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Aus der Reihe 

 

»Utopia-Classics« 

 

 

Band 71 

 
 
 

Lin Carter 

 

Die Magier von Bargelix 

 
 

Wissenschaft gegen Schwarze Magie 

 

Es geschieht im Jahr 154 des interstellaren Menschheitsimpe-
riums, das dem Jahr 3217 irdischer Zeitrechnung entspricht. 
Der Schauplatz ist Bargelix, der einzig bewohnbare Planet des 
Doppelsternsystems 4221A und B in den Sierra-Sternen, 
35 000 Lichtjahre von Sol entfernt. Morgan Outworlder, der 
Verbannte des Imperiums, beginnt seinen aussichtslos erschei-
nenden Kampf gegen die Schwarze Magie und deren Vertreter. 
Er liebt die Welt, die ihm Asyl gewährt hat, und er versucht, 
die Bewohner vor dem drohenden Verderben zu retten. 

Nach MEISTER DER STERNE (UTOPIA-CLASSICS-Band 

64) präsentiert der Autor mit DIE MAGIER VON BARGELIX 
das zweite Abenteuer aus der Imperium-Trilogie. Der dritte 
Roman erscheint in Kürze als Band 73 dieser Taschenbuchreihe. 

 
 

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Lin Carter 

 
 

Die Magier von Bargelix 

 

Utopia-Classics Band 71 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Freeware ebook by Tigerliebe 

Oktober 2003 

Kein Verkauf! 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

VERLAG ARTHUR MOEWIG GMBH, 7550 RASTATT 

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Titel des Originals: 

OUTWORLDER 

 

Aus dem Amerikanischen 

von Heinz Nagel 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

UTOPIA-CLASSICS-Taschenbuch 

Verlag Arthur Moewig GmbH, Rastatt 

Copyright © 1971 by Lin Carter 

Copyright © 1984 by Verlag Arthur Moewig GmbH 

– Deutsche Erstausgabe – 

Titelbild: Nikolai Lutohin 

Vertrieb: Erich Pabel Verlag GmbH, Rastatt 

Druck und Bindung: Elsnerdruck GmbH, Berlin 

Printed in Germany 

November 1984 

ISBN 3-8118-5017-2

 

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EINLEITUNG 

 

Die Errichtung des ersten Imperiums unter Arion dem Ewigen 
und der Moraldemontane-Dynastie im Jahr 3063 nach Christus 
verschmolz die Überreste des Nordonnats in ein einziges Gan-
zes und führte nach einiger Zeit zu einem neuen Gefühl natio-
naler Einheit von galaktischem Ausmaß. 

Dies führte natürlicherweise zu neuem Interesse für die Er-

forschung der Galaxis und erzeugte einen Anreiz, der die kolo-
niale Ausweitung beschleunigte, die unter Nordonns Regime 
praktisch zum Erlahmen gekommen war. 

Häufig waren es handeltreibende Abenteurer, verbannte Ge-

setzlose und Wanderer, die als erste die neuen Sternenwelten 
erreichten. Manchmal trafen sie sogar Jahrhunderte vor den 
Forschungsflotten ein. 

Einige der Eingeborenenkulturen jener bislang unerforschten 

Welten befanden sich noch in ihren mythischen oder heroi-
schen Zeitaltern. Auf solchen Welten mußte die formelle Ge-
schichte erst ihren Anfang nehmen … 

Es ist daher nicht überraschend, daß die Taten und Leistun-

gen einiger dieser wandernden Abenteurer Teil der noch jun-
gen Mythologien solcher Zivilisationen der Morgendämme-
rung wurden. 

Und in diesem Zusammenhang wird man zwangsläufig an 

den Morgantyr-Mythos von Sierra 4221 IV erinnert. 

 
(Zitat aus Die ersten Tausend Jahre, Band II, von Chendler 
Diocolba, C.A.; Universitätsbibliothek Azphar, Nolderon I, 
Herkules, Jahr 2019 des Imperiums.) 
 
 
 
 
 

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Bargelix; Sierra 4221 IV. Einziger bewohnbarer Planet des 
Doppelsternsystems 4221 A und B in den Sierra-Sternen. 
Durchmesser: 11.756 Kilometer (Äquatormessung), Gravitati-
onskonstante: 0,92 Standard. 

Das Zentralgestirn 4221 A (Sitra) ist ein blau-weißer Stern 

der Hauptsequenz mit einem A 5 Spektrum, der an Alpha 
Aquilae erinnert; die zweite Komponente des Binärsystems, 
4221 B (Marib) ist ein Roter Zwerg mit einem M5e-Spektrum. 
Das Doppelsternsystem liegt etwa 35.000 Lichtjahre von Sol 
entfernt, in der Richtung Kanopus. 

Bargelix beherbergt eine intelligente, sehr hominide Einge-

borenenrasse, die Cophyri. Die Hauptabweichung von der 
Terranorm besteht in der ungewöhnlichen gelben Pigmentie-
rung der Iris, dem Fehlen jeglicher Körperbehaarung und einer 
inzwischen rudimentären Drüsenabnormalität des Biokortex im 
Vorderhirn; in früheren Zeiten führte diese biokortikale Ent-
wicklung zu einer starken rassischen Vorliebe für psionische 
Manipulation der geophysikalischen, ja sogar astrophysikali-
schen Bereiche des Plenums. 

Die cophyrische Literatur, insbesondere das vor dem Kontakt 

entstandene Morgantyr-Epos läßt einige Analytiker vermuten, 
daß Bargelix möglicherweise in seiner Frühgeschichte von der 
wenig bekannten extragalaktischen Yokannarasse besucht 
wurde. Das Epos schildert möglicherweise in seinem neunten 
Gesang eine typische Yokanna-Dimensionalkongruenz, die 
gelegentlich in eingeborenen sierranischen Kulturen als ›Tür 
nach Draußen‹ erwähnt wurde … 

 
(Zitat aus Folkers Führer zu den Sierra Sternen, 9. Ausgabe; 
Kaleris Nationalbibliothek, Byatis III, Sierra, Jahr 4736 des 
Imperiums.) 
 
 
 

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Hier beginnt die Legende von Morgan Outworlder und der 
Bericht von der Schließung des Tarandon-Tores, auf daß nicht 
die letzten Tage über die Welt von Bargelix kommen mögen … 

In früheren Zeiten hat der Sänger Conyin von Llyrain dieses 

Epos gesungen. Möge meine armselige Prosa zumindest ein 
Echo der Kraft und der Schönheit jenes mächtigen Gesanges 
sein. 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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1. 

 

Der Himmel wurde plötzlich hell, und die bleiche Flamme der 
Morgendämmerung zog wie eine schnelle, lautlose Explosion 
über ihn. Der junge Mann, der sein Floß über den Gelben 
Drachenfluß zur Kargonessa-Insel in der Bucht hinüberstakte, 
hielt inne, um etwas auszuruhen, und blickte zu dem bleichen 
Himmel empor, der mit leuchtendem Rosa überzogen war, und 
auf dem kleine, goldgeränderte Wolken standen. Vögel krei-
sten über dem braunen dahinströmenden Fluß, den milchweißer 
Morgennebel umhüllte. Hart, klagend hallten ihre Rufe. Das 
braune Flußwasser stank nach toten Fischen und verrottendem 
Müll, aber die aufkommende Brise trug den frischen Salzduft 
des Iophanesmeers landeinwärts. 

Mit geweiteten Augen trank der Bursche alles in sich hinein, 

die klare Morgendämmerung, den fahlen Himmel, den weißen 
Nebel und die mövenähnlichen Vögel, die über den Wogen des 
schlammigen Flusses dahinzogen. Fast alles, was er sah, schien 
ihm neu und wunderbar. Bislang hatte er wenig genug von der 
Welt gesehen, da er seine Knabenzeit im Kloster zwischen 
verstaubten Büchern verbracht hatte. Er beugte sich jetzt wie-
der vor, um sein Floß weiter über den Gelben Drachenfluß zu 
staken. 

Er war solche Arbeit nicht gewohnt, und es dauerte nicht 

lange, bis seine Arme, sein Rücken und die Schultern schmerz-
ten. Doch sein Wille trieb ihn weiter. Die geschorene Kopfhaut 
glitzerte vom Schweiß. Obwohl der Morgen feucht und kühl 
war, hatte ihn die Anstrengung erwärmt. Er hatte die Kapuze 
nach hinten geschoben, die an seiner grünen Kutte befestigt 
war, und die langen, weiten Ärmel waren zurückgeglitten und 
ließen seine jungen Arme sehen. 

Goldene Ringe baumelten an seinen Ohrläppchen; an seinen 

Fingern glitzerten Talismanringe aus seltenen Metallen, wäh-
rend er mit langsamen Schlägen weiterstakte. Ein breiter Gürtel 

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aus Anthar-Leder umgab seine Hüfte, und an ihm hingen an 
Bronzehaken zwei Beutel. In dem einen klimperte Handelsme-
tall. Der andere war mit Zauber vollgestopft. 

Er war ein Magier. Das konnte man an dem grünen Gilden-

zeichen erkennen, das über seinen hellen gelben Augen auf 
seine Stirn tätowiert war. Dieses Zeichen, eine gehörnte 
Schlange, die sich in den Schwanz biß, ließ ihn als einen Adep-
tus Minor in der Bruderschaft des Grünen Ouroborus erkennen. 
Sein Name war Sodaspes, und er war erst vor kurzer Zeit in 
Babdaroul, der Verbotenen Stadt, seinem Geburtsort, der Schu-
le der Geheimen Wissenschaften geweiht worden. 

Noch eines hätte man bemerken können. Es war seltsam, daß 

in jenen gefährlichen Zeiten keine Waffe in seinem Gürtel 
steckte. Aber vielleicht brauchte er bei den vielen kleinen 
Zaubern, mit denen sein Beutel vollgestopft war, keinen Stahl. 

Der Morgenhimmel war jetzt ein atemberaubendes Gewölbe 

vom blassesten Blau, klar wie Kristall. Der Nebel über dem 
Fluß verschwand jetzt, und jenseits der schlammigen Wasser 
konnte man die Felsinsel Kargonessa erkennen. Eine hohe 
Burg klammerte sich an den klippenreichen Fels; die Festung 
war aus demselben dunklen Gestein gehauen, aus dem die Insel 
selbst bestand, und man konnte nicht erkennen, wo die Natur 
aufgehört und der Mensch sein Werk begonnen hatte. 

Der junge Magier stützte sich auf seine Stange und betrachte-

te die Insel mit träumenden Augen. Er war sehr müde. Die 
ganze lange Nacht waren er und sein älterer Begleiter, der 
Sänger, auf schnell dahintrabenden Lopers südwärts geritten. 
Sie waren der Flußstraße gefolgt, am Gelben Drachen entlang, 
und waren müde die vielen Meilen zu dieser südlichsten Spitze 
Azams geritten. 

Kurz vor dem ersten Licht der Morgendämmerung hatten sie 

das kleine Fischerdorf Strye erreicht. Nur ein paar Frühaufste-
her unter den Fischern waren bereits auf und rollten die Planen 
von ihren Fischerbooten zurück. Während Sodaspes’ Begleiter 

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10

abstieg, die zwei Loper an den Zügeln nahm und sich daran 
machte, eine Gaststätte zu finden, ging der Junge ans Flußufer, 
um sich ein Boot zu kaufen oder zu mieten, um mit der Flut 
nach Kargonessa übersetzen zu können. 

Die hochgewachsenen Leute von Strye rissen Augen und 

Münder auf, weil sie den Besuch von Fremden nicht gewöhnt 
waren. Aber als er Kargonessa erwähnte, wurden die aufgeris-
senen Augen kalt, und ihre offenen Münder schlossen sich 
grimmig. Die Männer ignorierten die Anwesenheit des Jüng-
lings und wandten ihm den Rücken zu. 

Am Ende aber, fand Sodaspes einen schlaksigen Jüngling, 

der sich freundlich bereiterklärte, sich von seinem Floß zu 
trennen, sich jedoch entschieden weigerte, den Magier um 
irgendeinen Preis über den Gelben Drachenfluß zu befördern. 
Die Leute von Strye waren einfach und abergläubisch. Für sie 
war Kargonessa ein verwunschener Ort, eine Stadt dem Unheil 
geweihter Verbrecher, Flüchtlinge, Verbannter … Und was den 
Lord von Kargon anging, so waren seine Vorfahren dreimal 
verdammt, weil sie vor Jahrhunderten den Pakt gebrochen 
hatten, und seitdem waren alle, in deren Adern ihr schwarzes 
Blut floß, von der Gemeinschaft mit dem Bann belegt. So-
daspes blieb also nichts anderes übrig, als das Floß selbst über 
die Flußmündung zu staken und das Beste zu hoffen. Sein 
Begleiter würde ihm dabei nicht behilflich sein, da er als ge-
weihter Barde nicht einmal den Fuß auf Erde setzen konnte, die 
die Brecher des Paktes berührt hatten. Nur ein Magier konnte 
ungefährdet die Kargoninsel betreten. 

Er befand sich mitten im Fluß, als die Zweitdämmerung kam 

und den leuchtenden, gewölbten Himmel mit schwachem 
Scharlach erfüllte. Jetzt hob sich die kleine rote Zweitsonne 
über den nebligen Horizont und begann auf ihrer ewigen Ver-
folgungsjagd hinter der helleren, höheren Sonne herzuklettern. 
Für Sodaspes war die erste Sonne Sitri der Weiße Krieger, und 
ihr schwach leuchtender Begleiter Marib der Karmesinrote. 

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11

Bald erfüllten der blau-weiße Stern und sein roter Zwergbeglei-
ter den Himmel ihres Abkömmlings Bargelix mit doppeltem 
Tageslicht. 

 

Vor ihm türmte sich die Burg in die Höhe, umringt von finsteren 
Mauern, und reckte ihre massigen Türme in die Helligkeit. 
Banner flatterten von Turmspitzen und Mauern, und auf ihrem 
meergrünen Feld prangte das silberne Emblem des Hippocam-
pus, das Wahrzeichen der wappentragenden Familie der Freien 
Stadt, der Diomhae, die das kleine Inselfürstentum beherrschten. 

Hier weitete sich die Mündung des Gelben Drachenflusses zu 

einer Bucht. Sodaspes stakte sein Floß langsam weiter, mühte 
sich um die Felsbiegung, an der sich Gischt und Meeresbran-
dung brachen. Von hier aus konnte er eine geschützte winzige 
Bucht erkennen, und über ihr reihten sich Hütten und kleine 
Häuser und darüber die Festung selbst. Von den zwei Vorber-
gen dieses winzigen Vorsprungs aus hatte man Kais aus grau-
em Felsgestein ins Wasser hinausgeführt. Dort lagen drei 
Schiffe vertäut, ihrem Umfang nach zu schließen Handelsschif-
fe. Er wußte, daß die kargonesischen Inselbewohner, obwohl 
auf dem Festland als Gesetzlose betrachtet, doch mit den Kü-
stenstädten auf dem Südkontinent jenseits des Iophanesmeers 
Handel trieben, denn jene waren Heiden, die den Pakt der 
Gemeinschaft nicht kannten. 

Er lenkte sein Floß zum näherliegenden Kai und vertäute es. 

Dann kletterte er den Kai hinauf und machte sich auf den Weg, 
den Hügel hinauf, durch die Straßen der kleinen Stadt, die sich 
im Schatten des Kargonlords duckte. 

Finster blickende Seeleute stießen ihn beiseite, während sie 

ihrer Wege gingen. Ausgemergelte Bettler jammerten nach 
Almosen. Kinder mit schmutzigen Gesichtern rannten krei-
schend an ihm vorbei. Niemand achtete sonderlich auf ihn, 
während er die Dorfstraße hinauf auf das offene Tor der Festung 
zuging. 

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12

An die Außenwand der Burg gelehnt, fand er eine Matrosen-

kneipe. Der heiße Atem, der durch die offene Tür der Wirt-
schaft nach außen schlug, ein Dunst von geröstetem Fleisch, 
saurem Wein und kräftigen Soldamagewürzen, ließ seinen 
Magen knurren. Erst jetzt erinnerte er sich daran, daß er heute 
noch nicht gefrühstückt hatte, daß tatsächlich seit gestern 
abend keine Nahrung mehr über seine Lippen gekommen war. 

 

Morgan stand bei der ersten Dämmerung auf. Der salzige Duft 
der Seebrise weckte in ihm stets einen kräftigen Appetit. Die 
Zimmerflucht, die Lord Tasper ihm zugewiesen hatte, lag auf 
der seewärts gerichteten Seite der Festung, und der feuchte 
Wind heulte durch seine Fenster, trug die Schreie der Vögel 
und die Gesänge der Matrosen mit sich und das Klatschen der 
Wogen gegen die Klippen. Es war eine kleine Zimmerflucht, 
niedrig, mit Balken an den Decken und dicken Steinmauern, 
die mit cremefarbenem Verputz bedeckt und mit schweren 
Teppichen behängt waren. 

Während er sich das kalte Wasser ins Gesicht spritzte und 

sich die letzten Schlafreste aus den Augen rieb, überlegte er, 
daß sein Leben hier auf der Kargoninsel ähnlich dem der Wi-
kinger gewesen sein mußte, damals, auf Sol III. Er war ein 
Centaurusgeborener, aber die Wurzeln der Vorfahren seiner 
Mutter waren tief in Terra verankert, und die Familie war 
seinerzeit in der Skandinavischen Union mächtig und berühmt 
gewesen. 

Nackt, die Haut vom kalten Wasser gerötet, schlüpfte er in 

seine Strümpfe und gürtete sich seine Tunika um den Leib. 
Zwei Jahre waren jetzt fast verstrichen, seit er zur Bargelixwelt 
gekommen war. Er war Soziologie-Ingenieur und hatte sich auf 
Trasna im Acturussystem niedergelassen, wo er daran gedacht 
hatte, sein Leben mit der Arbeit zu verbringen, die ihm den 
größten Spaß machte. Aber dann kamen die Semnedar-Junta 
und die Freiheitsunruhen, und er war in den trasnischen Kampf 

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13

um Selbstbestimmung gegen das Erbliche Parlament hineinge-
zogen worden. Als überzeugter Zentralist hatte er von Trasna 
fliehen müssen, um sein Leben zu retten, als das Prokonsulat 
die Macht ergriff. Jetzt war er ein Verbannter, den der Erlaß 
des Mardax-Imperators von den imperialen Welten vertrieben 
hatte, und so war er jenseits der Grenzen gezogen, um in den 
fernen Sierra-Sternen Zuflucht zu suchen … Und hier nun hatte 
er ein Zuhause gefunden. 

Denn Bargelix war das Zuhause, nach dem sein Herz sich 

gesehnt hatte, eine Welt verloren in den Zeiten, Äonen hinter 
den imperialen Sternen zurückhinkend … eine Insel der Farbe 
und Pracht, der windzerzausten Wälder, der einsamen Schlös-
ser und Burgen, der feurigen Barden, der barbarischen Krieger 
… eine romantische, lebende Welt, mit fahlen Morgen, flam-
menden Mittagen und mystischem Zwielicht, wo Sigurd, der 
Wälsunge, hätte wohnen können. 

Den Schatten eines Lächelns um die Lippen, zog Morgan 

sich langsam an. Er hatte seine erste Jugend hinter sich, war 
vielleicht sechsunddreißig, ein dunkler Mann, etwas kleiner 
und kompakter als die orionidische Norm, mit einem Schim-
mer von Grau im kurz gestutzten dunklen Haar. 

Vor zwei Jahren, im Jahre 152 des Imperiums, war er auf 

diese Welt gekommen, in einem winzigen Ein-Mann-Flieger, 
der jetzt, von Lianen überwuchert, an irgendeinem Wiesenhang 
im Westland verrottete. 

Ein schweigsamer, scheuer und etwas verlegener Mann, hatte 

Morgan sich auf seiner Welt und in seiner Zeit stets als Frem-
der gefühlt. Manche Männer sind geborene Fremde, und er war 
einer davon. In seinem Herzen war nichts, das sich unter den 
Männern des Imperiums zu Hause fühlte. Er sehnte sich nach 
einem Leben näher der grünen Erde und den Zyklen der Jah-
reszeiten. Und so war er im Herzen ein Outworlder, ein Wan-
derer, selbst bevor die politischen Spannungen ihn aus dem 
Arcturussystem vertrieben. 

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14

Er war ohne Wurzeln geboren worden. Aber hier auf Barge-

lix hatte er sie gefunden. Es war etwas Seltsames, endlich nach 
Hause zu kommen. Einem Zuhause auf einer fremden Welt, 
weit entfernt von der Welt seiner Geburt. 

Die Leute hießen ihn willkommen, trotz all seiner Sternen-

weltfremdheit. Sie kannten seinesgleichen von einem früheren 
kurzen Kontakt her. Die Cophyri waren trotz ihrer Ferne vom 
Imperium gelegentlich von wandernden Händlern oder Gesetz-
losen besucht worden. Sie wußten von den reichen imperialen 
Welten, und die Gerüchte von Wissenschaft und Wundern 
hatten ihren Weg bis hierher gefunden. 

So fand er, inmitten der verbitterten, einsamen, stolzen See-

könige von Kargon ein Willkommen, jenen Königen, deren 
uralte Verfehlung gegen jenen mysteriösen »Pakt« sie für 
Verbannte und Gesetzesbrecher auf Bargelix zur Zuflucht 
machten. Und hier fand er seine Heimat, eine wilde, einfache 
und buntfarbige Welt, wie er sie nur in den Träumen seiner 
Knabenzeit besucht hatte. 

Er gewöhnte sich daran, die Leute von Bargelix mit einer 

Eindringlichkeit zu lieben, die ihn überraschte und zugleich 
bewegte. Und sie ihrerseits akzeptierten und ehrten ihn und 
gewöhnten sich daran, ihn ebenfalls zu lieben. Er war der 
Sternenlord, der Outworlder. 

Aber weder er noch sie ahnten auch nur entfernt, wer er ein-

mal für ihre Kinder sein würde, und die Kinder ihrer Kinder 
ahnten nicht, daß dieser finstere, schweigsame Outworlder, der 
seinen Platz zwischen ihnen eingenommen hatte, in den Sagen 
und Mythen weiterleben sollte. 

 

Tasper Kargonlord frühstückte nach Art der alten Barone. Die 
niedrige, verräucherte Speisehalle war überfüllt. Neben den 
Männern und Frauen des eigenen Hofes und der Burg waren da 
Fischer und Seeleute, Händler und Bewohner von Kargondorf, 
das am Fuß der Burg lag. 

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15

Mächtige Feuer flackerten auf steinernen Herden. Langhaari-

ge Pagen trugen Platten mit rauchendem Fleisch zwischen den 
Tischen hindurch. Saures Bier, Wein und Liköre bespritzten 
die Schilfmatten auf dem Boden. Alles war Festlichkeit, Lärm 
und Freude. 

Was Tasper selbst anbetraf, so saß er auf dem großen Podest 

unter einem verblaßten Gobelin, der die mächtigen Taten von 
Arvery dem Großen in seinen Schlachten gegen das Meervolk 
von Whitestrand Firth darstellte. 

Tasper war blendender Laune. Sein Gelächter dröhnte über 

die Scherze, die von Tisch zu Tisch flogen. Aus tiefer Kehle 
hallte seine Stimme, und er trank reichlich aus dem Hornpokal 
und ließ dann den Becher, wenn er geleert war, gegen den 
schweren Schild dröhnen, der an seinem Hochsitz lehnte. Sein 
Becher schlug den Takt zu den Versen der alten Meersagen, 
die sein Sänger verkündete. 

Die klare Stimme des alten Barden schwebte wie der Duft 

lang vergessener Zeiten durch die Halle … Er sang das Lied 
von Arvery, das Epos vom Krieg des Helden gegen die Sieben 
Ungeheuer. Morgan kannte es gut und liebte es, und es war 
auch kein Wunder, daß sie es gerade an diesem Tag sangen, 
denn dies war der Tag des Arvery, den man seit alten Zeiten 
verehrte, denn kein anderer als jener ruhmreiche Held hatte das 
Adelshaus der Diomhae gegründet. Und so blieb er am Ein-
gang zur Halle einen Augenblick lang stehen und lauschte auf 
die alte Geschichte, ehe er seinen Platz an den Tischen ein-
nahm. 

 

Tasper applaudierte als erster und warf seinem Sänger einen 
goldenen Armring zu, den der alte Mann mit geschickter Hand 
im Flug auffing, während Morgan Platz nahm und zu essen 
begann. Dann verlangte der Earl brüllend nach der letzten 
Strophe des alten Epos, die sich mit der Schlacht selbst befaßte, 
und in der Halle zog Stille ein. Die schlanken Finger des alten 

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16

Sängers schwebten über die silbernen Saiten, und die uralte 
Weise erfüllte die rauchige Halle, bis die Herzen der Männer 
zu Träumen von mutigen Taten und einer vergangenen, golde-
nen Epoche anstachelte. 

Einer nach dem anderen fielen die Krieger des Earls in den 

alten Gesang ein. Morgan, der Outworlder, sang mit ihnen und 
teilte ihre Freude, und er liebte das, was er erlebte, aus ganzem 
Herzen. 

Dann kam der alte Osmer, der Burgsteward des Earls, und 

sagte, einer stehe vor der Banketthalle und wolle zum Earl 
Tasper und seinen Lords sprechen. Ein Jüngling sei er, ein 
Mann vom Festland, und wie es schien, sei er ein Magier. 

Lord Tasper rief dröhnend, man solle den Knaben eintreten 

lassen. Der kam und stand vor ihnen, mit den geweiteten Au-
gen eines Träumers. Er lehnte Wein und Fleisch ab und sagte, 
seine Botschaft, die er durch kalte Nächte und lange Tage 
harten Rittes getragen hätte, dulde kein längeres Warten. Und 
Earl Tasper von Kargon forderte ihn auf zu sprechen, und ganz 
unten am langen Tisch spürte Morgan, der Wanderer von 
Centaurus, einen Hauch seltsamer Furcht, als die weiten gelben 
Augen des Knaben ihn suchten und ausgerechnet ihn anstarr-
ten. Dann sprach der Junge mit klarer Stimme. 

»Lord Earl und Lords von Kargonessa, ihr singt von mutigen 

Taten in vergangenen Tagen, singt von Kriegen und tapferen 
Helden einer alten Zeit … und ich bin gekommen, um einen von 
euch aufzufordern, eine edlere und mutigere Tat zu begehen, als 
sie je besungen wurde! Denn, fürwahr – im Westen brennt der 
Unheilsstern! Die Sterne, die das Drachenzeichen bilden, sind 
zurückgekehrt durch endlose Zyklen unermeßlicher Zeit, um 
wieder ihren Platz einzunehmen – und die letzten Tage, seit 
dreimal zehntausend Jahren prophezeit, sind über uns! 

Ich bin der Zauberer, gekommen, um von deiner Tafel den 

Mann zu mir zu rufen, Morgan, Sternenwanderer, Outworlder, 
auf daß er die Suche nach der Schließung des Tores beginne – 

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17

höret meinen Ruf, auf daß nicht böse Tage über uns kommen, 
auf daß nicht Bargelixwelt im Chaos versinke!«
 

Die Knabenstimme hallte wie eine Fanfare, und als sie ver-

stummte und sich eine Welle von Ehrfurcht und Stille über die 
Halle senkte, sah Morgan sich um und erkannte, daß die Augen 
aller Männer ihm zugewandt waren. Und in jenem langen, 
zeitlosen Augenblick wußte Morgan noch nicht, ahnte auch 
nicht, daß das Schicksal ihn über tausend Sternenräume herge-
holt hatte zur Bargelixwelt, für diesen Tag und diese Stunde. 

Er sah nicht die Sorge in den Augen seines Freundes, des 

Kargonearls. Alles was er sehen konnte, war der seltsame Stolz 
einer geheimnisvollen Bestimmung, die ihn aus den Augen von 
Sodaspes anstarrte. 

 
 

2. 

 

Kargoninsel bestand ganz aus Felsgestein, und jene, die aus 
fernen Landen dort ankamen, gewöhnten sich daran, das Feh-
len grüner Felder, großer Bäume und des Duftes lehmiger Erde 
zu ertragen. Auch der Earl Tasper fühlte den Mangel und hatte 
daher veranlaßt, daß man in den oberen Geschossen des Burg-
frieds einen Garten anlegte und diesen pflegte. In jenem Garten 
schlenderte Morgan Outworlder oft herum und erinnerte sich 
der sonnigen Felder des fernen Centaurus. 

Er war eine seltsame Mischung von Mann: grobschlächtig 

und einfach und alles andere als wortgewandt; er pflegte wenig 
zu sagen, und sein starr wirkendes Gesicht und die finsteren 
Augen ließen selten irgendwelche Gefühle erkennen. Trotzdem 
waren seine Empfindungen tief. Die Vorfahren seines Vaters 
waren im alten Gwent zur Welt gekommen, und so hatte er die 
Art der mystischen Kelten an sich. 

Während der Nachmittag lange Schatten von den felsigen 

Türmen zog und Earl Taspers Garten im kühlen Schatten er-

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18

tränkte, schlenderte er zwischen fremdartigen Bäumen und 
Blumen dahin und versuchte, in seine wirren Gedanken Frie-
den und Ordnung zu bringen. Der Ruf des jungen Magiers 
hatte an etwas Altes, lang Schlummerndes in seinem Blut 
gerührt. Aber er begriff die Botschaft nicht, die der Jüngling 
ihm gebracht hatte. Und er wußte nicht, warum sich alle Leute 
in der Halle ihm zugewandt hatten. 

In dem schmerzhaften Schweigen, das dem Ruf des Sodaspes 

gefolgt war, hatte der Outworlder gespürt, daß die Blicke aller 
auf ihm ruhten. Seine Wangen hatten sich gerötet, seine Lippen 
waren wie gelähmt, und er wußte nicht, was er sagen sollte. 
Nicht einmal, wozu man ihn aufgerufen hatte. 

Jetzt, während der Westen sich rötete und die Luft kühler 

wurde und der weiße Stern Sitri sich weigerte, sich seinem 
karminfarbenen Bruder am fernen Horizont anzuschließen, 
warf er sich auf eine weiße Steinbank, die über und über mit 
Schnitzwerk versehen war. 

Am meisten beunruhigte ihn, daß der Ruf des jungen Magiers 

in ihm etwas geweckt hatte, von dem er nicht einmal gewußt 
hatte, daß es da war. Sein ganzes Wesen war bei den geheim-
nisvollen Worten erwacht, als hätte er sein ganzes Leben lang 
auf einen solchen Ruf gewartet. Aber dies war Träumerei – 
Wahnsinn! Denn er wußte nichts vom Unheilsstern, nichts von 
Toren, die zu schließen waren, oder Welten, die es vor der 
Finsternis zu retten galt … 

 

Das Scharren einer Sandale auf den Gartenfliesen riß ihn aus 
seinen finsteren Gedanken; er hob die Augen und sah, wie sein 
Gastgeber durch die Schatten herannahte. Er erhob sich und 
begrüßte den Earl höflich, aber Tasper gab ihm ein Zeichen, 
Platz zu nehmen, und stand verlegen schweigend eine Weile 
vor dem Outworlder. 

Für einen Cophyri war dieser Tasper von Kargon hochge-

wachsen und kräftig gebaut; er hatte kurzes, dickes Haar von 

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19

der Farbe von Stroh, und ein Gesicht, das die Sonnen rot ge-
brannt hatten; vom guten Leben fleischig, mit breiter Stirn und 
noch breiterer Wange und einem kantigen Kinn, breitem Mund 
und Augen von kaltem Gelb. Er war kräftig und massiv und 
neigte zu schnellen Gefühlsausbrüchen und war trotz seiner 
rauhen Art von zartem Herzen. 

Er hatte dem schweigsamen Outworlder Gastrecht gewährt, 

mehr wie einer Kuriosität als jemandem, der wahrhaft in seiner 
Halle willkommen war. Aber an dem anderen war etwas, das 
seine Liebe fast von Anfang an gewonnen hatte. Dem fremden 
Blut einer fernen Welt entsprungen, schien der Mann Morgan 
irgendwie kein Fremder auf Bargelixwelt. Von Anfang an hatte 
er sich unauffällig der Lebensart Kargons angepaßt; selbst die 
Dorfleute vergaßen bald seine Herkunft von der Sternenwelt 
und sahen in ihm einen der Ihren. Und jetzt liebte man ihn, und 
Kargon war sein Zuhause. 

»Du brauchst nicht zu gehen«, platzte es plötzlich aus Tasper 

heraus, und in dem Satz war so viel Eindringlichkeit, daß 
Morgan blinzelte. 

»Du brauchst nicht zu gehen«, sagte er wieder und nickte mit 

dem schweren Schädel. »Das Gastrecht ist dein; der Junge vom 
Festland kann von dir nichts fordern, nur bitten. Soweit es mich 
betrifft, ist Insel Kargonessa dein Zuhause, ob du nun der 
Wahrer des Liedes bist oder nicht!« 

Diese letzten Worte schrie er fast hinaus. 
Morgan wählte seine Worte langsam; so war das immer bei 

ihm – er wußte nie ganz, was er sagen sollte. Sein Verstand 
war nicht schnell – da war keine Zungenfertigkeit. 

»Herr, ich weiß nicht … Ich verstehe nichts von dem … was 

der junge Mann meinte. Von diesem Lied. Oder weshalb man 
mich ruft oder wozu man mich ruft …«, sagte er zögernd. Aber 
der andere war, wie stets, seiner stockenden Zunge voraus. 

»Eine alte Prophezeiung, nichts mehr; ich sage es noch ein-

mal, du brauchst nicht zu gehen … Bleib hier, wo du hinge-

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20

hörst, und soll die Welt sich um sich selbst kümmern!« knurrte 
Tasper mit einer schnellen Bewegung seiner kräftigen Pranke. 

»Aber welche Prophezeiung? Wie kann sie … ich begreife 

nicht, wie sie mich erwähnen kann. Ich kam hierher, laß mich 
sehen, es war …« 

Tasper murmelte einen Fluch gegen alle Propheten und 

brummte etwas vom Pakt und daß seine Ahnen, als sie mit der 
ganzen Sippe brachen, auch mit allen älteren Gesängen gebro-
chen hätten und nicht länger durch närrische Sitte gebunden 
wären. Und dann, unruhig auf dem Gartenweg auf und ab 
schreitend, den Kopf auf die breite Brust gesenkt, so daß seine 
Worte nur schwer zu verstehen waren, begann er schwerfällig, 
diese Mysterien zu erklären. Und Morgan saß stumm da, den 
Kopf auf die geballte Faust gestützt, und lauschte gebannt. 

 

Die von Bargelixwelt, soviel wußte Morgan, waren in vieler 
Hinsicht primitiv, und dazu gehörte auch ihre Religion. 

Seine eigenen Leute, wie die meisten Centaurier, hatten 

schon lange die religiösen Modelle ihrer Vorfahren aufgege-
ben, und das war nur natürlich, denn nur wenige Religionen 
überleben die Zivilisation, in der sie aufgestiegen sind, und in 
deren Lebensweise sie einzig und alleine von Belang sind. 

Von Zeit zu Zeit treten neue Religionen hervor, so wie in 

jüngster Zeit Vuudhana aufgestiegen war und jetzt die Orion-
sterne überzog, aber zum größten Teil war dem jungen Imperi-
um die Religion etwas Fremdes. 

Die von Bargelixwelt hatten eine Religion wie die meisten 

Kulturen der feudalen Zeitalter, aber sie war zum größten Teil 
eine Frage gesellschaftlicher Sitten und lieferte den Barden 
einen Schatz an Überlieferungen, aus denen sie ihre Gesänge 
wählen konnten, und den Fürsten ein Maß an Autorität, von 
dem sie ihre Rechte und Privilegien ableiteten. Es war nicht 
eine Religion heiliger Schriften, feuriger Propheten, eine der 
Kreuzzüge oder der Inquisitionen oder eine, die jene auf dem 

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21

Scheiterhaufen verbrannte, die sich ihren Glaubensgrundsätzen 
nicht unterordnen wollten. Sie wirkte im Hintergrund, war eher 
eine Sache der Tradition. In ferner Vergangenheit hatte sie die 
Sitten der Cophyri geformt; in der Gegenwart hatte sie nur 
wenig Einfluß auf ihr Leben. 

Diese Dinge waren Morgan einigermaßen bekannt. Kargo-

nessa hielt sich einen Priester, einen fetten alten Burschen, der 
das Weinglas und die alten Dichter sehr liebte: Vater Ormaldus 
nannte er sich. Morgan hatte manchmal mit dem alten Mann 
Taku gespielt, das, was auf Bargelix dem Schach oder dem 
Damespiel entsprach. Er hatte mit dem schläfrigen, alten Mann 
geplaudert, sie hatten Scherze und Zitate getauscht, und Or-
maldus hatte den Outworlder das wenige gelehrt, was er von 
der geschriebenen Sprache dieses Teils des Planeten wußte. 
Über Religion hatten sie sich, soweit er sich erinnerte, nie 
unterhalten. Für den alten Priester war das etwas Selbstver-
ständliches, eine Sache, deren Fragen und Dispute alle vor 
Jahrhunderten bereits geklärt worden waren und die man ge-
trost vergessen oder zumindest vernachlässigen konnte. Mor-
gan hatte ein wenig in den alten Heldensagen gelesen, hatte 
aber nie irgendeine der religiösen Schriften oder Prophetischen 
Bücher der Verehrung gelesen, wie die Bewohner von Bargelix 
ihren einheitlichen, die ganze Welt umfassenden Glauben 
nannten. Er war überhaupt kein Mann für Bücher. 

Aber von den Yokanna hatte Morgan gehört. Es gab da einen 

Berg oberhalb von Jarimstadt, mit einem aus zwei Stufen 
bestehenden Gipfel: »Yokannathron« nannten die Fischerleute 
ihn, so wie die Bewohner von Cornwall einer früheren Epoche 
ihr Land mit Orten gefüllt hatten, die sich auf die Artuslegende 
bezogen – Felsen, die »Artusstuhl« hießen und Bergkuppen mit 
dem Namen »Artusgrab« und so weiter. 

Sie waren keine Götter, die Yokanna, oder zumindest nicht 

genau Götter; jedenfalls betete man sie nicht an, ja verehrte sie 
nicht einmal. Vor langer Zeit waren sie zur Bargelixwelt ge-

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22

kommen, waren eine Weile geblieben und dann ins Geheimnis 
entschwunden, ins Anderswo. Wie Earl Tasper die Geschichte 
jetzt hervorbrachte, waren sie ein seltsames Volk gewesen, das 
stets von einer Welt zur anderen eilte, von einer Zeit in die 
andere, stets auf der Flucht vor schattenhaften, schrecklichen 
Verfolgern. Der groben Sprache Taspers fehlten die richtigen 
Worte, um es genau zu erklären, aber irgendwie entwickelte 
sich bei seinem Zuhörer die Vorstellung einer Rasse fremdarti-
ger Geschöpfe, die stets vor einem Verderben flohen, das von 
Ewigkeit zu Ewigkeit auf sie lauerte, und das sie nie weit hinter 
sich zurücklassen konnten. 

Eine sternfahrende Rasse? Das fragte er sich und stellte die 

Frage laut, weil er wußte, daß es solche Besucher vor dem 
Erscheinen der Menschen von Terra gegeben hatte. Die Ar-
chäologen hatten Spuren einer ausgestorbenen Sternenschiff-
technologie gefunden, tot und verschwunden, Äonen ehe der 
Mensch den Mutterleib seines Planeten verließ und sich zwi-
schen den Sternen ausbreitete. Aber, nein, sagte Tasper, der im 
fernen Keruvay – »Stern-Stadt« – die hohen Silberschiffe 
gesehen hatte, dort, wo die wenigen Menschen von Morgans 
Rasse manchmal erschienen, um ihre fremden Güter gegen 
Juwelen, Pelze, Gewürze und Alkohol einzutauschen, aber 
nicht oft. In Keruvay war er, Morgan, vor zwei Jahren gelan-
det, und dort hatte er zum erstenmal den Fuß auf die schwarze 
Erde von Bargelix gesetzt, die ihn so freundlich willkommen 
geheißen hatte, als wäre diese Welt seine Heimat. 

Nicht  durch den Weltraum, sondern zwischen den Räumen: 

das war, worauf Taspers Erklärung hinauslief – wundersam für 
einen Menschen der Bronzezeit, der überhaupt nichts von 
Raum-Zeit-Kontinuen wissen konnte. Eine Dimensionstür, das 
war der Sinn von all dem; durch so etwas waren die Yokanna 
vor undenklichen Zeiten gekommen; und durch dasselbe Portal 
waren sie wieder gegangen, als Jenes-was-stets-verfolgt ihnen 
näher rückte, als sie ertragen konnten. 

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23

Ein geheimnisvoller Mythos, dachte Morgan, der nichts da-

von wußte, daß die Xenomythologen in neun anderen homini-
den Kulturen Spuren desselben Glaubens entdeckt hatten, 
Kulturen, die vom Orion bis zu den Sierrasternen verstreut 
waren und zurück bis zu den Planeten von Herkules. 

»… Und als sie abzogen, mußt du wissen, haben sie das Tor 

offen gelassen«, murmelte Earl Tasper. »Für jene offen, die sie 
von Welt zu Welt verfolgen.« 

Morgan lief es eisig über den Rücken, denn er begriff. 
»… Und die Verfolger werden durch das Tor kommen und 

sie jagen. Wenn sie die Yokanna hier nicht finden, nun, dann 
werden sie das verwüsten und in Schutt und Asche legen, was 
sie finden: uns. Es sei denn, irgendein tapferer Mann schließt 
das Tor rechtzeitig.« 

Morgan furchte nachdenklich die Stirn. Verwirrt suchte er 

nach Worten. »Aber sie müssen doch … Ich meine, Herrgott, 
das alles liegt doch eine Ewigkeit zurück. Sind denn die Yo-
kanna nicht geflohen, weil ihre Feinde näherkamen … Sind sie 
denn nie gekommen? Warum kommen sie jetzt?« 

»Es hat etwas mit den verdammten Sternen zu tun. Die Sterne 

müssen richtig sein, ich meine, in der richtigen – wie heißt das 
verfluchte Wort doch? – in der richtigen ›Konfiguration‹ stehen, 
ja, das ist es! Du mußt wissen, das Tor ist nicht immer offen.« 

Morgan hatte tausend Fragen, aber er konnte sie nicht sortie-

ren, und so suchte er in ihnen herum, nahm hier eine und dort 
eine, sprach davon zu dem Fürsten, kaute an seiner Antwort 
herum, die immer wieder neue Fragen aufwarf. 

