Mann finden würde. Etwas, das sie nicht einfach
wegwerfen sollte.

Endlich hielt die Limousine, und Sebastian löste sich von

Brandi und schaute sich um. Sie standen vor Brandis Haus. Es
war vorbei.

Er küsste Brandi ein letztes Mal und sagte leise: „Du bist zu

Hause.“

Sie richtete sich auf und strich sich die widerspenstigen

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Locken aus dem Gesicht. Er liebte ihre Haare, er liebte alles an
ihr.

Der Fahrer hatte ihre Koffer bereits ausgeladen und trug sie

zur Haustür hinauf. Sebastian wollte aussteigen, um zu helfen,
doch Brandi hielt ihn zurück.

„Ich verabschiede mich lieber hier.“

Er ließ sich in die Polster zurücksinken und sah ihr fest in die

Augen. Er konnte sie nicht einfach so gehen lassen, ohne einige
entscheidende Worte. Er würde sich nicht festlegen, aber sie
sollte wenigstens wissen, dass es nicht einfach vorbei war
zwischen ihnen.

„In den letzten fünf Tagen hattest du das Kommando, und ich

bereue keine einzige Sekunde davon. Aber jetzt ist die Reise zu
Ende, und von jetzt an spiele ich wieder nach meinen eigenen
Regeln.“

„Ich verstehe nicht ganz“, erwiderte sie erstaunt.

Sebastian grinste. Er fühlte sich schon besser, nachdem er ihr

die Entscheidung abgenommen hatte. Er hatte Geduld genug
bewiesen. „Und ob du verstehst.“ Mit dem Daumen strich er
über ihre Lippen. „Es gibt kein Adieu, nicht zwischen uns.
Vielleicht ist dir das noch nicht klar, aber du wirst es schon
begreifen. Bald sogar.“

Sie starrte ihn verwirrt an und, falls ihn nicht alles täuschte, mit

einer Spur Erregung. Dann kletterte sie eilig aus der Limousine
und lief den Weg zu ihrem Haus hinauf. Sebastian sah ihr nach.
Im letzten Moment drehte sie sich um und schaute zurück.

Er würde ihr vierundzwanzig Stunden geben, um über alles

nachzudenken. Dann würde er seine Ansprüche geltend
machen.

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10. KAPITEL

„Na schön, wo ist sie?“

Shay ließ sich nicht einschüchtern und hielt Sebastians

bohrendem Blick stand. „Das kann ich dir nicht sagen.“

Er stieß einen derben Fluch aus, der Shay veranlasste, die

Nase zu rümpfen. Sebastian war am Ende seiner Geduld.
Ursprünglich hatte er Brandi einen Tag Zeit geben wollen, um
sich zu Hause wieder einzugewöhnen und sich mit der Idee
vertraut zu machen, dass er die Beziehung zwischen ihnen
fortführen wollte. Doch dann hatte er wegen eines neuen Falles
fortgemusst. Diesen Fall hatte er an niemand anderen abgeben
können, da er schon früher damit zu tun gehabt hatte und die
ganze Geschichte kannte. Sosehr er Brandi auch hatte sehen
wollen, es gab Verpflichtungen, denen er sich nicht entziehen
konnte – schon gar nicht, wenn es um eine Frau ging, die von
ihrem Exmann verfolgt wurde. Diese Frau konnte es sich nicht
leisten, jemand anderen zu engagieren, und Sebastian kannte
ihre Situation genau. Er hatte Brandi vorher noch anrufen wollen,
aber es war schon so spät gewesen. Und seit er zurück war,
hatte sie keinen seiner Anrufe beantwortet.

Inzwischen war eine Woche vergangen, und er konnte sie noch

immer nicht erreichen. Mit jeder Stunde wurde seine Wut
größer. Mittlerweile war er schon länger von ihr getrennt, als sie
Zeit miteinander verbracht hatten, und diese Vorstellung passte
ihm gar nicht. Also war er zu Shay gefahren, obwohl es Zeit fürs
Abendessen war und er vermutlich störte. Er brauchte ein paar
Antworten, und sie war die Einzige, von der er sie bekommen
konnte.