Aber dann fügte er es sich Stück für Stück zusammen, jeden-

falls das meiste. Die Yokanna und das, was sie stets verfolgte, 
reisten auf seltsame Weise zwischen den Welten, ja, und auch 
zwischen den Zeiten, und das war auch der Grund, weshalb die 
lange Zeitspanne zwischen ihrer legendären, weit zurücklie-
genden Abreise und der augenblicklichen Gefahr für sie bedeu-
tungslos war, aber für die Menschen so unerklärlich. Die Tore 

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24

(Morgan fand nie heraus, ob es mehr als eines gab, aber mögli-
cherweise war es so, weshalb sonst das eine in Frage kommen-
de mit einem Namen behängen – Taradontor nannte es sich in 
der Überlieferung) funktionierten nur selten, und die Position 
bestimmter Sterne war dafür der Schlüssel; Morgan dachte 
verwirrt an stellare Magnetfelder, an das Wirken gravitorischer 
Kräfte, und gab auf. 

»Aber warum gerade ich?« Klagend kam das. 
»Freund, ich weiß es nicht. So ist’s im Lied. ›Der Outworl-

der‹ sagt die Prophezeiung.« 

»Das Lied … weißt du, ich habe es nie gehört.« 
Das Sehen fiel jetzt schwer; der Westen stand in Flammen, 

und die langen, dünnen Wolken hatten Bäuche aus blassem 
Jadegrün. Der Garten war in purpurnen Schein gehüllt. Die 
massive, breitschultrige Gestalt des Earls war eine schwarze 
Silhouette vor ihm, ein Monolith der Finsternis, und er konnte 
das Gesicht seines Gastgebers nicht ausmachen. 

Und dann begann Tasper mit leiser, unsicherer Stimme zu 

singen. 

Nach einer Weile erfaßte ihn die Stimmung des Gesangs, fast 

so, als wäre ihm die Musik aus heroischen Zeiten ins Blut 
gegangen. Und es schien, als schlüge sein Herz im Takt dazu. 
Und ein paar Zeilen später bemerkte er, daß seine Hand den 
Takt schlug. 

Kleine Finger von Ehrfurcht – oder war es Angst? – strichen 

über Morgans Rücken, der dasaß und lauschte, die Stirn furchte 
und nachdachte. Und als der Earl schließlich jene Stelle im 
Gesang erreichte, die sich angeblich mit ihm, Morgan Out-
worlder, befaßte, hielt er den Atem an. 

 
»Der junge Zauberer trägt den Schlüssel und weiß, daß das 
Verderben naht. Reitet zu jenem fernen Ort am Meer, dort 
wo die Wogen brausen. 
 

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25

Dort, wo ein Outworlder wohnt, der Heimat fern, inmitten 
jener, die sich einst vergangen – auf seinen Schultern ruht die 
Last der Suche in der ganzen Welt …« 
 

Es folgten noch viele Strophen, aber Tasper sang sie nicht, und 
in Wahrheit hätten sie Morgan Outworlder in jenem Augen-
blick nichts bedeutet. 

Seine Stimme verstummte, während der Outworlder dasaß 

und in sich jene fremdartige, uralte Musik nachklingen hörte 
und über das Geheimnis nachdachte, das anfing, ihn in seinen 
Bann zu ziehen. 

Dann riß ihn Earl Taspers schwere Stimme aus seinen wan-

dernden Gedanken. 

»Siehst du, junger Freund, Kargonessa ist der ›ferne Ort, wo 

die Wogen brausen‹ … oder zumindest hatte dieser junge Zau-
berer das so angenommen. Was den Rest angeht, nun, ›jene, die 
sich einst vergangen‹, das sind wir Kargonesen, weil unsere 
Vorfahren in alter Zeit den Pakt brachen, den alle anderen auf 
Bargelixwelt geheiligt halten und nie verletzen würden.« 

»Ja, ich beginne zu begreifen«, murmelte der Terraner. 
»Und der Outworlder, ›der Heimat fern‹, das bist wohl du, 

denke ich … daran ist kein Zweifel … der einzige Outworlder, 
den es jetzt auf ganz Bargelixwelt gibt. Und das ist es, wieso 
der junge Sodaspes wußte, wen er suchen mußte und wie er ihn 
finden konnte …« 

 

Der alte, fette Priester hatte ein winziges Nest ganz unten im 
Burgfried; man hatte es förmlich aus dem Boden gegraben, und 
die Wände waren roh behauener Stein, dick und massiv, wie 
die Gebeine der Welt. Man konnte dort das Meer hören oder es 
fühlen, wie es kräftig gegen den Berg aus Felsgestein anrannte. 

Ein kleines Fenster spähte auf die düstere Iophanische See 

hinaus, ein Fenster, das man tief und schräg aus der Mauer 
geschlagen hatte, um Licht und Luft hereinzulassen. Man hatte 

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26

Scheiben aus altem, gelben Horn eingesetzt, so daß das herein-
fallende Licht schwach und von rosafarbenem Gold war. Da 
lagen weiche, schwere Kissen und ein oder zwei alte Teppiche, 
die jetzt fadenscheinig waren, und an der Wand stand ein Bü-
cherregal. Die riesigen, langen Cophyribücher waren ganz 
anders als ihre terranischen Gegenstücke aus Morgans Kna-
benzeit (er wußte, daß das nur mehr Filmbänder und Kassetten 
waren), und sie waren so schwer und so groß, daß Bücher-
schränke der Cophyri so gebaut waren, daß man sie flach la-
gern konnte. Vater Ormaldus war überrascht, ihn zu sehen. Er 
hatte ihn aus seinem gewohnten Schläfchen geweckt, aber jetzt 
fegte er Morgans Entschuldigungen weg und sagte, es gäbe 
bald Nachtmahl, und er würde seinen alten Knochen ohnehin 
erheben müssen, es mache daher nichts. Und Morgan lächelte 
innerlich, weil er wußte, daß der alte Mann ohnehin lieber 
essen oder trinken würde als schlafen. 

Auf den alten, ledergebundenen Büchern mit ihren zerknitter-

ten Pergamentseiten und den bunten Kapitelanfängen lag 
Staub. Die windschiefen, üppig verzierten Buchstaben waren 
schwer auszumachen (und das Licht war auch schlecht), aber 
der Priester schlug sich den schweren Folianten gegen den 
Schenkel, schüttelte den Staub weg und zeigte ihm die Seite, 
die er suchte, und begann mit einer langen, weitschweifigen 
Erzählung, wie er sich vor Jahren jenen Band für seine Samm-
lung beschafft hatte, und wer Lissandur gewesen war, der alte 
sodalmesische prophetische Barde, der den Gesang in lang 
verstrichenen Jahrhunderten aufgezeichnet hatte. Wie stets, war 
es auch jetzt schwer, dem geschwätzigen alten Priester lange 
zuzuhören, und so gab Morgan es nach einer Weile auf; er gab 
sogar auf, so zu tun, als hörte er zu, während er las und die 
Verse des Gesanges langsam eins wurden mit dem Schlag der 
Wellen gegen die Klippen, die man in der kleinen Kammer 
hören konnte. 

Schläfrig dröhnte die Stimme des alten Mannes, und Morgan 

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27

träumte und brütete über den verschlungenen Schriftzeichen und 
las den Lissandurgesang oder Teile davon und las Jazphers 
Anmerkung, und die Kommentare der Vier Alten las er auch, 
soweit er imstande war, die abstrusen Formulierungen einer 
antiquierten und weitgehend vergessenen Theologie zu enträt-
seln. Einiges von dem, was er las, brachte ihm neue Erkenntnis-
se; einiges war völlig verwirrend, und letzteres war zum Teil den 
Redakteuren und Kommentatoren zuzuschreiben, wenn diese 
versuchten, jene Teile des Gesanges zu enträtseln, die selbst für 
sie keinen Sinn abgaben, so wie der Begriff »Outworlder« für 
sie ein unergründliches Geheimnis darstellte, was er zunächst 
nicht begreifen konnte, bis ihm in den Sinn kam, daß diese alten 
Priester und Gelehrten zu einer Zeit gelebt, gedacht und ge-
schrieben hatten, als das erste terranische Sternenschiff den 
Boden dieses fernen Planeten noch nicht berührt hatte. 

Auf Kargonessa pflegte man das Nachtmahl spät einzuneh-

men. Ormaldus war sehr stolz auf seine Lichtuhr, die er mit 
viel geduldiger Arbeit und sorgfältigen Messungen selbst 
ausgetüftelt hatte. Sie hing an der Wand, genau gegenüber dem 
einen kleinen Fenster der Kammer, eine Platte, die auf eigenar-
tige Weise mit Farbstrichen und Zyklen bemalt war, so daß der 
Priester, je nachdem auf welchen Teil davon die Sonne fiel, die 
Stunde ablesen konnte. Morgan war fertig; er hatte genug 
gelesen, um das Rätsel teilweise zu erklären und neue Rätsel 
aufzuwerfen. Als der alte Mann sich schließlich räusperte und 
die Stunde verkündete, war er froh, sich von den Seiten des 
altes Buches abzuwenden und die Kammer mit dem alten 
Mann zu verlassen, der mit ihm die Treppe hinunterschlurfte, 
in die große Festhalle, wo er auf Sodaspes zuging, der dastand 
und wartete, die klaren, furchtlosen Augen auf den Erdmen-
schen gerichtet. Und der blieb vor dem jungen Magier stehen 
und sprach die Worte: »Ich werde mit dir gehen.« 

 
 

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Tasper wollte, daß sie wenigstens bis zum Morgen bleiben 
sollten. Er sagte, die Welt hätte so lange überdauert und würde 
doch wohl noch ein paar Stunden überdauern können, und 
Morgan war es gleichgültig, aber Sodaspes war darauf erpicht, 
sein großes Vorhaben in Angriff zu nehmen, und so verließen 
sie Kargonessa nach dem Abendmahl und wechselten sich 
dabei ab, das Floß über die dunklen Wellen zu treiben. 

Tasper hatte gegen Morgans plötzliche, impulsive Entschei-

dung, mit dem jungen Magier zu gehen, keine Einwände erho-
ben. Er nahm die Nachricht in mürrischem Schweigen auf, und 
ehe sie abreisten, schenkte er dem Outworlder einen fetten 
Beutel voll Handelssilber und einen Reiseanzug, der aus einem 
Lederwams bestand, das mit achteckigen Platten aus schwerem 
Stahl besetzt war, einem dicken, warmen Umhang aus Wolle 
und ein kostbares Schwert. 

Und noch ein weiteres Geschenk drängte er ihm auf: einen 

Diener. Als Morgan protestierte, widersprach ihm Tasper und 
rief den jungen Zauberer zu Hilfe. 

»Heißt es nicht im Gesang, daß ein kräftiger Diener, einer der 

sechs, die Tat verrichten soll?« fragte er. Sodaspes nickte 
wortlos, und so wurde es entschieden. 

Der Diener war ein starker, vierschrötiger Mann, Ende der 

zwanzig, namens Othgrim. Er hatte ein freundliches, ehrliches, 
offenes Gesicht, kräftige Muskeln, Haar von der Farbe von 
Stroh und helle, humorvoll blickende, gelbe Augen. Er war 
entzückt, mit von der Partie sein zu dürfen, und schwor dem 
Outworlder die Treue. 

Und so stakten sie quer über den Gelben Drachenfluß und 

redeten wenig miteinander. Morgan, weil er vor dem jungen 
Zauberer etwas verlegen war, der sich seiner selbst so sicher 
schien, so erfüllt von seiner Aufgabe, und dessen klare Augen 
beständig auf ein Ziel blickten, das Morgan nicht einmal sehen 
konnte; Othgrim, weil er es nicht gewöhnt war, sich vertrau-
ensvoll unter »Höhere« zu mischen, wie er sie nannte, und 

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29

Sodaspes, weil er sich in der Gegenwart des vorbestimmten 
Outworlder bescheiden, ehrfürchtig vorkam, des Mannes aus 
dem alten Mythos. 

Und so stakten sie nur das Nötigste redend, langsam quer 

durch den finsteren Hafen – unter einem Himmel, der plötzlich 
fast erhaben wirkte, stakten hinüber zu dem Fischerdorf, wo 
der Sänger wartete, wie Sodaspes zumindestens hoffte, und die 
von der Burg gekrönte Insel sank hinter ihnen zurück, eine 
hochragende Masse aus Finsternis mit nur wenigen flackernden 
Lichtern. Morgan schmeckte den kühlen Nachtwind von der 
See, würzig vom Salzduft und dem exotischen Geruch all der 
fernen Orte, die er besucht hatte. Jetzt wehte er von der dunk-
len Küste des Festlands zu ihm herüber, und Morgan träumte 
von Abenteuern, die ihm bevorstanden, und wunderte sich ein 
wenig über die impulsive Art, mit der er dem Ruf gefolgt war, 
den er immer noch nicht völlig begriff. Und dabei sah er sich 
nicht einmal nach der felsigen Insel um, die sein Zuhause 
gewesen war, und die er zutiefst liebte. 

Aber da wußte er natürlich noch nicht, daß er sie nie mehr 

sehen würde. 

Sie landeten, und Sodaspes vertäute das Floß an einer Stange, 

die mit farbigen Bändern als Eigentum der Familie des Jungen 
markiert war, von dem er das Floß am Morgen gemietet hatte. 
Sie kletterten an Land und fanden das Dorf in Finsternis dalie-
gend, selbst die Gasthäuser und Weinlokale waren geschlossen 
und dunkel, denn Fischer gehen früh zur Ruhe, weil sie schon 
vor der Morgendämmerung wieder aufstehen müssen, wenn sie 
die silberne, schuppige Ernte des Meeres einbringen wollen. 

Sie fanden den Sänger betrunken vor – Conyin von Llyrain 

hieß er, und einst würde er vielleicht einen Gesang aus der 
Geschichte ihrer Reisen machen, wenn sie sie geschafft hatten 
– und als sie die Tür aufrissen und ihn sahen, standen sie 
stumm da und starrten sein gerötetes Gesicht an, seine blutun-
terlaufenen, trüben Augen und seinen feuchten Mund. 

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30

Jetzt blickte er zu ihnen auf und lachte, lachte, hauptsächlich 

über den scheuen Morgan mit den starren Zügen, gleichzeitig 
aber auch über den Jungen mit den strengen Zügen. 

Lachte und sagte mit heiserer Stimme: »Das ist also der Narr, 

den du aufgepickt hast, was, Junge? Willkommen, dreimal 
willkommen im Tollhaus, ausländischer Herr?« 

Morgan sah den Magier fragend an, und der Junge sagte 

schnell: »Stör dich nicht an ihm, er ist oft so, aber trotzdem ist 
er ein wahrer Sänger.« 

Ob der Sänger das nun gehört hatte oder nicht, konnte keiner 

von beiden sagen, aber er brach in heiseres Gelächter aus, 
stampfte mit nackten Füßen auf den schmutzigen Boden und 
schlug sich mit den schwieligen Händen auf die Schenkel. 

»Seht uns an … seht uns an!« krähte er. »Zwei Narren, ein 

schwachsinniger Tölpel und ein verrückter Junge auf einer 
wahnsinnigen Reise an den Rand der Welt, um mit Schatten-
teufeln zu kämpfen, die noch kein Mensch je gesehen hat! Hat 
es je eine solche Reise oder Helden wie uns gegeben?« 

Und wieder hallte sein Gelächter, während Morgan steif und 

mit rotem Gesicht verlegen dastand und sich dachte, daß er 
sich gar nicht wie ein Held fühlte. 

 

Und so hatten sich die vier versammelt, jeder von weit her 
kommend, Conyin von Llyrain im Norden, Sodaspes von 
Babdaroul im Westen, Othgrim von Kargonessa im Süden und 
Morgan selbst, ein Outworlder vom fernen Centaurus. 

Seltsam unähnlich waren sie einander; der häßliche, ge-

schwätzige, stets betrunkene alte Barde, der streng wirkende 
junge Magier, der kräftige Diener mit mächtigen Muskeln, aber 
einfachem Herzen, und der scheue, verlegene, einsame Ster-
nenwanderer. Würde es ihnen gelingen, aus ihren Unterschie-
den ein Band zu knüpfen, das sie für die eine Aufgabe verbin-
den würde? 

Das mußten sie. Denn es hatte begonnen: sie hatten die ersten 

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31

Schritte auf ihrem langen Weg getan, und die Suche hatte 
bereits angefangen … 

 
 

3. 

 

Strye fiel hinter ihnen zurück, und als der Morgen zur Hälfte 
um war, hatten sie ein gutes Stück Weges nach Nordosten 
zurückgelegt. Eine Weile benutzten sie die alte Straße der 
Könige, verließen sie aber nach ein oder zwei Stunden und 
machten sich quer über die Grasebene auf den Weg. Es war ein 
düsterer, grauer Tag, und der Wind flüsterte in den hohen 
Gräsern, und sie beugten sich seiner unsichtbaren Macht, und 
in jenem Wind lag eine eisige Kühle. 

Sie hatten einander wenig zu sagen. Der alte Conyin war 

mürrisch und litt ohne Zweifel unter etwas, das man auf der 
alten Erde als Kater bezeichnet hätte. Der Zauberer war tief in 
seine Gedanken versunken und antwortete einsilbig auf Mor-
gans wenige Versuche, ein Gespräch zu beginnen, so daß nur 
er und Othgrim blieben. Der vierschrötige Knecht war es nicht 
gewöhnt, einen Loper zu reiten, und er hatte alle Mühe, nicht 
herunterzufallen. Wenn sie die Tiere nur im Schritt gehen 
ließen, machte das nichts, aber wenn sie dann zu traben began-
nen, war ihm deutlich anzumerken, daß er sich nicht wohl 
fühlte. Morgan versuchte, ihm das Reiten beizubringen, war 
aber das Sitzen auf einem Loperrücken selbst nicht gewohnt 
und fand es recht schwierig, sich an die seltsamen Tiere zu 
gewöhnen. 

Das Loper kommt dem terranischen Pferd so nahe, wie das 

die unterschiedliche Entwicklung auf Bargelix zuließ, was 
nicht sehr nahe ist. Das einzige, was Pferd und Loper wirklich 
gemeinsam haben, sind ihre vier Beine. Lopers sind mit kur-
zem indigofarbenen Pelz bedeckt und haben lange, nach vorne 
zulaufende Hälse, fast wie Giraffen auf der Erde; außerdem 

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32

sind sie höher gebaut als Pferde, und ihre langen Beine schei-
nen irgendwo ein zusätzliches Gelenk zu haben, was ihnen 
einen längeren Schritt mit seltsamem Rhythmus erlaubt, der 
einige Gewöhnung erfordert. 

Der graue Tag brachte schließlich kühlen Regen. Lange, nas-

se Gräser schlugen gegen die Flanken ihrer Reittiere, während 
sie sich langsam und hintereinander durch die Flüsternden 
Ebenen arbeiteten, wie das Grasland östlich von Strye heißt. Es 
dauerte nicht lange, bis Morgan von den Hüften bis zu den 
Füßen durchnäßt war. Sein Umhang, wenn auch aus schwerer 
Wolle gewebt, konnte wenig dazu beitragen, ihn vor dem 
Wetter zu schützen, und er wünschte sich aus ganzem Herzen 
einige der Bequemlichkeiten der technologisch orientierten 
Zivilisation, die er hinter sich gelassen hatte. Primitive Welten 
sind recht schön; sie sind romantisch und prunkvoll, erregend 
und farbenfroh, aber wenn dann ein Tag einmal kühl und reg-
nerisch ist, dann sehnen sich selbst die romantischsten Träumer 
nach einem Thermoumhang oder einer Repellereinheit. Aber 
im Augenblick hatte er keine andere Wahl, als die Zähne zu-
sammenzubeißen und alles zu ertragen. Und nach einer Weile 
gewöhnte er sich sogar an den leicht schwankenden Lauf sei-
nes Tiers und an die ewige Nässe. 

Er fragte sich, was er eigentlich hier zu suchen hatte, weshalb 

er diese Reise auf sich genommen hatte, und wozu das alles am 
Ende führen würde. Wahrscheinlich hatte er die Suche deshalb 
auf sich genommen, weil er tief in seinem Innern das Gefühl 
hatte, den Cophyri etwas zu schulden. Sie hatten ihn in ihrer 
Mitte willkommen geheißen, obwohl er ein völlig Fremder auf 
ihrer Welt war und nicht mit ihrer Lebensart vertraut. Noch nie 
zuvor hatte er das Gefühl gehabt, irgendwo zugehörig zu sein. 
Centaurus kam ihm eigentlich nicht als Heimat vor, denn wenn 
er auch dort geboren war, lagen seine Wurzeln doch auf der 
alten Erde, im mystischen Wales und in der Skandinavischen 
Union. Aber wohin auch immer seine Reisen ihn geführt hat-

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ten, er schien stets ein Fremder unter Fremden zu sein. Barge-
lix hingegen war ihm fast seit der ersten Stunde, in der er den 
Fuß auf diesen Planeten gesetzt hatte, wie ein Zuhause vorge-
kommen. Und die Leute hier hatten ihm in ihrer Mitte einen 
Platz eingeräumt; er war hier kein Fremder. 

Und wahrscheinlich war es das, eine nicht artikulierbare Tie-

fe der Dankbarkeit, die er empfand – und das hatte ihn zu 
seiner impulsiven Entscheidung geführt, die Suche auf sich zu 
nehmen. Denn ohne Zweifel glaubte er nicht an alte Prophezei-
ungen und geheimnisvolles Verderben. Er hatte das Gefühl, 
den Menschen dieser Welt vieles zu schulden, und dies war das 
allererste, was irgendeiner von ihnen je von ihm verlangt hatte. 

Er hätte gerne mehr über die Suche gewußt, die er sich zu 

seiner Aufgabe gemacht hatte. Als sie anhielten, um die Mit-
tagsmahlzeit einzunehmen und ihren Lopers Futter und Wasser 
gaben und eine Weile ausruhten, versuchte er, den Sänger 
danach zu befragen. Der alte Conyin hatte sich von den Nach-
wirkungen des vielen Alkohols erholt, den er am vergangenen 
Abend zu sich genommen hatte, aber seine Zunge war so 
scharf wie eh und je. Als Morgan ihn fragte, weshalb er sich 
der Suche angeschlossen hatte, da er doch, nach seinen Worten 
vom vergangenen Abend zu schließen, ebensowenig daran zu 
glauben schien wie Morgan selbst, brummte und knurrte der 
alte Barde und gab am Ende zu, daß auch er den Ruf gehört 
hatte. Sodaspes war der erste gewesen. Ihn hatte der Ruf eines 
Nachts in Babdaroul, der Verbotenen Stadt, erreicht. Erst vier-
zehn Tage davor war er in die Mysterien seiner Kunst einge-
weiht worden. Der Ruf hatte ihn während der Nachtwache 
erreicht, und er hatte ihn sofort begriffen und war aufgestanden 
und bei Morgendämmerung des nächsten Tages losgezogen. 

Was Conyin betraf, so war er auf dem Weg zum Hof des Kö-

nigs Chandazzar im Hügelland unterwegs gewesen, da es hieß, 
daß jener Monarch für die Lieder der Barden etwas übrig hatte 
und freigebig zu sein pflegte. Conyin hatte der Ruf in derselben 

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Nacht erreicht, in der er auch in der Zelle des Sodaspes in 
Babdaroul erklungen war. Er, der Sänger, hatte unter freiem 
Sternenhimmel gelegen, hatte seine Leier gestimmt und war 
damit beschäftigt gewesen, eine Ballade zu Ehren des freigebi-
gen Königs zu komponieren, dessen Gastfreundschaft er bald 
zu genießen hoffte. Auch er kannte die Bedeutung des Rufes. 
Denn er war ein geweihter Barde und auf seine Art so etwas 
wie ein heiliger Mann. Und er kannte den Lissandurgesang. 
Also hatte er abgewartet, bis der Zauberer am Ufer der Fluß-
straße erscheinen würde. Dann waren sie sich begegnet und 
waren gemeinsam nach Süden gegangen. 

Morgan sah den alten Mann mit unverhohlener Neugierde an. 

Er hatte keinen Ruf gehört, und als er sich darum bemühte, von 
dem alten Sänger mehr Einzelheiten darüber zu hören, versieg-
te dessen Redseligkeit, und er war nicht bereit, mehr zu sagen. 
Es war gerade, als wäre der Ruf etwas Persönliches und Inti-
mes, worüber man nicht sprach. Seine schmalen, knochigen 
Kiefer kauten getrocknetes Fleisch und schluckten saures Bier, 
und seine dunklen, gelben Augen blickten brütend ins Leere. 

Morgan wußte einiges über Barden seiner Art. Die Cophyri 

empfanden tiefe Verehrung für das Wissen und für Männer, die 
sich der Wissenschaft ergeben hatten. Sie waren nicht nur 
sakrosankt, sondern heilig. Es gab alle möglichen Arten von 
Barden, angefangen bei wandernden Minnesängern, die nicht 
mehr viel als Taschenspieler und Vagabunden waren, bis zu 
echten Rhapsoden. Ein Rhapsode, wie Conyin, wurde mit 
besonderer Verehrung betrachtet: er mußte die Kunst der Bar-
den auf einer der sieben Schulen dreimal fünf Jahre lang stu-
dieren, er mußte die Mysterien seiner Kunst beherrschen, und 
man schrieb ihm unter dem Volk die Fähigkeit zu, jene, die 
ihm Mißfallen bereiteten, ihn beleidigten oder verletzten, mit 
einem Fluch zu belegen. Morgan hatte einmal eine dieser 
langgezogenen, gereimten Fluchlitaneien gehört, und dabei 
hatten sich ihm die Nackenhärchen gesträubt. Er empfand 

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durchaus Mitgefühl mit einfachen, ungebildeten Bauern und 
konnte sich daher gut die Ehrfurcht und die Angst vorstellen, 
mit der sie einen Mann mit so seltsamen Kräften und geheim-
nisvollen Wissen betrachteten, wie Meistersinger von Barden-
rang waren. Und so sehr er sich auch wie ein alter, schmutziger 
Landstreicher benahm, war Conyin doch ein Meistersinger. 

Sie hatten sich einen guten Platz für ihr Mittagsmahl ausge-

sucht. In großen Abständen erhob sich hier und da ein Baum 
inmitten der Graswüste. Diese Bäume (man nannte sie Oraldi-
nar
, Oasenbäume, weil ihr Blattwerk Schutz vor der Sonne bot 
und man aus ihren fleischigen Wurzeln Wasser gewinnen und 
ihre großen Früchte essen konnte) hatten fremdartige, breite 
Blätter, so groß wie der Rücken eines Mannes, und weit ausge-
streckte Zweige, die eine beträchtliche Fläche deckten. Einer 
dieser Oraldinarbäume konnte einer halben Kompanie beritte-
ner Krieger Schutz vor dem Wind, der Sonne oder dem Schnee 
bieten. So nahmen sie ihre Mahlzeit mit einigem Komfort ein, 
zumindest trocken, während die ganze Welt um sie von kaltem, 
grauen Nieselregen erfüllt war. 

Sodaspes hatte Feuer gemacht, um sie zu wärmen, und Mor-

gan riß verblüfft die Augen auf, als er sah, wie er das machte. 
Während Othgrim den Lopers die Sättel abnahm und sie trok-
kenrieb und Morgan ihnen Futter und Wasser gab, schlenderte 
der junge Zauberer unter dem Baum herum, sammelte trockene 
Zweige und Laub und errichtete daraus einen kleinen Haufen. 
Statt aber die komplizierten kleinen Feuerzeuge aus Stahl und 
Feuerstein zu benutzen, die Morgan in Kargonessaburg gese-
hen hatte, holte der Magier einfach nur einen der kleinen Zau-
ber aus seinem Beutel. Es war ein kleiner roter Stein, der selbst 
im schwachen Licht dieses grauen Tages golden schimmerte. 
Diesen Stein legte er auf die aufgehäuften Zweige, und in 
wenigen Augenblicken brannten diese und flackerten munter. 
Es war seltsam. Morgan wußte, daß die Leute dieser Welt, so 
wie es die Primitiven überall taten, an Zauberei glaubten. Ge-

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legentlich hatte er bei Earl Taspers Festen gesehen, wie die 
Zauberei zur Unterhaltung benutzt wurde, hatte darin aber 
immer eine Kombination von Fingerfertigkeit und vielleicht 
gewisser Suggestivkraft gesehen, wenn nicht gar etwas wie 
Massenhypnose. Aber das, was er hier sah, ganz beiläufig, 
wirkte echt. Er dachte eine ganze Weile darüber nach, war aber 
zu verlegen, um sich näher zu erkundigen. 

Im flackernden Flammenschein betrachtete er die Gesichter 

seiner Begleiter, das glatte Gesicht des jungen Magiers mit 
seinem nach innen gerichteten gelben Blick und dem kahlge-
schorenen Schädel, die häßlichen Züge des alten Sängers und 
den trägen, breitgesichtigen Othgrim mit seinen kleinen, hellen, 
freundlich blickenden Augen. 

Conyin hielt seinen Blick am längsten fest. Es war unmöglich 

festzustellen, wie alt der Mann war, denn sein ledernes, durch-
furchtes Gesicht schien die Erfahrung von Jahrhunderten zu 
bergen. Seine Augen waren von dunklerem Gelb als die der 
zwei anderen und saßen tief in knochigen Höhlen. Seine Brau-
en waren buschig und wirkten irgendwie teuflisch. Er hatte ein 
langes Pferdegesicht und eine gerunzelte Stirn, dicke Lippen 
und einen sehr breiten Mund; seinen Kopf bedeckten wirre, 
schüttere Locken von eher farblos als grau wirkendem Haar. 
Seine lange, hagere Gestalt war mit Kleidern bedeckt, die man 
nur mit Mühe als solche bezeichnen konnte, die Reste von 
tausend Lumpensammlern schienen sie zu sein; nichts paßte zu 
irgend etwas anderem. Sein Umhang war geflickt und ausge-
franst und von einer Art dunklem Grün; seine Handschuhe 
bestanden aus abgewetztem, alten schwarzen Leder; sein Bein-
kleid war zerrissen und faltig – und dann hatte er alle mögli-
chen Dinge am Gürtel und in die Ärmel gestopft: Tücher, eine 
Art Schal, eine abnehmbare Kapuze und was dergleichen mehr 
war. Anstelle von Sandalen, Schuhen oder Stiefeln trug er 
Reitstiefel, die früher einmal aus scharlachrotem Leder bestan-
den haben mochten, jetzt aber abgewetzt und mit grauem 

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Schlamm und gelbem Ton bespritzt waren. 

Das Gesicht des alten Mannes zeigte eine Fülle von Charak-

ter und Humor von der Art eines Rabelais. Jetzt, da er sich 
weitgehend von den Folgen seines unmäßigen Trinkens erholt 
hatte, schien die Stimmung des Barden verbessert. Er summte 
ein kleines Lied und musterte den jungen Magier und den 
verlegenen Outworlder mit blitzenden, humorvollen Augen. 
Morgan hatte das Gefühl, daß er gerne ein Lied gespielt hätte 
und das auch getan hätte, wäre das Wetter nicht gewesen. 

Seine Leier war übrigens aus schönem, altem, gelbem Elfen-

bein. Er achtete besser auf sie als auf sich selbst; er trug sie 
eingehüllt in mit Wachs imprägniertem Leder unter seinem 
schweren Umhang. Ihr hatte auch seine erste Sorge gegolten, 
als er aus dem Sattel gestiegen war: er hatte sie aus dem Futte-
ral geholt und mit einem sauberen Leinentuch abgewischt, das 
er irgendwo unter dem phantastischen Sammelsurium an Klei-
dern zum Vorschein gebracht hatte. 

 

Aus dem leichten Nieselregen wurde ein Wolkenbruch. Glit-
zernder grauer Regen peitschte das Gras und trommelte auf die 
großen Blätter des Oasenbaumes herunter. Die Reisenden, die 
jetzt ihr Mahl beendet hatten und wußten, daß ihre Lopers 
ausgeruht waren, überlegten, ob sie gleich weiterziehen oder 
den Regenguß abwarten sollten. Sodaspes war unruhig und 
wollte weiterreiten. Dies sei gefährliches Land, sagte er, aber 
sie müßten es durchqueren. Aber als Morgan fragte, ob es 
wilde Tiere gäbe, schüttelte der Magier den Kopf und murmel-
te etwas von »Wilden Reitern«. 

»Aber im Regen reiten sie nicht, Knabe«, lachte der alte Co-

nyin. »Die sind vernünftiger.« 

»Ist das nicht ein guter Grund für uns, es zu tun?« fragte So-

daspes. »Wir können in diesem Regen weit kommen.« 

»Nicht weit genug; es kostet uns leicht ein oder zwei Tage, 

um Grymwood zu erreichen, falls du nicht über die Felsmauer 

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Thoor reisen willst. Und ich würde lieber einen Zusammenstoß 
mit den Reitern riskieren, als mich darauf einlassen, ein knur-
rendes Rudel Senmurven abzuwehren.« 

»Ich habe vor, den Weg über die Felsmauer zu nehmen«, 

sagte der Junge entschlossen. »Über die Senmurven zerbrechen 
wir uns den Kopf, sobald wir auf den Klippen sind.« 

»Sobald wir auf den Klippen sind, werden sie uns vielleicht 

den Kopf zerbrechen«, sagte Conyin trocken. »Aber tu, was du 
willst, für mich ist das alles ohnehin Wahnsinn.« 

»Warum hast du dann an der Flußstraße auf mich gewartet?« 
Conyin starrte brütend in die schwächer werdenden Flammen 

und gab keine Antwort. 

Sie stiegen auf ihre Tiere und ritten weiter, nachdem So-

daspes in der Asche seinen roten Stein gesucht, ihn sauberge-
wischt und wieder eingesteckt hatte. Morgan berührte ihn: er 
fühlte sich kühl und trocken an. Sodaspes sagte, daß man so 
etwas einen Dryope nenne, einen Feuerstein. 

Sie kamen bis zum nächsten Oasenbaum, vier Stunden We-

ges, ehe die Wilden Reiter über ihnen waren. 

 

Conyin sah sie als erster. Es hatte endlich aufgehört zu regnen, 
und wenn auch der Himmel noch von tiefhängenden Wolken 
bedeckt war, die eher wie dicker Nebel wirkten als die Art von 
Wolken, mit denen Morgan vertraut war, so standen doch die 
Zwillingssonnen von Bargelix hoch dahinter, und feuchte Hitze 
lag über der Ebene. 

Conyin ritt an der Spitze, und seine Haltung im Sattel wurde 

plötzlich steif, und er zügelte sein Reittier und starrte mit 
scharfen, alten Augen nach vorne. Sodaspes trabte an Morgan 
vorbei und hielt neben dem Alten an. 

»Ich habe es dir ja gesagt«, sagte der Sänger grimmig. »Drei-

ßig, würde ich sagen. Keine Ahnung, was sie tun werden.« 

Sodaspes wurde bleich. Er biß sich auf die Lippen und sagte 

nichts. 

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»Ich nehme an, du hast einen Zauber in einem deiner Beutel, 

mit dem man dreißig Wilde Reiter in die Flucht schlagen kann, 
wie?« fragte der Barde sarkastisch. Der junge Magier schüttelte 
wortlos den Kopf. 

Morgan, der hinter ihnen ritt, konnte noch nichts sehen. 
Hinter ihm seufzte Othgrim und betastete das blaue Amulett 

aus gebranntem Ton, das an einem Lederband um seinen Hals 
hing. 

»Die sind schlimm, die Reiter«, brummte er. »Vielleicht 

müssen wir gegen sie kämpfen, Meister.« Morgan sagte nichts; 
er trug ein langes Schwert an der Hüfte, war aber wenig damit 
vertraut. Der Barde war natürlich unbewaffnet, da nur wenige 
der Bewohner dieser Welt es wagten, gegen seinesgleichen die 
Hand zu erheben. Othgrim war mit einem Stab aus Eichenholz 
bewaffnet, zehn Fuß lang und an den Enden mit Eisenkappen 
versehen. Eine schreckliche Waffe, aber was konnte man damit 
schon gegen dreißig Männer ausrichten? 

»Was sind das – Banditen?« 
»Reiter sind keine Banditen, Meister. Sie sind die Männer 

der Ebenen. Sie reiten, wann sie wollen, und kennen kein 
Gesetz außer ihrem eigenen.« 

»Weshalb nennt man sie ›Wilde Reiter‹?« 
Der hünenhafte Knecht zuckte die Schultern. »Ich hab’ ein-

mal von Meister Yuthlim gehört«, sagte er und bezog sich 
damit auf den Barden an Taspers Hof. »Er sagte, die machen 
eine Art Kuchen aus irgendeinem Kraut, das sie Chingay nen-
nen, und das macht sie manchmal verrückt. Manchmal töten sie 
und foltern, dann sind sie wieder gastfreundlich und gutge-
sinnt.« 

Chingay bedeutete auf altcophyrisch »Verrücktes Blatt«. 

Morgan fragte sich, ob das vielleicht eine Art Halluzinogen 
war wie das terranische Peyote. Er wünschte sich in diesem 
Augenblick nichts so sehr wie einen Energiestrahler. 

Jetzt konnte er sie sehen, es waren leicht dreißig. Sie ritten in 

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weit gezogenem Halbkreis auf langbeinigen, verhungert ausse-
henden Lopers. Es waren gebräunte Männer mit harten Gesich-
tern, wilden Mähnen und riesigen Säbeln, die sie an Wehrge-
hängen trugen, die um ihre Schultern geschnallt waren. Sie 
waren fast nackt, nur mit Stiefeln, Lendentüchern und schwar-
zen Lederkürassen bekleidet, die ihren Oberkörper bedeckten. 
Sie fegten mit atemberaubender Geschwindigkeit über das 
Grasland dahin, geradewegs auf die kleine Gruppe von Reitern 
zu, und – das war das Beängstigende an ihnen – sie ritten völlig 
lautlos. Morgan hätte sich wohler gefühlt, wenn sie mit Geheul 
herangeprescht gekommen wären. Aber sie ritten in völligem 
Schweigen. 

Conyin ritt ihnen entgegen, und dann kam die breite Sichel 

aus Reitern plötzlich zum Stillstand. Er hob die Hand, um ihre 
Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und sagte mit lauter, klarer 
Stimme: 

»Ich bin ein geweihter Barde der Aronneschule. Mein Name 

ist Conyin Meistersänger, und ich reite unter dem Schutz des 
Hohen Brauches auf dieser Welt. Wenn ihr mich und meine 
Brüder aufhaltet, so tut ihr das auf eigene Gefahr, Reiter!« 

Die Reiter musterten sie böse, blieben aber reglos auf ihren 

Lopers sitzen. Zwei von ihnen flüsterten miteinander und 
warfen finstere Blicke auf die Reisenden, und einer von ihnen 
lachte. Morgan war unruhig und tastete nach dem Heft seines 
langen Schwertes, und er fragte sich, ob ihre Suche schon hier 
ihr Ende finden würde. 

Dann folgte ein langes Palaver; zwei der Wilden Reiter ritten 

vor, um mit dem Sänger zu verhandeln. Die Verhandlung, von 
der Morgan kein Wort hören konnte, schien ewig zu dauern. Er 
saß da, schwitzte in der schwülen Feuchtigkeit und wünschte 
sich weit weg. 

Endlich salutierte Conyin den zwei Reitern mit erhobener 

Hand und wandte sich wieder seinen Begleitern zu. Sein Ge-
sicht wirkte erleichtert, und er grinste breit. 

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»Alles in Ordnung, denke ich«, sagte er mit leiser Stimme. 

»Man hat uns eingeladen, dieser Gruppe zum Lager ihres Herrn 
zu folgen, um die Gastfreundschaft der Reiter zu genießen«, 
sagte er, und neben Morgan atmete der vierschrötige Othgrim 
erleichtert auf. 

»Das war knapp, Meister«, knurrte er. »Ich war schon sicher, 

daß gleich die Schwerter sprechen würden!« 

»Können wir ihnen vertrauen, meinst du?« fragte Sodaspes 

im Flüsterton. 

Der Barde zuckte die Schultern. »Das wissen die Götter, 

Junge. Aber ich dachte, es wäre nicht klug, ihre Gastfreund-
schaft abzulehnen.« 

Und so ritten sie weiter, durch den diesig-schwülen Tag, hin-

ter der galoppierenden Schar von Reitern her, und als der 
Abend nahte, tauchte am Horizont das Lager der Wilden Reiter 
auf. Es war ein dreifacher Kreis aus riesigen Wagen, mit Dä-
chern aus zusammengenähten Häuten über einem Rahmenwerk 
aus Korb. Die hochrädrigen Wagen wirkten auf Morgan wie 
die alten Planwagen des Wilden Westens, die Morgan in den 
Büchern seines Vaters gesehen hatte, als er noch ein Kind war. 
Am äußeren Rand des dreifachen Kreises grasten schwere 
Tiere, deren buschige Schwänze hin und her schlugen und auf 
deren dicken Köpfen phantastische Geweihe prangten. Morgan 
hatte dergleichen noch nie zuvor gesehen, vermutete aber, daß 
es Anthar waren, Vieh von der Art der Ochsen. Die Reiterno-
maden benutzten sie ohne Zweifel als Zugtiere für ihre Plan-
wagen und als Schlachtvieh. 

Stupsnasige Kinder starrten sie neugierig an, als sie in einer 

Gasse zwischen den Wagenkreisen auf deren Mitte zuritten. 
Gut aussehende, dunkle Frauen in voluminösen Röcken beäug-
ten sie von den Stufen der Wagen und riefen den Reitern, die 
sie begleiteten, mit schrillen Stimmen ihre Bemerkungen zu. 

In der Mitte des Kreises hatte man das Gras flachgetreten, 

und ein wahrhaft gigantisches Feuer flackerte himmelwärts. 

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Große Stücke von Antharfleisch drehten sich langsam an äch-
zenden Spießen, und ihr Fett tropfte in die Flammen. Rings um 
das Feuer waren Bänke aufgestellt worden, und dort saßen die 
Ältesten des Nomadenstamms, tranken aus Weinschläuchen 
und rauchten die hohen Wasserpfeifen aus durchlöcherter 
Bronze, von denen Morgan oft gehört, aber die er nie gesehen 
hatte. 