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„Du spielst doch hier irgendein Spiel, und das gefällt mir

überhaupt nicht. Ich muss mit Brandi reden. Sag mir, wo sie ist.“

„Es tut mir leid, Sebastian, aber ich habe es ihr versprochen.“

„Warum?“

Jetzt verlor Shay die Geduld. Sie bohrte ihm den Zeigefinger in

die Brust, stellte sich auf die Zehenspitzen und funkelte ihn
zornig an. „Das wüsste ich selbst gern! Was hast du mit meiner
Schwester gemacht? Seit sie zurück ist, ist sie nicht mehr
dieselbe. Mal macht sie ein Gesicht, als würde sie jeden
Moment in Tränen ausbrechen, und dann lächelt sie, als hätte
sie irgendein verdammtes Geheimnis. Außerdem hat sie
gesagt, dass sie Urlaub braucht! Sie ist doch gerade erst aus
Gatlinburg zurückgekommen! Allerdings weigert sie sich, mir
auch nur die kleinste Kleinigkeit darüber zu erzählen.“

„Vielleicht weil es dich nichts angeht.“

„Wir haben immer alles miteinander geteilt!“

„Sogar Schuld?“

Shay hob die Brauen. „Wovon redest du?“

Sebastian bereute die Worte, kaum hatte er sie

ausgesprochen. Es hatte keinen Zweck, die Vergangenheit
noch einmal aufzuwärmen. Das würde nichts ändern, sondern
im Gegenteil alles höchstens noch verschlimmern. Er
beabsichtigte, von jetzt an in der Nähe zu sein und dafür zu
sorgen, dass sich einiges änderte, dass ihre Familie Brandi
besser verstand.

Es war sinnvoller, Shay von dem Thema abzulenken, daher

sagte er: „Willst du mich hier vor der Tür stehen lassen, oder
darf ich reinkommen und mich setzen? Ich bin nämlich völlig
erledigt.“

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Ihre Miene wurde sanfter. „Komm rein. Wir können in meinem

Studio reden.“

Sebastian schaute sich erstaunt um, nachdem er das Haus

betreten hatte. Es war all der Luxus vorhanden, den er erwartet
hatte. Doch ihn in allen Einzelheiten zu sehen, war etwas
anderes. Wie konnte er Brandi bitten, in sein schlichtes Haus zu
kommen, wenn so etwas wie dies in ihrer Familie üblich war?

„Ein fantastisches Haus“, bemerkte er, weil Shay ihn

beobachtete.

„Es ist so leer, und ich fühle mich manchmal schrecklich

einsam.“ Sie öffnete eine schwere Eichentür, durch die man in
ein riesiges Wohnzimmer gelangte, das in sattem Burgunderrot
und Tannengrün gehalten war. „Brandi hat nicht sonderlich viel
dafür übrig. Sie findet, ich soll mir etwas Gemütlicheres kaufen.
Sie nennt dieses Haus ein deprimierendes Mausoleum.“

Sebastian runzelte die Stirn. „Das hat Brandi gesagt?“

Shay nickte nachdenklich und sah sich mit einem halb

gequälten Lächeln um. „Und ich muss ihr recht geben. Aber
mein Mann wollte hier leben, und nach seinem Tod ist das alles,
was mir von ihm noch geblieben ist. Nach einer Weile findet
man dann selbst Geschmack daran.“

Shay war eine so junge, lebensfrohe und attraktive Frau, dass

es schwerfiel, sie sich als Witwe vorzustellen. Er drückte ihre
Hand. „Tut mir leid.“

Das hatte er schon oft gesagt, unzählige Male zu unzähligen

Opfern, und es kam ihm immer zu wenig vor. Es hinterließ ein
leeres Gefühl, so wie jetzt.

Shay strich, offenbar in Erinnerungen versunken, mit dem

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Zeigefinger über den Mahagonischreibtisch. „Das muss es
nicht. Ich bin mit meinem Leben zufrieden und den
Entscheidungen, die ich getroffen habe. Aber ich will, dass
Brandi auch glücklich ist, und momentan stimmt etwas ganz und
gar nicht mit ihr.“

Er rieb sich die müden Augen. Shay machte einen äußerst

besorgten Eindruck, und Sebastian beschloss, ihr nicht
vorzuhalten, dass sie zu Brandis Last unbeabsichtigt
beigetragen hatte. Das würde ohnehin nicht mehr passieren,
denn er würde ab jetzt da sein und das zu verhindern wissen.

„Ich wollte nicht so viel Zeit verstreichen lassen, bis ich sie

wiedersehe“, erklärte er. „Aber dann musste ich weg. Ich bin
erst heute Morgen wieder zurückgekommen. Zweimal habe ich
versucht, sie von unterwegs anzurufen, und mehrmals seitdem,
ich wieder hier bin. Aber ich kann sie nicht erreichen.“

„Wahrscheinlich geht sie dir aus dem Weg.“

Diese Unverblümtheit war typisch für Shay. Sebastian ließ sich

matt in einen Sessel sinken. „Ich sollte dich für dieses
Durcheinander verantwortlich machen.“

„Das ist es also? Ein Durcheinander?“

„Wie würdest du es denn nennen? Du schickst mich auf eine

harmlose Reise, die sich jedoch als keineswegs so harmlos
entpuppt.“

„Ich frage ja nur ungern, aber wovon sprichst du eigentlich?“ Er

musste unwillkürlich lachen. „Ich sollte deine Schwester für fünf
Tage ein wenig unterhalten, aber stattdessen habe ich mich in
sie verliebt. Der Rest des Urlaubs war eine einzige Qual, und
obwohl ich mir gesagt habe, dass sie eine zweite Chance
verdient, ihr Leben auch ohne jemanden wie mich zu bestreiten,

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kann ich sie nicht einfach so gehen lassen.“

Shay blinzelte. „Du liebst Brandi?“

Seine Stimme wurde sanfter. „Wie sollte ich nicht?“

Shay strahlte. „Natürlich! Sie ist perfekt, nicht wahr?“

„Ja, und ich will sie. Wo ist sie?“

„Oje, ich glaube, ganz so einfach ist es nicht. Ich habe nämlich

den Eindruck, dass Brandi denkt, sie sei für dich nicht gut
genug.“

Verzweiflung stieg in ihm auf. „Wie kommt sie denn bloß auf

diese idiotische Idee?“

„Offenbar durch dich, also starr mich nicht so wütend an. Für

Brandi bist du der vollkommene Mann.“

„Das hat sie gesagt?“

„Nicht, dass du zu gut für sie bist. Das habe ich mir selbst

zusammengereimt, aufgrund der Art, wie sie von dir schwärmte.
Nach ihren Worten bist du sanft, selbstbewusst, verständnisvoll,
fürsorglich und natürlich stark.“ Shay boxte ihn in die Schulter
und zwinkerte ihm zu. „Aber das sieht jede Frau selbst.“

„Du bist wirklich eine Plage. Der Mann, der dich einmal

bekommt, muss schon ziemlich gute Nerven haben, sonst hat er
gegen dich keine Chance.“

„Ha! Das habe ich alles schon hinter mir. Ich habe nicht die

Absicht, eine Beziehung anzufangen oder jemals wieder zu
heiraten.“

„Wart’s ab.“

Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. „Nein, Brandi

ist diejenige, um die es geschehen ist, und ich will wissen, was
du in dieser Hinsicht zu tun gedenkst.“

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Sämtliche Müdigkeit wich von ihm. Er hatte vier Tage mit

Observierungen zugebracht und zwei mit der Erstellung eines
Berichts über einen versuchten Missbrauch, den er unter
körperlichem Einsatz verhindert hatte. Die Exfreundin des
Angreifers war fast hysterisch geworden, und es hatte
Sebastian einige Mühe gekostet, sie wieder zu beruhigen.
Außerdem hatte er stundenlang in Flugzeugen gesessen und
kaum geschlafen. Noch vor einer Stunde war er völlig erschöpft
gewesen. Doch jetzt war sein Zorn geweckt. Er brauchte ein
Ventil, und Brandis Starrsinn war genau das richtige. Wie
konnte sie nur einen solchen Unsinn denken?

„Ich werde mich um alles kümmern, wenn du mir verrätst, wo

sie ist“, sagte er.

„Ich wusste ja, dass du ein wenig zur Selbstherrlichkeit neigst,

und bei deinem Job ist das sicher auch nötig. Aber du wirst dich
zivilisiert benehmen, oder?“

Er schnaubte. Shay kannte ihn gut genug, um sich keine

Sorgen zu machen. „Ich werde deine ärgerliche kleine
Schwester zur Vernunft bringen, das ist alles.“

Shay grinste und tätschelte seinen Arm. „Ich gebe dir die

Adresse.“ Sie ging zum Schreibtisch und zog die oberste
Schublade auf. „Aber ich verlasse mich auf dich. Ich möchte
mich nicht mit Brandis Stimmung auseinandersetzen, wenn sie
allein zurückkommt.“

„Ohne mich geht sie nirgendwo mehr hin“, versicherte er ihr.

„Oh, was für ein entschlossener Mann!“ Sie fächerte sich mit

dem Stück Papier spöttisch Luft zu.