Ihre Begleiter zügelten ruckartig die Pferde und sprangen 

geschickt herunter. Die Abenteurer kletterten steif aus dem 
Sattel und standen herum, fragten sich, was nun geschehen 
würde. Dann kam der Anführer der Gruppe, der Mann, mit 
dem Conyin verhandelt hatte, im Gefolge eines eindrucksvoll 
wirkenden Mannes auf sie zu, der sicher der Häuptling der 
Horde war. Er war fast sechs Fuß groß, was für einen Cophyri 
eine Seltenheit war, da diese gewöhnlich nicht diese Größe 
erreichten, und er hatte auffällig bernsteinfarbige Augen, die 
wie die eines Löwen blitzten, und einen eindrucksvollen Bart, 
gepflegt und gewachst, offenbar sein ganzer Stolz. Conyin 
begrüßte ihn, worauf der andere würdig nickte und sie schwei-
gend musterte. 

Die anderen Reiter, die sich um sie drängten, hatten, wie 

Morgan feststellte, entweder glasige, gleichgültige Augen oder 
solche, in denen es wild loderte, was offenbar ihrer Stammes-
sitte zuzuschreiben war, Chingay zu kauen. Nicht so der Rei-
terfürst. Seine Augen waren scharf und klar suchend. Sie gli-
chen denen von Tasper Kargonearl: die Augen eines großen 
Königs. 

Endlich erhob er die Stimme, sie klang tief und sonor: »Ihr 

seid willkommen hier, in Frieden und Brüderschaft unter dem 
Pakt«, sagte er, und Morgan wußte, daß sie nichts mehr zu 
befürchten hatten. 

 

In dieser Nacht feierten sie mit den Reitern. Es war eine wilde, 
tumulthafte Nacht; am Himmel flammten die Sterne, und 

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mächtige Winde heulten gegen den goldenen Mond, die langen 
Gräser seufzten und stöhnten. 

Morgan aß, bis er nichts mehr essen konnte; in Kargonessa 

war Fisch das Grundnahrungsmittel, Antharfleisch eine Selten-
heit, die es nur an heiligen Tagen gab, aber hier auf den Ebenen 
war es umgekehrt, und Fisch galt als exotische Rarität. Es 
schmeckte herrlich, voll und saftig, dampfendheiß vom offenen 
Feuer, und dann gab es dicke Bratensoße, die man mit Brot 
auftunkte. Und gelben Wein, der mit Honig und Kräutern und 
rotem Pfeffer gewürzt war. Morgan aß, bis er das Gefühl hatte, 
er müsse bersten, und lehnte sich dann warm und schläfrig 
gegen ein Wagenrad. Wenn der Rest der Suche so sein sollte, 
hatte er eine glückliche Wahl getroffen, dachte er halb benom-
men. Ob es nun der Wein war, oder das Chingay, mit dem man 
die Bratensoße gewürzt hatte – jedenfalls empfand er eine 
seltsame Mischung aus Leichtigkeit und Schlaftrunkenheit. 

Die Reiter liebten Musik wie die Zigeuner und spielten sie 

auf klagenden Pfeifen und kleinen Glöckchen, während die 
jungen, unverheirateten Mädchen des Stammes vor den hoch-
lodernden Flammen eine wilde, erotische Sarabande tanzten. 
Die Röcke hoch gehoben, so daß man die roten Petticoats 
fliegen sehen konnte, mit nackten, langen Beinen, die immer 
wieder im Flammenschein blitzten, tanzten sie zu den berau-
schenden Rhythmen, und von Zeit zu Zeit sprang einer der 
jungen Männer mit einem wilden Schrei auf, um sich ihnen 
anzuschließen. Die Hände in den Hüftgürtel gesteckt, die 
Schultern zurückgeworfen und die Brust vorgereckt, stolzierten 
die Männer wie Kampfhähne herum, während die Mädchen sie 
umkreisten, mit den Röcken flatterten und mit roten Lippen 
lächelten, so daß ihre weißen Zähne im Flammenschein blitz-
ten. Es war wild und stürmisch, und Morgan genoß es. 

Dann forderte der würdige Reiterfürst, der unter den Stam-

mesältesten saß, Conyin auf, ihnen ein Lied zu singen, und der 
alte Barde stellte sich vor die Flammen und stimmte seine 

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Leier. Zuerst sang er ein melancholisches Lied, voll hallender 
Vierteltöne, wie um damit den Kontrast zu der wilden, schril-
len Musik des Tanzes herzustellen. 

Morgan hatte den alten Sänger noch nie zuvor singen gehört, 

und es war für ihn wie eine Offenbarung. Conyin war wahrhaf-
tig ein Meistersänger; seine Stimme war herrlich, tief und voll, 
ein edler Bariton, und das traurige Liebeslied, das er ihnen 
sang, versenkte sie alle in Träume. Dann schloß sich ein Stück 
aus einer der alten Heldensagen an, die Earl Tasper so geliebt 
hatte. Er sang die Ballade im epischen Versmaß, und sie war 
gefüllt mit Duellen und Schlachten und den Tagen der legendä-
ren Krieger des Altertums. Während Morgan den Worten 
lauschte, dachte er schläfrig, daß der blinde Homer wohl eben-
so gesungen haben mochte. 

Und dann schloß sich, wie um erneut einen Kontrast herzu-

stellen, ein seltsam komisches altes Lied an; es gab keinen 
Sinn, und Morgan begriff die ehrfurchtsvolle Stille nicht, die 
sich über sie senkte. Später sollte er sich daran erinnern, an den 
mächtigen Gesang jener früheren Suche, als die Neun Helden 
von Irion sich gegen die Schatten und die finstere Hexe stell-
ten, die Dienerin der Dunkelheit, nur bewaffnet mit der Harfe 
Gleewood und Gondafal, dem Schwert des Lichtes. Auf jener 
Suche hatten sie auch einen Sänger gehabt, und er war es, der 
jenes alte Lied gemacht hatte, um die anderen der Neun auf 
ihrem langen Weg zu erheitern: 

 
Wir suchen den König der Schatten, wo immer er stecken 
mag, auf der anderen Seite der Berge oder sechs Meilen tief 
im Grab! 
 
Wir jagen auch die Hexe, die seine Dienerin ist, um Mores 
sie zu lehren. Unter dem Mond soll ihre Burg liegen? Was 
macht das uns schon aus! 
 

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Sind wir auch nur neun Männer (mit Gleewood sind wir 
zehn), kein Ort der Welt ist uns zu weit, sonst suchen wir 
nochmal! 
 

Dann schwoll das alte, muntere Lied an, und wieder fielen all 
die Wilden Reiter und ihre Frauen und Kinder ein, ein mächti-
ger Chor, der dem einfachen, alten Lied etwas von der Leiden-
schaft und der Macht eines Epos verlieh. Und plötzlich ertappte 
Morgan sich dabei, wie er mit den anderen mitsang … 

 
Sie mag zehn Heere haben, gehorsam ihrem Wort, und wir, 
die wir nur neun sind (Gondafal nicht gezählt)! 
 
Am Morgen soll sie zittern, noch vor der Zeit des Mahls be-
siegen wir ihre Armeen – und werfen sie ins Meer! 
 
Dann soll die Hexe zittern, ja zittern soll die Hex, ja zittern 
soll die Hex. 
 

Das alte Lied bekam brüllenden Applaus, aber der nächste 
Gesang rief ehrfürchtiges Schweigen hervor. Man spürte die 
tiefe Trauer, die es erzeugte, aber es war eine strenge, grimmi-
ge, kraftvolle Art der Trauer. Es ging um ein Opfer, das der 
Liebe zu bringen war, und um einen Fremden, der endlich sein 
Zuhause fand, und irgendwie war er gleichzeitig Sieger und 
Besiegter, und erst als Morgan bemerkte, daß alle Männer ihn 
anstarrten, erwachte er langsam und bemerkte, daß der alte 
Barde mit großer Würde und mit Tränen in den Augen den 
Lissandurgesang sang. 

In hallendem Schweigen endete er. 
Der Reiterfürst stand auf und verbeugte sich vor dem Sänger, 

dann drehte er sich um und verbeugte sich vor Sadaspes und 
Othgrim und auch Morgan. 

»Auch wir Bewohner der Ebenen kennen die alten Weisen«, 

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sagte er leise. »An uns ist der Ruf nicht ergangen, obwohl es 
hier Helden gibt. Unsere weisen Männer haben die Sterne 
gelesen und wissen, daß der Drache sich wieder geformt hat, so 
wie er einst in der Vergangenheit tief am fernen Himmel 
prangte, als der Elendstern rot wie Feuer oder Blut loderte.« 

Der Wind flüsterte im Gras; ein paar Augenblicke lang 

sprach niemand. 

»Wir kennen euch und kennen auch eure Sendung, weil wir 

schon seit langem wissen, daß ihr eines Tages dieses Weges 
kommen würdet«, fuhr der alte Häuptling langsam fort. »Der 
Zauberer, der Sänger, der Knecht und der weitgereiste Fremde. 
Ihr ehrt uns ungemein, und wir werden unseren Kindern und 
den Kindern unserer Kinder noch erzählen, daß wir euch ein-
mal gesehen haben.« 

Und Morgan sah, daß auch seine Augen mit Tränen gefüllt 

waren. 

 

Es gab keinen Wein mehr zu trinken und keine Lieder, die es 
zu singen galt, aber am Ende wartete ein weiches Bett in den 
Zelten der Wilden Reiter und tiefer Schlaf unter dem purpur-
nen Himmel, wo tausend Sterne groß und klar brannten, wie 
verstreute Diamanten auf dickem Samt. 

Noch lange sollten sie sich der Gastfreundschaft der Reiter 

der Ebenen erinnern, denn vor ihnen lagen schwere Zeiten auf 
jener langen Straße, die um die Welt führte. Sie mußten über 
Ebenen und Klippen, durch Wälder und über Berge, vorbei an 
Ungeheuern und Magiern, bis schließlich ihre große Suche ihr 
Ende finden würde. 

 
 
 
 
 
 

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47

4. 

 

Am nächsten Tag bildeten die Wilden Reiter eine Eskorte und 
ritten den ganzen Tag mit ihnen, denn im Grasland gab es 
Banditen und wilde Tiere. Die dritte Nacht ihrer Reise ver-
brachten sie unter den Sternen, während die Reiter respektvoll 
Wache standen, und als dann der Morgen dämmerte, ritten sie 
weiter nach Osten, wo die Felsmauer sich wie eine weiße 
Wand aus dem Morgen hochtürmte. 

Der Reiterfürst – er hieß Loran – hatte sie höchst gastfreund-

lich mit Antharseiten versorgt, die in Wachshäute gehüllt wa-
ren, und mit trockenen Früchten, die die Wilden Reiter gegen 
Fleisch und Häute von den Bewohnern der Handelsstädte im 
Norden eintauschten, und mit gutem Wein in ledernen Säcken, 
aus denen man nach Reiterart trinkt, indem man sich den 
Schlauch über den Kopf hält, so daß der Elfenbeinspund herun-
terhängt, und dann drückt man den Wein in einem dünnen 
Strahl in den Mund. Wenn man Glück hat: als Morgan es das 
erstemal versuchte, besudelte er sich sein Lederhemd damit. 

Die Reiter, die sie begleiteten, schlugen diesen Weg wider-

strebend ein, denn es hieß, daß die Felsmauer von den Senmur-
ven unsicher gemacht würde, die ihre Nester in kleinen Höhlen 
und Löchern im Felsgestein hätten. Aber Sodaspes blieb hart-
näckig. Der Ruf, der an ihn ergangen war, hatte ihm gesagt, 
daß der fünfte ihrer Gruppe sich ihnen auf den Klippen an-
schließen würde. Außerdem lag hinter der Felsmauer Grym-
wood, und das war der Weg, den sie einschlagen mußten. 

Als sie der Felsmauer von Thoor näherkamen und Morgan die 

mächtige Klippenwand deutlicher erkennen konnte, verspürte er, 
wie ihn ein Gefühl der Niedergeschlagenheit überkam. Das 
sollten sie ersteigen? Wie eine tausend Fuß hohe Mauer türmten 
sich die Klippen über ihnen auf und zogen von Norden nach 
Süden quer über die Welt, so weit das Auge in diesem Dunst 
sehen konnte (denn es war immer noch nebelig). Aber Sodaspes 

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48

behauptete, von einem Paß zu wissen, und da war auch einer, 
wenn sie auch den ganzen Vormittag brauchten, um ihn zu 
finden, weil sie etwas vom Weg abgekommen waren, indem sie 
zum Lager der Reiter nach Norden zogen. Er war steil und 
schmal, steiler, wie Morgan dachte, als irgendein Loper klettern 
konnte; aber Conyin sagte, die Lopers seien dazu imstande, 
wenn es auch nötig werden könnte, sie ein paarmal von der 
Peitsche kosten zu lassen, um sie in Gang zu halten. 

Sie trennten sich am Fuß des Passes von der Reiterschar, und 

über ihnen ragten die Klippen wie die Mauern einer Stadt von 
Giganten auf. Der Abschied war ziemlich peinlich. Denn die 
dreißig Krieger warfen sich wie ein Mann auf die Erde und 
knieten, um ihren Segen entgegenzunehmen, und einer von 
ihnen, ein gut aussehender Junge mit scharfen, gelben Augen, 
einem guten Gesicht und einer Nase, die wie der Schnabel 
eines Falken wirkte, kniete vor Morgan nieder, bestand darauf, 
ihm die Hand zu küssen und bat um seinen Segen. Morgan sah 
die anderen hilflos an (Conyin grinste unverhohlen), aber sie 
waren ihm keine Hilfe, und so hob er verlegen eine Hand – der 
Junge hatte die Lippen fest auf die andere gedrückt – und 
machte die Andeutung einer Segensgeste. Niemand lachte. 

Der Junge dankte ihm ernst, so als hätte er etwas Seltenes, 

Wunderbares getan. »Man nennt mich, Khonor, Sohn von Lord 
Reiterlord«, sagte er. »Und ich und meine Männer sind die 
Deinen, wenn du uns je brauchen solltest, Lord!« 

Dann sprangen sie in den Sattel, machten kehrt, die nackten 

braunen Arme grüßend erhoben, stießen einen ohrenzerreißen-
den Schrei aus und fegten über das Grasland davon, so daß 
Morgan ihnen nur benommen nachstarren konnte. Die Wilden 
Reiter … die Flüsternden Ebenen … Nie sollte er sie wiederse-
hen, aber dies wußte er natürlich nicht. 

 

Stundenlang quälten sie sich den steilen Paß hinauf. Die feuch-
te, schwüle Wärme der Ebene wich trockener, kühler Luft. 

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Manchmal wurde der Paß so steil, daß sie aus dem Sattel stei-
gen und die Lopers führen mußten, indem sie vor ihnen gingen 
und sie an den Zügeln zerrten. Die langbeinigen blauen Tiere 
gaben klagende Laute von sich, quälten sich aber weiter. 

Der Felsstaub hing dicht in der Luft und er war weiß, denn 

das Gestein hier war Mergel und zerbröckelte wie Kalk. Sie 
sahen keine Spur von Senmurven – was immer Senmurven sein 
mochten. Morgan hatte nie zuvor von ihnen gehört, oder zu-
mindest nur als heraldisches Symbol, denn die Fürsten von 
Srishtar tragen sie als Wappen. 

Sie kletterten weiter. Morgan begann Muskeln zu entdecken, 

von denen er gar nicht gewußt hatte, daß er sie besaß, aber 
entdeckte sie hauptsächlich, wenn sie zu schmerzen begannen. 
Besonders Muskeln an seinen Schenkeln; er preßte die Lippen 
zusammen und fuhr fort zu klettern, gab sich Mühe, sich nicht 
zu beklagen. Hinter ihm stapfte der vierschrötige Othgrim 
dahin, und sein breites, fleischiges Gesicht war gerötet, und er 
murmelte unablässig vor sich hin. 

Weder Sodaspes noch dem Sänger schien die Kletterpartie 

etwas auszumachen. Sie schienen tatsächlich fast Gefallen 
daran zu finden, obwohl sie beide binnen kurzer Zeit von Kopf 
bis Fuß vom Felsstaub weiß waren. Morgan selbst war eben-
falls ganz weiß; das Zeug war in seinem Mund, biß in seinen 
Augen und klebte an seinem Hals. 

Aber alles endet einmal, und so erreichten sie schließlich den 

leichter zu begehenden Teil des Passes und konnten ihre Lo-
pers wieder besteigen und weiterreiten. Von dieser Höhe aus 
konnten sie in ungeheure Weiten blicken. Unter ihnen lag 
meilenweit die Ebene, von leichtem Nebel überzogen; dahinter 
konnte man ganz schwach das Glitzern des späten Nachmit-
tagslichts auf Wasser erkennen: der Gelbe Drachenfluß oder 
das Meer? Styre selbst war unsichtbar, ebenso wie Kargonessa. 
Der Himmel rötete sich, als die erste der Doppelsonnen im 
flammenden Glorienschein hinter dem Horizont versank. Der 

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weiße Stern, Sitra, stand immer noch am Himmel, wenn auch 
der Tag schon fast vorbei war. 

Sie mühten sich weiter den Paß hinab, und der kalte Wind, 

der ihnen ins Gesicht schlug, war sehr erfrischend. Conyin pfiff 
eine melancholische Weise und trank von Zeit zu Zeit aus 
seinem Weinschlauch, was Sodaspes dazu veranlaßte, die 
Lippen mißbilligend zusammenzupressen und den Blick abzu-
wenden. 

Morgan war der erste, der einen Senmurv erblickte. 
Er wußte nicht, was es war, und hätte fast über das komische 

Aussehen des Geschöpfes gelacht, das ganz und gar nicht 
gefährlich wirkte. Man stelle sich einen Adler mit einem Hun-
dekopf vor, das vermittelt den Eindruck wohl am besten. Der 
Körper war für einen Vogel groß und wirkte plump, er wat-
schelte auf kurzen, krummen Beinen, die mit glänzenden 
schwarzen Klauen bewehrt waren. Der Hundekopf hatte eine 
heraushängende Zunge, dick und feucht und weiß, und Augen, 
die im Schatten rot funkelten. Es klammerte sich irgendwie an 
einen weißen Mergelvorsprung über ihnen und starrte herunter 
wie ein Wachhund, der die Witterung noch nicht aufgenommen 
hat und nicht weiß, ob er bellen soll. Lachend wollte Morgan 
die anderen auf das seltsame kleine Zwitterwesen hinweisen, 
aber Sodaspes schrie ganz plötzlich schrill auf. Er verstummte 
sofort wieder und sah sich verlegen um, aber das nützte nichts. 
Mit einem heiseren, schnarrenden Bellen stürzte sich der Hun-
deadler nach vorne und kam auf sie heruntergeschossen, die 
Augen glühend, die weiße Zunge aus dem mit Fängen bewehr-
ten Maul hängend. 

Das Geschöpf wirbelte so dicht an Morgan vorbei, daß er das 

Pfeifen des Windes in den steifen Federn hören und den stren-
gen Geruch seines Körpers einatmen konnte. 

Während die Bestie an ihm vorbeifegte, erfaßten ihre Fänge 

seine Schulter, rissen daran und fetzten ein Stück von seinem 
Umhang weg. Er taumelte benommen zur Seite und fiel von 

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51

seinem Loper. Der Senmurv war in einer steilen Kurve wieder 
nach oben gezogen. Jetzt bellte er, ein schriller, heiserer, kläf-
fender Schrei, dessen Echo von einer Felswand des steilen 
Passes zur anderen hallte. 

Ehe Morgan sich bewegen oder denken konnte, wimmelte es 

über ihnen von den wilden, kleinen Tieren. Ein heulender 
Chor, wie von jagenden Bluthunden, erfüllte den Himmel. 
Überall wirbelten ihre geflügelten Leiber herum, schnappend 
und knurrend und um sich beißend. Sodaspes stieß ein halb 
ersticktes Krächzen aus und riß eines der Tiere von seiner 
Kehle weg, wo es sich festgeklammert hatte, die schwarzen 
Klauen ausgestreckt und wild um sich beißend. Die Lopers 
schrien und bäumten sich auf, schlugen wie wild um sich. 

Der hünenhafte Othgrim schwang seinen schweren Stab und 

traf eine der geflügelten Bestien in der Luft. Morgan hörte das 
Klatschen des eisenbeschlagenen Stabes, als der den Senmurv 
am Rücken traf. Das Ding stieß einen Schmerzensschrei aus 
und plumpste zu Boden. Vielleicht hatte der Schlag mit der 
Eichenstange ihm das Rückgrat gebrochen – jedenfalls zer-
schmetterte Othgrim ihm mit einem zweiten Schlag den Kopf 
und schwang dann seinen Stab herum, um ein zweites Opfer zu 
suchen. 

Sodaspes hetzte durch den wirbelnden, weißen Staub heran, 

packte Morgan am Arm und drängte ihn weiter. 

»Hinauf zum höchsten Punkt des Passes!« keuchte er. »Viel-

leicht können wir sie dort besser abwehren, wenn wir oben 
stehen …« 

Morgan spürte die Panik des anderen, zögerte aber zu flie-

hen. Hinter ihm war Othgrim aus dem Sattel gestiegen. Er 
stand jetzt inmitten einer wirbelnden Wolke der kleinen Teufel 
und ließ seinen mächtigen Stab mit vernichtender Wirkung 
kreisen. Was Conyin betraf, so stand der alte Rhapsode mit 
dem Rücken an der Felswand und wehrte sie mit seinem eige-
nen Stab ab. Drei oder vier der Bestien lagen zu seinen Füßen. 

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Morgan wollte nicht Sicherheit für sich selbst suchen, solange 
seine Kameraden noch bedrängt wurden. Er wischte die Hand 
des Magiers mit einer kurzen Entschuldigung weg, zog unge-
schickt sein Schwert und eilte Conyin zu Hilfe. 

Eines der Scheusale hing mit wütend schlagenden Flügeln in 

Brusthöhe und schnappte immer wieder nach dem alten Mann. 
Morgans Stahl traf es an der Schulter. Er konnte einen Blick 
auf ein bösartig geöffnetes, schwarzes Maul und wilde Augen 
erhaschen, die rings um die Pupille ganz weiß waren, als der 
wütende Hundevogel den Kopf herumdrehte, um nach der 
Klinge zu schnappen. Zähne knirschten und glitten auf dem 
Metall ab, und einer der Fänge brach. Dann schnitt die Klinge 
in den Flügelmuskel, und der Senmurv fiel herunter. Morgan 
biß die Zähne zusammen und tötete das Scheusal. 

Sein Angriff von hinten alarmierte das Rudel, das Conyin 

umflatterte, und sie bogen plötzlich mit schrillen Warnrufen ab. 
Morgan packte den Arm des alten Minnesängers und zerrte ihn 
von der Felswand weg, schob ihn auf Sodaspes zu, der immer 
noch unschlüssig weiter oben am Paß stand. Der Rhapsode 
stieß ein Wort des Dankes hervor und taumelte im wirbelnden 
Staub davon. Morgan drehte sich um, um zu sehen, wie es 
Othgrim erging. Sie waren jetzt alle zu Fuß, und ihre Reittiere 
waren entweder tot oder in wilder Flucht den Paß hinunter 
begriffen. 

Der vierschrötige Knecht war ganz in seinem Element: das 

Gesicht schwarz und verzerrt, den Mund weit geöffnet, schrie 
er dröhnende Flüche hinaus und schwang den schweren Stab in 
der geflügelten Wolke kläffender Scheusale und traf immer 
wieder eines davon mit schmetternden Schlägen. 

Sein Lederhemd bestand nur noch aus Fetzen, und Fänge 

oder Klauen – oder beides – hatten ihm die nackte Brust, den 
Rücken und die Schulter mit scharlachroten Linien überzogen, 
aber er kämpfte ruhmreich und schwang den eisenbeschlage-
nen Stab mit der ganzen Gewalt seiner mächtigen Muskeln. 

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Schon lagen sechs oder acht tote Senmurven im Staub zu sei-
nen Füßen. 

Als Morgan sich näherte, den Stahl schwingend, wirkte das 

wie ein Alarm für das Rudel, das in einer schwindelerregenden 
Spirale davonstrebte, so daß Othgrim sich einen Augenblick 
auf seinen Stab stützen und nach Luft schnappen konnte. Mor-
gan drängte ihn weg und sie stürmten beide zur Paßhöhe, wo 
Conyin und Sodaspes einen Ort der Zuflucht gefunden hatten. 

»Schnell jetzt; die fassen gleich wieder neuen Mut«, knurrte 

der alte Sänger und schob sie vor sich her. 

Sodaspes hatte eine Höhle gefunden; kaum mehr als ein Loch 

in der Felswand, und nicht hoch genug, daß einer von ihnen 
hätte aufrecht stehen können, aber so eng wie der Eingang war, 
konnte ein einziger Mann dort eine ganze Armee aufhalten. Sie 
stolperten in die Finsternis hinein, dabei kleine, trockene Kno-
chen unter den Füßen zerdrückend, und Morgan hoffte nur, daß 
der räuberische Bewohner, dem diese Höhle als Behausung 
diente, heute nicht zu Hause sein möge. 

Geduckt, keuchend, in der schlechten Luft halb erstickend, 

hörte Morgan ein warnendes Knurren von Othgrim, der hinter 
ihm war, und drehte sich um, um zu sehen, daß ein hechelnder 
Hundeschädel am Eingang schnüffelte. Othgrims Stab traf den 
Schädel zwischen den roten, leuchtenden Augen, und trieb das 
Tier zurück. Aber kurz darauf schob sich eine andere schwarze 
Schnauze neugierig ins Dunkel – und dann noch eine und noch 
eine. Othgrim handhabte seinen Stab mit grimmigem Geschick, 
während die anderen sich steif niederkauerten, den Felsstaub 
und den Gestank der Höhle einatmeten und sich fragten, ob sie 
das schwarze Loch wohl je wieder lebend verlassen würden. 

»Einen kleinen Fehler hat dieses Versteck«, knurrte der Sän-

ger, zu Sodaspes gewandt. »Stimmt schon, diese Vogelbiester 
können uns nicht anfallen; auf der anderen Seite stecken wir 
hier fest und können nicht mehr hinaus, solange die nicht da-
vonfliegen – wenn sie das je tun!« 

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Darauf wußte Sodaspes keine Antwort, denn die Feststellung 

des Alten stimmte. Aber sie mußten warten und sehen, was 
geschehen würde; vielleicht würden die geflügelten Scheusale 
ihrer Wache müde werden und anderswo leichtere Beute su-
chen. 

Eine halbe Stunde verstrich, und immer noch schwärmten die 

hundeköpfigen Adler knurrend und mit Schaum vor den Mäu-
lern am Eingang ihrer Zuflucht. Morgan hatte das dumpfe 
Gefühl, als müßte ihm das Rückgrat vom langen Kauern bre-
chen. Und dann sehnte er sich mächtig nach Wasser, konnte 
aber den Schlauch nicht erreichen, der hinter ihm hing. 

Sodaspes, der weiter in die Felsspalte eingedrungen war als 

die anderen, fand einen Spalt, einen Schlitz am Ende der engen 
Höhle. Der Schlitz war mit lockerem Felsgestein fast ver-
schlossen, aber der junge Magier entdeckte einen Luftzug, der 
durch die Lücken zwischen den Steinen wehte. 

Mit beiden Händen tastend, gelang es dem Magier, ein paar 

Steine locker zu bekommen und herauszuziehen. Der Luftzug 
wurde jetzt stärker. Jetzt machten sich die Abenteurer daran, 
gemeinsam arbeitend, so gut das in der Enge ging, größere 
Steine zu lockern. Schließlich entdeckten sie eine Ausweitung 
in eine größere Höhle. Sie war so eng und niedrig, daß sie 
kriechen mußten, einer hinter dem anderen, und schwarz wie 
Pech. Sie konnten nicht sehen, wohin der Weg sie führte, und 
wußten auch nicht, ob der Felsspalt sie ins Freie führen oder 
nach einer Weile an einer massiven Felsmauer enden würde. 
Aber von irgendwoher mußte die frische Luft kommen, und 
wie Conyin auf seine lakonische Art bemerkte, selbst wenn die 
Spalte sie nur zu einer anderen Felswand führte, konnten sie ja 
immer noch umkehren und würden dann wieder in derselben 
Lage wie vorher sein, nicht besser und nicht schlechter dran. 

Mit den gelockerten Felsbrocken versperrten sie den vorde-

ren Eingang, so daß auch die mutigeren der Senmurven ihnen 
nicht folgen konnten. Dann bewegten sie sich, einer nach dem 

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anderen, gebückt und manchmal auf allen vieren dahinkrie-
chend, hintereinander durch den schwarzen Gang. Das scharfe 
Gestein riß ihnen Knie und Hände auf; sie holten sich ein paar 
Abschürfungen an den Felswänden, schafften es aber irgend-
wie, sich durchzuwinden und am Ende ins Freie zu gelangen. 

Die Höhle führte zu einem schmalen Felssims, von dem aus 

man eine tiefe Schlucht überblicken konnte, bei der es sich um 
irgendeinen Nebenarm im Innern der Felsmauer handeln muß-
te. Der Sims war an seiner breitesten Stelle nur knapp zwei Fuß 
breit und verlief an der Felswand entlang, beschrieb dann einen 
Bogen und verschwand. Müde, verstaubt, sich die schmerzen-
den Muskeln reibend, überlegten sie, was nun zu tun sei. Mög-
licherweise endete der Vorsprung hinter jener Kurve; aber es 
lohnte zumindest, das näher zu erforschen. Mit Conyin an der 
Spitze, weil er am besten zu Fuß war, schoben sie sich mit den 
Rücken an der Klippenwand langsam an dem Sims nach vorne. 

Für Morgan war es nach jener endlosen Zeit in der finsteren, 

engen Höhle schon ein Glücksgefühl, wieder frische, kalte Luft 
zu schmecken und das Sonnenlicht im Gesicht zu spüren und 
aufrecht zu stehen. 

Vor der Biegung weitete sich der Sims etwas aus, so daß sie 

frei stehen konnten. Conyin ging vorsichtig auf die Biegung zu 
und blieb dann mit einem heiseren Stöhnen stehen. 

Denn jetzt waren die Senmurven wieder über ihnen, und 

diesmal war ihr Stand zu unsicher, als daß sie hätten kämpfen 
können. 

Das Rudel der fliegenden Schrecken mußte Witterung von 

ihnen bekommen haben und über die Bergkuppe in diese inne-
re Schlucht geflogen sein. Da waren zehn – ein Dutzend – zwei 
Dutzend dieser geflügelten Bestien. Flatternd und schnaubend 
stießen die hundeköpfigen Adler auf den Felssims herunter, auf 
dem sie standen. 

Conyin fluchte heftig, aber sein faltiges, häßliches Gesicht 

wirkte seltsam friedlich. Othgrim schien völlig ungerührt; er 

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stand neben Morgan, als wollte er den Outworlder mit dem 
eigenen Körper schützen. Sodaspes war damit beschäftigt, 
etwas aus seinem Beutel zu ziehen, dem Beutel, der mit so 
vielen kleinen Zaubern vollgestopft war, und plötzlich kam es 
dem Outworlder in den Sinn, daß die Senmurven so schnell 
angegriffen hatten, daß der Magier überhaupt noch nicht im-
stande gewesen war, eine seiner übernatürlichen Waffen einzu-
setzen. Was Morgan anging, so empfand er tiefe Müdigkeit 
und doch zugleich ein Gefühl des Überschwangs. Hier sollte es 
also enden, seine Wanderung, seine Sternreisen! Zumindest 
hatte er seine wahre Heimat gefunden, bevor das Ende kam. 
Zumindest würde er, wenn er schon sterben mußte, hier in 
Gesellschaft guter und treuer Männer sterben. 

Der erste Senmurv sprang ihn mit schwirrenden Flügeln und 

freigelegten Klauen an und ging auf seine Augen los. Sich mit 
dem Rücken gegen die Felswand pressend, hob Morgan sein 
Schwert und schwor, daß er wenigstens ein paar der fliegenden 
Teufel zu den Toren des Todes mitnehmen würde … 

Und dann blühte da plötzlich, wie durch Zauber, ein funkeln-

der weißer Pfeil aus der breiten Brust des Senmurven auf! 

Das Ding schrie auf und taumelte zur Seite, prallte gegen die 

Klippe. Ein zweiter Pfeil pfiff durch die Luft und durchbohrte 
den Schädel des nächsten Scheusals. 

Morgan dachte benommen, es wäre Sodaspes, der endlich 

eine seiner Zauberkünste eingesetzt hatte, aber nein, als er sich 
umsah, um nach dem jungen Magier zu sehen, war der ebenso 
benommen und verwirrt wie die anderen, und die Waffe, was 
auch immer sie sein mochte, hing unbenutzt und vergessen in 
seiner Hand. 

Ein Mädchen trat um die Felsbiegung. Ein glänzender Bogen, 

den kleine, kräftig wirkende Fäuste hielten, entsandte einen 
dritten Pfeil und einen vierten. Sie starrten sie verständnislos 
an. Ihr plötzliches Auftauchen, hier auf diesem einsamen Fels-
sims, kam so unerwartet und wie durch Zauberei, daß sie sie 

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zunächst für eine Erscheinung hielten, die jemand heraufbe-
schworen hatte. Aber nein, sie war sehr wirklich. 

Sie wirkte sehr jung, ein Mädchen noch, zumindest sahen 

jene Teile ihres schlanken, gelenkigen Körpers, die nicht von 
knapper Kleidung bedeckt waren, knabenhaft jugendlich aus. 
Ihr Haar war schwarz und lang und glänzte wie der Flügel 
eines Raben. Eine weiße Strähne durchzog es wie ein Blitz 
durch schwarze Sturmwolken. Ihr Gesicht war oval, gleichmä-
ßig gebräunt, mit ernst blickenden, klaren, gelben Augen wie 
Bernstein, einem kleinen, festen Mund und einem ausgeprägten 
Kinn. Sie trug eine leichte Brustplatte aus geformtem Stahl, 
und ein breiter Gürtel aus schwarzem Leder, mit stählernen 
Ringen besetzt, umgab ihre schmale Hüfte. Und von dem 
Gürtel hing eine Art kurzer Kilt aus Lederstreifen, mit silber-
nem Besatz und mit quadratischen Stahlplatten behängt, herun-
ter, um ihre Lenden und Oberschenkel und den Bauch zu 
schützen. Hohe Stiefel, ebenfalls mit Silber besetzt, vervoll-
ständigten ihr Kostüm. Um die Schultern hing ihr ein kleiner 
Beutel, und an ihrer Hüfte hing ein kurzes, breites Schwert. Ein 
kleiner Rundschild aus mit Silber besetztem Leder, das über 
ein Korbgeflecht gespannt war, war an ihren linken Unterarm 
geschnallt, hing aber jetzt von einem Haken im Gürtel, um ihr 
zu erlauben, mit beiden Armen den Bogen zu bedienen. Über 
dem Kurzschwert klatschte ein Köcher mit weißen Pfeilen bei 
jeder Bewegung gegen ihren rechten Schenkel. Sie hatte lange, 
schlanke, gebräunte Beine. 

Die Abenteurer musterten sie blinzelnd. Diese Mischung aus 

jungem Mädchen und bewaffnetem Krieger war verblüffend. 
Aber sie verstand sich jedenfalls darauf, mit dem Bogen umzu-
gehen. Ihre Hände fuhren an den Köcher und ließen den näch-
sten Pfeil fliegen – so schnell, daß man der Bewegung kaum zu 
folgen vermochte. 

Der tödliche Hagel gefiederter Pfeile räumte im Rudel der 

Senmurven auf. Unterdessen hatte sie bereits acht von ihnen 

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erledigt, und kurz darauf war die Zahl auf zehn angewachsen. 
Die kläffenden Scheusale fingen an, ihren Appetit zu verlieren. 
Jedesmal, wenn eines von ihnen die Männer auf dem Felsvor-
sprung anflog, brachte ein weißer Pfeil ihm den Tod im Ab-
grund. Jetzt ließen schon einige der weniger Eifrigen von ihrem 
Vorhaben ab und flogen davon, um sich weniger gut behütete 
Beute zu suchen. Nicht lange, und die Senmurven strebten dem 
Gipfel zu und hingen böse knurrend dort, wagten es aber nicht, 
noch einmal anzugreifen. 

Die vier Reisenden und ihre Retterin starrten einander in 

schmerzvollem Schweigen an. 

Schließlich murmelte Sodaspes: »Wir sollen sechs sein, und 

bis jetzt sind wir nur vier. Mädchen, ist an dich auch der Ruf 
ergangen?« 

Sie musterte ihn mit einem langen, unergründlichen Blick 

und nickte dann kurz. 

»Mein Ruf hat mich an diesen Ort gelenkt«, sagte sie mit kla-

rer, weithin hallender Stimme. »Man nennt mich Argyra, die 
Kriegsmaid von den Neun Clans von Siriath Koroba. Nach 
dem grünen Siegel auf deiner Stirn zu schließen, wirst du der 
Magier sein …« 

Sodaspes nickte und begann Conyin vorzustellen. Aber das 

Kriegermädchen blickte an dem alten Rhapsoden vorbei und 
sah Morgan in die Augen. 

»Und du, der Outworlder, … ›Tatenvollbringender der Su-

che‹«, murmelte sie und hob eine kleine braune Hand in einem 
seltsamen Gruß, den er verlegen erwiderte. 

Ihre durchdringenden, hellen, gelben Augen, Falkenaugen, 

furchtlos und stolz und sehr klar, starrten ihn an. Sein Gesicht 
rötete sich, und er stammelte etwas, wünschte, sein Haar wäre 
jetzt nicht verwirrt und voll Felsstaub, seine Kleider zerfetzt, 
die aufgerissene Schulter blutend, wo der erste Senmurv ihn 
aufgegriffen hatte. 

Und dann schritt sie an den anderen vorbei und kniete schnell 

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59

zu seinen Füßen nieder, um ihre warmen Lippen auf seine 
staubige Hand zu drücken. 

»Die vier sind jetzt fünf, Outworlder«, sagte sie. Und der kla-

re Blick ihrer gelben Augen verfolgte ihn noch viele Nächte 
lang in seinen Träumen … 

 

Jenseits der Biegung im Fels weitete sich der Sims noch weiter 
aus und endete schließlich an einem Schieferhang, den sie mit 
einiger Mühe erstiegen. Der Hang war mit Geröll bedeckt, und 
sie bewegten sich in beständiger Angst, eine kleine Lawine 
auszulösen. Trotz alledem, wenn Argyra Kriegsmaid es ge-
schafft hatte, den Hügel herunterzukommen, so würden sie es 
wohl schaffen, ihn zu ersteigen. Und sie schafften es auch 
tatsächlich. Die Sonne ging gerade unter, als sie den Rand der 
Felsmauer erreichten, und es war schwarze Nacht, als sie 
schließlich müde und zerschunden das Tafelland dahinter 
erreichten. 

Hier wuchsen dicke, lange Gräser, ähnlich jenen der Ebenen, 

über die sie am Morgen und am Tag zuvor geritten waren. Vor 
ihnen, in der Dunkelheit unsichtbar, lag Grymwood, durch das 
sie ziehen mußten. Aber jene Gefahr bewahrten sie sich für den 
Morgen auf. 

Othgrim sammelte trockenes Gras und errichtete daraus ei-

nen hohlen Haufen, den Sodaspes mit einer Berührung seines 
Zaubersteins zu Feuer entfachte. Im weichen Gras ausge-
streckt, die Stiefel oder Mokassins abgestreift, genossen sie den 
kühlen Nachtwind, packten ihren geretteten Proviant aus und 
aßen und tranken und redeten. 

Argyra erzählte ihnen vom Leben bei den Neun Clans ihres 

nördlichen Volkes. Sie war sehr jung, wie Morgan vermutet 
hatte: nur neunzehn. Bei ihrem Volk sind die Frauen die Krie-
ger, die Jäger, die Häuptlinge; was die Männer angeht, so hüten 
sie die geheiligten Feuer des Herdes, kümmern sich um die 
Kinder und bereiten die Mahlzeiten zu. Eine seltsame Umkeh-

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60

rung der Gebräuche, ohne Zweifel, aber die Menschheit ist zu 
unendlicher Vielfalt fähig, und zwischen den Sternen, die er 
besucht hatte, hatte Morgan von noch viel fremdartigeren 
Lebensweisen als jener gehört. 

Noch lange erinnerte er sich an jenen friedlichen Abend – im 

weichen Gras, das wie ein Kissen war und nach würzigen 
Kräutern duftete – und die orangeroten Flammen tanzten und 
malten hinter ihnen schwarze Schatten – und die leisen Stim-
men seiner Freunde im gelockerten Gespräch. 

Nach einer Weile sang der alte Conyin. Es war ein leises 

Lied voll klagender Töne; ein trauriges Lied vielleicht, aber 
auch ein tapferes, mit einem Anklang von Glück. 

Morgan lag da und träumte und lauschte, bis Conyin schließ-

lich seine alte Leier beiseite legte und gähnte, sich streckte und 
Bier trank. 

Nach einer Weile schliefen sie. Und so lagen sie des Nachts 

am Fuß von Grymwood, und nichts rings um sie störte ihre 
Ruhe. 

Aber da waren Augen, die sie unter belaubten Zweigen beo-

bachteten. 

 
 

5. 

 

Morgan erwachte beim ersten Licht der Morgendämmerung 
und lag da, schläfrig blinzelnd, während der Osten langsam 
bleich wurde und Sitra emporstieg und sich kurz darauf rötete, 
als Marib aufging. 

Bald erwachte Conyin, rieb sich den Schlaf aus den Augen, 

streckte sich und knetete seine hageren, knochigen Glieder, 
sich immer wieder räuspernd und spuckend, wie es alte Männer 
tun. 

Sie bereiteten sich ein bescheidenes Frühstück, erpicht darauf 

weiterzuziehen und so weit wie möglich in Grymwood voran-

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61

zukommen, solange der Tag hielt. Morgan spülte das grobe 
Brot und das kalte Fleisch mit saurem Bier hinunter und fühlte 
sich dabei unwohl und gereizt. Er wünschte sich ein heißes Bad 
mit echter Seife, aber leider gab es weit und breit kein Wasser. 
Sein Gesicht juckte von Schmutz, und als er sich mit der Hand 
über das Kinn strich, stellte er überrascht fest, daß er einer 
Rasur bedurfte. Er war nach all den Jahren so gewohnt, alle 
zehn Tage Demonol zu nehmen, daß ihm erst jetzt bewußt 
wurde, daß er den Bartunterdrücker in Kargonessa gelassen 
hatte. Nun, da war nichts zu machen. Er hatte kein Rasiermes-
ser – hatte tatsächlich so lange schon keines mehr benutzt, daß 
er sich wahrscheinlich ein Ohr abgeschnitten hätte, wenn er 
eines hätte benutzen müssen. 