Sebastian schnappte es ihr weg. „Du bist viel zu dominant, um

es mit einem entschlossenen Mann aufzunehmen. Der stärkste

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Mann würde bei dir innerhalb von vierundzwanzig Stunden um
Gnade winseln!“

Shay zuckte die Achseln. „Stimmt genau. Aber Fantasien sind

ja wohl erlaubt.“

Beim Hinausgehen rief er über die Schulter: „Na klar, die

haben wir schließlich alle.“ Und Brandi würde seine Fantasien
wahr werden lassen …

Brandi trat auf die vordere Veranda des kleinen Ferienhauses

und breitete die Arme aus. Am schwarzen Nachthimmel
funkelten die Sterne. Nicht eine Wolke war zu sehen, und der
Mond leuchtete wie eine fette Kugel. Sie fragte sich, ob sich
Sebastian so in seinem abgelegenen Haus fühlte, friedvoll und
geborgen. Sie empfand Bedauern, da sie es nie erfahren
würde.

Das Ferienhaus war rustikal im Vergleich zu dem eleganten

Bungalow, den sie mit ihm bewohnt hatte. Dennoch gefiel es ihr
hier besser, wenn sie allein sein wollte. Dieses Ferienhaus
hatte etwas sanft Vertrautes, eine Geborgenheit, die ihrem
gebrochenen Herzen guttat.

Sebastian hatte weder angerufen noch war er gekommen, um

sie zu sehen. Obwohl sie wusste, dass es so am besten war,
hatte sie für kurze Zeit doch gehofft. Er schien entschlossen
gewesen zu sein, die Beziehung fortzuführen und sich über ihre
Bedenken hinwegzusetzen. Aber dann waren die ersten Tage
vergangen, ohne dass sie etwas von ihm gehört hatte. Danach
hatte sie schlicht akzeptiert, was für sie beide am besten war.

Trotzdem vermisste sie ihn schrecklich. Bei allem, was sie tat,

musste sie ständig an ihn denken. Nachts war es am
schlimmsten. Zwar kam ihr Albtraum nicht mehr, aber dafür eine

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schreckliche Einsamkeit. Es waren nur fünf Tage gewesen,
doch das hatte gereicht, um sich unwiderruflich in Sebastian zu
verlieben.

Es war keine bloße Vernarrtheit in ihren ersten Liebhaber;

Vernarrtheit konnte nicht so stark sein. Über die Tiefe ihrer
Gefühle zu ihm bestand kein Zweifel. Sie liebte ihn, und das
würde nicht einfach aufhören. Es waren seine Gefühle, aus
denen sie nicht schlau wurde. Wie konnte ein Mann so zärtlich
und rücksichtsvoll sein, ohne tiefere Empfindungen? War es ihm
letztlich nur ums Vergnügen gegangen? Immerhin hatte er
zugegeben, dass die meisten Männer von einem solchen
Urlaub träumten. Und welcher normale Mann hätte ihre
Angebote schon ausgeschlagen? Vielleicht wollte er sich jetzt
einfach eine Frau suchen mit weniger Hemmungen, nachdem
der Urlaub vorbei war.

Brandi setzte sich in einen alten Schaukelstuhl und schloss die

Augen. Sofort entstanden Bilder. Sie hatte noch nie Fantasien
über jemanden entwickelt, doch Sebastian war damit so offen
und natürlich umgegangen, dass seine Fantasien jetzt auch ihre
waren. Sie sah seinen nackten, muskulösen Körper ans Bett
gefesselt, sein vor leidenschaftlicher Glut erhitztes Gesicht,
während sie auf ihm saß. Sie hörte die lustvollen Laute, seinen
rauen Atem, fühlte die Bewegungen seiner Hüften, wenn er an
seinen Fesseln zerrte. Ein Prickeln lief über ihre Haut, und sie
empfand die Sehnsucht stärker als je zuvor.

Verärgert über ihre Gefühle für einen Mann, den sie nicht

haben konnte, wollte sie gerade aufstehen. Doch ein Geräusch
ließ sie innehalten. Autoreifen knirschten auf der gekiesten
Auffahrt und bremsten neben dem Haus. Brandi lauschte
angestrengt. Eine Wagentür wurde zugeschlagen. Das

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Geräusch zerriss die Stille der Nacht.

Niemand wusste, dass sie hier war, daher erwartete sie auch

keinen Besuch. Es sei denn, Shay war gekommen, um nach ihr
zu sehen. Das war durchaus möglich. Doch die schweren
Schritte, die sich jetzt näherten, gehörten nicht zu einer Frau.
Sofort kehrten ihre alten Ängste zurück, und ihr Herz raste.
Immerhin war sie allein und hilflos.

Im nächsten Moment trat Sebastian auf die Veranda. Groß und

imposant stand er da. Erleichterung, Verwirrung, Sehnsucht –
Brandi empfand alles zugleich. Er hatte sie noch nicht bemerkt,
da sie still in einer Ecke saß. Er hatte die Hände in die Hüften
gestemmt, und seine Miene war zornig. Brandi fand ihn
umwerfend. Mit seiner kräftigen Faust hämmerte er gegen die
Tür und rief Brandis Namen.

„Was machst du hier?“, meldete sie sich vorsichtig aus ihrer

dunklen Ecke.

Er wirbelte herum und starrte suchend in die Dunkelheit. Als er

Brandi entdeckt hatte, trat er näher. Er umfasste ihren Oberarm
und zog sie halb aus dem Schaukelstuhl. „Ich bin deinetwegen
gekommen“, verkündete er schroff. „Warum in aller Welt
versteckst du dich vor mir?“

„Verstecken?“ Brandi wurde aus seiner Stimmung nicht ganz

schlau.

„Ja. Ich habe versucht, dich zu erreichen. Ich musste Shay

sogar drohen, um herauszufinden, wo du steckst.“

Er hatte sie beinah zu Tode erschreckt, indem er einfach so

hier aufgetaucht war. Und jetzt machte er ihr Vorwürfe? In der
Woche, seit sie sich nicht mehr gesehen hatten, hatte sie
entsetzliches Verlangen nach ihm gehabt. Es war die Hölle

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ohne ihn gewesen. Und er hatte nichts Besseres zu tun, als sie
bei ihrer ersten Begegnung anzufahren. Sie versuchte sich
loszumachen, doch er hielt sie fest. „Ich verstecke mich nicht, du
Idiot. Ich erhole mich. Wieso hätte ich nicht wegfahren sollen?
Du hast gesagt, du würdest mich anrufen. Aber du hast es nicht
getan.“

Eigentlich hatte sie ihm das nicht vorwerfen wollen, da es

zwecklos war und höchstens ihren Schmerz verriet. Stolz hob
sie den Kopf. So sehr sie ihn auch begehrte, erniedrigen würde
sie sich deswegen nicht.

„Shay hätte ihren Mund halten sollen“, murmelte sie. „Sie hat es

mir versprochen.“

„Ja, aber ich habe nicht lockergelassen.“

Brandi verzog das Gesicht. „Shay lässt sich von niemandem

einschüchtern.“

„Na schön, dann war sie eben vernünftiger als du.“ Er schüttelte

sie sanft, und sein Ton wurde drängender. „Ich habe ihr erklärt,
dass ich wegen eines Auftrags die Stadt verlassen musste, und
sie hat mir geglaubt.“

„Du warst gar nicht in der Stadt?“

Er seufzte verärgert. „Nein. Ich musste mich um eine Sache

kümmern, deren Hintergrundgeschichte ich allein kannte.
Deshalb konnte ich es nicht delegieren.“

Sein Anblick genügte, und ihr Herz pochte wie wild. „Musstest

du einer Frau helfen?“

Er fuhr sich durch die Haare. „Ja, aber jetzt ist die Sache

endgültig ausgestanden. Der Kerl, der ihr zugesetzt hat, hatte
eine Vorstrafe wegen Diebstahls. Diesmal raubte er einen
Drugstore aus. Er wurde dabei gefilmt. Nachdem die Frau mit

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mir Kontakt aufgenommen hatte, schaltete ich die Polizei ein,
und wir stellten ihn. Der verdammte Idiot hat versucht, auf die
Cops zu schießen.“

Brandi wurde vor Schreck blass und streckte automatisch die

Hand nach ihm aus, als wollte sie prüfen, ob ihm nichts passiert
war. „Du hättest verletzt werden können.“

„Mir geht’s gut.“

Erst jetzt bemerkte sie seine Erschöpfung. Ein Held zu sein

war harte Arbeit. Trotzdem war er gekommen. Tränen stiegen
ihr in die Augen. Sie wusste nicht mehr, was sie denken sollte.
Die Unterschiede zwischen ihnen kamen ihr bedeutungsvoller
denn je vor. Er war eine Art Supermann und sie bloß eine
gewöhnliche Frau.

„Ich habe angerufen, nachdem ich im Hotel abgestiegen war.

Es hat aber niemand abgenommen.“

„Das Telefon klingelte mehrmals sehr spät“, erinnerte sie sich.