Die Anwesenheit Argyras führte zu gewissen Unbequem-

lichkeiten; nicht gerade sexueller Natur, dafür war Conyin zu 
alt, der junge Magier hatte ein Keuschheitsgelübde abgelegt, 
Othgrim war von niederer Geburt und würde eher sterben, als 
eine höherstehende Kaste beleidigen, und was Morgan betraf, 
so war er in Gegenwart junger Frauen immer steif und verlegen 
und wußte nicht, was er zu ihnen sagen, oder was er mit seinen 
Händen anfangen sollte. Nein: die Unbequemlichkeiten waren 
sanitärer Natur. 

Die Männer waren, weil sie Männer waren und unter Män-

nern, gewöhnt, sich immer dann zu erleichtern, wenn sich die 
Notwendigkeit ergab. Aber in Gegenwart des Mädchens mußte 
sich das ändern, das erforderte die Sitte. 

Der alte Conyin war gerade dabei, seinen Gürtel zu lösen, um 

seine Notdurft zu verrichten, als er bemerkte, daß Argyra zu-
sah. Irgendeine Unfreundlichkeit murmelnd, mußte der alte 
Barde seine Hosen wieder hochziehen und etwa sechzig Schrit-
te bis zum nächsten Busch trotten. Sein Gesichtsausdruck, 
gerötet, verärgert, indigniert, und das ziemlich große Tempo, 
mit dem er dem Busch zustrebte, ließen seine männlichen 
Begleiter laut auflachen. Als er zurückkehrte, immer noch bis 

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62

zu den Ohren rot, steif vor gekränkter Würde, erkundigten sie 
sich beflissen nach seinem Gesundheitszustand. Der Barde 
fand das keineswegs spaßig und hielt sich eine Weile abseits 
von ihnen, vor Wut kochend. 

 

Als die fünf sich dem mächtigen Wald näherten, standen die 
Zwillingssonnen von Bargelix schon hoch am Himmel. 

Er türmte sich vor ihnen auf wie eine grüne Mauer, Reihen 

über Reihen mächtiger, knorriger, uralter Bäume, die vom 
Norden bis Süden reichten, so weit das Auge sehen konnte. 

Das Land war Thoor genannt; es war ein Tafelland, ein 

Hochplateau, und dahinter ragten noch mächtigere Höhen auf, 
und die hochgetürmten Berge, die die Cophyri Shamandur 
nannten – »Den Gipfel der Welt«. Diesen Wald mußten sie 
durchqueren, jene mächtigen Höhen ersteigen und einen 
schmalen Pfad zwischen schwindelerregenden Abgründen und 
spitzen Gipfeln schreiten, wenn sie je Tarandon-Tor erreichen 
wollten. 

Als sie den Rand des Waldes erreichten, hielten sie ein wenig 

inne, zögerten, als empfänden sie Widerstreben, in die uralte 
Einsamkeit und das Schweigen, das dort wohnte, einzudringen. 
Nur wenige Menschen, so berichtete Sodaspes, drängen in die 
dunkelgrüne Düsternis von Grymwood ein; es hatte unter 
Reisenden einen schlechten Namen. 

»Sind dort drinnen Ungeheuer?« fragte Othgrim, und seine 

Hand umfaßte den eisenbeschlagenen Stab fester. Der Magier 
zuckte die Schultern. 

»Vielleicht Tiere der einen oder anderen Art«, sagte der Jun-

ge würdig. »Aber besonders müssen wir Menschen uns weni-
ger als Menschen fürchten. Denn in Grymwood gibt es Räuber; 
Gesetzlose und Verbannte, Banditen aller Art.« 

Und dann sprach er auch von den Derynigol, einem Cophy-

riwort, das sich nur schwer in unsere Sprache übertragen läßt: 
»Eine passende Übersetzung könnte vielleicht ›Zauberer des 

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63

Wildwaldes‹ sein, aber ich will sie die Waldhexer nennen.« 

Morgan hatte im meerumschlungenen Kargonessa wenig von 

den Derynigol gehört. Aber an dem Wenigen war nichts Gutes 
gewesen. Eine wilde, gesetzlose Brüderschaft von Zauberern 
waren diese Waldhexer; verschlagene, gefährliche, trickreiche 
Geschöpfe. Und doch hatten auch sie sich dem Pakt ange-
schlossen. Wenn die fünf also das Unglück haben sollten, 
einem ihrer Art zu begegnen, so war immerhin möglich, daß 
sie ohne ein Messen der Kräfte an ihm würden vorbeiziehen 
dürfen. 

Und so zögerten sie eine Weile, ehe sie den Wald betraten. 

Und Morgan dachte für sich über jenes geheimnisvolle, unaus-
gesprochene Band nach, das man »Pakt« nannte. Die Men-
schen dieser Welt erwähnten ihn immer wieder; er war einer 
der Fakten ihrer Existenz, so wie Regen, Sonne oder Blut. Sie 
erwähnten ihn fast bei jedem zweiten Atemzug und sprachen 
doch nie darüber. Morgan hatte nie begriffen, worum es bei 
diesem Pakt ging, und jedesmal in seinen frühen Tagen auf 
Kargonessa, wenn er versucht hatte, einen der Cophyri danach 
zu befragen, so zuckte der Betreffende mit einer Mischung von 
Schrecken und Empörung zurück, als ob seine Frage an Blas-
phemie grenzte. Es war alles höchst rätselhaft; aber dann war 
diese Welt ihm ohnehin in vieler Hinsicht fremd. Nur wenige 
Menschen der terranischen Rasse waren vor ihm hierherge-
kommen, und das waren im allgemeinen Händler gewesen; 
keiner vor ihm hatte auf Bargelix sein Zuhause gefunden. Und 
die Cophyri hatten trotz ihres menschenähnlichen Aussehens 
und ihrer biologischen Ähnlichkeit doch ihre Geheimnisse. 

Mit der Zeit hatte er sich aus den cophyrischen Mythen zu-

sammengereimt, daß die Götter dieser Welt zu Anfang gleich-
zeitig viele Rassen erschaffen hatten: Menschen, Gnomen, 
Meeresvolk und die Sprechenden Tiere – die vier Gemein-
schaften. Die Götter schufen einen Pakt zwischen den Gemein-
schaften; den Menschen wurden die Felder und Flüsse gege-

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64

ben; den Gnomen die Hügel und Berge; die Meerleute bean-
spruchten das große Meer für sich, und was die Sprechenden 
Tiere anging, so waren die Wälder ihre Domäne. Und so 
herrschte Frieden – der Frieden des Paktes – zwischen ihnen 
allen. 

Was hatten die Kargonleute getan, um den Pakt zu brechen? 

Das war das Geheimnis, das der Outworlder nie erfuhr, aber er 
argwöhnte, daß ein Mann von Kargoninsel einen der Meerleute 
getötet hatte, denn in den alten Tagen hatte es, wie er wohl 
wußte, einen Krieg zwischen den Kargonlords und den Lords 
des Meeres gegeben. 

Soviel hatte sich der Outworlder aus Andeutungen und Stük-

ken der Überlieferung zusammengereimt – aber es war ein 
Gewebe, das meistenteils aus Vermutungen bestand, und so 
konnte er nicht sicher sein. 

Jedenfalls waren die Alten Tage lange vorbei. Und jene Din-

ge trugen heute mythischen Charakter. Die Meerleute waren 
alle tot und seit Äonen verschwunden oder hatten sich viel-
leicht auch von den Küsten der Menschen an die tiefen, gehei-
men Orte des Meeres zurückgezogen … auch die Berggnomen 
sah man selten. Und von den Sprechenden Tieren, was immer 
das Wort bedeutete, hörte man heutzutage nur noch in Legen-
den. 

 

Sie zögerten eine Weile vor dem Eingang zu Grymwood, und 
eine ernste Stimmung überkam sie in Gegenwart der mächtigen 
Bäume und ihrer lautlosen Majestät. 

Hier hatte die Hand des Menschen, die allen Dingen ihren 

Stempel aufdrückt, nicht zugeschlagen. Diese mächtigen Patri-
archen hatten nie den bitteren Kuß der Axt verspürt. So wie in 
der ersten Dämmerung der Schöpfung streckte sich auch heute 
Grymwood noch unverändert über die Welt. 

Hier war Zauber, und auch Geheimnis – und Fremdheit. Ein 

wilder, geheimnisvoller Rausch. Aber hier war auch Frieden … 

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65

Frieden, ungebrochen seit Anbeginn der Zeiten. 

Sie standen im Schatten der riesigen Bäume, alle von der 

gleichen würdevollen, ernsten Stimmung erfaßt, stumm. Mor-
gan dachte an die mächtigen alten Redwoods der Erde seiner 
Ahnen. Er war nie dort gewesen, noch hatte er die großen 
Bäume je körperlich gesehen, aber er kannte sie wohl aus 
Stereosendungen und Fotowürfeln und Buchbändern. Jahrtau-
sende hatten sie erlebt, waren unverändert geblieben. Und von 
solcher Weise war der Zauber, der von Grymwood ausging. 
Und Sodaspes griff in nachdenklicher Melancholie hinter sich 
und strich über die rauhe Borke eines mächtigen Baumes. 

»Hai-ja, Grymwood!« flüsterte er leise für sich: »Du ehr-

würdiger, uralter Großvater aller Wälder … Seit der Dämme-
rung der Zeiten stehst du auf diesem Land, du grüner, stimmlo-
ser Gigant! Behüte immer deine Geheimnisse und deine Ver-
stecke; wir bitten nur, du mögest uns den Durchzug gewähren, 
und flehen dich an um sicheres Geleit …« 

Und dann begann plötzlich Conyin zu sprechen, anscheinend 

war die schlechte Stimmung, die ihn den ganzen Vormittag 
begleitet hatte, jetzt verflogen. Seine Augen blickten verträumt. 

»Holz von Zweigen Grymwoods diente Kelemar als Stab und 

Bogen und Pfeile«, sagte er mit tiefer Stimme, aber weich, fast 
als sänge er ein Lied. »Und damit bewaffnet, zog er gegen die 
Schwarzen Gnome und entrang in alter Zeit dem Schatten ganz 
Sodalma; Heil dir, alter Wald, Heil dir, Grymwood!« 

Dann zogen sie unter den gebogenen Ästen des Waldtitanen, 

und es war, als hätten sie eine magische Schwelle überschritten 
von einer Welt in die andere. 

Denn draußen war nur volles, goldenes Sonnenlicht und 

muntere Winde, die mit den hohen Grashalmen spielten; aber 
hier drinnen waren grüner, mystischer Schein, flüsterndes 
Schweigen und geheimnisvolle Wege, die einen ins Unbekann-
te führten. Es war eine völlig andere Welt hier drinnen im 
Wald, und hier mußten sie vorsichtig ausschreiten. 

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66

Smaragdfarbene Düsternis umhüllte sie, als sie hintereinan-

der einen sich windenden Pfad entlangschritten. Hohe Stämme 
ragten beiderseits von ihnen auf, wie mächtige Säulen in einer 
riesigen, düsteren, murmelnden Kathedrale. Das grüne 
Schweigen und die Düsternis waren ehrfurchterregend, waren 
irgendwie heilig. Hier herrschte Schweigen, das nicht mehr 
gebrochen worden war, seit die Welt jung war. Sie schritten 
hinein in die Düsternis, und die Düsternis verschlang sie. 

 

Den ganzen Tag lang schritten sie durch die grünen Schatten 
von Grymwood und sahen nichts, was ihnen Furcht bereitete. 
Es gab kleine Tiere, die zwischen den heruntergefallenen Blät-
tern herumliefen, oder auf den Ästen entlangrannten und sie 
ohne Angst mit hellen, neugierigen Augen musterten. 

Und in Nestern über ihnen saß seltsames Geflügel, riesige 

Vögel mit prunkvollen Federn, die ihr Lied sangen. 

Aber an gefährlichen Tieren oder gar Raubtieren sahen sie 

nichts. 

Wäre Sodaspes jetzt nicht gewesen, so hätten sie sich sehr 

schnell verlaufen. Aber der Magier trug stets einen Wegstein in 
der Hand; das war etwas sehr Seltenes, eine Art natürlicher 
Kompaß, ein milchiger Kristall, in dessen wolkigem Herzen 
ein Funken lebender Flamme pulsierte. Der kleine Stern pochte 
in den Tiefen des Kristalls: eine flackernde Flamme, wie eine 
Pfeilspitze, die immer nach Osten wies, auf das Land des Son-
nenaufgangs zu. 

Als es schließlich zu dunkel geworden war, als daß sie hätten 

weitergehen können, lagerten sie an einem kleinen, munter 
plätschernden Flüßchen. Morgan schlüpfte erleichtert aus 
seiner Tunika und badete seinen verschwitzten Körper hinter 
dem Schutz der Büsche im kalten, gurgelnden Wasser. 

Sie aßen im Schein ihres Lagerfeuers, zu müde, um viel zu 

reden. 

Aber jetzt, da Dunkelheit über ihnen war, war die Gefahr groß. 

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67

Sodaspes trug kein Schwert, weil die Gelübde, die er abge-

legt hatte, verboten, daß er scharfen Stahl trage. Aber er lieh 
sich das kurze Schwert aus, das an Argyras Seite hing; man 
brauchte eine Stahlklinge, um die Hut zu errichten. Morgan 
hatte von diesem Ritus gehört, hatte aber nie zugesehen, wie 
ein Magier ihn zelebrierte. Und so sah er jetzt mit großer Neu-
gierde zu. 

Der Magier zog einen Griffel aus feinem Holz aus seinem 

Beutel und schrieb damit auf eine mit feinem Wachs bedeckte 
Schiefertafel. Jetzt benutzte er die Spitze des Griffels, um eine 
Ader über seinem Herzen zu ritzen, und als Tropfen für Trop-
fen dunkles Blut aus der kleinen Wunde aufquoll, befeuchtete 
er die Griffelspitze darin und malte damit sorgfältig Symbole 
auf das Schwertblatt. 

Dann drückte er die Schwertspitze in den Boden und zog 

langsam einen Kreis um ihr Lager, bis die ganze Lichtung 
unter der Hut war. Als das geschehen war, stieß er das kurze 
Schwert in der Mitte des Kreises in den Boden und ließ es dort 
stecken. 

Argyra beklagte sich laut, daß die Feuchtigkeit der Nacht den 

Stahl zum Verrosten bringen könnte. Aber Sodaspes brachte 
sie mit einem hingeworfenen »Es muß so sein« zum Schwei-
gen, entschuldigte sich dann ob seiner Unhöflichkeit und ver-
sprach ihr, das Schwert selbst am nächsten Morgen zu säubern. 

Dann zogen sie sich alle zu ihren Lagern zurück. Die 

Kriegsmaid schlief ein wenig abseits von den Männern auf der 
anderen Seite des Lagerfeuers. 

 

Die ganze Nacht hielt das verzauberte Schwert das Lager in 
seiner Hut. 

Einmal, obwohl die Schläfer das nicht wußten, stand eine 

hochaufragende dunkle Silhouette lautlos im düsteren Schatten 
der Bäume außerhalb des Kreises und beobachtete sie mit 
bösen glitzernden Augen. Auf verstohlenen Füßen kroch die 

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68

Gestalt nahe an den Kreis heran; das Schwert blitzte einmal 
warnend, ein greller Blitz stahlblauen Lichts, und das gleitende 
Ding floh vor der Strahlung, stieß einen klagenden Laut aus 
und hielt sich etwas vor die Augen, um das Blitzen abzuhalten. 

Das Schwert aber wurde wieder dunkel, ohne einen einzigen 

Schläfer geweckt zu haben. 

Und dann glitt ein schniefendes Ding heran und schnupperte 

mit schmatzenden Lauten den heißen Atem lebenden Men-
schenfleisches. Es war vorsichtiger als das Geschöpf, das 
aufrecht stehend hereingespäht hatte, denn es kam dem Kreis 
nicht einmal nahe, sondern hielt sich hungrig außerhalb der 
verzauberten Sperre. 

Das zweitemal kam das schniefende Ding, das jetzt vom Ge-

ruch von Menschen an die Grenze seiner Toleranz getrieben 
war, um ein Haar zu nahe, und die unsichtbare Sperre knisterte 
warnend. Ein kaum sichtbarer Vorhang feuriger Funken. Das 
dunkle Ding zog seine zarte Schnauze zurück und verschmolz 
wieder mit der schwarzen Düsternis des Waldes, zornig und 
verwirrt, aber auch verängstigt. 

Die fünf schliefen ungestört weiter und erfuhren überhaupt 

nicht, wie nahe das Schreckliche ihren schlafenden Leibern 
gekommen war. 

 

Der Morgen dämmerte, und sie standen auf und tranken und 
aßen, und Sodaspes brach die Hut und polierte Argyras Stahl, 
während sich das Kriegermädchen zu den Büschen am Ufer 
des Flüßchens zurückzog, um sich dort zu waschen. 

Sie waren alle irgendwie beschäftigt, als es endlich kam: So-

daspes war über das Schwert gebeugt und polierte es mit Öl 
und einem Lappen. Morgan und Conyin waren damit beschäf-
tigt, ihre Knappsäcke neu zu packen, die sie in der Nacht zuvor 
nicht neu geordnet hatten. Othgrim drückte die letzten Kohlen 
des Feuers aus und bespritzte sie mit Wasser aus dem Flüß-
chen: Grymwood war ihnen bis zur Stunde ein freundlicher 

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69

Gastgeber gewesen und so wollten sie ihn nicht ungehörig mit 
jenem Feuer belohnen, das die Furcht aller Wälder ist. 

Argyra schrie! 
Schrill, scharf, erschütternd laut in der Stille des Morgens. 
Othgrim schnappte sich seinen Stab und bahnte sich brüllend 

seine Bahn durch die Büsche, wobei er ein paarmal rief: »Ich 
komme, Herrin!« 

Morgan stand einen Augenblick lang wie erstarrt, dann beug-

te er sich vor, riß Sodaspes das Schwert des Mädchens weg und 
rannte hinter dem hünenhaften Othgrim her. Als er sich dem 
Flußufer näherte, sah er plötzlich ein eingefrorenes Tableau. 

Nackt stand das Mädchen im Strom, bis zu den Knien im 

Wasser, mit einem Arm die Schenkel und mit dem anderen ihre 
Brüste bedeckend, in der seit urdenklichen Zeiten bekannten 
Haltung einer überraschten Frau. Trotz der unsäglichen Span-
nung des Augenblicks wurde sich Morgan doch auf schmerz-
hafte Weise einer kleinen, runden, festen, weißen Brust be-
wußt, die sich im schnellen Atem des Mädchens hob und senk-
te. Aber er konnte nur einen winzigen Blick auf jene weiße 
Brust und ihre Schultern erhaschen, über die das ungebundene 
Haar strömte, auf die traumhafte Kurve ihres Rückens, ihrer 
Hüften und der langen, schlanken Schenkel. 

Denn der hünenhafte Othgrim lag mit dem Gesicht nach un-

ten im Fluß, als hätte eine Axt ihn gefällt. 

Und hinter den zweien – stand lächelnd ein Waldhexer. 
Er war ein kleiner, gebeugter Mann, mit braunem, runzeli-

gem Gesicht, schwarzem, öligen Haar und gelben Augen, so 
seelenlos wie die einer Kröte. Er trug einen unauffälligen 
Umhang, zerfetzt und geflickt und schmutzig, so daß es fast 
nicht mehr wie ein Tuch wirkte. Er verschmolz mit der Baum-
rinde und den hohen Gräsern und der schlammigen Erde, als 
hätte er sich wieder zur Hälfte in seine natürlichen Elemente 
aufgelöst. 

Eine braune, knorrige, schmutzige Hand hielt einen Stab aus 

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schwarzem Holz umklammert. Die Hand selbst wirkte fast wie 
ein Gewirr knotiger Wurzeln. 

In dem atemlosen Schweigen hob Morgan sein Schwert. 

Sonnenlicht blitzte auf geöltem Stahl, aber der seltsame, 
schmutzige, kleine Mann achtete überhaupt nicht auf das 
Schwert, obwohl seine bösen, gelben Augen zur Seite husch-
ten, um die Klinge zu mustern. 

Othgrim lag zu Morgans Füßen. Tot oder betäubt? fragte sich 

Morgan, und sein Herz schmerzte ihn. Er mußte tot sein; wie 
konnte der kleine Mann ihn niedergeschlagen haben?
 dachte 
er. Und dann dachte er: Tasper! Wie kann ich zurückkehren 
und davon berichten? Othgrim, du großer, dummer, grinsen-
der, treuer Bursche!
 

Er veränderte den Griff, mit dem er das Schwert hielt. Er 

schwitzte unter der heißen Sonne im summenden Schweigen. 
Ein Schweißtropfen sammelte sich an seiner Nasenspitze und 
fiel in den Schlamm. Der gebeugte, braune, kleine Mann grin-
ste spöttisch in lautlosem Gelächter, und seine Hand bewegte 
sich wie eine riesige Spinne über den schwarzen Stab. 

Und dann war hinter Morgans Rücken eine zitternde, atemlo-

se Stimme, die von Sodaspes, zu hören: 

»Geh von uns, Derynigol! Ich bin ein Adeptus Minor des 

Grünen Ouroborus. Geh von uns, Derynigol! Ich diene dem 
Verborgenen Auge; mein Kreis ist der Neunte; die Grüne 
Schlange bewacht die Ihren, Derynigol!  Geh von uns, jetzt! 
Geh in Frieden! Erinnere dich an den Pakt, Derynigol; wir sind 
die Sucher; die Großen Jahre sind über uns, Derynigol; wir 
gehen, um das Tarandon-Tor zu schließen, auf daß der Schat-
ten uns nicht alle überwältige und die Welt ende …« 

Argyra holte schluchzend Atem. Ihr Gesicht war weiß wie 

Milch – Morgan sah, daß selbst ihre Lippen weiß waren – er 
wußte, ohne daß es der Worte bedurfte, daß sie gesehen hatte, 
wie jene bösen, gelben Augen sie beobachteten, daß sie jenes 
bösartige Feixen gesehen hatte, zwischen grünen Blättern, 

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71

während sie ihre Nacktheit in klarem Wasser badete. Der 
Schrecken aller Frauen war über sie gekommen in jenem Au-
genblick; das oder der Panikschrecken, den die Waldhexer wie 
eine Pestilenz um sich verbreiten, wo immer sie sind. 

Insekten summten in seinen Ohren; die Sonne spiegelte sich 

vom hellen Wasser in seinen Augen. Das Flüßchen gurgelte 
über glatte, bemooste Steine, erschreckend laut. Seine Achsel-
höhlen waren naß und klebrig; Schweißtropfen klebten auf 
seinem Handrücken. Das lange Stillstehen bereitete ihm 
Schmerzen. Im nächsten Augenblick würde er sich auf den 
kleinen, braunen Mann stürzen und ihm das Schwert in den 
Leib treiben, das wußte er. 

Hinter ihm tönte die zitternde, schwache Stimme von So-

daspes weiter, und Morgan fühlte, daß er diese Spannung nicht 
länger ertragen konnte. Ein roter Nebel zog über seine Augen. 
Seine Beine zitterten wie die eines kampfunerfahrenen Pferdes 
beim Geruch der Schlacht. Und immer noch lachten die gelben 
Augen, und das braune Gesicht starrte feixend zu ihm herüber. 

Und dann pfiff etwas an Morgans Ohr vorbei, ein schwarzer 

Pfeil, bohrte sich klatschend zolltief in den Stab des braunen 
Mannes, summte zwischen den braunen, knorrigen Fingern! 

Argyra kreischte, schlug um sich; Morgan stöhnte! 
Schnell, wie das Flackern eines Gedankens, blitzte ein zwei-

ter Pfeil. Diesmal brach der schwarze Stab in zwei Stücke und 
fiel durch die Blätter – dem erschlaffenden Griff des Waldhe-
xers entrissen. 

Plötzlich riß die Stimmung wie ein zersplitternder Spiegel, 

die Spannung rann aus der Szene. Der braune Mann ver-
schmolz mit den Blättern und war plötzlich verschwunden, 
lautlos. Sie drehten sich um, alle, und sahen einen hochge-
wachsenen, kräftigen Mann, unbestimmten Alters, in dunkle 
Erdfarben gekleidet, der einen mächtigen schwarzen Bogen 
senkte. 

Er stand auf der anderen Seite des Flusses, ein paar Schritte 

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72

stromabwärts. Der Waldhexer hatte ihre ganze Aufmerksam-
keit auf sich gezogen, so kam es, daß keiner der fünf den gro-
ßen Mann aus dem Blattwerk hatte treten sehen, den schwarzen 
Bogen hebend und die Pfeile versenden. Jetzt musterten sie ihn 
unsicher. War dies ein Freund, der den Feind vertrieben hatte? 
Oder war es eine Konfrontation zwischen zwei ihrer Feinde 
gewesen, die um sie, die gemeinsame Beute, stritten? 

Er war sehr groß, fast ebenso wie der mächtige Othgrim. Sein 

schmales Gesicht war braun wie die Erde, sein Haar von dunk-
lem Grau, an den Schläfen weiß gefleckt. Seine klaren, gelben 
Augen waren scharf, sein dünnlippiger Mund fest. Es war ein 
gutes, starkknochiges Gesicht. 

Er trug ein einfaches Hemd aus weichem, braunen Leder, 

sauber und gebürstet, fast Wildleder; darunter ein Kleidungs-
stück mit grünen Ärmeln, waldgrün, könnte man sagen, und 
eng anliegende Beinkleider derselben Farbe. Er trug Wildle-
derhandschuhe und Halbstiefel aus demselben Material. Ein 
lederner Gurt umgab seine Hüften und an ihm hing ein Dolch 
in schwarzer Scheide, ein Lederbeutel und ein Köcher. Einen 
Umhang aus dunkelgrünem Wollstoff hatte er über die Schul-
tern zurückgeworfen, um die Arme für den Pfeil und Bogen 
frei zu haben. 

Dann senkte er den Bogen und ließ die Sehne locker und lä-

chelte ihnen zu. Sie wußten, daß er kein Feind war. 

Othgrim, stellten sie fest, war weder tot noch im Sterben. Der 

Knecht hatte den Waldhexer mit einem dröhnenden Schrei 
angegriffen, worauf ihn ein Zauberstrahl gefällt hatte. Argyra 
hatte das Ganze gesehen: ein lautloser Blitz grünen Feuers aus 
dem schwarzen Stab, so grell, daß das Tageslicht daneben 
düster wirkte, und Othgrim war kraftlos niedergestürzt wie 
vom Schlag einer Keule. 

Kaltes Wasser, das man ihm ins Gesicht spritzte, und etwas 

Wein brachten ihn gleich wieder zu sich, obwohl er eine Weile 
etwas benommen war. Aber er hatte keinen dauernden Schaden 

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73

gelitten. 

Sodaspes legte seinen Umhang um den bloßen Körper der 

Kriegsmaid; Conyin und Morgan halfen dem benommenen 
Hünen beim Aufstehen und trugen ihn ins Lager zurück. Der 
Fremde, stumm und geheimnisvoll, folgte ihnen, den schwar-
zen Bogen schußbereit, mit scharfen Augen, die beständig das 
Buschwerk absuchten, so als argwöhnte er, daß jeden Augen-
blick wieder einer der Waldhexer angreifen könnte. 

Aber das geschah nicht, und sie erreichten ihren Lagerplatz 

sicher. Und dort befragte Sodaspes mit leiser Stimme den 
stummen Fremden, während die anderen zu Ende packten. 

 

Wie sich ergab, hieß jener, dessen schneller Pfeil sie alle vor 
dem kleinen braunen Mann aus dem Wald gerettet hatte, Korlix. 

Das war eigentlich kein Name sondern ein Beruf: kor lix

›Mann des Bogens‹ bedeutet das auf Corphyri. Und als So-
daspes den Namen hörte, rief er erstaunt aus: »Ist es nicht ganz 
so, wie der Gesang prophezeit?« Sein junges Gesicht strahlte 
vor Freude. Der alte Conyin funkelte ihn mürrisch an, und 
Argyras klare Stimme erhob sich fragend. 

»So heißt es doch im Lied, im Lissandurgesang!« sagte er. 

»Ihr erinnert euch doch sicher an die Verse …« 

»Nun, ich zumindest nicht«, gab Morgan zögernd zu. »Oder 

besser, laß mich sagen, daß ich mich unbestimmt an sie erinne-
re. Conyin hat sie in jener Nacht im Reiterlager gesungen – 
aber ich habe es nicht verstanden, mir schienen diese Verse 
unsinnig … wie ein Rätsel …« 

»Ja, so ist es«, brummte der alte Rhapsode. »Aber wie alle 

Rätsel und Worte von Prophezeiungen wird es klar, wenn das, 
was prophezeit wird, geschehen ist: was, mein lieber Zauber-
junge?« 

Und der alte Barde schlug grinsend seine Leier an, und plötz-

lich verstand der Outworlder seine Bedeutung, hatte er doch 
alles mit eigenen Augen miterlebt. 

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74

Ich meine den achten Gesang, der da lautet: 
 
Im Blattwerk an dem munteren Bach, ein Zauberfeind die 
fünf bedroht. Doch der Gefahr entrinnen sie, ein kühner Bo-
genschütze eilt herbei. 
 

»Natürlich!« sagte Morgan Outworlder. »Korlix, der Mann ist 
der Schütze, den der Gesang prophezeit! Aber wie erstaunlich 
das alles doch ist, daß diese Ereignisse, die wir erleben, von 
einem gesehen und im Gesang festgehalten wurden, der vor so 
langer Zeit gelebt hat – vor wievielen Jahrhunderten?« 

Aber keiner hörte auf ihn, denn alle hatten sich um den hoch-

gewachsenen, finster blickenden Fremden mit dem großen 
schwarzen Bogen gesammelt. 

Da seine Bezeichnung kor lix, wie ich schon sagte, nichts 

anderes als »Mann des Bogens« besagt, werde ich ihn künftig 
in dieser Erzählung einfach »Bowman« nennen. Wahrschein-
lich ist das ein seltsamer Name, aber so lautet er nun einmal. 
Das Morgantyr-Epos, dem ich lediglich folge, nennt ihn so in 
Cophyri, und dem muß ich folgen. Wie auch immer er bei der 
Geburt genannt wurde, was auch immer sein Clan, seine Stadt, 
seine Vorfahren gewesen sein mögen, ist im Epos nicht ver-
merkt, und die anderen, die mit ihm zogen, haben es nie erfah-
ren. Oder, wenn sie von diesen Dingen hörten, haben sie das 
Wissen nicht weitergegeben, und so ist Bowmans Geschichte 
eine, von der wir nur wenig wissen. Und so unbefriedigend der 
Name auch sein mag, wir kennen keinen anderen. Das war der 
einzige Name, den er ihnen nannte, und somit auch der, unter 
dem sie ihn kannten. 

Bowman begleitete sie zu ihrem Lager zurück. Er war ein 

Mann weniger Worte, schweigsam und von ernstem Wesen, 
und mußte daher zu den Waldlern gehören, wie man die Räu-
berbanden von Grymwood nennt. Es herrscht ewiger Krieg 
oder zumindest bewaffneter Waffenstillstand zwischen den 

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75

Derynigol und den Waldlern. Die Waldhexer haben Macht 
über alle, die von draußen in die grünen Lichtungen von 
Grymwood kommen; aber ihre Kräfte sind vom Boden selbst 
abgeleitet, vom Samen und vom Blatt, von Kräutern und Blü-
ten, und ihre schattenhaften Künste sind nutzlos gegen Mitbe-
wohner des Waldes, die mit ihnen das Blätterdach von Grym-
wood teilen. So kam es, daß Bowman den feixenden, kleinen, 
braunen Mann mit den bösen Augen so leicht vom Schauplatz 
des Geschehens hatte vertreiben können. Obwohl, wie er ein-
gestand, die Konfrontation ganz anders hätte ausgehen können, 
hätte er nicht das Glück gehabt, den schwarzen Stab des He-
xers mit einem seiner Pfeile zu zerstören. 

Sie packten ihre Sachen, und Argyra legte stumm ihren 

Brustpanzer an. Eine ernste Stimmung hatte sich über sie ge-
legt, denn wie Sodaspes sagte, war die alte Prophezeiung des 
Liedes jetzt erfüllt. Der letzte der Helden, die die große Suche 
antreten sollten, sollte ein Bogenschütze sein, hieß es im Lis-
sandurlied. 

Und dieser grimmige, schweigsame, ernste Mann war auf 

denselben Ruf hin erschienen, der sie alle eingeholt hatte, 
abgesehen von Othgrim und Morgan Outworlder. Anscheinend 
war dieser Ruf tief in den Mysterien der Gene und Chromoso-
men der Cophyri vergraben. Morgan hatte ihn nicht gehört, 
weil er von fremdem Blut war, und Othgrim hatte ihn nicht 
gehört, weil alle, die auf Kargoninsel wohnen, als Brecher des 
Paktes von dem gemeinsamen geistigen Erbe der Festländer 
abgeschlossen sind, isoliert vom Zauber und dem Schutz der 
nebelhaften Schattengötter von Bargelix, die so selten erwähnt 
wurden, obwohl sie doch so wirklich schienen. 

Bowman drückte es mit seiner tiefen, ruhigen Stimme so aus: 

»Nun sind wir in Wahrheit die Sechs und können weiterziehen 
ans Ende der Suche.« 

Sie verließen jenen Ort, und Bowman führte sie den ganzen 

Tag durch die dunklen Pfade von Grymwood, und die Nacht 

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76

verbrachten sie auf dem Lagerplatz der Waldler im Schutz 
ihres neuen Kameraden. 

 
 

6. 

 

Bowmans Brüder wohnten mitten in Grymwood, wo ein gigan-
tischer Baum einer Lichtung Schatten spendete, die so groß wie 
ein ganzes Stadion war. Dieser große Baum war uralt; sein 
mächtiger Stamm so riesenhaft, daß zehn Männer mit ausge-
streckten Armen ihn nicht umfassen konnten: Iornungand 
nannten sie ihn voll Respekt und Liebe. Der Name bedeutete 
»Großvater-der-Bäume«, und war sehr gut gewählt, dachte 
Morgan Outworlder. 

Die Waldler hatten ihr Hauptlager in dieser Lichtung. Zelte 

aus Häuten waren unter den mächtigen Ästen aufgestellt, La-
gerfeuer flackerten in Gruben. Lautlos, wie Schatten, glitten 
die grün und lederbekleideten Gesetzlosen durch die Lichtung 
im Schatten des ungeheuren Patriarchen der Wälder. 

Sie waren eine rauhe, harte Schar, diese Waldler, und neigten 

zu groben Scherzen und lauter Heiterkeit. Alles Gesetzlose, ob 
sie nun ein Bruch der Gesetze ins Exil getrieben hatte oder 
freiwillige Wahl der Einsamkeit Grymwoods. Aber da jener 
Bowman (ein Häuptling von einigem Rang in ihrer Gruppe) 
sich für die Reisenden verbürgte, wurden sie mit großer Gast-
freundschaft willkommen geheißen. Sie kannten den Pakt 
nicht; noch kannten sie Lissandurlied oder irgendeine Prophe-
zeiung oder kümmerten sich darum. Aber die Gastfreundschaft, 
das Recht des Gastes, war ihnen geheiligt, und so fanden die 
fünf und ihr neuer Begleiter einen Platz unter ihnen. 

In jener Nacht saßen Sie unter den wenigen Sternen, die man 

durch den schwarzen Baldachin von Iornungands Zweigen 
erkennen konnte, saßen und unterhielten sich. 

Sie hatten reichlich gegessen und getrunken. Das Gastmahl 

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77

bestand aus mächtigen, dampfenden Stücken köstlichen Wild-
brets auf Platten aus geschnitztem Holz und Holzbechern mit 
kaltem, schäumendem Bier und würzigem Kräuterkuchen, und 
es war wahrhaftig eine herzhafte Mahlzeit zum Klang alter 
Lieder und wilder Musik, die auf Pfeifen und klagenden Lauten 
gespielt wurden. Die Frauen der Waldler tanzten vor den Feu-
ern, genauso wie die Frauen des Reitervolks in jener Nacht auf 
den Flüsternden Ebenen getanzt hatten. Mit herausfordernden 
Augen, lachend und mit roten Lippen. 

Da Conyin ein Barde war, forderten ihn die Waldler auf, ih-

nen ein Lied zu singen, und er sang in jener Nacht unter dem 
murmelnden Baldachin aus Blättern und den wenigen glitzern-
den Sternen, sang ihnen das alte Lied von Arvery am White-
strand Firth, und die Gesetzlosen saßen hingerissen und ver-
träumt und lauschten dem mächtigen Epos uralter Helden und 
Krieger. 

Morgan aß reichlich. Das Wildbret stammte von einem tier-

ähnlichen Bewohner der Wälder, einem großen, edlen Ge-
schöpf mit purpursamtener Haut und schneeweißem, verästel-
tem Geweih. Die Gesetzlosen jagten den purpurnen Hirsch, um 
sein Fleisch, seine Haut und sein Geweih zu gewinnen. Was 
das Bier betraf, so brauten sie es selbst, indem sie gut ver-
schlossene Fässer tief in die rauschenden Wasser der großen 
Ströme versenkten, die kalt und schäumend von den Höhen 
jenseits von Grymwood in die Tiefe stürzten. 

Er trank in langen Zügen und wurde verwirrt. Der wirbelnde 

Tanz, die strömenden Flammen, das Brausen des Liedes – sie 
alle vermischten sich in seinem Geist. Und durch den Nebel 
leuchtete klar das ovale Gesicht von Argyra. Ihre gelben Augen 
suchten von Zeit zu Zeit die seinen, wenn die Kriegsmaid ihm 
gegenübersaß. Nach einer Weile schlief er ein, und das so tief, 
daß Morgan, als Othgrim kam, um ihn mit vorsichtiger Hand 
zur Ruhe zu betten, nicht einmal bemerkte, daß man ihn be-
wegte. Aber Conyin trank viel mehr als er, und so war er am 

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78

nächsten Morgen mürrisch und reizbar und legte sich mit allen 
an, ohne dafür einen Grund zu haben. 

 

Sie ließen das grüne Dach von Grymwood hinter sich und 
stiegen ein in steiles, felsiges Land. Sie waren jetzt dem Sha-
mandur ganz nahe – dem Gipfel der Welt. Weit vor sich konn-
ten sie die Berge sehen, die sich hintereinander auftürmten, 
undeutlich und purpurfarben, und aus dieser Ferne noch wie 
Nebel oder Wolkenformationen wirkend. 

Bowman schritt mit einem schweren Bündel auf den Schul-

tern vor Morgan einher. Vor ihnen erwarteten sie jetzt keine 
Freunde mehr, auch keine Einladungen zum Abendmahl; jetzt 
mußten sie ihre eigenen Vorräte tragen, oder hungern. 

Sodaspes übernahm die Führung, und der Wegstein blitzte in 

seiner Hand, und wies immer nach Osten, dem Land des Son-
nenaufgangs. 

Die Luft war klar und kalt und sehr trocken. Sie stiegen jetzt 

beständig höher, und bald brannten ihre Beinmuskeln von der 
Strapaze. Unter ihnen und hinter ihnen dehnte sich Grymwood, 
ein endloser Teppich, dunkelgrün mit einer Andeutung von 
Grasland und einem Blick auf die ferne Felsmauer dahinter – 
alles andere war im Dunst der Entfernung verlorengegangen. 

Zuerst hielten sie jede zweite Stunde an, um zu rasten. Aber 

bald legten sie jede Stunde eine Rastpause ein und wurden 
dennoch müde, denn die trockene Luft brannte in ihren Lun-
gen, und ihre Münder dursteten. Als ihr Weg sie daher zu 
einem kalten, schnell dahinplätschernden Bergflüßchen führte, 
war ihnen das sehr willkommen. Sie legten Bündel und Stab 
beiseite und legten sich auf den Bauch, um von dem bitterkal-
ten, sauberen Naß zu trinken, das an ihnen vorbeiströmte. 
Morgan tauchte den ganzen Kopf in den Strom, und als er sein 
brennendes Gesicht wieder hob, blickte er ins Antlitz des 
Schreckens. 

Auf der anderen Seite des Stromes funkelte ihn auf einem 

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79

weißen Felsbrocken ein vorgebeugtes schwarzes Ding an, mit 
einem Gesicht, das eine Karikatur der menschlichen Visage 
war, mit bösen, roten Augen. 

Eisiger Schrecken packte ihn. Er wußte, was das war – ein 

Schwarzer Gnom! – einer der Bergbewohner – und ein Feind 
jedes Menschen. Er stieß krächzend einen Warnruf aus, aber 
Bowman und Argyra hatten den Gnomen fast im selben Au-
genblick auch erkannt. Ihre zwei Bogen blitzten, und ein 
schwarzer und ein weißer Pfeil pfiffen durch die klare Luft und 
prallten gegen totes Felsgestein. Das schwarze Ding war ver-
schwunden, wie durch Zauberei – zwischen dem Augenblick, 
in dem die Pfeile die Sehne verließen und dem, in dem sie 
gegen den Felsen prallten. 

Ernüchtert griffen sie wieder nach ihren Bündeln und zogen 

weiter, aber jetzt schritten sie mit größter Vorsicht aus und 
beobachteten die Hügel und Gipfel über sich und hielten Aus-
schau nach schwarzen Gestalten, die sich bewegten. Sie wuß-
ten, daß diese Höhen von Gnomen wimmelten, aber es war ein 
Unglück, daß sie schon so früh entdeckt worden waren. 

Höher kletterten sie und immer höher. Aber dies war nicht, 

wie Morgan gefürchtet hatte, dasselbe wie Bergsteigen. Da er 
nichts von solch alpinen Dingen verstand, hatte er damit ge-
rechnet, sich mühsam an steilen Felswänden emporarbeiten zu 
müssen, bei jedem Schritt in Gefahr. Aber so war es nicht: hier 
stieg das Land steil an, eine Felskette nach der anderen, aber 
Gefahren waren da kaum, eher rückenbrechende Quälerei. Die 
Berge von Shamandur freilich, die vor ihnen lagen, mochten da 
etwas ganz anderes sein. 

 

Einige Stunden später geschah es. 

Auf schmerzenden Beinen und Füßen arbeiteten sie sich eine 

steile Schlucht hinauf, als sie plötzlich stehenblieben und ein-
ander anstießen. 

Dort, an der Mündung der Schlucht, stand drohend eine klei-

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80

ne, schwarze, verzerrte Gestalt und funkelte auf sie herunter, 
und ihre roten Augen brannten unter herunterhängenden Lidern 
und einer zottigen Mähne. Morgan musterte die Kreatur faszi-
niert, als wäre sie ein Geschöpf der Legende. 