„Ich dachte, es sei Shay. Sie treibt mich in den Wahnsinn.
Ständig will sie mich verhätscheln. Gleichzeitig versucht sie,
mich auszuquetschen. Besonders feinfühlig geht sie dabei nicht
vor.“

Sebastian grinste. „Ich bin erleichtert, dass das alles ist. Shay

meinte, du würdest mir aus dem Weg gehen.“

Diesmal würde sie mit Shay ein ernstes Wörtchen reden,

sobald sie wieder zu Hause war. „Nein, das stimmt nicht. Ich
wüsste keinen Grund, dir aus dem Weg zu gehen. Du hast nicht
angerufen, und so dachte ich, es ist vorbei.“

Sein Griff um ihren Arm wurde fester. „Das ist es nicht!“

Er klang zutiefst entschlossen. Brandi befreite vorsichtig ihren

Arm, nicht weil sie Angst hatte, sondern weil sie Zeit zum

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Nachdenken brauchte. Sie trat hinter den Schaukelstuhl. „Es tut
mir leid, falls ich es falsch verstanden habe. Aber es war
trotzdem am besten so. Wir können nicht dort weitermachen, wo
wir aufgehört haben.“

„Unsinn.“

„Seien wir doch ehrlich“, rief sie aufgebracht.

„Dann fang du an und gestehe, dass du mich willst! Ich habe

nämlich genug von irgendwelchen Spielchen.“

Brandi versuchte vergeblich, sich zu beruhigen. Sebastian

benahm sich einfach zu provozierend. „Wir passen nicht
zueinander“, beharrte sie.

„Ich warne dich, komm mir bloß nicht mit diesem Blödsinn, du

seist nicht gut genug für mich.“

„Ich werde meine Ängste nie loswerden, Sebastian, und

irgendwann werden sie zwischen uns stehen!“ Er fluchte laut,
was Brandi wütend machte. „Hör auf zu fluchen! Meinst du
vielleicht, diese Entscheidung ist mir leichtgefallen? Ich
versuche nur das umzusetzen, was für uns beide das Beste ist.
Also fahr nach Hause und lass mich allein.“ Tränen brannten ihr
in den Augen. Zornig wandte sie sich ab und marschierte ins
Haus.

Sebastian folgte ihr. Da lediglich die winzige Arbeitslampe in

der Küche brannte, lag das Innere des Ferienhauses im
Dämmerlicht. „Lauf nicht weg, Brandi.“ Er hielt sie fest und
drehte sie zu sich um. „Ich habe dir so viel Raum gelassen, wie
du brauchtest. Vom ersten Moment an hast du mich um den
Finger gewickelt. Aber ich werde nicht zulassen, dass du die
Beziehung einfach so beendest. Du bedeutest mir etwas.“

Brandi hatte viel darüber nachgedacht, und sie war darauf

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vorbereitet, vernünftig und sogar edel zu sein, trotz der brisanten
Stimmung. Sie straffte die Schultern und verkündete:
„Sebastian, du bist ein Held.“

Er stutzte einen Moment. Dann brach er in Gelächter aus. „Ist

das jetzt eine deiner neuen Fantasien? Na fein, ich mache mit.
Aber du musst mir schon die Einzelheiten erklären, damit ich
darin die richtige Rolle spielen kann.“

Er wirkte gefährlich, und Brandi stellte sich vor, dass er so bei

seiner Arbeit aussah. „Wirst du mir jetzt mal zuhören?“, zischte
sie, und als er widerstrebend nickte, sagte sie: „Seit Jahren
rettest du Frauen, angefangen mit deiner Mutter. Frauen waren
für dich immer hilflos und verletzbar. Die Rolle des Beschützers
ist auch ein Teil deiner Sexualität.“

„Ich betrachte Frauen nicht als minderwertige Menschen“,

protestierte er.

„Das weiß ich.“ Sie versuchte verzweifelt, ihre Stimme nicht zu

erheben und ihm ihre Ansicht begreiflich zu machen. Trotzdem
kamen die Worte zu schnell und zu hart. „Deine Größe und
Stärke im Vergleich zu einer Frau sind in allem, was du tust,
offensichtlich. Doch im Gegensatz zu vielen anderen Männern
bist du dir dessen bewusst. Es ist tief in dir verwurzelt und zeigt
sich in deinem Job und deiner Vergangenheit. Wahrscheinlich
hast du mich wegen meiner Vergewaltigung als eine Frau
betrachtet, die es besonders verdient, gerettet zu werden.“

„Dass ich mich von dir fesseln ließ, war jedenfalls kein

Rettungsversuch. Ich habe nur einem sexuellen Verlangen
nachgegeben. Ich wollte mein Vergnügen, und du warst da.“

Brandi machte einen Schritt auf ihn zu. Er war absichtlich

schroff und versuchte, sie in Verlegenheit zu bringen. Mit

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tonloser Stimme sagte sie: „Schön, denn du musst mich auch
nicht retten. Unsere kurze Affäre ist vorbei und somit auch deine
Verpflichtung.“

„Du glaubst also, das war alles?“, fuhr er sie an. „Eine

Verpflichtung? Ich habe viele Verpflichtungen, aber gewöhnlich
komme ich ihnen nicht im Bett nach.“

Brandis Wangen glühten, doch sie hielt seinem Blick stand.

„Unsere Situation war eben etwas Besonderes.“

„Da hast du verdammt recht. Du hast mich benutzt, und jetzt

bist du mit mir fertig. So ist es doch, oder?“

Sie schnappte entsetzt nach Luft. „Nein!“

„Hör mir gut zu, Brandi. Mein Haus wird nie so luxuriös sein wie

Shays, aber es gehört mir, und ich werde es nicht aufgeben.
Über alles andere kann man verhandeln. Ich habe genug Geld
gespart, sodass du renovieren kannst, so viel du willst. Zudem
habe ich bereits beschlossen, weniger Fälle anzunehmen, die
mich aus der Stadt führen. Das Haus liegt einsam, aber du wirst
nicht oft allein sein. Ich werde sogar eine Haushaltshilfe
einstellen, wenn du dich dadurch besser fühlst. Es ist keine
Villa, aber du wirst dich schon daran gewöhnen.“

Tränen nahmen ihr die Sicht, und ohne zu überlegen, boxte sie

Sebastian gegen die Brust. Es war wie ein Schlag gegen eine
Mauer. Sebastian blinzelte erstaunt, doch ansonsten zeigte er
keinerlei Anzeichen dafür, dass er den Schlag überhaupt
bemerkt hatte. Brandi stellte sich auf die Zehenspitzen, um mit
ihm auf gleicher Augenhöhe zu sein. „Hier geht es doch nicht um
Geld, verdammt noch mal! Es geht nicht um ein Haus oder eine
Haushaltshilfe. Es geht um dich!“

Sie holte erneut aus, doch diesmal hielt er ihre Faust fest. „Hör

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auf damit. Du tust dir noch selbst weh.“

„Geld

ist

mir

völlig

egal!“,

stieß

Brandi

mit

zusammengebissenen Zähnen hervor.

„Mir aber nicht.“

„Und was ist mit den Fällen, die du umsonst erledigst? Du

erzählst, dass es höchstens mal eine Ausnahme ist, aber von
Shay weiß ich, dass du schon viele Fälle ohne Bezahlung
erledigt hast, weil die Menschen dich brauchten.“

Es schien ihm äußerst unbehaglich zu sein, dass dieser Teil

seines Lebens so genau unter die Lupe genommen wurde.
„Nicht jeder Hilfsbedürftige kann so viel Geld aufbringen. Dafür
verdiene ich bei anderen Aufträgen wieder mehr.“

„Genau das meine ich ja! Du bist offen für die, die Hilfe

brauchen. Du bist sogar der großzügigste Mensch, der mir je
begegnet ist.“

„Brandi…“

„Nein, jetzt hörst du mir zu. Ich liebe dich, du großer Narr. Du

bist ein erstaunlicher Mann, rücksichtsvoll, sexy, stark und sanft.“
Sie räusperte sich. „Du kannst jede Frau haben, die du willst.
Mich brauchst du nicht.“

„Von wegen, ich brauche dich nicht“, konterte er zornerfüllt.

„Sebastian …“

„Ich brauche dich, und ich will dich.“ Er zog sie fest an sich.

„Und zwar sofort.“

Sie stampfte mit dem Fuß auf. „Du wirst mich jetzt nicht mit

Sex ablenken!“

Sebastian packte ihre Fäuste und hielt sie so, dass sie ihm

nicht entkommen konnte. Ein vielsagendes Lächeln erschien auf

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seinem Gesicht. „Du bist wunderschön.“

„Hörst du mir überhaupt zu? Hast du überhaupt ein Wort von

dem, was ich dir gesagt habe, verstanden? Es würde niemals
zwischen uns funktionieren. Du verdienst das Beste, was eine
Frau zu bieten hat. Du verdienst viel mehr, als ich dir jemals
geben könnte und …“

Er erstickte ihren Protest, indem er sie leidenschaftlich küsste.

Nach einigen Minuten erst löste er sich von ihr. Brandi sah ihn
benommen an. „Ich habe dich gewarnt, dich selbst schlecht zu
machen. Wag das nicht noch einmal.“ Er küsste sie erneut und
flüsterte: „Ich liebe dich, mit all deinen Fehlern und Macken, so
wie ich hoffe, dass du mich trotz meiner Fehler liebst. Mit dir
zusammen zu sein gibt mir mehr Sicherheit, als Geld es je
könnte. Ich werde dich nie gehen lassen, das solltest du
wissen.“

Ehe sie protestieren konnte, hob er sie auf die Arme und trug

sie in das einzige Schlafzimmer des Häuschens. Dort legte er
sie auf das Doppelbett und begann, ihr das T-Shirt über den
Kopf zu ziehen. Brandi wehrte sich. Es war noch nichts geklärt!
Doch er beugte sich über sie und begann, eine ihrer
Brustspitzen mit dem Mund zu liebkosen. Brandi stöhnte vor
Lust auf. Sie wand sich unter seinen Zärtlichkeiten und vergaß,
was für die Zukunft richtig oder falsch sein mochte.