Gedrungen – vielleicht drei Fuß oder ein wenig größer – 

schwarz wie knorriges Holz, mit kurzen, krummen Beinen und 
knorrigen Armen, so knotig wie die Wurzeln von Iornungand, 
dem Großvater der Bäume. Es hatte einen viereckigen Schädel, 
ohne Brauen und breit, dicht mit zottigem Haar bewachsen, das 
die Farbe von Stroh hatte. Aus dem breiten, lippenlosen Mund-
schlitz ragten Hauer hervor, halb von einem spärlichen Bart 
bedeckt. Unglaublich häßlich stand es da, eine schwere Stein-
axt in den hornigen Händen. Sein Leib war mit schmutzigen 
Häuten bedeckt. Und das Ding stank. 

Bowman schoß einen Pfeil auf den schwarzen Gnomen ab, 

aber der gab ein knurrendes Geräusch von sich, das ebensogut 
Gelächter hätte sein können, und fegte den Pfeil mit unglaubli-
cher Geschicklichkeit mit seiner Steinaxt weg. Ehe der hoch-
gewachsene Mann einen weiteren Pfeil hinter dem ersten her-
schicken konnte, huschte das bösartige kleine Geschöpf zur 
Seite und war plötzlich verschwunden. 

Die sechs sahen sich stumm an, als wollten sie sagen – was 

nun? 

Doch die Antwort darauf ließ nicht lange auf sich warten, als 

nämlich ein Felsbrocken von der Größe eines Kürbisses von 
oben heruntergeflogen kam, Othgrim nur um ein Haar verfehlte 
und in einem Regen scharfkantiger Fragmente und einem 
Wirbel von Felsstaub auf dem Boden zerschellte. 

Sie blickten auf. Grinsende, schwarze Gesichter säumten den 

Klippenrand wie Wasserspeier an einem Dachsims. Weitere 
Steine rollten und tanzten jetzt den steilen Hang herunter und 
zerplatzten wie Bomben auf dem Steinboden. Ein schrapnell-
ähnliches Fragment riß Morgans Wange auf, ein zweites, so 
groß wie eine Menschenfaust, prallte gegen Bowmans Schulter 

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81

und brachte ihn zum Taumeln. Sie suchten Deckung und rann-
ten, als sie keine fanden, den Weg hinauf, um außer Reichweite 
zu sein. Herumhuschende, schwarze Gestalten schwärmten 
schnatternd am Felsrand entlang und hielten mit ihnen Schritt. 
Ein Speer mit einer steinerner Spitze krachte dicht neben Argy-
ra gegen einen Felsvorsprung; einen zweiten fing sie mit ihrem 
kleinen Schild auf und lenkte ihn ab, wurde aber davon nieder-
geworfen. Im nächsten Augenblick ging ein ganzer Regen 
schwerer Steinwaffen auf sie nieder. Aber wie durch ein Wun-
der wurde in dem ganzen Durcheinander keiner der Gruppe 
verletzt. 

Sie rannten weiter und waren in wenigen Minuten außer 

Reichweite, mußten aber von jetzt an jeden Augenblick auf der 
Hut sein und ihre Umgebung im Auge behalten. 

Dreimal während der nächsten Stunden pfiff ein Pfeil mit 

steinerner Spitze aus dem einen oder anderen Versteck an 
ihnen vorbei. Die Waffen der Gnomen waren primitiv gemacht 
und schlecht ausbalanciert, und so wurde keiner getroffen. 
Aber es war nur eine Frage der Zeit, bis die bösartigen kleinen 
Teufel genügend Mut gefaßt haben würden, um sie in Massen 
anzugreifen. 

Tatsächlich geschah das auch nur wenige Minuten nach dem 

dritten Pfeil. Die sechs schlängelten sich durch eine ziemlich 
enge Felsspalte, als sich plötzlich, ohne das geringste Ge-
räusch, das sie hätte warnen können, kleine schwarze Männer 
mit bösen roten Augen sich auf sie warfen, vielleicht zwei 
Dutzend an der Zahl. 

Argyra fing mit ihrem Schild einen Axthieb auf und fällte 

einen Gnomen. Ein zweiter, der wie ein Ziegenbock stank, 
sprang Morgan von hinten auf die Schulter und riß ihn halb zu 
Boden. Morgan hatte einmal ein paar Nahkampftricks gelernt – 
er packte ein knorriges, schwarzes Handgelenk, beugte sich 
plötzlich vor und riß den um sich schlagenden kleinen Gnomen 
zu Boden, wo Othgrim ihm mit seinem Stab erschlug. 

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82

Es war ein wirbelndes Chaos aus weißem Staub, heulenden, 

buckligen Gestalten und schreienden Männern. Das Sonnen-
licht blitzte auf Argyras breiter Klinge, als diese ein weiteres 
der häßlichen kleinen Geschöpfe niederschlug. Bowman jagte 
einen Pfeil nach dem anderen davon, ein tödlicher Hagel, der 
fünf oder sechs der kleinen, schwarzen Gnomen fällte. 

Blendende Blitze lautlosen blau-weißen Lichts huschten über 

ihre Netzhaut. Das war Sodaspes, der wild gestikulierte. Jeder 
Blitz blendete einen der heulenden Horde oder ließ ihn ohn-
mächtig niedersinken. Morgan riß sein Schwert heraus, tötete 
einen der Gnomen und fragte sich, ob Sodaspes noch weiteren 
Zauber hatte, den er einsetzen konnte. 

Und das tat er. Als die Lichtblitze allem Anschein nach er-

schöpft waren, holte Sodaspes einen kurzen Stab aus einem 
rauchigen, bernsteinfarbenen Kristall heraus und richtete ihn 
auf ihre Widersacher. Rotes Feuer schoß aus der Spitze – es 
sah aus wie eine Laserpistole, wunderte sich Morgan – und ein 
paar der schwarzen Gnomen fielen um, eingehüllt in ein Netz 
aus roten Flammen. 

Othgrim war es, der die Wende brachte. Wie ein Riese aus 

weißem Kalkstein, vom Scheitel bis zur Sohle mit weißem 
Staub bedeckt, ragte er hoch in dem Durcheinander auf, und 
sein mächtiger Stab kreiste pfeifend, wie ein riesiges Rad des 
Todes. Und dabei hallte seine tiefe Stimme, brüllte einen unar-
tikulierten Kriegsruf hinaus. 

Der Angriff endete ebenso schnell, wie er begonnen hatte. 
Plötzlich gab es da keine herumhuschenden, knurrenden 

schwarzen Kreaturen mehr zu bekämpfen; zehn oder fünfzehn 
lagen reglos im Staub; die Überlebenden flohen, verschwanden 
fast wie durch Zauberei und ließen die sechs keuchend, zer-
kratzt und blutend, aber unversehrt auf dem Schlachtfeld zu-
rück. Sie gingen weiter, aber den ganzen Tag lang folgten 
ihnen schwarze Gestalten entlang der Klippen und Spitzen, und 
von Zeit zu Zeit flog ein Felsbrocken auf sie herunter, verfehlte 

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83

sie aber immer wieder. Sodaspes machte sich Sorgen: Langsam 
zog die Nacht herauf, und in der Dunkelheit würde der nächste 
Angriff einer größeren Schar vielleicht auch der letzte sein. 

Aber es blieb ihnen nichts anderes, als weiterzuziehen, und 

das taten sie, ohne Rast und ohne Ruhe, bis die Nacht über sie 
kam. 

 

Argyra war es, die die Höhle fand. Es war nur eine schmale, 
schwarze Spalte in der Mauer aus weißem Felsgestein, aber 
dahinter weitete sie sich aus, so daß sie aufrecht stehen konn-
ten. Sie sollte ihnen Unterschlupf für die Nacht bieten, da leicht 
ein einziger Mann den Eingang halten konnte, während die 
anderen ruhten. Conyin beklagte sich auf seine mürrische Art, 
daß es gut eine Falle sein könnte; vielleicht lauerten die Gno-
men auf sie und konnten sie überfallen, wenn sie in der Mor-
gendämmerung wieder herauskamen. Bowman meinte in seiner 
kurz angebundenen Art, daß sie sich über die Probleme des 
nächsten Tages am besten am nächsten Tag den Kopf zerbre-
chen sollten, zumindest würden sie diese Nacht in Sicherheit 
schlafen können. 

Und so kamen sie überein, daß sie die Dunkelheit in der Höh-

le verbringen sollten, da jeder Versuch, im Freien zu lagern, 
dem Selbstmord gleichkam. 

Die Bergwinde hatten trockene Blätter und allen möglichen 

Unrat in die Ecken der Höhle getrieben, und die häufte So-
daspes jetzt mit ein paar Zweigen auf und machte ein Feuer, 
wobei er wieder den Zauber seines kleinen Steines einsetzte. 
Sie machten eine Mahlzeit, und dann legte sich jeder zur Ruhe 
und rollte sich in seinen Mantel, wobei Bowman die erste, 
Othgrim die zweite und Argyra auf eigenen Wunsch die dritte 
Wache übernahm. 

Morgan schlief den Schlaf völliger Erschöpfung und regte 

sich nicht, bis er Argyras Hand an der Schulter spürte, und die 
verklebten Augen blinzelnd öffnete, um das erste Licht der 

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84

Morgendämmerung an der Höhlenmündung zu erkennen. 

»Meine Wache?« murmelte er. Aber sie hielt warnend den 

Finger an die Lippen und trat an ihm vorbei, um den Sänger 
und Sodaspes auf dieselbe Art zu wecken. Bowman und der 
vierschrötige junge Riese kauerten an der Mündung der Höhle 
und, spähten mit grimmigen Gesichtern hinaus. 

»Tatsächlich ein Hinterhalt«, sagte Bowman mit leiser Stim-

me. »Sie haben uns umzingelt und stehen bereit, einen Regen 
von Felsbrocken und Pfeilen auf uns niedergehen zu lassen, 
sobald wir herauskommen. Das Problem ist – sollen wir versu-
chen, uns ihnen draußen zu stellen oder hierbleiben in der 
Hoffnung, daß sie am Ende weggehen?« 

Conyin rieb sich mit der knochigen Hand über die Stoppel-

wangen. »Wir könnten einfach hierbleiben, nicht wahr, und das 
auf ein paar Tage. Wir haben Essen und Wasser …« 

»Ja«, sagte Argyra, »aber was ist, wenn sie nicht weggehen, 

sondern einfach dort draußen lagern? Am Ende müssen wir 
hinaus; sollte es jetzt oder später sein?« 

Darauf hatte keiner eine gute Antwort. 
Sodaspes runzelte nachdenklich die Stirn und rieb sich über 

die Brauen. Dann leuchteten seine Augen plötzlich auf. Conyin 
runzelte fragend die Stirn. 

Der Magier sagte: »Ehe wir das entscheiden, sollten wir nicht 

vorher sehen, wohin diese Kaverne führt? Vielleicht gibt es 
eine Abzweigung, die zu einem anderen Ausgang führt.« 

Der Sänger lachte. »Nun, warum auch nicht, wie? Bis jetzt 

haben wir ja mit Höhlen ausgezeichnetes Glück gehabt«, mein-
te er und bezog sich damit auf die Höhle, in der sie Schutz vor 
den Senmurven gefunden hatten. Jene hatte einen »Hinteraus-
gang« gehabt, der zu dem Zusammentreffen mit Argyra und 
schließlich in die Freiheit geführt hatte. Konnte es nicht bei 
dieser Höhle ebenso sein? 

Sie beschlossen, es zu riskieren; während Morgan und Bow-

man ihre Habseligkeiten einsammelten, gab Othgrim dem 

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85

Lagerfeuer neue Nahrung, damit die Flammen den Eingang 
abdecken und es den Gnomen erschweren sollten, ihre Verfol-
gung zu früh aufzunehmen. Sodaspes entzündete eine Fackel, 
und dann drangen sie, angeführt von ihm, tiefer in die schwarze 
Höhle ein, wo sie einen engen Gang fanden, der im Zickzack 
verlief, bis er sich nach einer Weile in eine bequemere Kaverne 
ausweitete. 

Von oben tropfte Wasser von den Spitzen herunterhängender 

Speere aus glasig wirkenden Mineralien. Ein kalter, feuchter 
Wind schlug ihnen entgegen und ließ die Flammen von So-
daspes’ Fackel zittern, so daß der von Zeit zu Zeit die Hand 
davor halten mußte, um zu verhindern, daß sie ausgeblasen 
wurde. Aber dieser Wind war ein gutes Zeichen: er wehte nicht 
von hinter ihnen, wo der Eingang lag, sondern von irgendwo 
vor ihnen aus den schwarzen, unbekannten Tiefen. Und ein 
Wind weht nicht durch Mauern aus massivem Felsgestein; es 
mußte also einen anderen Ausgang geben! 

Sie gingen durch eine phantastische Welt. Rings um sie gab 

es schleimigen Schimmel und Flechten und riesige, fahle Pilze, 
die von Wänden und gerundeten Felsbrocken glitzerten und aus 
dem feuchten, dampfigen Boden sprossen. Die Flechten ebenso 
wie der Schimmel leuchteten grünlich und erzeugten ein ge-
spenstisches Glühen, das die Schwärze wie der fahle Schimmer 
eines unterirdischen Mondes erfüllte. 

Die Stalaktiten und Stalagmiten wuchsen zu ungeheurer 

Größe, hängende, steinerne Wälder, durch die sie sich mühsam 
ihren Weg suchen mußten. Der Klang ihrer Schritte hallte von 
überall wider, ein gespenstisches Echo, in das sich das allge-
genwärtige Trip-Trip-Trip von Wasser mischte. 

Die unterirdische Welt war nicht ohne Bewohner. Rote Au-

gen beobachteten sie furchtlos aus schwarzen Schrunden; das 
Klicken und Scharren winziger Klauen auf glattem Gestein 
konnte aus den Galerien gehört werden, und einmal glitt ein 
Nagetier quer über ihren Weg, abstoßend groß, nackt, rosafar-

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86

ben, mit einem langen, schlangenartigen Schwanz und schar-
lachroten Augen, die in der Finsternis leuchteten. 

Es war eine Welt wie aus einem Alptraum, fremdartig und 

irgendwie schön, trotz all ihrer Fremdheit. Morgan hatte nie 
von Jules Verne oder dessen berühmten Roman Reise zum 
Mittelpunkt der Erde
 gehört – nur wenig terranische Literatur 
aus der präspatialen Zeit hatte die Jahrhunderte überlebt –, aber 
wenn er den Roman gekannt hätte, so hätte er ohne Zweifel 
eine seltsame Verwandtschaft mit Vernes unterirdischen Aben-
teuern empfunden. Die Welt, durch die sie jetzt zogen, war 
nicht fremdartiger und auch nicht faszinierender als die, die 
Vernes Helden unter einem erloschenen Vulkan in Island 
entdeckt hatten. 

Morgan fand während einer kurzen Ruhepause, die sie ein-

legten, Gelegenheit, dem jungen Magier eine Frage zu stellen. 

»Wohnen denn diese Schwarzen Gnomen, wie ihr sie nennt, 

in solchen Orten?« 

Sodaspes nickte, und über seine müden Züge zog ein schwa-

ches Lächeln. 

»Ja, Morgan, sie hausen in den schwarzen Höhlen unter den 

Bergen, an den Wurzeln der Welt. Mir ist derselbe Gedanke 
gekommen – daß sie nämlich diese Kavernen vielleicht viel 
besser kennen als wir, und daß wir in größere Gefahren hinein-
laufen als die, vor denen wir zu fliehen trachten. Aber ich weiß 
nichts Besseres … wir müssen das Risiko einfach eingehen.« 

Morgan verarbeitete das. »Was diese Gnomen betrifft«, 

meinte er schließlich, »sind sie nicht auch an den Pakt gebun-
den wie alle anderen? Weshalb sollten sie uns hindern und 
versuchen, uns ein Leid anzutun, wo wir uns doch Mühe ge-
ben, sie und alle anderen Bewohner von Bargelix vor dem 
Unheil zu retten?« 

Sodaspes zog die Beine an, um etwas bequemer zu sitzen. 
»Das ist schwer zu erklären, Outworlder. Ursprünglich galt 

der Pakt auch für sie. Aber du mußt wissen, das liegt sehr lange 

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87

zurück. Zu Beginn der Welt, in der mythischen Zeit, wohnten 
alle Geschöpfe in Frieden beieinander unter dem Pakt. Aber in 
den Äonen, die seit jener fernen, vergessenen Zeit vergangen 
sind, haben sie sich der Verehrung der Dunkelheit und des 
Bösen zugewandt. Und außerdem sind sie ein unstetes Volk, 
dem man nicht vertrauen kann. Vielleicht haben sie uns einfach 
nur deshalb angegriffen, weil sie die Menschen nicht mögen, 
oder weil sie unseren Auftrag nicht kennen, oder aus irgendei-
nem anderen Grund, den wir nicht ahnen können.« 

»Zwischen den Kindern der Menschen und dem Gnomenvolk 

hat es seit vielen tausend Jahren keine Verbindung mehr gege-
ben«, bemerkte Conyin, der dem Gespräch zugehört hatte. 

»Ja«, fügte Bowman ernst hinzu. »Und dann gibt es noch 

einen Grund, einen besonders schrecklichen.« 

»Und was für ein Grund wäre das?« fragte Sodaspes. Bow-

mans Gesicht verfinsterte sich. »Das Tarandon-Tor öffnet sich 
in das formlose Chaos zwischen den Welten … das gestaltlose 
Zeug, aus dem alle Welten am Anfang geschaffen wurden, 
sagen die Philosophen. Jene, die die Finsternis anbeten, sagen, 
daß Chaos der erste Gott war, der Urvater, das, woraus die 
Schöpfung entstanden ist. Und selbst das Chaos müht sich ab, 
die Schöpfung zu vernichten …« 

Der Magier sah den anderen streng und mißbilligend an. 
»Das sind verbotene Dinge«, erklärte er ernst. »Was du sagst, 

grenzt gefährlich an die Geheimnisse der Hohen Magie!« 

Bowman grinste und spuckte aus. »Das ist alles, was ich für 

die Hohe Magie übrig habe! Für uns sind diese Fragen mögli-
cherweise Leben oder Tod und für ganz Bargelixwelt! Ich 
pfeife auf deine Theologie – das ist ernst.« 

»Bitte fahr fort, Bowman«, bat Morgan. 
»Nun gut. Es ist leicht möglich, daß die auf dieser Welt, die 

zum Dienst am Bösen verführt worden sind, dagegen sind, daß 
das Chaostor geschlossen wird. In Grymwood wurde davon 
geraunt: daß die Derynigol sich regten, daß Gnomen und be-

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88

stimmte mächtige Zauberer sich zu einer wichtigen Sache 
verbündet hätten. Wir haben Gnomen gesehen, die Schwarzen 
Gnomen heißt das, nicht das Alte Volk, die auf geheimer Mis-
sion die Höchsten der Derynigol in Grymwood aufgesucht 
haben.« Sein bronzefarbenes Gesicht war wie eine Maske, er 
blickte brütend drein. »Die Großen Tage sind jetzt da, meine 
Kameraden. Es mag sein, daß dies schon die Letzten Tage sind, 
und wieder verbünden sich die Diener des Schattens im uralten 
Bündnis, denn das Chaos selbst greift nach Bargelixwelt.« 

Conyins Augen glitzerten im Widerschein der verlöschenden 

Fackeln. 

»Das ist es also, weshalb der Waldhexer es gewagt hat, uns 

in Grymwood herauszufordern!« brummte der alte Mann. »Ich 
hatte mich schon darüber gewundert, das ist nicht ihre Art; sie 
scheuen die Menschen und wagen es nicht, sich gegen sie zu 
stellen!« 

Argyra wurde unruhig: ihr Volk wußte wenig von den Tradi-

tionen der Alten Tage, und sie war dieser Reden müde; es 
drängte sie danach, diese Welt der Finsternis und des leuchten-
den Schleims und ewig tropfenden Wassers zu verlassen. 

»Sollen wir nicht weiterziehen?« fragte sie. »Wenn wir die-

ses schwarze Loch verlassen haben, ist noch genug Zeit zum 
Reden.« 

 

Die Kaverne führte immer weiter in die Tiefe. Mächtige, frei 
liegende Felsschichten, wie eine Treppe, die für Giganten 
bestimmt war, führten sie immer tiefer in die Kavernenwelt. 

Sie schritten jetzt durch wahrhafte Wälder aus kolossalen 

Pilzen, riesigen Gebilden von der Größe von Regenschirmen, 
aus schorfigem Rot, fahlem Gelb, giftigem Blau, und manche 
so hoch wie junge Bäume. 

Hier und da kamen sie an unterirdische Flüsse, die ihnen den 

Weg versperrten. Einen dieser Flüsse überquerten sie, kämpf-
ten gegen den Sog des eisigen Wassers an, um schließlich auf 

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89

der anderen Seite bis auf die Haut naß, vor Kälte zitternd, 
wieder herauszukommen. Der zweite Strom war zum Glück 
von einer natürlichen Steinbrücke überspannt. Oder war dies 
eine natürliche Formation? Sodaspes beugte sich vor, um sie 
im schwachen Licht zu untersuchen. Er konnte keine Spur 
menschlicher Arbeit entdecken, blieb aber zweifelnd. 

»In der Welt sind drei Arten von Gnomen übrig geblieben«, 

sagte er finster. »Die Schwarzen Gnome, unsere bösen Feinde, 
die keinem der Kinder des Menschen besonders freundlich 
gesinnt sind. Dann gibt es die Roten Gnomen, von denen man 
heutzutage nur selten sieht oder hört, nicht gerade Feinde der 
Menschen, aber stets zu Streichen aufgelegt. Am besten von 
allen sind die alten Grauen Gnomen, die immer noch dem Pakt 
gehorchen, aber von denen haben wir in vielen Jahrhunderten 
nichts mehr gehört …« 

Sie gingen weiter. Stunden waren jetzt vergangen, seit sie 

ihren Abstieg in diese schwarze, verwunschene Welt begonnen 
hatten. Sie sahen nichts von den kleinen Geschöpfen, die sie 
belagert hatten, und am Ende gelangten sie zu dem Schluß, daß 
die Gnomen sie nicht in die Höhle verfolgt hatten. Aber warum 
die kleinen, schwarzen Kreaturen das nicht getan haben sollten, 
blieb ihnen ein Geheimnis. Das Lagerfeuer an der Kavernen-
mündung hätte sie eigentlich nicht lange aufhalten dürfen, da 
sie es hätten ersticken können; ebenso unwahrscheinlich war, 
daß sie Ursache zur Furcht hatten, den sechs in diese Kaver-
nenwelt zu folgen, da die Unterwelt ja ihre Heimat war. 

Konnte es sein, daß es in diesen Tiefen etwas gab, das die 

Schwarzen Gnomen selbst fürchteten? 

Der Gedanke war beunruhigend. Aber die Frage war nicht zu 

beantworten, und so gingen sie weiter, vorsichtig, die Schwer-
ter bereit. 

 

Es geschah eine Weile später, als sie durch eine riesige, hallen-
ähnliche Formation zogen. Die Kuppeldecke war weit über 

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ihnen; ihre Fackeln waren jetzt fast ausgebrannt, und sie stol-
perten durch das Halbdunkel, das nur gelegentlich von Flecken 
einer stumpfen Phosphoreszenz erhellt war, wo der Schimmel 
wucherte. 

Überall waren mächtige Felsbrocken aufgehäuft, von denen 

viele die schwarze Mündung des Tunnels versperrten, auf den 
sie jetzt zustrebten. Argyra, die sich ihren Weg zwischen den 
hinderlichen Felsen bahnte, schrie plötzlich auf und sprang 
zurück, stach mit ihrem kurzen Schwert nach etwas auf ihrem 
Weg. 

Es sah aus wie der Schwanz einer Schlange, war aber viel 

größer als eine Schlange je sein konnte. Das Stück Schwanz, 
über das die Kriegsmaid fast gestolpert wäre, hatte den Umfang 
eines Fasses. 

»Ich dachte, es lebt – irgendeine Art Tier«, gestand das Mäd-

chen. Als sie genauer hinsahen, erkannten sie eine hornige 
Substanz, die entweder schwarz oder grünlichschwarz war, 
leicht glänzte und wie Schuppen aussah. Aber die Schuppen 
hatten die Größe einer menschlichen Hand und konnten daher 
keine Schuppen sein. 

Bowman stieß das Ding an. Es war hart und unnachgiebig 

wie Fels, und das sagte er auch. Argyra zuckte die Schultern 
und lachte ein wenig verlegen. 

»Irgendeine Art Gestein also«, sagte sie und schickte sich an, 

über den Steinhaufen dahinter zu klettern, der die Tunnelmün-
dung versperrte. 

Und dann öffnete einer der großen Steine Augen wie Bälle 

aus orangeroten Flammen und sah sie an … 

Sie stoben in Panik auseinander. Morgan konnte sich später 

nie mehr an die nächste Minute erinnern, bis er wieder bei sich 
war. Aber da war er bereits durch die halbe Grotte gerannt, 
keuchend und zitternd. 

Was sie für einen Felsen gehalten hatten, hob jetzt einen un-

glaublich dicken, schuppigen Hals und drehte sich herum. Es 

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hatte einen Schnabel und Hörner und war ungeheuer mit riesi-
gen Kiefern, und die Augen brannten wie orangerote Lampen 
und erfüllten die Kaverne mit rötlichem Schein wie zwei 
Scheinwerfer. Morgan dachte an Drachen. An Siegfried, den 
Helden seiner Knabenzeit, und den Drachen Fafnir. Aber die-
ses Ding war wirklich, es lebte, und Drachen waren Geschöpfe 
aus der Legende … Das mußte ein gigantischer Saurier sein, 
eine ungeheure Echse, ein Bewohner der Tiefen. 

Und dann sprach es! Tiefe Baßtöne, langsam und dröhnend, 

wie Donner, dem Sprache verliehen ist. 

»Was – seid ihr Menschenvolk hier in meiner uralten Unter-

welt?« sagte das schwerfällige Monstrum mit Tönen, die wie 
das Echo eines fernen Erdbebens widerhallten. »Habt ihr nicht 
die ganze obere Welt, um darin eure Behausung zu finden, und 
müßt in meinen Abgründen herumstochern und Leute mit 
scharfen Stöcken belästigen?« 

Mit orangeroten Augen, die wie riesige Lampen flammten, 

einem riesigen Schädel, gehörnt und mächtig, der über ihnen 
aufragte, regte sich der kolossale Saurier langsam, schwerfäl-
lig, und unter seinem mächtigen Gewicht scharrte das Gestein. 

»Ich will davon nichts haben, hört ihr? Zurück in eure obere 

Welt, und laßt die Tiefen Dzarmungzung, in Frieden …« 

Sodaspes, der keuchend neben Morgan stand, drehte sich um, 

als er diesen seltsamen, schwer auszusprechenden Namen 
hörte. Sein Gesicht glänzte vom Schweiß und war bleich wie 
Milch, aber plötzlich blitzte Hoffnung in seinen gelben Augen. 

»Dzarmungzung!« flüsterte er ungläubig. Und dann huschte 

sein Blick zum alten Conyin hinüber, der ebenfalls plötzlich 
zum Stillstand gekommen war und sich jetzt umdrehte und mit 
dem jungen Magier verblüffte, benommene Blicke wechselte. 

»Dzarmungzung?« wiederholte der alte Barde. Und dann 

drehte er sich vorsichtig um und sah das hoch aufragende 
Reptil an, das sie mit Flammenaugen anfunkelte. »Bist das du, 
Alter Drache?« rief er. 

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92

Das große Ding senkte seinen mächtigen Schädel. 
»Ich bin es«, dröhnte es mit seiner tiefen Stimme. »Aber wer 

nennt meinen alten Namen?« 

Jetzt trat Conyin mutig vor, obwohl Morgan sehen konnte, 

daß seine Beine zitterten. Conyin schwang seine Leier herum, 
so daß man sie sehen konnte. 

»Ich, Conyin, der Sänger, ein geweihter Barde. Du lebst also 

wirklich, o Mächtiger, nach all den Zeiten? Und hältst du den 
Pakt immer noch in Ehren?« 

»Ich lebe noch, ja«, sagte der Drache langsam. »Ein Barde 

des Menschenvolks hier? Wie wunderbar seltsam … Ja, der 
Pakt! Aber wer seid ihr, die ihr von Pakten plappert und in 
meinen zarten Schwanz Dinge steckt? Sprich, Menschling, hab 
keine Angst vor dem alten Dzarmungzung und stich ihn nicht 
mehr mit scharfen Stöcken!« 

Conyin begann ein stockendes Gespräch mit dem mächtigen 

Reptil, aber Morgan konnte sich später nicht mehr erinnern, 
was gesagt wurde. Er war voll des Staunens – nicht so sehr 
über die Vorstellung eines vernunftbegabten Wesens, das von 
nichtmenschlicher Gestalt war, denn davon gab es auf den 
Sternenwelten viele. Tatsächlich waren die Boygyars von Tau 
Ceti diesen großen gigantischen Reptilintelligenzen nicht 
unähnlich und den Menschen freundlich gesinnt. Aber sie 
waren Telepathen und nicht mit der Fähigkeit der Sprache 
begabt. 

Nein – sein Staunen hatte eine andere Ursache, denn er be-

griff, daß Dzarmungzung eines der Sprechenden Tiere der alten 
Cophyrilegende sein mußte; einst, so sagten die Mythen, teilten 
die Menschen diese Welt mit großen, weisen Tieren, die sich in 
menschlicher Sprache verständigten. Von Äonen glaubte man 
schon, sie seien alle untergegangen, und jetzt erwähnte man sie 
nur noch in alten Geschichten und in jenen Reimen, mit denen 
die Cophyrimütter ihre Kinder in den Schlaf sangen – und doch 
lebte hier einer, ein sprechender Drache! Es war, als unterhielte 

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man sich mit einem alten magischen Geschöpf aus einem 
uralten Märchen. 

»Nun, nun, tretet vor und laßt euch ansehen«, polterte der 

alte Drache. Conyin winkte heftig, und sie traten nacheinander 
vor und standen bleich und zitternd oder verwundert vor 
Dzarmungzung, dem Alten Drachen. Die großen Lampen 
seiner Augen ließen ihr rötliches Licht über sie tanzen, über 
einen nach dem anderen, bis sie schließlich auf Argyra zum 
Stillstand kamen. 

»Hoh! Bist du das gewesen, der mich gestochen hat?« fragte 

er. Sie nickte tapfer, und ihre schwarzen Locken schimmerten 
im Leuchten seiner flammenden Augen. 

»Das war ich, aber ich kannte dich nicht, o Großvater aller 

Schlangen«, rief sie. Der Drache drehte seinen mächtigen Hals 
und spähte auf sie herunter. Menschliche Gefühle flammten 
jetzt in jenen Augen, Amüsiertheit, Überraschung und Humor. 

»Was soll das?« brüllte er. »Bei meinem uralten und höchst 

zarten Schwanz, ist das nicht ein Mädchenkind? Sag, Mädchen, 
hat der alte Dzarmungzung nicht recht? Nach all diesen Ewig-
keiten«, wunderte sich der Drache, »ein Mädchenkind – und 
mit einem Stecher bewaffnet!« Er lachte glucksend – ein ent-
nervendes Geräusch, das so klang, wie wenn man eine Ladung 
Kohlen in eine Blechrutsche schüttelt. 

»Ja, ich bin eine Frau, und mein Name ist Argyra, Alter«, 

schrie das Mädchen zu ihm hinauf. 

»Nun, hmmm!« Er schnaubte, verschleierte die Lampen sei-

ner Augen halb und ließ sich dann langsam herunter, bis seine 
mächtigen Kiefer und der hornige Schnabel auf den gekreuzten 
Vorderpfoten ruhten. In dieser Position reichte sein gehörnter 
Kopf nur ein kleines Stück über Othgrim hinaus. 

»Ein Sänger … ein Zauberer … ein Mädchenkind«, sinnierte 

der alte Drache langsam. »Ich sehe, daß ihr sechs seid … Nun, 
bei meinen Hörnern, schließlich kennt der alte Dzarmungzung 
auch die alten Gesänge! Dann sind also die Letzten Tage über 

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uns gekommen? Nun, nun … ich habe mir schon so etwas 
gedacht.« Plötzlich unterbrach er sich und schniefte

Wenigstens dachte Morgan, daß er das tat. Es klang wie eine 

Dampfpfeife, die Druck abläßt. 

»Gnomen!« polterte er. »Ihr stinkt nach Gnomischkeit! Nun, 

sag mir, Kind, habt ihr etwas mit den kleinen Schwarzen zu tun 
gehabt? Heh? Bei meiner alten Nase, das rieche ich.« 

Argyra trat vor. 
»Sie haben uns in der oberen Welt angegriffen«, rief sie dem 

Monstrum zu, »und wir haben gegen sie gekämpft und in die-
sen Kavernen Zuflucht vor ihnen gesucht, denn sie sind viel 
mehr an der Zahl als wir, obwohl wir ihre Zahl ein wenig 
reduziert haben«, sagte sie grinsend und schlug sich auf die 
Schwertscheide. 

»Ho, ho! Ein paar weniger von den kleinen schwarzen Wür-

mern, wie?« gluckste der Drache. »Das gefällt mir gut, Kind! 
Ein widerliches Volk sind sie, diese Schwarzen, mit ihren 
kleinen roten Augen, die überall herumschnüffeln – ho! Es hat 
also einen Kampf gegeben, he? Das hätte meinem alten Herzen 
gut getan, das zu sehen, das ist die Wahrheit! Was … glaubt 
ihr, daß das die Wahrheit ist … wißt ihr, was dieses schurki-
sche Pack gewagt hat, he? In meine eigene Kaverne haben sie 
sich hereingeschlichen und haben versucht, mich mit Gold, 
alten Edelsteinen und dem Versprechen fetter Menschenbabys 
zu kaufen. Dzarmungzung, dem Schwarzen Chaos und dem 
Schatten des Bösen dienen! Was haltet ihr davon? Hah!« 

Er reckte seinen alten Schädel, seine Augen flammten. Weit 

hinter ihnen, im Schatten, regte sich sein mächtiger Schweif 
und löste zwischen den Steinen eine kleine Lawine aus. 

»Und was hast du gesagt, Großvater?« fragte Argyra. 
»Gesagt?« dröhnte er. »Gesagt? Nun, nichts, kleines Kind – 

getan habe ich. Ja, das ist das Wort – getan! Nun, ich hab ihnen 
meine Antwort schon gegeben, ja, das habe ich, und ganz klar, 
nicht mit leisen Worten, das sollt ihr wissen … Etwa auf diese 

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Weise habe ich’s formuliert, schaut …« 

Seine mächtige Pranke hob sich und schwebte einen Augen-

blick lang in der Luft, riesig wie ein Haus, so schien sie. Sieben 
Finger waren an dieser mächtigen Pranke, und orangefarbenes 
Augenlicht glitzerte auf den gekrümmten Klauen, die sie be-
wehrten. 

Und dann krachte die große Tatze plötzlich donnernd auf die 

aufgehäuften Steine herunter, von denen die meisten manns-
hoch und aus solidem Felsgestein waren. Der Steinboden beb-
te, und Echos hallten durch die mächtige Kaverne, als Dzar-
mungzung die Steine mit der mächtigen Pranke wie Walnüsse 
knackte. Stücke von zersprungenem Gestein spritzten zwischen 
seinen Fingern davon und prasselten wie Gewehrfeuer von den 
fernen Wänden. Staub wirbelte auf, angefüllt mit Felsflocken 
und setzte sich dann langsam wieder. Die Stärke des Drachen 
war unglaublich. 

Und dann sagte er mit selbstgefälliger Stimme, mitten in das 

Echo hinein: »Und ich glaube, sie haben verstanden, was ich 
mir dachte, diejenigen von ihnen, die nicht plattgedrückt wur-
den, meine ich«, und dann gluckste er wieder. 

»Deshalb hatten sie also Angst, uns zu folgen!« lachte der 

alten Barde. Dzarmungzung blinzelte mit einem hornigen 
Augenlid, dämpfte sein orangefarbenes Licht. 

»Nun, mich überrascht es nicht, wenn das schwarze Ge-

schmeiß sich hier in meinen Träumen nicht willkommen 
fühlt!« dröhnte er. 

Sodaspes sah sich verträumt in der mächtigen, düsteren Ka-

verne um. 

»Das also ist Dzarmungzungs Tiefe«, sagte er nachdenklich; 

»wie oft habe ich doch von diesem Ort und seinen Wundern in 
den alten Geschichten und Liedern gehört, als ich in den sonni-
gen Höfen der verbotenen Stadt Novize war.« 

»So, man spricht also noch in jener euren oberen Welt von 

dem Alten Drachen?« polterte Dzarmungzung. »Nett zu wis-

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sen, daß die kleinen Menschlinge sich an ihren alten Freund 
erinnern … Sag mir, Magier, wieviele Jahre ist es jetzt her, seit 
jene Tage verstrichen sind, verstrichen in jenem hellen, 
schrecklich offenen Ort, aus dem ihr Kinder kommt?« 

Sodaspes sagte zögernd: »Eine sehr lange Zeit, Großvater 

aller Schlangen … viele Jahre …« 

»So wie ihr kleinen Kinder Zeit rechnet, ja«, sagte der Alte 

Drache tolerant. »Aber sag mir, wieviele? Denn ich habe lange 
im dunklen, kühlen Schweigen der Untererde geschlafen, und 
möchte wissen, wieviele Jahre, vielleicht Jahrhunderte, aus der 
Zukunft in die Vergangenheit gewandert sind, seit jene hohen, 
goldenen Tage und wundersamen Kriege vorübergezogen 
sind.« 

Sodaspes wechselte einen Blick mit Conyin und senkte die 

Augen. Er schlurfte unsicher mit den Füßen; Morgan hatte den 
Eindruck, daß der junge Magier Angst hatte, die Wahrheit zu 
sprechen. Das beschäftigte ihn sehr, aber er wußte überhaupt 
nichts von diesen Dingen und hatte diese Geschichten nie 
gehört. 

Der Drache bemerkte den Blick, der zwischen den zwei 

Sterblichen gewechselt wurde, und er spürte das verlegene 
Schweigen, das darauf folgte. 

»Ihr scheint Angst zu haben, zum alten Dzarmungzung von 

der Zeit zu sprechen«, dröhnte der Drache blinzelnd. »Nun 
muß ich euch bei meinem uralten und zarten Schwanz sagen, 
daß ich nicht weiß, warum ihr so empfindet. Ich bin immer ein 
Freund von euch kleinen Menschlingen gewesen, in jenen alten 
Tagen ebenso wie heute. Sprecht jetzt und sagt mir die Wahr-
heit: Wie viele Jahre sind an mir vorübergegangen, während 
ich hier in meinem tiefen, dunklen Loch schlief, seit ich mit 
Rolnarn, König der Menschen, und Silianath, Herr des Mee-
resvolkes, und Yunglinglamor, Häuptling der Gnomen, an 
meiner Seite gegen den Schatten zog, mit all den Sprechenden 
Tieren hinter mir, als ich über die sonnenbeleuchtete Erde 

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schritt? Sprecht, habt keine Angst vor mir!« 

Endlich sprach Sodaspes, aber mit gesenktem Blick, mit lei-

ser, trauriger Stimme. 

»Dreißigtausend Jahre der Zeit«, sagte er sanft. 
»Hä?« Der Drache hob seinen mächtigen Schädel, und seine 

flammenden Augen blinzelten ungläubig. »Hä?« 

Sodaspes wiederholte den Satz. 
Einen Augenblick lang herrschte Schweigen. 
Mit weiten, flammenden Augen ragte der gigantische Drache 

über ihnen auf. Mit einem einzigen Schlag seiner Pranke konn-
te er sie zu Brei schlagen, mit einem einzigen Peitschen seines 
mächtigen Schweifes. Dann klang es donnernd: 

»Du lügst, falscher Menschling! Du lügst, sage ich!« 
Das Brüllen zerriß die Finsternis. Die Lampen der monströ-

sen Augen flammten wie goldene Monde durch die Düsternis. 
Sie standen erstarrt vor dem Donner seines Zorns, wagten 
weder zu sprechen noch sich zu bewegen. 

Dann verblaßten die flammenden Augen, und die hochragen-

de schwarze Gestalt schrumpfte ein wenig zusammen, als sei 
sie plötzlich müde. Langsam senkte sich der mächtige Schädel 
des Drachen. 

»So lange … so lange … wirklich, eine sehr lange Zeit … 

dreißigtausend Jahre! … Ihr habt doch ›tausend‹ gesagt, oder? 
… Ja, und ich habe hier in meinem schwarzen Loch geschla-
fen, während all die Zeit verstrich … Und die hellen jungen 
Reiche, was ist aus denen geworden? Herrscht Riolnarns Blut 
immer noch in Irion, Stadt der Menschen? Was, kleiner 
Menschling?« 

Conyins Stimme klang unendlich sanft, als der Sänger es auf 

sich nahm, diese von Hoffnung erfüllte Frage zu beantworten. 

»Seine Dynastie endete vor vielen tausend Jahren, und all 

sein Volk ist verstreut und vergessen, und die Steine von Irion, 
der Stadt der Menschen, sind begraben unter dem Staub der 
Äonen und verloren, so daß nicht einmal die weisesten aller 

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Menschen noch wissen, wo jene große Stadt einmal stand.« 

Der Drache wimmerte tief in seiner mächtigen Kehle. 
»Ist das so, wahrhaftig …? Das leuchtende Irion … das stol-

ze Irion … das schöne Irion? Ah! Ich kann es noch sehen, die 
goldenen Banner, die im Wind des Morgens flattern … die 
jungen, lachenden Prinzen … die Helden mit den edlen Herzen 
… ah, wie traurig …« 

Sie standen verlegen da und wußten nicht, was sie sagen soll-

ten, während das älteste aller lebenden Geschöpfe verlorene 
Königreiche betrauerte. Nach einer Weile hob der Drache 
wieder seinen großen Schädel, um zu fragen: 

»Und der mächtige Sillianath und das Volk des Tiefen Grü-

nen Meeres – bestimmt sind sie auch dahin und vergessen … 
und was ist mit ihrer hellen Stadt, Koth Ylim, die Stadt im 
Meer – sie ist doch sicher nicht auch untergegangen, mit all 
den Legionen des Meeresvolks, die sie schützten?« 

Und Sodaspes sagte leise: »Das Meeresvolk hat nach der 

Zerstörung der Dunklen Stadt und dem Fall des Schattens vor 
der Ankunft Iarbaths, Engel des Lichts, mit den Kindern der 
Menschen lange Kriege gekämpft … Die Stadt im Meer wurde 
besiegt und vom schwarzen Schlamm bedeckt, und all Meer-
volk floh zu den fernen Orten der Welt und wenn noch welche 
leben, so haben sie sich vor den Menschen verborgen.« 

Der Alte Drache brütete lange Zeit schweigend, und seine 

Augen waren stumpf und fahl, nur das langsame, schwere 
Geräusch seines Atems durchbrach das Schweigen; schließlich 
stellte er mit dumpfer Stimme eine letzte Frage. 

»Du bringst mir traurige Nachricht, Menschling … trauriger, 

als Worte es ausdrücken können … Und mein altes, müdes 
Herz leidet unter dem Wissen dieser Dinge, und ich wollte, ich 
hätte nicht gefragt! Aber da ist noch eines, was ich wissen muß 
… eine letzte Frage muß ich dir stellen …« 

»Dann stelle sie, Alter«, bat der Magier. 
»Mein eigenes Volk, das Tiervolk … was ist mit ihnen? Si-

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cher hat die Zeit doch keinen so traurigen Zoll von meinen 
eigenen Brüdern verlangt, wie von euch Sterblichen! Sicher … 
wir sind sehr langlebig, wir Tiere … Was ist mit Sharmingzorn 
dem Großen Rock, und Gordrim dem Weißen Greif, und Aaarl, 
dem Sprechenden Fisch? Was mit der schönen, süßen Noni-
daal, der Sphinx-Löwin … und dem schlauen Yemnd, dem 
Basilisken … und dem alten, weisen Erygandor? Was ist aus 
unserer Art geworden, den Einhörnern, den Hippocamps, den 
Feuerdrachen, den Sprechenden Tieren der Berge, Haine, 
Meere und des Himmels?« 

Sodaspes’ Kopf sank auf seine Brust, und Morgan sah das 

Glitzern von Tränen in seinen Augen. Mit erstickter Stimme 
sprach er, und der Drache unterbrach ihn und bat ihn, das 
Gesagte zu wiederholen. Das tat er. 

»Es tut mir leid, Großvater … abgesehen von dir, dir alleine 

… nach allem, was die Kinder des Menschen wissen … sind 
die Sprechenden Tiere vor Äonen von dieser Welt verschwun-
den …« 

»Kann das so sein?« 
»So ist es, Großvater«, meldete Argyra sich zu Wort. »Mein 

eigenes Land, im Norden der Flüsternden Ebenen, war einst die 
Heimat Baranthars, des menschenköpfigen Bullen. Aber er 
starb, jener große Weise, Zwölftausend Jahre vor der Geburt 
meiner Mutter … starb, wie er gelebt hatte, ein Freund von uns 
Menschlingen. Die Sprechenden Tiere sind alle lange ver-
schwunden.« 

»Deshalb staunten wir so darüber, dich zu finden, o Mächti-

ger«, sagte der Rhapsode würdig. »Du bist, soweit wir bloßen 
Sterblichen es wissen, das letzte all der Sprechenden Tiere, die 
mit den ersten Menschen am hellen, schönen Morgen der Welt 
über das Land zogen …« 

 
 

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100

7. 

 

Der Drache brütete eine lange Zeit über jene lang vergangenen 
Tage nach, und seine Augen waren düster und glanzlos, 
versunken in finsteren Gedanken und alten Erinnerungen. Aber 
am Ende raffte er sich auf, und obwohl in seiner tiefen Stimme 
immer noch Traurigkeit mitschwang, brannten die großen 
Lampen seiner Augen wieder hell. 

»Nun«, sagte er würdevoll, »die Zeit verstreicht, ob wir es 

wollen oder nicht … und die Welt vergeht … schwebt immer 
zwischen der Ewigkeit und dem Untergang. Mich dünkt, es ist 
Zeit, daß ich aus meinem uralten Schlummer erwache, denn 
noch gibt es tapfere Taten zu vollbringen, ehe die Welt kalt 
ist.« 

Und er verlegte sein kolossales Gewicht und erhob sich ma-

jestätisch zu seiner vollen Höhe. Morgan riß die Augen weit 
auf. Sicher waren nicht einmal die großen Dinosaurier der alten 
Erde in der Urdämmerung der ersten Tage so gewaltig gewe-
sen. Dzarmungzung mochte tausend Tonnen an Gewicht ha-
ben: die Welt ächzte und stöhnte unter seinem bedächtigen 
Schritt. Kein lebendes Ding konnte auf seine gepanzerte Ge-
stalt blicken, ohne Ehrfurcht, Staunen und Schrecken zu emp-
finden. Er war ein sich bewegender Berg aus lebendem Fleisch, 
er, das älteste aller lebenden Geschöpfe, das letzte und größte 
und weiseste aller Sprechenden Tiere. 

Er führte sie langsam durch jenen Ort der alten Mythen. Es 

war eine Kaverne, die eine Kuppel deckte, so riesig, daß man 
Sternenschiffe darin hätte abstellen können. Die Decke war 
dem Blick verloren, von Schatten verhüllt; die andere Wand 
nur schwach zu erkennen. Sie schritten, oder besser gesagt, sie 
trabten, denn sie hatten Mühe, mit dem Drachen Schritt zu 
halten, stets darauf bedacht, den großen Tatzen auszuweichen, 
die sie zu Brei hätten zermalmen können. Und während sie 
neben ihm dahinliefen, blickten sie auf die Wunder, die sich 

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101

ringsum ihren Augen darboten. 

Die Dunkelheit wich. Dzarmungzung rief einen Namen, und 

eine glitzernde Fontäne aus silbernem Feuer erblühte aus dem 
Dunkel eines Kraters in der Mitte des riesigen Raumes. Das 
glitzernde weiße Feuer hob und senkte sich und ließ mächtige 
Schatten über die Wände und das Kuppeldach der Drachenhal-
le zucken. Und jetzt, da die Kaverne beleuchtet war, konnten 
sie monströse Schriftzeichen oder Runen erkennen, die in die 
Felswand geschnitten waren, tief in den Stein getrieben, die 
geduldige Arbeit ferner Jahrhunderte. Die Symbole waren fast 
zu groß, als daß man sie auf einen Blick hätte erkennen kön-
nen; das Auge wanderte über sie von einer Seite zur anderen, 
es waren Schriftzeichen so riesig wie Häuser. Sodaspes sah 
voll Ehrfurcht auf die Drachenschrift. 

»Das ist die vergessene Sprache«, seufzte er, zu Conyin ge-

wandt. »Die Welt hat sie vergessen, die Schrift der Dämme-
rung, die Sprache der Tiere! Er hat hier mit seinen Klauen die 
mächtige Fabel der Schöpfung in das lebende Felsgestein 
geschnitten. Schaut doch, schaut! Kein Mensch wird je wissen, 
welche Geheimnisse hier eingegraben sind …« 

Conyin nickte, hörte den anderen kaum. Sein faltiges, häßli-

ches Gesicht wirkte im schimmernden Licht der magischen 
Fontäne sanft, ja fast verträumt. Er kannte die alten Gesänge 
und liebte sie aus ganzem Herzen, mit einer Liebe, wie er sie 
sein ganzes Leben lang nie einem Mann oder einer Frau hatte 
geben können: und diese Halle war in jenen goldenen Gesän-
gen der Urzeit berühmt. Dies war Dzarmungzungs Tiefe, und 
für Conyin war sie schrecklich und wundersam und herzerstik-
kend fremd zugleich … so als würden Sie oder ich durch die 
Marmorhallen des Olymps wandeln oder über die grimmigen 
Zinnen von Asgard, und auf deren Wunder blicken und erken-
nen, daß eine Legende Wahrheit war. 

»Hierher kam einst Iarbath selbst, als die ganze Welt noch 

jung war, um den Alten Drachen in den Krieg gegen die Fin-

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102

sternis zu rufen«, murmelte er. »Unsterbliche Füße sind über 
jene uralten Steine geschritten, vielleicht bin ich der einzige 
von allen Sängern, der dieses Wunder sehen soll!« 

Vorräume (jeder einzelne so groß wie das Schiff einer mäch-

tigen Kathedrale) gingen von der Mittelhalle aus. Der Drache 
führte sie durch eine ganze Reihe solcher Räume: einer davon 
war mit Schätzen wie mit goldenen Bergen vollgefüllt, andere 
mit Hügeln aus weißem Silber oder mit Strömen von Juwelen. 
Der Reichtum einer anderen Welt lag hier aufgehäuft, und 
Morgan hielt den Atem an, als er die Fülle sah. 

Das Drachenvolk hatte stets Freude daran gehabt, Schätze zu 

sammeln und zu bewachen, aber dieser hier überstieg jede 
Vorstellung. Und keineswegs alles war das Werk von Men-
schenhand. Hier lagen fremdartige Juwelen, eingetauscht oder 
gestohlen von dem Gnomen, und seltsame grüne Münzen, die 
aus den Münzstätten des Meeresvolks stammten, und eigenar-
tige Edelsteine wie durchsichtige Blasen aus schimmerndem 
Licht – Tand vielleicht der Sylphine, jenes Volkes der Lüfte, 
von denen die Legenden berichten und die vom Angesicht der 
Welt verschwunden waren. Der verlorene Stamm … 

Sodaspes stöhnte und beugte sich vor, um mit zitternden Fin-

gern eine blitzende Goldmünze aufzuheben, auf der ein könig-
liches Gesicht eingraviert war und seltsame Schriftzeichen, wie 
sie der Outworlder noch nie zuvor gesehen hatte. Der Magier 
berührte die Münze mit ehrfürchtigen Fingern und wandte dann 
sein Gesicht Conyin zu. 

»Schau, Sänger! Dies ist das Gesicht von Amandar selbst, 

dem ersten König der Menschen«, flüsterte er. Conyin beugte 
sich über die Hand des anderen und blickte staunend auf das 
Geldstück. 

»Eine Münze, die in Mon, der Stadt der Menschen, geschla-

gen wurde«, sagte der alte Barde mit vor Ehrfurcht rauher 
Stimme. »Sieh, Junge, die ist fast vor siebzigtausend Jahren 
geprägt worden. Jene Zeit, das Königsreich, sein Volk und die 

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103

Sprache, die sie sprachen, sind lange aus dem Wissen der 
Menschen verschwunden. Aber sieh doch! Das geprägte Gold 
leuchtet hell und rein, als wäre kein Tag verstrichen, seit es in 
der Herrlichen Stadt Gestalt angenommen hat.« 

Sie zogen weiter durch Höhlen des Wunders, vollgestopft mit 

Schätzen. 

Da war eine Halle, in der tausend Schwerter hingen. Alt und 

zerbeult und zernarbt und rot vom uralten Rost waren diese 
Schwerter, und jedes hatte seinen eigenen Namen und seine 
stolze Geschichte; Schwerter der alten Heroen waren dies, und 
unter ihnen waren viele der gesegneten Klingen, die die Men-
schen im großen Krieg gegen die Finsternis getragen hatten. 
Der alte Conyin wußte all dies auf einen Blick. Seine Augen 
waren verschleiert, als er auf die alten Schwerter blickte, und er 
nannte ihre Namen, einen nach dem anderen. 

»Dort hängt Skammung, das Ixnar trug, und das breite Ionar 

und das blitzende Seriam das Scharfe und Babamore und Ror-
naway und Yan und Tarnalume und Zariol das Schlanke. 
Schlaf gut, du heiliger Stahl! Du hast dir die Ruhe der Ewigkeit 
verdient.« 

Und schließlich erreichten sie eine weitere, noch riesigere 

Höhle. Sie war düster und blau und erfüllt von murmelnden 
Geräuschen und sich bewegenden Schatten und ruhelosem 
Feuer, und die Luft roch nach Zauberei – würzig, geheimnis-
voll! 

»Die Höhle der Magie«, sagte Bowman mit leiser Stimme. 
Sodaspes fand keine Worte; er sah sich mit tränenden Augen 

um, und in seinem jungen Gesicht leuchtete die Ehrfurcht vor 
dem Unerreichlichen. Morgan sah sich in dem mystischen 
blauen Schein um. Fremdartige Formen ragten in der magi-
schen Finsternis auf. Gehörnte Masken aus Stein; ein Amboß, 
mächtiger als ihn je ein Sterblicher benutzt hatte; eine Kugel 
aus klarem Wasser, die im lebenden Licht leuchtete; ein Altar, 
primitiv und roh aus uralten Steinen aufgehäuft; ein großer 

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104

Speer, vom Ende bis zur Spitze vierzig Fuß lang, und mit einer 
Spitze aus unsterblichem Feuer. 

Und dann gab es hier auch viele seltsame Instrumente, für die 

Morgan keine Bezeichnung kannte. Seltsame Gebilde aus 
Stangen und Kegeln, Würfeln und Prismen aus glänzendem 
Kristall und fremdartigem Metall, schwarz und grün und sil-
bern. In diesen geheimnisvollen Gebilden pulsierte Kraft – 
Kraft, die gebändigt war, jetzt schlief, aber Kraft, die aufwa-
chen konnte – um ganze Welten zu verändern, zu zerbrechen 
oder in Stücke zu reißen. 

Die Höhle der Zauberei … Noch heute flüsterten alte Gesän-

ge davon, jenem fabelhaftem Schatz der Alten Magie, angefüllt 
mit Geräten und Instrumenten und Waffen der Zauberer aus 
der Morgendämmerung der Welt. 

Da war ein schwarzer Spiegel, hoch wie das Tor einer Fe-

stung; in seinen Tiefen bewegten sich fahle Gestalten, regten 
sich endlos die Gespenster, die für immer in einer blassen Welt 
aus nur zwei Dimensionen gefangen waren. Und ein riesiges 
Juwel, in tausend blendende Facetten geschnitten, und jede 
Seite, jede Fläche trug eine Rune von unbekannter Kraft: Feuer 
schlummerte im Herzen des Juwels wie ein gefangener Stern. 

Da waren Rüstungen und Schilde mit fremdartigen Schrift-

zeichen. Ein Schwert, dessen Klinge ein blitzender Diamant-
splitter war, lag auf einer zusammengeknüllten Kriegsflagge. 
Ein Kopf aus getriebener Bronze, vom Alter geschwärzt, stand 
auf einer Säule aus stumpfem Blei; in metallischen Augenhöh-
len blitzten Juwelen, und da war Leben und Intelligenz in jenen 
Augen, die sich ganz leicht bewegten, so als wollten sie sie 
beobachten, während sie vorüberschritten. 

In der Mitte der Kaverne wuchs ein riesiger Baum. Es war 

erstaunlich anzusehen – er lebte, obwohl seine knorrigen, 
verwitterten Wurzeln aus kalkhartem Stein herausragten. Fri-
sche grüne Blätter wuchsen auf den mächtigen Zweigen und 
regten sich leicht, als bewegte sie ein schwacher Wind, viel-

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105

leicht aus irgendeiner anderen Welt. Ein Ast fiel ihnen ins 
Auge. Er blitzte wie helles Gold, und sieben schwarze Vögel 
saßen darauf, und die Vögel hatten weder Augen noch Schwin-
gen. 

Morgan sah diese Wunder, kannte sie aber nicht. Und aus der 

Ehrfurcht und dem Staunen, das er in den Gesichtern seiner 
Freunde wahrnahm, wußte er, daß er hier durch den Hort ural-
ter Wunder schritt: Dinge aus dem Mythos, das, woraus uralte 
Legenden geformt waren. 

 

Vor einem Wunder aus dunklem Kristall blieb Dzarmungzung 
stehen. Es war wie ein großer Brunnenschacht, der mit schim-
merndem Glas ausgekleidet war. Das Geheimnis hing darüber 
wie eine Aura aus unsichtbarem Licht. 

»Kann es sein?« staunte Argyra mit schwacher Stimme ne-

ben Morgan. 

»Du kennst es wohl, Mädchenkind?« fragte der Alte Drache, 

und seine orangefarbenen Augen blitzten vergnügt. Die 
Kriegsmaid nickte langsam. 

»Das ist Yggs Brunnen, nicht wahr, Alter Großvater? Hierher 

kam Prinz Ouros in der Geschichte und der Weise Einsiedler 
und der alte König Adler auch …« 

»Der Brunnen der Weisheit«, kam es von Bowmans Lippen. 

Selbst sein ausdrucksloses, finsteres Gesicht ließ sein Staunen 
erkennen. 

»Ja, Kinder, der Brunnen der Weisheit, wahrhaftig!« dröhnte 

Dzarmungzung. Er war jetzt selten guter Stimmung; nach all 
diesen Äonen seine Schätze vor Gästen zeigen zu können, die 
sie begriffen, bereitete ihm Freude, dachte Morgan, so wie es 
bei jedem Sammler der Fall war. 

»Mir schien es klug, daß ihr hierherkommt zu dem Brunnen, 

den in vergangenen Zeiten so viele andere Helden des Men-
schenvolks besucht haben«, polterte der alte Drache. »Hier 
könnten wir von dem lesen, was kommen soll, oder von dem, 

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106

das vielleicht kommen könnte, und vielleicht einiges Wissen 
gewinnen von den Gefahren, die auf uns lauern, und wie man 
sie am besten umgeht, wie? Ha! Dann bleibt hier und – bei 
meinem uralten, zarten Schweif – wir wollen sehen, ob im 
letzten Zeitalter der Welt immer noch die Weisheit lebt …« 

Die sechs knieten ehrfürchtig am Rand des geheimnisumwo-

benen Brunnens nieder, dessen Rand aus dunklem Kristall in 
den magischen Lichtern dieses Horts der Zauberei schwach 
schimmerte. Dzarmungzung baute sich neben dem Brunnen auf 
und setzte sich langsam. Er legte seinen schuppenbewehrten, 
glitzernden Schweif halb um die Öffnung des Brunnens herum 
und stützte seinen mächtigen, hornigen Schädel auf die riesigen 
Pranken. 

Dann sprach er einen Namen aus. 
Und an dem magischen Ort wurde es still. 
Die Schatten wurden dichter; die Lichter verglommen. 
Jetzt kam ein schwaches Leuchten aus den unsichtbaren, un-

bekannten Tiefen des alten Brunnens. 

Wie ein Geist aus grünem Licht war jenes Leuchten: zu 

schwach eigentlich, um es »Licht« zu nennen, und zu fahl, als 
daß man es eigentlich »grün« nennen durfte. Ein Phantom des 
Lichtes war es und der Schatten einer Farbe. 

Das Leuchten schwebte aus der Mündung des Brunnens nach 

oben und hing wie ein schwacher Dunst darüber, kräuselte sich 
langsam. Morgan sah gebannt und fasziniert hin. Dies war 
wahre Magie, und jetzt befand er sich nicht länger in der Ta-
geslichtwelt der Menschen, sondern im zwielichtigen, geheim-
nisvollen Reich des Mythos. 

Der grüne Dunst verformte sich langsam in etwas, das wie 

ein riesiges Gesicht aussah. 

Sie war nicht ganz menschlich, jene dunstige Visage, obwohl 

sie bärtig und majestätisch und menschlich war. Flügel wuch-
sen aus der breiten Stirn, und in den großen, weisen Augen 
schimmerten unirdische Tiefen, und als das Gesicht im Nebel 

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107

sprach, war seine Stimme ein weit entferntes Flüstern, das im 
Bewußtsein nachhallte, nicht im Ohr. 

Was willst du? fragte die flüsternde Gedankenstimme. 
»Wir möchten wissen, was diesen kleinen Menschlingen be-

vorsteht«, sagte der alte Dzarmungzung kühn, während die 
sechs den Schemen voll Ehrfurcht und Staunen anstarrten. 

Viele Gefahren und für jeden einzeln; und für mindestens 

einen der Tod, und Finsternis für einen anderen; aber große, 
triumphale Taten ebenso, und Ruhm, der alle Zeiten überleben 
wird,
 sagte das Gesicht im Dunst. 

»Aus meiner Tiefe gibt es sieben Straßen«, sagte der Drache; 

»welchen dieser Pfade sollten diese kleinen Reisenden ein-
schlagen; welches Tor ist unbewacht; welcher Pfad nicht von 
Gnomen besetzt?« 

Alle sieben Wege sind bewacht, aber das Schicksal hat ent-

schieden, daß die sechs durch das Bergtor diesen Ort verlassen 
sollen, obwohl auch jenes scharf bewacht wird.
 

»Und was, wenn sie durch ein anderes der sieben Tore hi-

nausziehen?« fragte der Drache. Das Gesicht der Weisheit 
lächelte schwach. 

Du kannst das Schicksal nicht vereiteln, o Dzarmungzung, so 

sehr du dich auch bemühst! Denn im Buch der Millionen Jahre 
steht, daß sie die Tiefe auf jenem Weg verlassen sollen und auf 
keinem anderen: und obwohl es zutrifft, daß Gefahr und Tod 
und Finsternis vor dem
 Bergtor lauern, so wartet dort auch der 
Sieg. Deshalb fürchtet euch nicht und schreitet kühn hinaus, 
dem entgegen, das bestimmt ist.
 

Das Gesicht begann jetzt wieder zu verblassen: Stirn und 

Wange und fließender Bart lösten sich wieder in formlose 
Schatten auf. Dzarmungzung sprach hastig, ehe das Phantom-
gesicht sich ganz aufgelöst hatte. 

»Und was ist mit den Gnomen, o Weiser?« 
Sie und die Hexe, ihre Herrin, haben sich mit dem Chaos 

verbündet, aber am Ende wird alles gut sein … 

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108

Und mit jenen geheimnisvollen Worten verschwand das Ge-

sicht, und im Brunnen der Weisheit wurde es wieder dunkel. 

In jener Nacht schliefen sie in Dzarmungzungs Halle, und als 

der Morgen dämmerte, zogen sie zum Bergtor. 

 

Der Weg dorthin führte durch Gänge und Galerien, die seit 
Jahrhunderten, vielleicht sogar seit Jahrtausenden nicht mehr 
benutzt worden waren. 

Hier herrschte ringsum absolute Finsternis, denn in jenen 

staubigen, düsteren Bereichen war das grünliche Leuchten der 
phosphoreszierenden Pilze und Flechten nicht zu sehen. Es gab 
hier überhaupt kein Licht, nur das gespenstische Strahlen, das 
von Dzarmungzungs Augen ausging. Deshalb zog Sodaspes ein 
Medaillon aus seltsamem schwarzem Metall aus dem Beutel. 
Eine geheimnisvolle Hieroglyphe, die keiner der Abenteurer 
bisher gesehen hatte, war darauf eingeprägt. Der junge Magier 
hielt die kleine Scheibe hoch und sprach einen bestimmten 
Namen aus, worauf eine Kugel aus wirbelndem Licht auf-
flammte. Sie schwebte vor ihnen her und strahlte ein flackern-
des, goldenes Licht aus. 

»Die Hallen, durch die wir gehen müssen, sind finster genug, 

aber ich glaube, das Hexenlicht wird die Dunkelheit erhellen«, 
sagte Sodaspes und steckte sein Medaillon wieder weg. Mor-
gan folgte den anderen und dachte, daß es doch recht gut war, 
einen echten Magier als Begleiter zu haben, wenn man auf eine 
Suche ging, wie er sie angetreten hatte. 

Die Blase aus goldenem Licht schwebte über ihnen, während 

sie durch riesige Gewölbe zogen, in denen ihre Schritte ge-
spenstisch hallten. Der Lichtkegel, der vom Hexenlicht aus-
ging, reichte aus, um ihnen den Weg zu weisen. 

Dzarmungzung ging mit Argyra voraus, die anscheinend sei-

ne Favoritin war und auf seiner Schulter hockte, die wie eine 
runde Bergkuppe über ihnen aufragte. 

Sie schlenderten neben den mächtigen Füßen des alten Dra-

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109

chen dahin. Von Zeit zu Zeit, wenn der Gang enger wurde, 
zogen sie sich hinter seinen Schwanz zurück, der mit einem 
metallischen Klappern über den rauhen Steinboden schleifte. 

Diese Galerien waren seit Jahrhunderten nicht mehr benutzt 

worden und daher teilweise knöcheltief mit Staub bedeckt. 
Aber einst hatten die Könige und Helden aller Gemeinschaften 
hier gewohnt oder diese unterirdischen Korridore als Grabge-
wölbe benutzt. 

Sie kamen an steinernen Sarkophagen vorbei, deren mächtige 

Deckel die glitzernden Aufschriften von Namen aus der Fabel 
trugen. 

Throne, die von staubigen Spinnweben verhängt waren, rag-

ten in den Schatten auf. In jener Zeit der Morgendämmerung 
war es Sitte gewesen, daß mit jedem König sein Thron, seine 
Krone und sein Schwert begraben wurden. 

Hier und da glitzerten inmitten von Staub und Spinnweben 

Rüstungen oder zerbeulte Helme, verrostete Schilde oder Lan-
zen im düsteren Schein uralten Metalls, wenn das kalte Hexen-
licht auf sie fiel. 

Othgrim, der dicht hinter dem Outworlder einherschritt, ver-

drehte abergläubisch die Augen, als er diese verwitterten Relik-
te der Sterblichkeit sah, und murmelte halblaut eine heisere 
Litanei der Namen von Schutzgeistern. Der vierschrötige Bauer 
wußte um die Schrecken, von denen es hieß, daß sie solche 
Orte heimsuchten, und bei dem bloßen Gedanken daran liefen 
ihm eisige Schauer über den Rücken. 

Morgan lächelte innerlich, obwohl er bemüht war, die Gefüh-

le dieses wackeren Kameraden nicht zu verletzen, indem er 
etwas sagte. Er erinnerte sich sehr wohl des eisernen Mutes, 
den dieser selbe Othgrim an der Felsmauer von Thoor gezeigt 
hatte, als das heulende Rudel der Senmurven um sie gekreist 
war. Damals hatte der wackere Knecht nicht das leiseste An-
zeichen von Furcht gezeigt: jetzt aber waren seine Lippen 
weiß, und kalte Schweißtropfen standen auf seiner Stirn, und er 

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110

rollte verängstigt mit den Augen. Morgan grinste, sagte aber 
nichts. 

»Jedem Mann seine eigene Tapferkeit und sein eigener 

Schrecken«, sagt das Weiße Buch

 

Eine kleine Weile später hatte Morgan Outworlder selbst An-
laß, den eiskalten Hauch des Schreckens zu verspüren. 

Denn plötzlich blieben sie stehen, und selbst dem Furchtlose-

sten von ihnen entrang sich ein Stöhnen der Ehrfurcht und des 
Staunens. 

Bowman wurde blaß, und seine Hände umfaßten den schwar-

zen Bogen fester, so daß seine Knöchel weiß hervortraten. 

Vor ihnen bewegte sich etwas zwischen den Schatten. 
Mit langsamen Schritten kam es aus der Finsternis hervor, 

um sich ihnen gegenüberzustellen. Morgan kniff die Augen 
zusammen und versuchte, in dem schwachen Licht auszuma-
chen, was es war. Und dann weiteten sich seine Augen ungläu-
big, und er merkte, daß sein Herz wie wild schlug, wie ein 
Vogel, der sich aus einem Käfig befreien möchte. 

Uralter Schrecken stand vor ihnen und breitete braune, ver-

witterte Arme aus, um ihnen den Weg zu versperren! 

Einst war es ein lebender Mensch gewesen, ein Ding aus 

Fleisch und Blut, aber das lag sehr weit zurück. Die Jahrhun-
derte hatten jenes Fleisch zu geschwärzten Fetzen verwittern 
lassen. Nackte, braune Knochen glitzerten trocken durch die 
ledernen Fleischlappen, die von ihnen herunterhingen. 

Der Kopf war wenig mehr als ein Schädel. Nackter, brauner 

Knochen, ausgetrocknet und zersprungen, vom Staub der Äo-
nen bedeckt. Ein grinsendes Horrorgesicht – und doch blitzte 
aus den Schatten schwarzer Augenhöhlen noch Intelligenz wie 
Funken eines unsterblichen Feuers. 

Das skelettartige Ding stand auf knochigen Beinen, die so 

dünn wie Stöcke waren. Es war ohne Zweifel tot, und doch war 
da eine geheimnisvolle Kraft, die es belebte. 

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111

Die knochige Klaue einer Hand umklammerte den Griff eines 

alten Schwertes. Die Klinge war vom Rost gerötet und zer-
beult, aber immer noch scharf genug, um zu verwunden und zu 
töten. 

Die braunen, knochigen Kiefer brachten kein Wort heraus, 

aber die zerbrochenen Zähne grinsten maskenhaft. Und doch 
funkelte im Feuer jener unsterblichen Augen eine Herausforde-
rung, unausgesprochen, und doch nicht weniger eindrucksvoll. 

Conyin kannte das Ding, denn er alleine trat vor, während die 

anderen wie erstarrt stehenblieben. Er sprach es mit sanfter 
Stimme an. 

»Laß uns passieren, Dorovir, tapferer Dorovir, o du treuester 

aller Diener!« sang er leise. Der Schädel bewegte sich ein 
wenig, so als lauschte er. 

»Wir bitten dich, laß uns passieren, o Dorovir! Dein guter Kö-

nig schläft immer noch im Schatten hinter dir, und seine Ruhe 
soll von uns nicht gestört werden, hab also keine Angst, Dorovir, 
und laß uns vorbei, du Getreuer. Der gute König Aromedion soll 
in ungestörter Ruhe schlafen, bis zum Ende aller Dinge, du 
Getreuer! Wir müssen nur seinen Ort passieren und werden ihn 
nicht stören, denn er gehört zu den gesegneten Toten … O laß 
uns passieren, wir bitten dich, tapferer Krieger!« 

Langsam zog sich das tote, knochige Ding zur Seite zurück, 

und sie krochen an ihm vorbei, einer nach dem anderen, wi-
chen seinem wachsamen Blick aus, bis sie den Ort passiert 
hatten, wo Dorovir der Tapfere ewige Wache vor der letzten 
Ruhestatt seines geliebten Königs hielt, dessen Schlaf er jetzt 
zehntausend Jahre lang bewacht hatte und den er weiter bewa-
chen würde, bis die Welt selbst ihr Ende fand. 

Sie zogen weiter, stumm, mit ernsten, nachdenklichen Ge-

sichtern. Und nie wieder lächelte Morgan Outworlder über 
Othgrim und seinen »Aberglauben«, denn dies war nicht seine 
Welt, und er kannte nicht alle Dinge, die in ihr waren. 

 

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112

Stundenlang führte sie ihr Weg durch die Hallen des Todes, 
aber am Ende, als der Morgen dämmerte, traten sie in das helle 
Licht des Bergtors hinaus, und jetzt bedrohten keine grimmi-
gen Schemen mehr ihren Pfad. 

Sie ruhten ein wenig in der Sonne aus, verjagten den Geruch 

nach Staub und Trockenheit und Verwesung aus ihren Lungen, 
tranken die frische, klare, kalte Bergluft in sich hinein und 
ergötzten sich nach so viel Schatten wieder am Anblick der 
hellen Sonne. 

Sie waren still und redeten überhaupt nicht über die Dinge, 

die sie erlebt hatten, denn sie wußten jetzt alle, selbst der Out-
worlder, daß in jener Finsternis große Legenden und alte Hel-
den schliefen, und es geziemt sich nicht, von solchen Dingen 
zu reden. 

Nach einer Weile, erfrischt mit kaltem Wein und nachdem 

sie die finstere Stimmung von sich geschüttelt hatten, die in 
den Hallen des Todes über sie gekommen war, schickten sie 
sich wieder an, weiterzugehen. 

Immer noch schwebte das Hexenlicht über ihnen hin und her, 

obwohl sein Feuer im hellen Glanz des Morgens nur schwach 
und kalt wirkte. Sodaspes erinnerte sich jetzt daran und zog 
wieder sein Medaillon heraus und bannte es, indem er einen 
anderen Namen aussprach. 

Und so zogen sie weiter, über das Bergtor hinaus. Eine Weile 

begleitete Dzarmungzung sie noch, auf daß sie den wahren 
Pfad finden mögen. Aber schließlich kehrte er um und sagte 
ihnen lebewohl, denn die Suche war ihre Aufgabe, und nach so 
vielen in der Finsternis verbrachten Äonen schätzte er die 
Helligkeit des Tages nicht sonderlich. 

»Gehabt euch wohl jetzt, kleine Menschlinge, und auch du, 

kleines Mädchenkind!« sagte er mit seiner tiefen Stimme, und 
seine großen Augen lächelten wie freundliche Lampen auf sie 
herab. »Künftig müßt ihr allein eures Weges gehen, obwohl 
meine Wünsche euch bis zum Ende eurer Suche begleiten.« 

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113

Einer nach dem anderen sagten sie dem gigantischen Reptil 

Lebewohl, und jeder versuchte auf seine Art, dem alten Dra-
chen für seine Freundlichkeit und Gastfreundschaft zu danken. 
Aber er wollte nichts davon hören und weigerte sich resolut, 
auch nur hinzuhören. 

»Bei meinem uralten, zarten Schwanz«, polterte er. »Nichts 

davon will ich hören, denn was ich getan habe, tat ich nur, um 
mit euch Worte zu tauschen und euch meine uralte Tiefe zu 
zeigen! Und deshalb heiße ich euch, seid still und dankt nicht 
dem alten Dzarmungzung! Und wenn diese eure große Suche 
vorbei ist und Bargelixwelt gerettet, dann seid ihr willkommen, 
mich wieder in meiner Behausung zu besuchen. Vielleicht 
haben wir dann die Muße zu einem guten Gespräch. Aber jetzt 
sagte ich euch Lebewohl. Seid vorsichtig, schaut aus nach 
diesen kriechenden, kleinen schwarzen Gnomen! Ein schur-
kenhaft schlaues Gezücht ist das, seid also auf eurer Hut! Viel-
leicht werden wir uns wieder begegnen … früher sogar, als ihr 
denkt!« 

Und mit diesen Worten machte der alte Drache kehrt und zog 

wieder zum Bergtor seiner unterirdischen Welt. Sie blieben eine 
Weile stehen und sahen ihm nach, bis er ihren Augen entschwun-
den war. Dann drehten sie sich wieder um und zogen weiter. 

 

Die Stimme von Ygg hatte nicht gelogen. Kaum eine Stunde, 
nachdem Dzarmungzung sich von ihm getrennt hatte, waren 
die Schwarzen Gnomen über ihnen, und diesmal in größerer 
Zahl als zuvor. 

Der Morgen flammte hell am reinen Himmel, und die beiden 

Sonnen standen hoch am Firmament, während sie die Höhen 
erklommen. Sie waren jetzt mitten in den mächtigen Bergen, denn 
sie hatten endlich den Gipfel der Welt erreicht. Rings um sie 
türmten sich die größten Berge auf, die Morgan je in seinem 
Leben gesehen hatte, ragten in den hellen Morgen, bedeckt mit 
jungfräulichem Schnee, den noch nie des Menschen Fuß betreten 

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114

hatte, und in dem sich der ganze Glanz des Himmels widerspie-
gelte. Sie waren jetzt nicht mehr weit von ihrem Ziel entfernt. Nur 
ein kurzes Stück Weges noch, dann würden sie vor dem Taran-
don-Tor stehen, und die Suche würde dann beendet sein. 

Und da brach es über sie herein, so schnell, daß sie schon 

hilflos waren, ehe sie auch nur Zeit hatten, mit der Hand ans 
Schwert zu greifen. 

Sie mühten sich einen steilen Weg hinauf, der sich zwischen 

den hohen Bergmauern hindurchschlängelte, als der Himmel 
plötzlich dunkel wurde und Netze auf sie heruntersausten und 
sie mit ihrem Geflecht bedeckten. 

Bowman rief eine Warnung; Argyras Schwert blitzte im hel-

len Licht; Othgrim brüllte wie ein zorniger Bulle und schwang 
seinen mächtigen Stab. Aber die dicken Falten des schweren 
Netzes fielen über sie herab, umschlangen ihre Arme, 
behinderten ihre Waffen und warfen sie auf die Knie. 

Und dann kam heulend, in einem schrillen Chor, der von den 

Bergen widerhallte, eine ganze Schar der knorrigen, kleinen 
schwarzen Geschöpfe über sie. Ihre roten Augen glänzten mit 
böser Lust, und ihre Knüppel flogen. Sie schlugen Bowman 
nieder. Ein wohlgezielter Schlag traf Argyra am Handgelenk, 
und das Schwert entfiel den gelähmten Fingern der Kriegs-
maid. Aber wenigstens ein Dutzend von ihnen war nötig, um 
den brüllenden Othgrim niederzuzerren und den mächtigen 
Knecht bewußtlos zu schlagen. Sodaspes spie Blitze von magi-
schem Feuer nach ihnen. Pfeile aus gelben Flammen zuckten 
und fällten wie Blitze. Aber am Ende wurde auch er niederge-
schlagen. 

Eine Keule traf Morgan am Hinterkopf. Für ihn explodierte 

die Welt in fliegenden Sternen und versank dann in absoluter 
Dunkelheit. 

Und als sie erwachten, waren sie Gefangene der Roten Zau-

berin. 

 

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115

Der Brunnen der Weisheit hatte sie davor gewarnt, und es war 
so gekommen. Sodaspes hatte im Gespräch mit dem Alten 
Drachen entdeckt, was die geheimnisvolle Warnung des Ge-
sichts im Nebel bedeutet hatte. 

Wie es schien, war eine mächtige Zauberin zur Macht ge-

langt und hatte die Herrschaft über die Schwarzen Gnomen 
angetreten. Yakiah hieß sie, ein Name, den man in diesem 
Land fürchten mußte. 

Immer noch verstrickt in das schwere Netz, benommen und 

nur halb bei Bewußtsein, schleppte man sie in die Halle ihres 
Bergpalasts und warf sie zu Füßen ihres Thrones. 

Auf eine gewisse unheimliche Art war die Halle sehr schön. 

Ringsum ragten Wände aus kühlem, grünen Stein in die Höhe, 
glasig und halb durchsichtig. Der Boden war ein schwarzer 
Spiegel, in dem kleine, goldene Sterne blitzten, verloren in 
ebenholzfarbenen Tiefen. In Pfannen aus getriebenem Messing 
leuchteten Jadeschalen mit smaragdgrünen Flammen zu beiden 
Seiten ihres Thrones, der ein Sessel aus rotem Holz war, mit 
einem grünen Samthimmel dahinter und darüber. 

Auf diesem Stuhl saß die Rote Zauberin. Sie trug die Gestalt 

einer schönen jungen Frau mit hohen Brüsten, schlanken 
Schenkeln und Hüften – eine gebieterische Schönheit, die die 
staubige Argyra ungepflegt und primitiv erscheinen ließ. Aber 
trotz all ihrer Schönheit konnte man erkennen, daß sie nicht 
ganz menschlich war. Zauberinnen von solcher Macht wie der 
ihren gestatteten selten anderen, sie in ihrer Realität zu sehen, 
und nahmen daher häufig eine Scheingestalt an. Daß sie die 
Rote Zauberin genannt wurde, paßte gut, denn ihr Haar war 
eine glitzernde Mähne aus scharlachrotem Feuer und wirkte 
eher wie das Werk eines begabten Juweliers als wie menschli-
ches Haar. Winzige Punkte aus Gold und rotem Feuer blitzten 
zwischen ihren Haaren. Sie trug ein Kleid aus scharlachroter 
Seide, das ihre perfekten Beine kaum verhüllte und ihre klei-
nen, spitzen Brüste bloß ließ. 

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116

Ihr Gesicht war ein Oval, blaßgolden und makellos in seiner 

Perfektion, mit vollen, üppigen Lippen und einem kleinen 
Kinn, das ihrem Antlitz die Form eines Herzens verlieh. 

Doch ihre Augen verrieten sie. Unter fein gezeichneten 

Brauen waren sie von reinem Scharlachrot: die Augen eines 
Tieres, nicht die einer Frau. 

Am Fuß ihres Throns hockte ein häßliches, kleines Mon-

strum, schwarz wie Ebenholz, breitschultrig, mit mächtigen 
Oberarmen, krummen, knorrigen kleinen Beinen, einem häßli-
chen Gesicht, das eine zottige Mähne und ein Bart aus rötli-
chem Grau umrahmte. Auf seinem häßlichen Schädel saß eine 
Krone aus Eisen. 

Dies war Thog, der Häuptling der Schwarzen Gnomen und 

Diener der Roten Zauberin. 

Das Netz wurde von ihnen weggeschnitten, und viele kleine 

Gnomen hielten ihre Arme und Beine. Man band sie mit eiser-
nen Ketten und nahm ihnen die Waffen weg, ebenso wie Cony-
ins Leier und den kleinen Beutel mit Zauber, den der junge 
Magier an seinem Gürtel trug. Dann warf man sie vor ihren 
Thron. All dies geschah in völligem Schweigen, während die 
Zauberin mit unergründlichem Blick zusah, mit einem Gesicht, 
das ohne jeden Ausdruck war. 

Als sie dann sprach, mit glockenklarer Stimme, rein, süß und 

verführerisch, verriet das sofort die wahre Macht, die von ihr 
ausging. 

»Weshalb seid ihr hierhergekommen, trotz der Warnung des 

Brunnens, daß man euch gefangennehmen würde?« fragte sie 
ohne Vorrede. Sie sahen einander an, und dann war es Bow-
man, der das Wort als ihr Führer ergriff, obwohl dies bislang 
nie geschehen war. Doch irgendwie schien dies in diesem 
Augenblick ganz natürlich. 

»Weil, Lady, der Brunnen uns den Sieg versprochen hat«, 

sagte er. 

»Sieg!« sagte sie, und in ihrer Stimme klang Spott. »Wie 

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117

könnt ihr an Sieg denken, wo ich euch alle habe? Ein Wort von 
meinen Lippen, und Stahl senkt sich in das Herz des Outworl-
ders, und eure Suche ist vorbei. Denn, wie du weißt, Sodaspes, 
nur ein Outworlder kann Tarandon schließen.« 

Sodaspes, bleich, aus vielen Wunden blutend, sagte nichts 

auf diesen Spott, oder hob auch nur den Kopf, der auf seine 
Brust gesunken war. Wieder sprach Bowman für die sechs, und 
seine Stimme war eigenartig ruhig. 

»All dies ist sehr wahr, Lady. Und doch weiß ich irgendwie, 

daß du jenes Wort nicht sprechen wirst. Oder, wenn du es tust, 
daß sich das, was du wünscht, aus irgendeinem Grund nicht 
ereignen wird; oder selbst wenn es das tut, daß am Ende der 
Gesang sich erfüllen wird.« 

Sie musterte sein Gesicht mit hellen, spottenden Augen, die 

nichts Menschliches an sich hatten. 