Sebastian ließ eine Hand zwischen ihre Beine gleiten. „Ich

brauche dich, Liebes, jetzt sofort.“

„Ja.“ Brandi bog sich ihm entgegen. Er öffnete ihre Shorts und

zerrte sie mitsamt dem Slip herunter. Er hockte vor Brandi und
spreizte ihre Schenkel. Dann begann er, sie mit Lippen und
Zunge zu verwöhnen. Brandi hatte kaum Gelegenheit, dieses

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neue Gefühl zu genießen, denn schon nach wenigen Minuten
bäumte sie sich auf und erreichte einen überwältigenden
Höhepunkt.

Sebastian richtete sich auf, öffnete rasch den Gürtel seiner

Hose und kniete sich zwischen Brandis Schenkel. Dann drang
er tief in sie ein. Sie liebte ihn, und sie wollte ihn jetzt. In dieser
neuen Stellung war sie ihm völlig ausgeliefert, doch das
steigerte ihre Begierde nur. Im Gegensatz zu ihrem Liebesspiel,
das Brandi kontrolliert hatte, wurde dies wild und heftig und so
wunderbar, dass sie vor Lust aufschrie.

Innerhalb weniger Minuten erreichte sie den nächsten

Höhepunkt, und es war noch intensiver, denn Sebastian war ein
Teil von ihr. Sie schlang die Beine um ihn, und erschöpft ließ er
sich auf sie sinken. Brandi streichelte seinen muskulösen
Rücken.

Sie

liebte

ihn,

jeden

Zentimeter

seines

beeindruckenden Körpers. Lächelnd sagte sie: „Du hast dich
geirrt.“

Er hob den Kopf und sah sie verunsichert an.

„Du hast mir gesagt, ich würde die Konsequenzen nicht mögen

– doch sie gefielen mir sehr gut.“

Sebastian grinste und legte die Stirn an ihre. „Ich liebe dich.

Du darfst mich nie verlassen.“

„Das werde ich nicht.“ Alles schien vollkommen, doch noch war

sie nicht einverstanden, sie musste ganz sicher sein. „Aber
vielleicht hören die Albträume nicht auf.“

„Wir werden mit allem zurechtkommen, was sich uns in den

Weg stellt. Gemeinsam.“ Er küsste sie, lange und intensiv. Dann
sah er sie an und sagte: „Ich habe vergessen, ein Kondom zu
benutzen.“

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Brandi lachte leise über seine besorgte Miene. „Ist dein Haus

groß genug für ein oder zwei Kinder?“

„Allemal. Und im Garten sind Bäume, an denen man eine

Schaukel befestigen kann. Außerdem führt an meinem
Grundstück ein Fluss vorbei, in dem wir Flusskrebse, Elritzen
und Kaulquappen fangen können.“

„Das klingt toll“, erwiderte sie gerührt.

Er umfasste ihr Gesicht. „Willst du mich heiraten?“

„Darauf wird Shay sicher bestehen.“

Er lachte und schob das Becken vor, um sie daran zu erinnern,

dass er noch in ihr war – und erneut erregt. „Und unabhängig
davon?“

„Ja, ich will dich heiraten. Aber hör jetzt nicht auf mit dem, was

du tust.“

Sebastian grinste. Brandi sah wundervoll aus mit ihren dunklen

Haaren, die in wirren Locken ihr Gesicht umgaben, mit ihren
halb geöffneten Lippen und den geröteten Wangen. Sie
begehrte ihn, und es kostete sie keine Überwindung mehr, es
ihn wissen zu lassen. Er küsste eine ihrer harten Knospen.
„Brandi?“, flüsterte er. „Habe ich dir je von meiner Fantasie
erzählt, eine Sexsklavin zu haben?“

Sie schlug träge die Augen auf und lächelte. „Nein, aber ich

würde gern auf der Stelle mehr darüber hören.“ Doch
stattdessen zeigte er es ihr.

– ENDE –

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Table of Contents

Titel
Impressum
1. KAPITEL
2. KAPITEL
3. KAPITEL
4. KAPITEL
5. KAPITEL
6. KAPITEL
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL
10. KAPITEL
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