»Glaubst du das wirklich, Bowman? Sollen wir es auf die Probe 

stellen? Ich kann jenen Befehl jetzt aussprechen, und das Herzblut 
von Morgan Outworlder wird diesen schwarzen Spiegel des 
Bodens rot beflecken. Wollen wir darauf wetten, du und ich?« 

Jetzt fühlte Morgan eine Angst, wie er sie während all der 

Gefahren die sie bestanden hatten, nicht gekannt hatte. Er 
wagte nicht zu sprechen; er lag still und reglos da wie einer, 
der bereits tot ist, und haßte sich ob seiner Furcht. Doch er 
konnte nicht anders. Die ruhige Sicherheit, die in Bowmans 
Stimme mitschwang, fand kein Echo in Morgans Herzen. Ihm 
war nach Schreien zumute, aber er wagte nicht, sich zu bewe-
gen, oder einen Laut von sich zu geben. Irgendwie – unerklär-
lich – wußte er, daß Bowman Herr des Augenblicks war. Auch 
Yakiah, die Rote Zauberin, spürte es, und es verblüffte sie. 

Bowman lenkte die Rede auf einen anderen Weg. 
»Du kannst den Outworlder nicht töten, Lady, so sehr du dich 

auch bemühst, weil es nicht seine Bestimmung ist, an diesem 
Ort zu sterben, noch die deine, ihm Unheil zu bringen«, sagte er 
leise. »Und du, die du die Macht der Roten Magie beherrscht, 

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118

weißt, daß man die Bestimmung nicht betrügen kann.« 

Ein Anflug von Unsicherheit legte sich über ihre Züge; und 

dann wurden sie wieder kalt und hart, wie eine aus Elfenbein 
geschnitzte Maske; und dann wieder weich und schlau. 

»Bestimmung!« spottete sie. »Weil das Gesicht im Nebel 

gesagt hat, ihr werdet am Ende gewinnen? Hat das Gesicht 
nicht auch gesagt, daß hinter dem Bergtor der Tod einen der 
sechs erwartet? Warum sollte es nicht Morgan Outworlders 
Tod sein?« 

Und dann fuhr sie, ehe er antworten konnte, fort: »Und wie 

kannst du sicher sein, daß das Gesicht die Wahrheit sprach? 
Oder wessen Stimme durch jene Schattenmaske sprach? Viel-
leicht war es das mächtige Chaos und nicht der weise Alte 
Ygg!« 

Bowman gab darauf keine Antwort; es gab wirklich nichts zu 

sagen. Sie konnten nicht sicher sein, daß das Gesicht zu ihnen 
die Wahrheit gesprochen hatte … nur hoffen konnten sie. 

Dann sprach wieder die Zauberin, und jetzt war ihre Stimme 

einschmeichelnd. 

»Warum quält ihr euch durch Gefahren und Unbilden, wo 

doch nichts euch zwingt, diese Leiden und Lasten auf euch zu 
nehmen? Woher wißt ihr, daß ihr das Tarandon-Tor schließen 
könnt? Wie könnt ihr wissen, daß ihr es auch nur finden werdet 
inmitten dieser Wildnis aus Felsgestein, in diesem Wald aus 
Gipfeln? Und selbst wenn ihr es findet und es könnt, wißt ihr 
denn, ob es klug ist, das Tor zu schließen? Eure Götter sind 
einst durch das Tor auf diese Welt gekommen; vielleicht sind 
sie es, die sich jetzt diesem Portal nähern und die auf diese 
schöne, grüne Welt zurückkehren möchten, um ein Paradies 
aus ihr zu machen? Könnt ihr sicher sein, daß dies nicht die 
Wahrheit ist? Denn wenn es einmal geschlossen ist, kann das 
Tor nie wieder geöffnet werden, nicht einmal dann, wenn alle 
Magier dieser Welt sich dazu verbündeten. 

 

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119

Warum fürchtet ihr das Chaos und bekämpft es? Weil es böse 
ist? Aber das Chaos ist die Kehrseite der Schöpfung. Die bei-
den zusammengenommen machen das Ganze, was wir Natur 
nennen. Kann eine Naturgewalt gut oder schlecht sein? Sind 
denn die Gewalten, die die Welten machen und zerbrechen, 
nicht über solch unwichtige Urteile erhaben, die kleine 
Menschlinge in ihren kleinen Moralphilosophien erwecken? Ist 
ein Stern gut oder böse – ein Wind, ein Stein, ein Tier, eine 
Wolke, eine Welle?« 

So floß die weiche Musik ihrer Worte weiter, bis Morgan 

spürte, wie seine Aufmerksamkeit abzuschweifen begann. Es 
drängte ihn danach auszuruhen; seine Arme waren taub. Der 
schwarze Spiegel, auf dem er lag, war kalt. Er blinzelte ein 
paarmal, um sich wachzuhalten, und entdeckte, daß sie aufge-
hört hatte zu sprechen. Sie saß reglos da wie eine Statue, starrte 
auf sie herab, und ihre Macht umhüllte sie, ihre Augen flamm-
ten in der fahlen Maske ihres schönen Gesichts wie rote Mon-
de, und ein Schimmer pulsierender Macht umgab sie fast sicht-
bar; er lag wie ein schwaches Leuchten über ihrer Haut, als 
wäre sie durchsichtig geworden wie eine Säule aus farbigem 
Rauch, und sie konnten die sieben Chakras ihres Astralleibs 
wie Flammenräder sehen. 

Zu ihren Füßen kauerte wimmernd der Gnom und verbarg 

seine bösen Augen. Eine Wolke pulsierender Strahlung sam-
melte sich über ihrem Kopf, Zwielicht war im Raum; grüne 
Düsternis umhüllte alles. Es war, als stünde dieser Saal unter 
Wasser, und das einzige Licht käme durch flüssigen Smaragd 
herein. Und dann erstarb das Licht und stürzte den Raum in 
schwarze Düsternis. Jetzt ging das einzige Licht von der nebel-
haften, durchsichtigen Gestalt auf dem Thron aus – von den 
sieben wirbelnden Flammenscheiben, die durch ihre Gestalt 
brannten wie Monde aus kriechendem Feuer durch eine Wolke. 
Ein schrilles Pfeifen wurde hörbar: ein Geräusch so scharf und 
hoch, daß menschliches Fleisch es kaum ertragen konnte. 

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120

Argyra wimmerte und versuchte, mit den zusammengeketteten 
Händen ihre Ohren zu bedecken. Sodaspes war weiß wie eine 
Leiche und schwitzte, und seine Augen funkelten wie die eines 
Wahnsinnigen, Schaum stand in seinen Mundwinkeln, und er 
versuchte zu sprechen. Conyin lag mit dem Gesicht nach unten 
auf dem schwarzen Boden und betete. 

Die sieben Feuerräder wurden jetzt heller, und die Substanz 

ihres Körpers verblaßte fast bis zur Unsichtbarkeit. Das Pfeifen 
wurde tiefer, wurde zu einem Dröhnen. Wellen des Lichtes 
gingen jetzt von der wirbelnden Wolke aus, die sich über dem 
Kopf dessen, was einmal Yakiah gewesen war, versammelt 
hatte; Tentakel aus wolkiger Strahlung tasteten herum, wanden 
sich ineinander wie ein Nest von Schlangen. 

Dann zerrten harte, schwarze Hände sie aus dem Saal, weg 

von der pulsierenden Säule aus Feuerrädern und der unirdi-
schen Musik, und Morgan sank in eine Ohnmacht, die Stunden 
dauerte. 

Er sollte nie erfahren, was die seltsame Transformation zu 

bedeuten hatte, deren Zeuge er geworden war, noch weshalb 
die Hexe so eigenartig zu ihnen gesprochen hatte, noch was das 
Ganze bedeutete. Nichts davon erklärt das Epos und auch nicht 
die neun Kommentare, noch kann ich das, weil ich es nicht 
begreife; ich kann es hier nur wiedergeben, wie es im siebten 
Buch des Epos geschildert wird, und hoffen, daß klügere Gei-
ster als der meine seine Bedeutung und sein Geheimnis erken-
nen mögen. 

 

Die Zeile, in die die Gnomendiener der Roten Zauberin sie 
stießen, war geräumig und luftig, in gewissem Maß sogar 
bequem. Nach all den Strapazen und Mühen der Reise war es 
seltsam angenehm, in solchem Komfort Gefangener zu sein. 
Eine eigenartige Stimmung der Schlaffheit hatte sie erfaßt: sie 
beklagten ihren Zustand nicht, versuchten auch nicht zu ent-
kommen, da sie klar erkannten, daß dies ihre Kräfte überstieg. 

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121

Sie saßen oder lagen herum, redeten träge und dösten von Zeit 
zu Zeit. Die Stunden verstrichen in einem traumartigen Nebel. 
Nichts schien sehr wichtig, nicht einmal die Flucht. 

Weshalb  die Magierin sie gefangenhielt, überstieg ihr Vor-

stellungsvermögen. Ihre Motive waren unbekannt, davon abge-
sehen, daß sie eine Jüngerin des Chaos war und daher ihrer 
Suche feindlich gegenüberstand. Morgan konnte nicht begrei-
fen, weshalb man sie am Leben ließ, da, solange sie lebten, die 
Flucht und die Krönung ihrer Suche, das Schließen von Taran-
don-Tor, doch noch möglich waren. Ihr Tod würde dem ein 
Ende machen, und doch ließ sie sie nicht töten. Und an diesem 
Punkt staunte Morgan, der wie die meisten Terraner ein Prag-
matiker war, über ihre scheinbare Ziellosigkeit, obwohl er sich 
natürlich den Tod nicht wünschte. 

Träge diskutierten sie Fluchtpläne. Die Tür ihrer Zelle war 

mit einer Stange aus fremdartigem Metall verriegelt, aus-
gebleicht und farblos, ein Metall, das keiner von ihnen kannte. 
Die Riegel waren zwei Zoll dick und wichen nicht einmal 
Othgrims hünenhafter Stärke. Es gab kein Schloß an der Tür: 
sie war mit Zauberei versiegelt, und der Schlüssel war ein 
geflüstertes Wort. 

Die Gnomen hatten ihnen all ihre Waffen und Geräte abge-

nommen. Sodaspes besaß freilich auch ohne den kleinen Beutel 
mit Zauberamuletten noch gewisse Kräfte – das Wissen um 
Worte und Namen – Runensprüche, für die die Stimme reichte. 
Aber in ihrer augenblicklichen Not waren diese, wie er ihnen 
erklärte, nicht ausreichend, um ihnen zu helfen. Auf Morgan 
wirkte der junge Magier ruhig, ja phlegmatisch, ohne viel 
Interesse an ihrer Zukunft, ganz in die Stimmung der Trägheit 
versunken, die sie alle erfüllte. 

»Wenn man sich selbst nicht helfen kann«, sagte der Magier, 

»muß man auf Hilfe von draußen warten.« Aber er wollte diese 
geheimnisvolle Bemerkung nicht erklären und hieß den Out-
worlder nur, er solle abwarten. 

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122

Die Rote Zauberin schickte nicht wieder nach ihnen, sprach 

auch nicht mit ihnen. Aber manchmal waren sie sich bewußt, 
daß ihre unsichtbaren Augen auf ihnen ruhten: »Sie hat einen 
Zauberspiegel«, murmelte Sodaspes träge auf Morgans Frage. 
Er wußte, daß dies ein Zauberglas war, ein magischer Spiegel 
irgendeiner Art, in dem sie sie sehen konnte, ohne selbst gese-
hen zu werden. 

Und dann war der Augenblick ihrer Flucht plötzlich über ih-

nen, ohne die geringste Warnung. Soweit sie die Zeit in diesem 
seltsamen Schloß abschätzen konnten, das jenseits des Zugriffs 
der Zeit zu liegen schien, mußte das ein oder zwei Tage nach 
ihrer Gefangennahme sein. 

Morgan hatte ein wenig geschlafen. Plötzlich war er hell-

wach, als der Steinboden unter seiner Pritsche sich aufbäumte. 
Die Luft war voll Staub und Geschrei. Gnomen huschten im 
Korridor an ihrer Zelle vorbei, von Panik erfüllt kreischend. 
Aus der Ferne war das Poltern von Steinen zu hören und ein 
Scharren von zerbrochenen Felsbrocken, die sich an anderen 
rieben. Jetzt bäumte sich der Boden wieder auf, und in der 
Ferne war ein lautes Klappern zu vernehmen, und plötzlich riß 
in ihrer Zelle eine Spalte auf, die vom Boden bis zur Decke 
reichte. 

»Erdbeben!« rief Morgan in Neoanglik aus, weil er den Aus-

druck in Cophyri nicht kannte. 

Irgendwie schien Sodaspes zu begreifen, was er meinte, und 

er lächelte schwach. 

»Mag sein, Outworlder! Ich glaube freilich, daß es Augen 

und einen Schweif hat«, sagte er geheimnisvoll. 

Plötzlich erschütterte etwas die Burg in ihren Grundfesten: 

das ganze Bauwerk schien zu zittern und sich zu bewegen, und 
überall in den Fugen zwischen den Steinblöcken stiegen 
Staubwolken auf. Wieder war aus einer fernen Halle das Klap-
pern herunterstürzender und zerbrechender Dinge zu hören, 
und erneut erhob sich ein Chor heulender Gnomenstimmen. 

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123

Und gleich darauf ertönte ein knatterndes Krachen, dann ein 

summendes Dröhnen und ein paar betäubende Explosionen. 
Blitzschläge, dachte Morgan benommen. Dann folgte ein don-
nerndes Krachen, und der Boden ihrer Zelle schwankte wie ein 
Floß auf unruhiger See. Argyra taumelte durch die Staubwol-
ken auf sie zu, und der Outworlder legte den Arm um ihre 
Schultern, um sie zu stützen. Selbst in diesem Augenblick der 
Panik war er sich ihrer weichen Rundungen und der Wärme 
bewußt, die von ihrer Nähe ausging. Und der Duft ihres Haares 
stieg ihm in die Nase und ließ sein Herz schneller schlagen. Sie 
sah ihn an, ein langer, seltsamer Blick, und löste sich dann aus 
seinen Armen. 

Der Staub legte sich. Bowman stieß einen Schrei aus, ein 

wortloser Freudenruf, und deutete. Die verzauberte Tür ihrer 
Zelle war aus ihren Angeln gefallen, und der Korridor lag offen 
vor ihnen. Sie rannten aus der Zelle in den geneigten Gang 
hinaus. Die Steine an der Decke ächzten unheilverheißend. 

»Das fällt uns gleich auf den Kopf, Meister«, knurrte 

Othgrim. Morgan schluckte, nickte dann und sagte: »Welche 
Richtung?« 

»Irgendwohin, Junge, nur los!« herrschte der alte Conyin ihn 

an, und dann rannten sie den Korridor hinunter, erreichten eine 
Treppe und hetzten mit verzweifelter Hast hinauf. Lärm umgab 
sie jetzt von allen Seiten, wie die Geräusche einer Schlacht: 
schrille Schreie, knurrende Stimmen, als hätte ein Feind die 
Gnomen überfallen. Sie erreichten das nächste Stockwerk des 
Schlosses, ohne entdeckt zu werden, und gelangten in eine 
geräumige Halle. Einst war sie wohl prunkvoll gewesen, aber 
jetzt war nur noch das Werk der Zerstörung zu sehen. Schlanke 
Statuen aus durchscheinenden, milchigem Stein lagen in zer-
sprungenen Fragmenten neben ihren Sockeln, und der ganze 
Boden war mit kalkigem Staub bedeckt. Wände und Türöff-
nungen waren zersprungen oder verbogen, eine riesige 
Porphyrsäule war umgestürzt, und ein halber Torbogen war 

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124

zerbröckelt und übersäte den Boden der Halle mit Trümmern. 
Zwei oder drei Gnomen waren von den heruntergestürzten 
Steinen zerdrückt worden. Der scharfe Jodgeruch von Gno-
menblut lag in der Luft und mischte sich in den beißenden 
Staub. 

Sie rannten durch das Trümmerfeld und erreichten eine große 

Rotunde. 

Dort, auf einem zersprungenen Podest, lagen zu ihrer großen 

Freude, Schwert, Stab, Leier und alles, was ihnen gehörte. Ein 
Zauber hatte ihr Eigentum behütet, aber ein heruntergefallener 
Balken hatte den Ring aus leuchtender, roter Kraft durchbro-
chen, und so konnte man ihn durchschreiten, wenigstens sagte 
Sodaspes das. Mit zitternden Händen, fürchtend, das Dach 
würde jeden Augenblick in einer Steinlawine über ihnen zu-
sammenbrechen, griffen sie sich ihre Habseligkeiten und rann-
ten durch das mittlere der vier Portale, das in die Rotunde 
führte, und fanden sich kurz darauf auf den Zinnen einer mäch-
tigen Mauer im Freien. Ihren Augen bot sich ein phantastisches 
Bild. 

Die Burg der Roten Zauberin war auf einem breiten Felsvor-

sprung erbaut, der wie eine mächtige Klippe über einen gewal-
tigen Abgrund hinausragte. Rings um sie ragten schneebedeck-
te Gipfel in das klare Licht des Morgens, rosafarben und grau, 
purpurn, golden und in atemberaubendem Weiß. Nur Sitra 
stand am Himmel und überflutete das reine, wolkenlose Blau 
mit seinem weißen Schein. In dem grellen Licht war jede Ein-
zelheit mit kristallener Klarheit zu erkennen. 

Die Burg wurde belagert. Und das, was sie belagerte, war 

schrecklicher als jede Armee. Denn es war kein anderer als 
Dzarmungzung selbst, der Großvater aller Drachen, der vor der 
Außenmauer stand. 

Bowman stieß einen Freudenruf aus, und der alte Conyin 

grinste breit. Der Alte Drache hatte ihre Not erraten oder mit 
seiner Magie von ihr gehört, und die mächtigste Kreatur dieser 

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125

Welt hatte sich aus ihrer Lethargie gerissen und war aus den 
Tiefen ihrer Unterwelt ausgezogen, um für das Licht zu kämp-
fen. 

Die äußerste Mauer von Yaklahs Festung bestand aus Stein-

quadern, von denen jeder eine Tonne wog, und die Mauer war 
so breit, daß zwei Männer nebeneinander auf ihr gehen konn-
ten. Aber für die Macht Dzarmungzungs war die Kraft des 
Steines nichts, und so hatte der Drache sich mit seinen mächti-
gen Tatzen gegen die Mauer gelehnt und sie an zwei Stellen 
umgeworfen. 

Gnomen hingen von Zinnen und Dach, fuchtelten mit ihren 

Steinwaffen herum und jaulten wie ein Rudel Hunde. Furcht 
und Schrecken vor dem Großen Drachen erfüllten sie, und man 
konnte die Angst aus ihren Stimmen hören. 

Während die sechs in den von Schutt und Staub bedeckten 

Hof zwischen der inneren und der äußeren Mauer strebten und 
durch einen der Risse in der Mauer zusahen, ging der alte 
Dzarmungzung erneut ans Werk und drückte mit dem Schädel 
gegen einen Wachturm, der eine der Himmelsrichtungen be-
wachte. 

Im klaren Morgenlicht schien der Alte Drache aus funkelnder 

Jade zu bestehen, und die großen Hornplatten, die seinen Rük-
ken, seine Schultern und das Gesicht schützten, leuchteten wie 
riesige Smaragdscheiben. Er war wie ein sich bewegender 
Berg. Und jetzt drückte er mit der Stirn gegen den Turm und 
beugte sich vor. Seine mächtigen Tatzen gruben sich in den 
Steinboden, zerdrückten massives Gestein zu Staub; mächtige 
Muskelstränge traten an seinem Nacken hervor. 

Vor den Augen der sechs bewegte sich der schwere Turm 

etwas, Stein scharrte an Stein; ein Regen von Staub und Fels-
brocken ging zu allen Seiten des Turmes hernieder. Und dann 
fiel der Turm in großen Stücken auseinander, brach in sich 
selbst ein; Gnomen sprangen wie schwarze Insekten von der 
Turmspitze. Der Turm löste sich in fünf riesige Fragmente auf 

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126

und fiel langsam mit einem mächtigen Krachen zusammen, das 
den Boden erzittern ließ und den Himmel mit einer wirbelnden 
Fontäne aus Steinstaub erfüllte. 

Dzarmungzung grinste, und sein großer, horniger Kopf war 

mit weißem Felsstaub bedeckt wie eine Maske. Er schien 
ungeheuren Spaß zu haben. 

Jetzt zog ein schriller Schrei aus unartikulierter Wut ihre 

Aufmerksamkeit auf die Spitze des Mittelturms der Festung, 
wo ein breiter Balkon Ausblick auf die Szene bot. In der unna-
türlichen Klarheit des weißen Tages konnten sie die winzige, 
scharlachrote Gestalt in allen Einzelheiten erkennen. Die Zau-
berin stand dort, das scharlachrote Haar gelöst und ihren Kopf 
wie eine Krone wildgewordener Schlangen umfliegend. Selbst 
auf diese Entfernung waren ihre Augen sichtbar, rote Kreise 
zuckender Flammen. 

Ihre Kraft umgab sie wie ein Panzer und umflutete sie wie 

ein strahlender Nimbus aus roten Flammen. Ihre eine Faust 
hielt einen Stab aus goldenem Holz oder Metall; oben war der 
Stab wie Schwingen geformt, die von einer Kugel aus Glas 
ausgingen, in der ein Funke eines diamanthellen Leuchtens wie 
ein gefangener Stern blitzte. 

»Was ist das Ding?« wollte Argyra wissen. 
Sodaspes warf ihr einen Blick zu und sagte: »Ihr Spreng-

stock, glaube ich; sei still, Mädchen, und sieh zu …« 

Sie strich über den Stab, und plötzlich zuckte eine Kette aus 

lebenden Feuern durch die staubige Luft und traf den Alten 
Drachen. Die sechs zuckten unwillkürlich zusammen, als ein 
Blitzschlag über den Hof peitschte. Es war ein Blitz, so uner-
träglich grell, daß die Sonne im Vergleich dazu blaß wirkte, 
und die Sekunden, die der Blitz zuckend am Himmel hing, 
machten den Tag selbst düster und dunkel. 

Die Explosion war betäubend. Sie hallte, wie wenn ein mäch-

tiger Riese die Hände zusammenschlägt. Dann war der feurige 
Blitzbogen verschwunden und hinterließ ein gespenstisches 

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127

grünlich-gelbes Nachleuchten in ihren Augen. Der metallische 
Gestank von Ozon hing in der staubigen Luft. 

Morgan blinzelte das Nachbild weg und blickte furchterfüllt 

hinüber, um zu sehen, ob ihr geschuppter, mächtiger Freund 
verletzt worden war. Aber Dzarmungzung stand ungerührt da, 
und seine orangefarbenen Augen blickten mild. Die älteste all 
der Sprechenden Tiere von Bargelixwelt hatte große Zauber-
kraft und bezog seine Stärke aus den Granitgebeinen der Berge 
und den eisernen Eingeweiden der Welt, und so etwas war für 
ihn nicht mehr als ein Nadelstich. 

Die Zauberin stieß einen wütenden Schrei aus. Sie hob ihre 

schlanken Arme vor den flammenden Feuerschein ihres Haa-
res, um erneut zuzuschlagen. Aber jetzt stand Sodaspes mit 
erhobenen Armen da, das Gesicht bleich und vor Konzentrati-
on streng blickend, und auf seiner Stirn schimmerte der 
Schweiß. Langsam sammelte er seine Kräfte und sprach einen 
Namen der Macht aus. Gespenstisch und rauh waren die rol-
lenden Silben jenes Namens; Kehle und Zungen von Menschen 
waren nicht dafür geformt, jenen schrecklichen Namen auszu-
sprechen, und die harten Silben sogen die Kraft aus dem jun-
gen Magier, und er sackte schließlich müde in sich zusammen 
und wäre vielleicht gestürzt, wenn Othgrim ihn nicht mit sei-
nen mächtigen Armen gestützt hätte. 

Aber der Klang des Namens ließ den Stab der Zauberin in 

ihren Händen zerbrechen. In sieben Stücke zerbrach er, und 
trotz der Entfernung konnte man hören, wie er brach. Der 
diamantene Funke, der in der geflügelten Kugel gebrannt hatte, 
verlosch; die Kugel brach vom Stab und fiel, zerklirrte auf dem 
steinernen Rand der Balustrade. 

Yakiah kreischte! Sie warf die Arme hoch und stieß einen 

schrillen, schrecklichen Ruf aus. Und dann zerbröckelte mit 
donnerartigem Grollen der Balkon und stürzte in die Tiefe, ein 
Katarakt aus Felsbrocken wie eine kleine Lawine. Die Frau war 
plötzlich verschwunden, vielleicht unter den Steinen begraben. 

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128

Der Fall der Hexe, ihrer Herrin, brach den Mut der Gnomen. 

Von Panik erfüllt, rannten sie hin und her, verließen die Mau-
ern, warfen die Waffen weg und huschten durch das Steinge-
wirr. Alle, ausgenommen der schwarze Thog. Er klammerte 
sich an die Fenstermündung, vor der einmal der Balkon gewe-
sen war, von dem aus die Zauberin ihre feurigen Blitze nach 
Dzarmungzung geschleudert hatte. Als er die sechs im Hof 
unter sich erblickte, ballte er die knorrige Faust und schüttelte 
sie in stummem Haß nach ihnen. 

»Ist sie tot?« fragte Morgan. Conyin sah ihn mit kalten Au-

gen an. 

»Tot, wie? Nun vielleicht … und vielleicht auch nicht. Jene, 

die so hoch im Dienst des Chaos und der Alten Nacht aufstei-
gen, sind nicht leicht zu töten. Und wenn sie einmal tot sind, 
bleiben sie selten lange tot. Fürwahr, manchmal muß man sie 
immer wieder töten, in jedem Äon …« 

Und dann gingen sie über den Hof zu Dzarmungzung, der 

damit beschäftigt war, den nächsten Turm umzuwerfen. 

Er entdeckte sie durch die Staubwolken, und sein herzlicher 

Gruß dröhnte ihnen entgegen. 

»Hoh! Sind das nicht die kleinen Menschlinge? Bei meinen 

Hörnern, und ich hatte schon gedacht, der alte Dzarmungzung 
müßte diesen hübschen Palast zur Hälfte umstürzen, um euch 
zu finden! Nun denn, Kind«, knurrte er, und seine Augen such-
ten Argyra, zu der ihn besondere Zuneigung zu erfüllen schien, 
obwohl es gerade die Kriegsmaid gewesen war, die ihm mit 
dem Schwert in den Schwanz gestochen hatte – »Nun, hat nicht 
Yggs Brunnen die Wahrheit gesprochen? He? Magier! Es hat 
mir viel Freude bereitet, zu sehen, wie du mit deiner Kraft den 
Stab jener Hexe zerbrachst. Ja, fürwahr, diese Berge werden 
wieder freier atmen, wo sie nicht mehr ist und die Luft nicht 
länger verpesten kann. Möge sie tausend Jahre nicht mehr 
erwachen!« 

Er drehte sich etwas zur Seite, hielt inne, zog seinen Schweif 

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129

durch all den Schutt an sich heran und demolierte verspielt ein 
weiteres Mauerstück mit einem Prankenschlag. Mit großer 
Befriedigung sah er zu, wie das Mauerwerk in sich zusammen-
sank. 

Und dann: »Ah, nun, das sollte genügen, was, ihr Menschlin-

ge? Alte Knochen wie die meinen sollten alle paar hundert 
Jahre einmal ein wenig bewegt werden, ist es nicht so? He! 
Hrrumph. Nun denn, Kind, sieh zu, ob du und deine Kamera-
den nicht auf dieses breite Stück zwischen den Schultern des 
alten Dzarmungzung klettern könnt, eh? Und dann wollen wir 
alle gemeinsam zum Tarandon-Tor gehen und es schließen, ihr 
und ich, und ihr sollt die Hälfte des Weges bequem auf mir 
reiten!« 

 
 

8. 

 

Eines mußte Morgan zugeben, wenn man schon auf eine Suche 
gehen mußte, dann war es besser, dies auf dem Rücken des 
Großvaters der Drachen zu tun als zu Fuß. Das behäbige, alte 
Reptil schlenderte dahin, plauderte dabei mit seiner tiefen, 
dröhnenden Stimme, und seine krummen Beine fraßen trotz 
seines ungeheuren Gewichts die Meilen in sich hinein, und die 
Entfernung schrumpfte so schnell, daß sie es kaum bemerkten. 

Angesichts seiner Leibesfülle brauchte er eine ziemlich breite 

Straße und wählte sich daher die Kammlinie der Bergkette. Sie 
waren jetzt weit über dem Meeresspiegel und hatten eine gehö-
rige Distanz zurückgelegt. Morgan hätte gestaunt, wenn man 
ihm gesagt hätte, wie weit sie gereist waren, seit sie an jenem 
lang vergessenen Morgen Kargonessa verlassen hatten. In 
dieser Höhe war die Luft klar und trocken und sehr kalt, und 
sie ritten zwischen den Schultern Dzarmungzungs, die wie 
schuppige Hügel waren, und hatten sich eingehüllt in ihre 
Umhänge und in Decken. Nach einer Weile schlief der Out-

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130

worlder ein und selbst in seinem Traum klang die angenehm 
dröhnende Stimme des Alten Drachen, der freundlich mit 
Argyra und Bowman plauderte. 

Als dann der Alte Drache plötzlich haltmachte, weckte ihn 

das auf. Er blinzelte, wachte auf und starrte auf ein phantasti-
sches Bild, das sich ihm bot. Vor ihnen, auf der anderen Seite 
eines riesigen Abgrunds, türmte sich ein mächtiger Berg in die 
Höhe. Man konnte nicht sagen, wie hoch er war, aber er schien 
höher als jeder Everest auf der alten Erde, höher selbst als 
Mount Albright auf Centauruswelt war er, und mit silbernem 
Schnee bis zu seinem gehörnten Gipfel bedeckt. 

»Und da ist sie, Menschlinge«, sagte der Drache: »Die Mut-

ter aller Berge.« 

Neben dem Outworlder faltete Sodaspes die Hände und 

hauchte einen magischen Namen. 

»Tarandon …« 
Morgan musterte den Berg aus zusammengekniffenen Au-

gen. Er türmte sich vor ihnen auf, ungeheurer, als je ein Berg 
sein sollte, unglaublich riesig, den halben Mittagshimmel mit 
seinen mächtigen Hängen erfüllend. Ganze Wälder bedeckten 
seine Flanken, Hügel und Schluchten. Morgans Herz drohte zu 
stocken, als er die Höhe und die gewaltigen Ausmaße sah. 

»Ist … ist er das?« murmelte er. »Aber … Wie sollen wir das 

je ersteigen?« 

Der alte Conyin kniff die Augen zusammen, um sie vor dem 

grellen Widerschein der endlosen Schneefelder zu schützen, 
knurrte und stieß dann hervor: »Wir brauchen ihn nicht ganz zu 
erklettern, nur ein Stück – dort, diese Höhlenmündung bei der 
scharfen Bergspitze im Süden! Siehst du sie? Diese schwarze, 
dreiecksförmige Öffnung? Das ist der Weg, der zu dem Portal 
führt, wenn die alten Legenden nicht lügen.« 

»Wir brauchen ihn überhaupt nicht zu ersteigen«, ereiferte 

sich Argyra und deutete hinüber. »Seht ihr? Dort führt eine 
Steinbrücke über den Abgrund zu diesem großen Felsbrocken. 

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131

Von dort bis zur Mündung der Höhle scheint es nicht weit zu 
sein.« 

Vielleicht waren Bowmans Augen schärfer als die der 

Kriegsmaid, oder er verstand sich besser darauf, Entfernungen 
abzuschätzen. »Das ist weiter als es scheint, Herrin«, sagte er 
mit seiner leisen, ruhigen Stimme. »Und der Hang vom Ende 
der Brücke zur Höhlenmündung ist steil und schneebedeckt 
und gefährlich.« 

 

Sie zogen weiter, und am Ende stellten sie fest, daß für den alten 
Dzarmungzung der Weg jetzt zu Ende war, denn von der Stelle 
aus, die sie erreicht hatten, wurde der Pfad für ihn zu schmal. Es 
war auch gut so, daß sich ihre Wege hier trennten, denn am 
Ende würden sie ohnehin auseinandergehen müssen: niemals 
würde er die Steinbrücke überqueren können, die den mächtigen 
Abgrund von einem Berg zum nächsten überspannte. Denn die 
war so eng gebaut, daß nur ein Mann auf ihr gehen konnte, und 
so würden sie hintereinander hinübergehen müssen. 

So verabschiedeten sie sich hier von Dzarmungzung, an einer 

Stelle, wo der Platz für ihn noch ausreichte, daß er sich umdre-
hen und zurückgehen konnte. Es war ein ernster Abschied, 
denn nach dem, was sie aus dem Brunnen gehört hatten, stand 
ihnen noch große Gefahr bevor, ehe sie ihr Ziel erreichten. 
»Gefahr und Finsternis und Tod«, hatte das Gesicht im Nebel 
versprochen. Und so gab es einige unter ihnen, die den alten 
Dzarmungzung nie wieder erblicken würden. 

Argyras Abschied war voll Liebe. Die Kriegsmaid brach in 

Tränen aus und schlang die Arme um das mächtige Kopfhorn 
des Alten Drachen und sagte ihm, er solle gut auf sich aufpas-
sen und sich vor den Gnomen hüten. Seine großen Augen 
blinzelten ihr freundlich zu, und er gab beschwichtigende 
Geräusche von sich, oder versuchte das wenigstens, weil sie 
nur als ohrenbetäubendes Schnauben herauskamen. 

»Geh nur zu, Kind, und vielleicht wird der alte Dzarmung-

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132

zung noch nicht umkehren, sondern hier warten und vielleicht 
ein kleines Nickerchen machen. Bei meinem uralten, zarten 
Schweif, all die Anstrengung hat mich müde gemacht, und so 
werde ich eine Weile schlafen, bis ihr alle zurückkehrt, denn 
auf diesem Weg müßt ihr wieder kommen – es gibt keinen 
anderen …« 

Und sein mächtiger Rachen öffnete sich weit in einem er-

schütternden Gähnen, so daß man seine großen Fänge und 
Hauer sehen konnte, wie mächtige Stalagmiten in einer uralten 
Höhle. 

So zogen sie alleine weiter, und ehe eine Biegung im Weg 

ihnen die Sicht nahm, blickten sie zurück und sahen, daß die 
großen, feurigen Lampen seiner Augen geschlossen waren. Der 
Großvater aller Drachen schlief tief, dort auf dem Schnee des 
Gipfels der Welt. 

Zwei Stunden, oder auch ein wenig mehr, arbeiteten sie sich 

langsam und mühsam über den Felspfad hinauf, an den Fuß der 
steinernen Brücke, die den Abgrund überspannte. 

Und dann nahm Thog Rache … 
 

Von irgendwo aus dem Nichts brach eine heulende Horde 
Schwarzer Gnomen über sie herein. Sie arbeiteten sich gerade 
auf einem schmalen Felssims auf die Brücke zu, als es geschah. 
Auf der einen Seite ragte eine steile Klippe weit über ihnen 
auf; auf der anderen stürzte die Welt ab in einen düsteren, 
schwindelerregenden Abgrund. Und da ging plötzlich ein 
Sturm steinerner Geschosse auf sie nieder. Steinäxte und Spee-
re mit Steinspitzen klapperten gegen die Felswand. Conyin 
taumelte, Blut strömte ihm über die Schulter, und er wäre 
gestürzt, hätte der mächtige Othgrim nicht den Arm ausge-
streckt, ihn am Umhang gepackt und ihm Halt gegeben. 

Die Gnomen waren über ihnen am Bergkamm, und ihre 

schwarzen Köpfe säumten den blauen Mittagshimmel, und sie 
hatten keine andere Wahl als zu rennen. 

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133

Und so rannten sie über den schmalen Felssims, wo ein ein-

ziger Fehltritt den schrecklichen Absturz in einen schnellen 
Tod auf den Felsen in der Tiefe bedeutete; rannten, während 
rings um sie feuergespitzte Pfeile in einem klappernden Schau-
er niedergingen. Einer prallte von Argyras kleinem Schild ab, 
den sie sich über den Kopf hielt; ein anderer zupfte am Saum 
von Sodaspes’ Kutte und fetzte einen langen Riß in das grobe 
Gewebe, fügte ihm aber zum Glück nur einen leichten Kratzer 
am Bein zu. 

Morgan rannte keuchend, denn in dieser dünnen Luft bereite-

te jede Anstrengung Mühe. Bowman war vor ihm, und wäh-
rend sie rannten, schrie Morgan die Frage, ob sie wohl die 
Brücke noch rechtzeitig erreichen würden. 

»Wenn nicht, sind wir alle tot«, knurrte Bowman. 
Aber schließlich hatten sie den Felssims hinter sich, und kei-

ner von ihnen war ernsthaft verletzt. Vor ihnen war die Brücke. 

Und ebenso die Gnomen und Thog selbst, die bärtigen Lippen 

in einem Wolfsgrinsen zurückgezogen, so daß man die schmut-
ziggelben Stummel seiner verfaulten Zähne sehen konnte. 

Sie hatten keine andere Wahl als den Angriff, und so griffen 

sie an. Othgrim an der Spitze, den mächtigen, eisenbeschlage-
nen Stab schwingend, zur Linken und zur Rechten mit jedem 
Schlag grauhaarige Schädel spaltend. 

Bowman und Argyra eilten ihm zur Seite und ließen die Seh-

nen ihrer Bogen schwingen. Weiße und schwarze Pfeile pfiffen 
abwechselnd über den Mittagshimmel, durchbohrten Leder und 
Fleisch. Die Gnomen fielen und glitten über den Abgrund, um 
in der Tiefe zu verschwinden. 

Morgan und Conyin waren jetzt mitten unter ihnen, und 

Morgan schwang sein Schwert und schlug und hieb nach allen 
Seiten, bahnte sich seinen Weg durch das knurrende Pack 
kleiner, schwarzer Geschöpfe. Sie klammerten sich an seine 
Schenkel, seine Knöchel, bissen mit scharfen Fängen nach ihm, 
versuchten, ihn in die Tiefe zu ziehen. Aber die scharfe Klinge, 

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134

die Tasper ihm vor so vielen Tagen gegeben hatte, verließ ihn 
in dieser Stunde der Gefahr nicht. Sie schnitt und hieb und 
hinterließ eine rote Spur in der Luft. 

Und dann war plötzlich der Weg irgendwie frei. Othgrim 

stand auf der Brücke, winkte ihnen zu, und Morgan stürzte sich 
hinter ihm her, dicht gefolgt von Conyin und Sodaspes, wäh-
rend Argyra und Bowman mit ihren Bogen die Nachhut sicher-
ten. 

Und jetzt kam Morgans Zeit des Schreckens. 
Er hatte das noch nie jemandem gesagt, aber er fürchtete sich 

vor Abgründen. An hohen Stellen überkam ihn Schwindel, und 
jetzt mußte er diese schmale Felsbrücke über den Abgrund 
gehen. 

Man stelle sich vor: die Brücke maß von einem Rand zum 

anderen zweieinhalb Fuß, und es gab kein Geländer. Schnee 
bedeckte das glatte, ausgetretene alte Gestein und machte jeden 
Schritt gefährlich. Zu beiden Seiten gähnte ein schwindelnder 
Abgrund. Während sie sich vorsichtig, Zoll für Zoll, weiterar-
beiteten, erwachten die mächtigen Winde und fegten lachend 
um sie, zerrten an ihren Kleidern, zupften an ihrem Haar, trie-
ben ihnen das Wasser mit ihrem eisigen Atem in die Augen, bis 
sie kaum sehen konnten, wohin sie den Fuß setzen sollten. Und 
im Griff jener kalten, heulenden Winde schwankte die Brücke 
ganz leicht hin und her. 

Alle Kraft verließ seine Beine. Jeden Augenblick konnte er 

fallen, und es würde fast eine Freude sein, loszulassen, zu 
taumeln, in die Tiefe zu stürzen und diese Tortur nicht länger 
ertragen zu müssen. 

Seine Augen tränten, so daß er seine Umgebung nur wie 

durch einen Schleier wahrnahm. Aber er wagte es nicht, die 
Augen zu reiben, auf daß die Gewichtsverlagerung sein 
Gleichgewicht nicht störe. 

Er ging weiter, irgendwie, Schritt für Schritt, obwohl er lie-

ber gestorben wäre. Er wollte weinen, schreien – irgend etwas 

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135

tun, nur um diese unerträgliche Spannung zu mildern, und den 
Druck loszuwerden, der auf ihm lastete. 

Aber er ging weiter, taumelnd, benommen, fast blind und von 

Furcht gepackt, weiter, irgendwie, sich mit ausgestreckten 
Armen Gleichgewicht schaffend, die Phantome seiner alten 
Angst von sich treibend, die in seinem Bewußtsein heulte und 
kreischte, mit seiner ganzen Seele dagegen ankämpfend. 

Und dann, nach einer Ewigkeit, spürte er, wie Othgrims 

mächtige Hand sein Handgelenk packte und ihn auf die Knie 
niederzog. Und er wußte jetzt, daß alles vorbei war, daß er den 
Abgrund sicher überquert hatte und sich auf der breiten ge-
schützten Felsnase befand. 

Würgend übergab er sich, während der große Othgrim ihn 

festhielt und ihm auf die Schultern klopfte, verblüfft von der 
Qual seines Herrn, das Schreckliche nicht begreifend, das 
dieser erduldet hatte. 

Und dann, wieder mit klarem Verstand, die Tortur hinter 

sich, spürte Morgan, wie ein grenzenloses Staunen über ihn 
kam, Staunen darüber, daß er es geschafft hatte und nicht 
abgestürzt war. Schwach wie Wachs lag er in Othgrims mäch-
tigen Armen und wußte, daß ihm nie wieder, ganz gleich, was 
noch an Schrecklichem vor ihm liegen mochte, eine ähnlich 
heroische Tat wie das Überqueren der Brücke abverlangt wer-
den würde. 

Er wusch den säuerlichen Geschmack mit Wein aus 

Othgrims Bündel aus seinem Mund, ruhte eine Weile aus und 
fühlte sich bald wieder wohler. 

 

Jetzt waren sie am Ende, schwer geprüft, und vielleicht würden 
sie nicht weitergehen können. 

Einer nach dem anderen kamen sie sicher über die Brücke, 

aber jetzt stand ihnen Schweres bevor. 

Bowman hatte einen Gnomenpfeil durch die Schulter be-

kommen und lag mit weißem Gesicht, Blut spuckend im 

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136

Schnee. Eine der großen Arterien, die zu seinem Herzen führ-
ten, war von dem Pfeil getroffen worden, und er konnte nicht 
weitergehen. 

Auch Conyin war getroffen. Es war sein Herz. Der alte Mann 

hatte sich abgemüht, mit ihnen Schritt zu halten, aber die dün-
ne, kalte Luft dieser Höhen reichte nicht aus, und sein Herz 
hatte auf die einzige Art protestiert, die es kannte, und das war 
Schmerz. Mit weißem Gesicht, die Augen stumpf und glasig, 
war der alte Barde so weit gegangen wie er konnte. Jetzt war er 
am Ende seiner Kräfte. 

Und die Gnomen überquerten die Brücke. 
Mit kurzen Schritten kamen sie über den Abgrund, so sicher 

wie Katzen, und Argyra hielt sie mit ihren Pfeilen zurück. Aber 
die weißen Geschosse in ihrem Köcher waren schließlich 
ausgegangen, und sie benutzte bereits die schwarzen Pfeile aus 
Bowmans Köcher. Bald kam die Zeit, wo auch sie zu Ende 
waren. 

Und dieses Ende war jetzt sehr nahe. 
Othgrim stand am Fuß der Brücke und hielt sie, als der erste 

der Gnomenhorde auf ihn zuhuschte. Dann fegte er sie eine 
Weile, den mächtigen Stab mühelos schwingend, in den Ab-
grund. Anschließend stand er wieder da, lehnte sich auf den 
Stab und wartete, daß andere ihren Mut oder ihre Wut so weit 
anstachelten, daß sie den Angriff wagten und versuchten, den 
Abgrund zu überqueren. 

Conyin und Bowman konnten nicht mehr kämpfen, und auch 

Argyra war dem Ende ihrer Kräfte nahe. Die wackere Kriegs-
maid besaß allen Mut der Welt, aber selbst die Stärksten und 
Tapfersten müssen einmal der Natur ihren Tribut zollen. Und 
sie gehörte einem Volk an, das im Flachland lebte: ihre Lungen 
waren nicht dafür geschaffen, diese dünne, trockene Luft zu 
atmen. So lag sie benommen, mit stumpfen, glasigen Augen 
da, und ihre jungfräulichen Brüste wogten verzweifelt, lechzten 
nach Luft. Morgan wußte, daß jede weitere Anstrengung ihren 

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137

Tod bedeutete. 

So hielten er und Othgrim und Sodaspes die Brücke gegen 

die Gnomen. In den Kampfpausen schleppten sie ihre gestürz-
ten Kameraden in Sicherheit, wo es für sie etwas besser war. 
Sie würden von der Kälte sterben, wenn nicht an ihren Wun-
den, falls man sie nicht gleich vor den Winden schützte. Zum 
Glück gab es an dem Abhang zahlreiche kleine Höhlen, und in 
die beste dieser Höhlen, die, die sie vor dem Wind schützen 
konnte, zerrten sie die Gestürzten, und Sodaspes, dem Ende 
seiner Kräfte selbst nahe, machte ein magisches Feuer, um sie 
zu wärmen. Sie packten ihre Bündel aus, hüllten sie in Decken 
und Häute und betteten sie so weich sie konnten. Conyin gaben 
sie starken Wein, unverdünnt mit Wasser, und ließen ihn schla-
fen. Für Bowman konnte der müde, ausgepumpte Sodaspes nur 
wenig tun, aber jenes Wenige tat er und zog schließlich den 
Pfeil aus seiner Schulter, obwohl er seine ganze magische 
Kunst aufbieten mußte, um die rote Fontäne zu stillen, die aus 
der durchschnittenen Arterie schoß. Schließlich lag der Magier, 
vor Erschöpfung geschwächt, da und konnte sich nicht mehr 
bewegen. 

»Ah, laß ihn hier schlafen, Meister«, dröhnte Othgrims 

Stimme. »Du und ich, wir können die Brücke gegen dieses 
Geschmeiß halten, wenn nötig bis zum Ende aller Zeiten.« 

»Nein, du mußt sie alleine halten«, ächzte eine schwache 

Stimme hinter ihnen. Sie drehten sich um, und es war Conyin; 
der alte Barde war dem Ende nahe, aber seine müden Augen 
strahlten. »Du mußt weitergehen, Morgan, und den Jungen 
zurücklassen, um den Weg zu halten. Wir haben nichts davon 
gesagt, Morgan, weil wir nichts tun konnten. Aber die Zeit ist 
jetzt sehr nahe. Du mußt jetzt alleine weitergehen, Morgan, und 
das Tor so schließen, wie Sodaspes es dir gezeigt hat, denn uns 
bleiben nur noch Stunden, mußt du wissen.« 

Morgan fühlte sich hilflos, benommen; er stammelte. 
»A… aber … kann Othgrim die Brücke halten? Und wie lan-

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138

ge? Und wenn er fällt, dann werden sie – dann werden sie 
hierherkommen und euch alle hinschlachten, so wie ihr da-
liegt«, sagte er. 

Doch Conyin brachte kein Wort mehr hervor; er schlief, den 

weißen Kopf auf Felle gebettet, das faltige Gesicht vom Feuer-
schein beleuchtet. 

Jetzt sprach Bowman. Seine Stimme war ein Flüstern blutlo-

ser Lippen. 

»Du mußt jetzt weiterziehen, Morgan, alleine, wie der Sänger 

es sagt. Wir haben alles getan, was wir konnten, um dich an 
diesen Ort zu bringen. Und jetzt mußt du uns unserem Schick-
sal überlassen und zum Tor gehen. Wenn Othgrim fällt und wir 
sterben, nun, dann macht das nichts … solange nur du lebst, 
um das Tarandon-Tor zu schließen.« 

Hilflos, unfähig Worte zu formen, wandte sich Morgan von 

ihnen ab. Othgrim blickte mit sanften Augen aus seinem brei-
ten, lächelnden, gebräunten Gesicht auf ihn herab. Er schlug 
Morgan verlegen auf die Schultern. 

»Du hast sie gehört, Meister, also geh nur weiter und laß 

Othgrim hier«, sagte der Hüne. »Ich glaube, ich kann die Brük-
ke lange halten. Geh nur und tue das, wozu du hierhergekom-
men bist … Nein! Sag nicht, daß du mich nicht hier zurücklas-
sen kannst, Meister, denn das kannst du.« 

Die klaren Augen des Hünen blickten plötzlich verträumt. 
»Ich glaube, ich weiß jetzt, warum die Götter wollten, daß 

ich mitkomme. Darüber habe ich viel nachgedacht. In den 
Nächten – warum gerade ich auf dieser Suche mitziehe und 
nicht irgendein Lord oder Weiser Mann. Warum ich? Ich tauge 
zu nicht viel, aber stark bin ich, und kämpfen kann ich gut. 
Und ich glaube, ich kann eine ganze Menge töten. All die 
anderen, nun, die haben auch alle ihren Zweck, daß sie hier 
sind. Der Zauberer da, nun, die haben ihn gebraucht, damit die 
Hexe stürzte, dort in ihrer Burg, denke ich, damit sie den Alten 
Drachen nicht töten konnte. Und den Sänger haben sie ge-

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139

braucht, damit er mit dem Reitervolk redet, weißt du? Und die 
Herrin hier«, sagte er und lächelte liebevoll Argyra zu, die um 
Atem ringend dalag und sie beobachtete und auf das lauschte, 
was sie sagten, »nun, ich glaube, die haben sie gebraucht, 
damit wir damals an den hundsköpfigen Vögeln vorbeikamen 
auf den Klippen, erinnerst du dich? Und den Bowman auch. Er 
hat den Waldhexer im Wald verjagt und uns Gastrecht von den 
Waldlern verschafft, als wir es brauchten. Und du, Meister, du 
bist der Tatenmeister der Suche, und nur du kannst das Tor 
schließen!« 

Seine klaren, gelben Augen blickten freundlich auf ihn. 
»Und ich? Nun, ich glaube, ich bin mitgekommen, um dies 

hier zu tun: Um hier zu stehen und die Brücke zu halten, solan-
ge ein Mensch sie halten kann und vielleicht ein Stückchen 
länger. Sonst kann keiner das tun, außer mir, und das ist der 
Grund, daß ich hier bin. Ist doch klar, oder?« 

Morgan versuchte, etwas zu sagen, aber die Worte wollten 

sich nicht einstellen. Othgrim legte eine mächtige Pranke auf 
seine Schulter und drückte sanft. 

»Geh du jetzt, Meister, tu, was nur du tun kannst und laß 

mich hier, um das zu tun, wozu ich bestimmt bin.« 

Und der Hüne ging wieder hinunter, um seinen Posten am Fuß 

der Brücke einzunehmen, denn die Gnomen hatten sich gegen-
seitig zu neuer Wut angestachelt und schwärmten jetzt über den 
Bogen aus Stein. Othgrim nahm einen Schluck Wein, spülte sich 
den Mund damit aus und schluckte ihn dann hinunter. 

Er spreizte die Beine, bis er sicher stand, spuckte sich dann in 

die großen, roten Hände, umfaßte den eisenbeschlagenen Stab 
fester und wartete auf die ersten der kreischenden schwarzen 
Horde. Er sah sich nicht um, während Morgan stolpernd und 
weinend den schneebedeckten Abhang hinaufkletterte und 
schließlich verschwand. Er holte tief Luft, schwang den Stab 
ein paarmal und wartete dann auf den Angriff. Er war sehr 
glücklich. 

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140

9. 

 

Wie er es schaffte, würde er wohl nie wissen, aber am Ende 
schaffte er es jedenfalls. Der Abhang war sehr steil, und der 
Schnee lag dick und weich darauf, über den kantigen Steinen, 
und unter dem Schnee lag Eis. Er glitt viele Male aus und 
glaubte manchmal, daß er für jeden Meter, den er weiterkam, 
drei zurückrutschte. Bald sah er selbst wie ein Gebilde aus 
Schnee aus, weiß von Kopf bis zum Fuß und von der Kälte 
taub. 

Bowman hatte recht gehabt. Es war viel schwerer, als es aus-

sah. 

Aber er hatte keine andere Wahl als weiterzugehen. Dort hin-

ten starben in diesem Moment vielleicht seine Freunde, um ihm 
diese wertvollen Minuten zu verschaffen. So trieb er sich wei-
ter, wühlte sich mühsam durch die dichte weiße Schneedecke, 
glitt immer wieder auf dem Eis aus, grub die Hände in den 
Schnee, um wieder ein paar Zoll weiterzukommen. 

Die Luft war sehr dünn und trocken, und seine Kehle brann-

te. Sein Herz mühte sich qualvoll, trommelte gegen seine Rip-
pen, aber irgendwie schaffte er es, auf den Beinen zu bleiben. 

Die Tränen waren schon lange auf seinem Gesicht gefroren. 

Er konnte jetzt nicht mehr weinen. Aber es gab noch Zeit, um 
um Othgrim zu weinen – den hünenhaften, dummen, ehrlichen, 
wackeren Othgrim! –, wenn all dieser weiße Schrecken vor-
über war und die Welt entweder gerettet oder dem Untergang 
geweiht war. Jetzt konzentrierte sich sein ganzes Bewußtsein 
auf einen einzigen Punkt: Er mußte den Fuß auf den nächsten 
Stein setzen, den Ellbogen auf jenen kleinen Vorsprung stüt-
zen, sich hochstemmen und den Körper nachziehen, bis er das 
Knie in jene Spalte zwängen konnte; dann einen Augenblick 
ausruhen, während sein Herz schlug und der Schädel ihm 
kreiste, und es dann wieder tun. Und wieder. Und wieder. 

Er war jetzt sehr weit oben, dachte er vage, während er aus 

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141

zusammengekniffenen Augen auf den schwachen Nebel der 
Welt darunter blickte. Wahrscheinlich war noch kein anderer 
Mensch von Bargelix so hoch über der Meeresfläche gewesen, 
seit diese Welt erschaffen wurde, dachte er. Wenn die Luft klar 
gewesen wäre, wenn seine Augen nicht mit Schneekristallen 
bedeckt und vom grellen Schein der Sonne auf die Schneefel-
der halb geblendet gewesen wären, hätte er wahrscheinlich bis 
Thoor sehen können, bis zur Felsmauer vielleicht, möglicher-
weise sogar bis zu den Flüsternden Ebenen, wo die Wilden 
Reiter herrschten. 

Er fragte sich, warum gerade er auserwählt war, es zu tun. Er 

war kein Bergsteiger, kein starker Mann und mochte die Höhen 
nicht. Er war sein ganzes Leben noch nie so weit oben gewe-
sen. Er mußte eine Meile hoch sein, dachte er, und vielleicht 
mehr. Benommen fragte er sich, weshalb er in dieser Höhe 
atmen konnte, denn die Luft war sehr dünn und rein, bitterkalt, 
wie die Schneide eines Messers in seinen Lungen. War es, weil 
er ein Raumer war, gewöhnt, dünne Luft zu atmen? fragte er 
sich. Das mochte es sein. 

Dann erinnerte er sich an das, was Sodaspes gesagt hatte. 

Tage oder Wochen lag das zurück, in dem Gasthof in Strye. Sie 
hatten einen Geas auf diesen Ort gelegt, auf die Kaverne des 
Tores; kein Mann von Bargelixwelt konnte es durchqueren, es 
war stärker als ein bloßes Tabu, etwas, das in das Blut und die 
Gene der Menschen dieser Welt eingeprägt war und ihnen den 
Zutritt verbot. Er, ein Outworlder, konnte hineingehen. Ihn 
berührte der Geas nicht. 

Aber jetzt hatte er lange genug ausgeruht. Es war Zeit, den 

Kampf wieder aufzunehmen. 

 

Nach einer langen Zeit lag er benommen da und wußte, daß er 
nicht weiterklettern konnte. 

Ihm war jetzt so kalt, daß er seine Füße nicht mehr fühlen 

konnte und seine Hände nicht, und sein ganzes Gesicht war 

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142

eine einzige betäubte Maske. Er würde hier sterben, dachte er, 
erfrieren, nie wissend, wann die Welt endete. Es war nicht 
schwer, das zu tun; es würde überhaupt nicht weh tun. Der 
Schnee war dick und weich, und seine Kälte war für ihn Wär-
me geworden. Es würde genauso sein, wie wenn er einschlief, 
vielleicht der leichteste aller Tode. Zu schlafen und die Welt 
verlassen … Er hatte getan, was er konnte. Schließlich war er 
nur ein Mensch, kein Held, und so würde er hier sterben … 

Was nun bedeutete, daß Othgrim für – für gar nichts? – 

starb? 

Der Gedanke durchfuhr ihn wie ein elektrischer Schock. Er 

taumelte weiter, zornig über sich selbst, über seine Schwäche 
und das, was er für seine Feigheit hielt. Er trieb seine tauben 
Glieder weiter, zwang sie zur Bewegung, obwohl es so leicht 
gewesen wäre, einfach dazuliegen, umhüllt von einer weichen, 
weißen Decke, und den Tod kommen zu lassen. Er mühte sich 
weiter. 

Und entdeckte, daß er nur noch zwei Meter unter der Kaver-

ne des Tores war! 

Großer Arion, zu denken, daß er beinahe aufgegeben hatte – 

so nahe dem Ende der Reise! 

Sich selbst verfluchend, vor Schmerz schluchzend, quälte er 

sich über den breiten Steinsims vor dem Eingang. Er blieb 
liegen, keuchte, klammerte sich an dem vom Wind freigefegten 
Stein fest und starrte empor zu der dreieckigen Mündung der 
Kaverne. 

Ein Felsvorsprung schützte ihn vor dem schlimmsten Wind. 

Entweder deswegen, oder wegen einer seltsamen Wärme, die 
von dem Steinsims selbst ausging, tauten seine benommenen 
Glieder langsam auf, und er fühlte, wie ihn wieder warmes Blut 
durchpulste. Er zerrte sich zu dem schwarzen Eingang, mühte 
sich, sich aufzusetzen, den Rücken gegen die Felsmündung zu 
stützen, öffnete mit klammen Fingern sein Bündel und holte 
Essen und Trinken heraus. 

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Es war nur getrocknetes Fleisch, ein paar Stücke Käse und 

ein paar Brocken trockenes, hartes Brot und ein Schlauch mit 
starkem Wein, aber er fühlte sich ausgehungert, erschöpft und 
benommen, fast am Rand seines Leistungsvermögens. Und die 
einfache Nahrung schmeckte unbeschreiblich herrlich. Heiß-
hungrig würgte er es hinunter, trank gierig von dem starken 
Wein und lehnte sich dann zurück und spürte, wie wieder 
Kräfte in ihn zurückfluteten, bis er sich stark genug fühlte 
aufzustehen. 

Jetzt war es also fast vorbei. Ein seltsamer Gedanke! Er war 

so weit gekommen, hatte so viele Wunder gesehen, so viele 
Gefahren bestanden; und jetzt war das alles fast vorbei. Ver-
träumt starrte er in den Dunst; es war inzwischen Nachmittag, 
dachte er vage, und die Schatten über der Welt wurden bereits 
wieder länger. Wie weit er doch gekommen war, seit … Wie 
lange war es her? Wie lange lag jener Morgen in Taspers Halle 
auf Kargonessa zurück, als er in die hellen, furchtlosen Augen 
des jungen Sodaspes geblickt und seine Botschaft gehört hatte? 
Er zählte die Tage und staunte – nur zehn Tage von jenem Tag 
bis zu diesem! Dabei kam es ihm eher wie ein Monat vor; 
sicher war es ein Monat gewesen! So viel war geschehen, und 
so weit waren sie gekommen. 

Er dachte zurück, erinnerte sich an den hellen Morgen in 

Kargonessa, das Gesicht mit dem Earl im Garten und später 
mit dem fetten, schläfrigen Vater Ormaldus. Und dann, wie er 
über den Gelben Drachenfluß gezogen war, mit dem wortkar-
gen Othgrim und dem jungen Magier, in die Kneipe, wo Cony-
in betrunken auf sie gewartet hatte. 

Eine nach der anderen flackerten die Szenen jenes Abenteu-

ers durch seine Erinnerung: die Dämmerung in dem kleinen 
Fischerdorf, die Flüsternden Ebenen, die er auf dem Rücken 
eines Lopers durchzogen hatte; der Regen, die Mahlzeit unter 
den Sternen, und das große Feuer im Lager des Reiterlords. 
Dann jener lange Ritt über die Ebene, zum Fuß der Felsmauer, 

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144

der Aufstieg und der Angriff der Senmurven, die Höhle, der 
Felssims dahinter, und Argyra … Argyra … Und jene Nacht 
auf den grasbedeckten Ebenen von Thoor, am Rand von 
Grymwood. 

An alles erinnerte er sich: Argyra nackt im Fluß, der grinsen-

de, kleine Derynigol, der schwarze Pfeil, und Bowman, stumm 
und grimmig, auf der anderen Seite des Flusses. Jene Nacht mit 
den Waldlern unter den mächtigen Zweigen von Iornungand, 
dem Vater der Bäume … die kalkigen Hügel, die Schwarzen 
Gnomen, die Höhle, die ihnen in jener Nacht Unterschlupf 
gewährt hatte, und der Abstieg durch die unterirdische Welt in 
Dzarmungzungs Tiefen … der Brunnen der Weisheit, und 
Yakiah, und Othgrim an der Brücke … zehn Tage, zehn Tage! 
Nur zehn Tage, und sie hatten einen halben Kontinent durch-
quert, um eine Welt zu retten! 

 

Als er sich ausgeruht und seine Kräfte wiederhergestellt hatte, 
erhob er sich und schickte sich an, weiterzugehen. Sein Bündel 
ließ er an der Mündung der Höhle. Niemand würde es hier 
stören, denn niemand außer ihm konnte diesen Ort betreten. 

Die Mündung der Kaverne des Portals war dreißig Fuß hoch, 

verengte sich wie eine Pfeilspitze von einer breiten, flachen 
Basis zu einem zugespitzten Bogen weit über seinem Kopf. Die 
Mündung der Kaverne schien zu regelmäßig, um ein Werk der 
Natur zu sein, und doch bezweifelte er, daß hier Menschenhand 
am Werk gewesen war. 

Fremdartige Zeichen waren an den Wänden angebracht, tief 

in das uralte Felsgestein von Tarandon eingegraben. Ihre Be-
deutung konnte er nicht einmal erahnen. Er trat ein und stand 
eine Weile bewegungslos da, während seine Augen sich nun an 
die Finsternis anpaßten. 

Der Boden der Kaverne war glatt wie polierter Stein, und 

auch dies war unnatürlich. Hinter ihm ein Dreieck aus dunkler 
werdendem Blau, von Rot durchzogen, weil die Höhlenmün-

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dung nach Westen blickte, wo die Zwillingssonnen langsam in 
einem Glorienschein der Flammen hinter dem Horizont ver-
sanken. Das rötliche Licht hüllte ihn ein und spiegelte sich an 
Rundungen von poliertem Stein. Morgan erkannte jetzt etwas 
beunruhigt, daß die Kaverne des Portals ganz und gar künstlich 
geschaffen war, von Intelligenz geformt und nicht von der 
blinden Natur, denn das Dach der Kaverne weit über ihm wur-
de von mammutartigen Säulen gestützt. 

In doppelter Reihe, in ihrem Umfang den Stämmen eines 

mächtigen Waldes aus versteinerten Redwoods gleich, er-
streckten sich die Säulen bis in die Dunkelheit hinein: rötliches 
Licht schimmerte in der spiegelgleichen Politur des Steinbo-
dens, und in dem schwachen Schein konnte er den Weg vor 
sich sehen, klar und unbehindert. Er trat in die dichter werden-
den Schatten hinein, und bald war sein Weg nicht mehr zu 
erkennen, dennoch ging er weiter. 

 

Ihm schien, als ginge er Stunden. Sicher war es draußen inzwi-
schen Nacht geworden, in der Welt jenseits dieses Ortes. 

Außer dem Geräusch seiner Schritte und dem Schlag seines 

Herzens war kein Laut zu hören. Schwarzes Schweigen hatte 
sich um ihn geschlossen, und er begann, jedes Zeitgefühl zu 
verlieren. 

Die Kaverne mußte tief in das Herz von Tarandon hineinfüh-

ren. Jene Mutter der Berge mußte sogar noch gigantischer sein, 
als er gedacht hatte; der Name Gipfel der Welt paßte gut, dach-
te er. 

Er ging den endlosen Korridor von Säulen entlang, immer 

tiefer in das schwarze Herz des mächtigen Berges hinein. Ein 
oder zweimal blieb er stehen, um sich umzublicken, aber dann 
war ihm jedesmal, als griffe eine eisige Hand nach seinem 
Herzen, als er erkannte, wie klein der dreiecksförmige Eingang 
geworden war. Er war jetzt auf die Größe seines Fingernagels 
zusammengeschrumpft – und dann auf einen schwachen, win-

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146

zigen Lichtpunkt, ein Atom rötlichen Leuchtens in einer hal-
lenden Unendlichkeit völliger Schwärze. Als er sich das letz-
temal umgesehen hatte, hatte er den Ausgang überhaupt nicht 
mehr sehen können. War er meilenweit gegangen, oder beweg-
te er sich vielleicht in irgendeiner seltsamen Zwischenwelt, 
einer fremden Dimension, in die er irrtümlich geraten war? Er 
wußte es nicht. 

Aber er sah sich nicht wieder um. 
Und dann, nach einer Zeit, die ihm endlos vorkam, entstand 

vor ihm ein schwaches Leuchten. Es war von düsterem Blau, 
eine sich bewegende, saphirfarbene Strahlung. 

Als er dann weiterging, wurde es vor ihm immer heller. 
Jetzt schimmerte es schon auf den groben Säulen; dann glit-

zerte es im polierten Boden unter seinen Füßen. Er bewegte 
sich jetzt auf einem Pfad aus blau glitzerndem Feuer, wie 
Mondlicht, das einen silbernen Pfad über dunkle Wasser be-
schreibt. 

Dann sah er das Portal und blieb, vor Ehrfurcht ergriffen, 

davor stehen, jenem mächtigen Wunder aus blauer Flamme. 

Vor ihm war eine Scheibe aus poliertem Stein in den Boden 

eingelassen. Und darüber eine weitere, von kleinerem Umfang, 
und darüber eine dritte: ein Podest, kreisförmig, mit drei Stufen. 

Und darüber – das Portal ins Jenseits! 
Man stelle sich einen großen ovalen Ring aus dunklem Kri-

stall vor, fünfzig Fuß hoch und dreißig Fuß von einer Seite zur 
anderen durchmessend … wie die Schleife eines Schleifen-
kreuzes, des uralten ägyptischen Symbols des ewigen Lebens 
… 

Und zwischen den Seiten jenes glitzernden Kristallrahmens 

gewoben, es von Seite zu Seite füllend, von unten bis oben, 
wogte ein Gewebe aus saphirnem Licht … ein Gewebe aus 
blauen Flammen! 

Flammen, die dauernd in Bewegung waren, sich unablässig 

in konzentrischen Ringen bewegten, wie Wellen, die über die 

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147

Fläche eines schwarzen Tümpels dahinziehen … Flammen, die 
wogten, ein Film aus azurfarbenem Licht, das sich in einem 
Wirbel immer weiter werdender Ringe bewegte. 

An jenem blauen Schein war etwas, das den Augen Schmerz 

bereitete, sie blinzeln ließ, und Nadeln aus stechendem 
Schmerz in das Gehirn hinter den Augen trieb. Er ignorierte es, 
starrte tief in den Wirbel fahlblauen Leuchtens. 

Es zog ihn an! 
Er spürte einen Augenblick übelkeiterregenden Schwindels. 

Eine schreckliche Desorientierung im Raum, so als ob »oben« 
plötzlich »unten« geworden wäre. 

Als ob das Portal, statt aufrecht vor ihm zu stehen, in Wirk-

lichkeit ein Brunnenschacht wäre, über den er sich lehnte … 
und als winkten ihn die kreisenden Wellen aus blauem Licht 
hinunter in Tiefen und Fernen, die unvorstellbar waren. 

Mit einem heiseren Schrei riß er den Blick von der Übelkeit 

erregenden Vision und starrte zu Boden, keuchend, mit wild 
schlagendem Herzen, bis der Schwindel nachließ. 

Dann hob er die Augen und blickte auf den Hebel. 
Es war ein einfacher Schaft aus leuchtendem Kristall, der im 

rechten Winkel aus einem Schlitz oben aus dem Podest ragte. 

Und dies war das Ende der Suche. 
Es war eigenartig, dieses Gefühl der Enttäuschung. Es blieb 

kaum noch etwas zu tun. Die letzte Aufgabe war so einfach, 
daß er sich irgendwie auf unbestimmte Art betrogen fühlte. 
Dies war keine große, heroische Tat, es galt nur, einfach einen 
Hebel umzulegen. Das hatte nichts Dramatisches an sich, nicht 
mehr, als wenn man eine offene Tür schließt. Dabei hatte es 
nichts zu besagen, daß die Tür in das wogende, urtümliche 
Chaos zwischen den Dimensionen von Raum und Zeit führte, 
oder daß die Tür vor einer Million Jahren offen gelassen wor-
den war, und daß die letzte Hand, die den Hebel berührt hatte, 
die eines unsterblichen Gottes gewesen war, wenn man die 
geheimnisvollen Yokannagötter wahrhaftig unsterblich nennen 

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148

konnte. 

Trotzdem, es war eine sehr kleine Tat, die es zu tun galt. 
Und so ging er mit diesem seltsamen Gefühl der Enttäu-

schung die drei Kristalltreppen hinauf, bis er vor dem ungeheu-
ren Oval stand, über das beständig Wellen gespenstischer 
blauer Flammen zogen, griff nach dem Kristallstab, der sich 
kalt anfühlte und an seiner Handfläche ein prickelndes Gefühl 
erzeugte, und legte ihn um. 

Einen Augenblick lang änderte sich nichts. 
Dann … 
Plötzlich beschleunigte sich der gleitende Rhythmus des 

blauen Gewebes aus leuchtenden Flammen zu einem unerträg-
lichen Vibrieren. Der mächtige Torbogen war plötzlich eine 
solide Masse aus blauer Flamme – blendend, unerträglich, die 
konzentrierte Essenz azurfarbener Brillanz! 

Tausend Nadeln blauer Agonie stachen in seine Augen – 

bohrten sich in sein Gehirn, durchführen es, und er schrie laut. 
Er drückte die schmerzenden Augen zu und preßte die Knöchel 
in die Augenhöhlen, um jenes brennende Bild blendenden 
Feuers zum Erlöschen zu bringen. 

Und ebenso schnell, wie es zu voller Brillanz aufgeflammt war, 

verblaßte der blaue Glorienschein aus Licht … verblaßte zu einem 
Gespenst des Lichts … wurde schwächer … und ging aus! 

Schwärze senkte sich auf die Halle der mächtigen Säulen 

herab, tiefe, vollkommene Schwärze. 

Der Schmerz wich langsam von seinen Sehnerven, und die 

gelben Gespenster wurden vor seinen schmerzenden, tränenden 
Augen dunkler, bis rings um ihn nur noch unbeleuchtete Dü-
sternis war. 

Vorsichtig streckte er die Hand aus und berührte den Kristall-

rand des Portals; er war kalt und tot. 

Vorsichtig tauchte er die Hand in den Raum, in dem sich das 

Gewebe aus schwachem blauen Feuer bewegt hatte, spürte dort 
aber nichts als Luft. Und so war es geschehen. Es war vorbei 

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149

und vorüber. So einfach war das! 

Und die Welt war gerettet. 
Ganz plötzlich überkam ihn ein Gefühl unendlicher Müdig-

keit. 

So müde war er, daß er sich setzte, daß er völlig unpassend 

auf der obersten Stufe jenes eine Million Jahre alten Tors 
zwischen den Universen Platz nahm und den Kopf auf die 
Hände stützte. 

Morgan Outworlder hätte jetzt einen Tropfen Wein ge-

braucht. Aber der Wein war in seinem Bündel, weit entfernt, 
und er mußte durch jene lange Halle der Säulen zurückgehen, 
um an sein Bündel zu kommen. Er war sehr müde. 

Vielleicht schlief er eine Weile, dort am Fuß des Tarandon-

Tores, das zu schließen er um die halbe Welt gezogen war. 

Jedenfalls erhob er sich nach einer Weile – Arion alleine 

wußte, wie lange es gedauert hatte – und setzte sich benom-
men, unsicher in der Schwärze, die nach dem Tod des blauen 
Flammengeflechts gekommen war, wieder in Bewegung, zu-
rück den langen, hallenden Weg. 

Im Berg war es jetzt schwarz wie der Tod. Aber er ertastete 

sich seinen Weg, indem er mit den Fingerspitzen an den glat-
ten, glasigen Steinsäulen entlangfuhr. Ein oder zweimal kam er 
vielleicht vom Wege ab und einmal stieß er gegen eine Säule 
und schlug sich die Stirn an. Aber er ging weiter, mit langsa-
men, schleppenden Schritten. 

Jetzt war alles vorbei. Dabei hatte er die Empfindung, daß es 

schwieriger sein mußte, die Welt zu erretten. Dann erinnerte er 
sich an etwas, was Sodaspes vor Tagen und Tagen gesagt hatte: 
Etwas von einem Opfer, das die Suche von ihm forderte, zu-
mindest hieß es so, denn, wenn man Gefahren, Strapazen und 
Furcht nicht als Opfer bezeichnet, hatte er keines gebracht. 

Er ging weiter, und nach langer Zeit erreichte er schließlich 

wieder den Eingang. 

 

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150

Die Nacht mußte sich über die Welt gesenkt haben, denn als er 
auf den Felssims jenseits der Höhlenmündung hinaustaumelte, 
herrschte völlige Dunkelheit. Er hatte im Innern der Kaverne 
jedes Zeitgefühl verloren. Stunden oder Tage konnten vergan-
gen sein, ohne daß er sie gezählt hatte. 

Es war sehr dunkel, und es war auch kein Mond zu sehen. 
Er ruhte sich auf dem Felssims aus, trank die klare, kalte Luft 

in sich hinein und spürte den Wind im Gesicht. 

Dann drangen undeutliche Schritte im Schnee an sein Ohr, 

und er richtete sich auf. Das konnten nur schwerlich seine 
Freunde sein, dachte er, denn die lagen jetzt verletzt, ermüdet 
oder tot viel weiter unten. Aber es konnte die Vorhut der 
Schwarzen Gnomen sein … Nun, wenn sie es waren, so hatte 
das wenig zu sagen; das Geas, das weltweite Tabu, beschützte 
diesen Ort immer noch vor allen, die keine Outworlder waren. 
Er konnte sich in den Eingang zurückziehen und dort vor je-
dem Angriff sicher sein. Aber er rechnete kaum damit, daß die 
Schwarzen Gnomen es wagen würden, diesem Ort nahezu-
kommen. 

Dann hörte er die klare, silberne Stimme Argyras, und das 

Herz hüpfte ihm vergnügt im Wissen, daß das Mädchen in 
Sicherheit war. 

»Hallo, Outworlder«, rief sie. »Du lebst noch! Ist dann die 

Tat getan?« 

»Sie ist getan, Argyra, und das Tor ist für immer dem Chaos 

verschlossen«, erwiderte er. »Aber was ist mit unseren Gefähr-
ten? Haben sie die Gnomen abgewehrt, oder ist noch Gefahr?« 

»Die Gnomen sind abgeschlagen«, rief sie zurück. »Wie 

schade, daß wir dem starken Othgrim nicht gegen sie helfen 
konnten.« 

Ein Gefühl der Niedergeschlagenheit überkam Morgan. 
»Ist er …« 
»Lange hat er die Brücke gegen sie gehalten und seine Her-

ausforderung gegen sie hinausgeschrien und ihren Mut belei-

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151

digt und sie immer wieder aufgefordert, doch mit ihm zu 
kämpfen«, sagte sie mit hohler Stimme. »Immer wieder kam 
ein Rudel der schwarzen kleinen Bestien heulend über den 
schmalen Steg, und jedesmal hat Othgrim mit seinem mächti-
gen Stab unter ihnen gewütet. Aii, zu Dutzenden hat er sie 
niedergeschlagen. Und doch kamen sie immer wieder, und er 
wurde sehr müde, und keiner von uns hatte die Stärke, sich 
neben ihn zu stellen und ihm bei seinem letzten Kampf zu 
helfen. Am Ende …« Ihre Stimme erstarb. 

»Sprich, Argyra! Was geschah am Ende?« 
»Am Ende wagten sie nicht wieder, gegen ihn anzutreten. Sie 

wußten nicht, daß er auf den Tod müde war, und sie wußten 
nicht, wie sehr seine Wunden ihn geschwächt hatten. Denn 
wisse, Outworlder, daß er, obwohl schon drei Pfeile in seinem 
Fleisch steckten, er immer noch dastand und ihnen den schma-
len Pfad versperrte. Ich weiß nicht, von wo er die Kraft bezog, 
um immer noch zu stehen, während sein Herzblut verströmte, 
aber er blieb stehen, und seine Stimme war stark und ruhig wie 
immer.« 

»Wie hat es … geendet?« 
»Sie hatten Angst, noch einmal gegen ihn anzutreten, denn 

sie sagten, er sei ein Gott und kein Sterblicher, denn noch nie 
hätte es einen sterblichen Menschen gegeben, der so schreck-
lich kämpfen und töten konnte wie er. Thog, ihr Prinz, tobte 
vor Wut und verfluchte sie und schlug mit seinem Schwert um 
sich und tötete einige von ihnen, aber selbst ihre Furcht vor 
Thog reichte nicht aus, um sie noch einmal über die Brücke zu 
treiben, in Reichweite jenes tödlichen Stabes. Das Ende von 
alledem war, daß Thog alleine gegen den wackeren Othgrim 
antrat. Er war mächtiger als die anderen seiner Art, und seine 
Wut und sein Zorn trieben ihn fast in den Wahnsinn. Und doch 
verlor er seine Schlauheit nicht und bewaffnete sich mit einer 
schweren Axt, mit der er Othgrims Stab beiseite wischen und 
ihn vielleicht sogar zerschlagen konnte.« 

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152

Ihre Stimme war jetzt schwächer geworden, und Morgans 

Herz schmerzte vor Angst vor den Worten, von denen er wuß-
te, daß sie jetzt kommen würden. 

»Und so brach er den Stab und schlug den Stummel aus 

Othgrims Händen und dann warf Thog sich mit einem wilden 
Schrei auf unseren Kameraden, der jetzt mit bloßen Händen 
gegen ihn kämpfen mußte. Die schreckliche Axt schwang sich 
glitzernd in die Höhe und fuhr wieder herunter und spaltete 
Othgrims Brust. Es war ein Schlag, der jeden geringeren Mann 
augenblicklich gefällt hätte, und doch lebte Othgrim noch 
einen Augenblick, und in dem Augenblick warf er sich nach 
vorne und packte Thog mit seinen mächtigen Händen und 
drückte ihn gegen seine gespaltete Brust, und ein schrecklicher 
Schrei ging von Thog aus und hallte bei den Gnomen wider, 
die sich auf der anderen Seite zusammendrängten, während 
Othgrim und der Gnomenprinz, einander mit den Armen um-
fangend, in den Abgrund stürzten und für immer verschwan-
den.« 

Schweigen. Dann fragte Morgan: »Was folgte dann?« 
Argyra sagte: »Der Weg war nicht länger bewacht, aber der 

Fall ihres mächtigsten Kriegers nahm den Schwarzen Gnomen 
den Mut, und sie flohen heulend und versperrten nicht länger 
den Weg. Und so kam es, daß ich, als ich meine Kraft wieder-
gewonnen hatte, hierher kletterte, um zu sehen, ob du noch 
lebtest und ob die Suche erfüllt war.« 

»So ist es, Argyra«, sagte er. 
»Dann Heil dir, o Morgantyr! Unser großer Freund ist nicht 

vergebens gestorben!« rief sie, und ein Prickeln durchlief ihn 
bei dem Namen, den sie ihm so verliehen hatte. Und dann 
wurde ihm klar, daß er wahrhaftig den Namen des Helden 
gewonnen hatte, der so selten verliehen wird. Und er wußte, 
daß er von diesem Augenblick an als Morgantyr bekannt sein 
würde. 

Gerecht schien das nicht, dachte er. Er hatte wenig erlitten, 

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153

während Othgrim bis zum Tod und darüber hinaus gekämpft 
hatte, und Bowman verwundet, vielleicht tödlich verletzt, unter 
dem Schneehang lag. Warum sollte er alleine den Namen des 
Helden tragen? 

»Willst du jetzt nicht heruntersteigen und zu uns kommen, o 

Morgantyr?« fragte Argyra. »Oder bist du zu müde oder hast 
dich vielleicht an jenem verbotenen Ort verletzt?« 

Er zwang sich zu einem Lachen. 
»Ich bin müde genug, aber noch ganz. Und doch meine ich, 

daß ich warten sollte, bis es dämmert, Argyra, denn ich möchte 
nicht noch einmal, und diesmal in der Finsternis der Nacht, 
jenen trügerischen Abhang in Angriff nehmen!« 

Wieder herrschte Schweigen. Dann rief sie. »Aii! O Morgan-

tyr! Dann hast du jenen finsteren Ort des Schreckens nicht 
unverletzt verlassen!« 

Er wollte sie schon fragen, was sie meinte, aber als er dann 

einen Schritt vortrat, spürte er den warmen Schein der Zwil-
lingssonnen auf seinem Gesicht, und plötzlich war ihm die 
schreckliche Wahrheit bewußt. Denn obwohl er die Sonnen 
fühlen konnte, sah er sie nicht. 

Und für ihn war für immer die Nacht über die Welt gekommen. 
Und das war das Opfer … 
 
 

10. 

 

Der Himmel erhellte sich plötzlich im weißen Schein der Mor-
gendämmerung, als Sitra über den Rand der Welt aufstieg und 
Land und See mit Licht überflutete. Weiße Vögel sangen ihr 
klagendes Lied und kreisten über den schlammig braunen 
Wellen des Gelben Drachenflusses und stiegen in die Höhe, um 
die hochragende Felsinsel von Kargonessa zu umkreisen, die 
sich hoch vor dem strahlenden Morgenhimmel auftürmte, dort 
in der mächtigen Bucht, wo der braune Fluß sich ins grüne 

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154

Meer ergoß. 

Riesige Wellen brachen sich donnernd an ihrem felsigen 

Sockel, und weißer Gischt krachte über die Felsen und Docks, 
wo die hohen Schiffe von Arthex und Sarcola und Phuol und 
dem fernen Jhandalmar vor Anker lagen. 

Auf den Kais rannten finster blickende Seeleute mit geteer-

tem Haar und nach Bier riechendem Atem herum. Magere 
Bettler flehten aus Türnischen um Almosen, und schmutzige 
Kinder rannten zwischen den Ballen und Kisten hin und her, 
die aus den Rümpfen der Schiffe entladen worden waren. 

Und auf der anderen Seite des Gelben Drachenflusses, wo die 

Küsten von Azam braun und grün vor dem Horizont sichtbar 
waren, ruderten die Fischerleute von Strye langsam in ihren 
Hafen, die schweren Netze mit dem Fang des Morgens gefüllt. 

Es war alles sehr schön. 
Morgantyr konnte von all dem nichts sehen, obwohl er auf 

einer hohen Zinne aus grauem Stein stand, die über die grünen 
Wasser des Iophanischen Meeres aufragten. 

Aber den klagenden Ruf der weißen Vögel konnte er hören und 

sich vorstellen, wie sie kreisten und hochstiegen und dann mit 
ausgebreiteten, reglosen Flügeln im Morgenwind dahinglitten. 

Und den frischen Salzduft des offenen Meeres konnte er rie-

chen und den zu Kopf steigenden Geruch der Gewürze von den 
Docks, in denen sich Teer und Farbe und Segelleinwand 
mischten. Das Krachen der schaumigen Brandung gegen die 
Felsen der Insel drang an seine Ohren und das Ächzen der 
Segel und heisere Stimmen von den Docks. All das konnte er 
sich ausmalen, wie es gewesen war, als er es zum letztenmal 
sah. Für ihn würde sich davon nichts mehr ändern. Kargonessa 
würde stets so bleiben, wie es vor Jahren gewesen war. 

 

Seine Gedanken wandten sich verträumt der langen Reise zu. 
Um die halbe Welt waren sie gezogen, um an den Abhang von 
Tarandon zu gelangen, während einer weiterzog, um das Tor 

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155

des Verderbens zu schließen. Durch Gefahren und Schlachten, 
vorbei an Feinden und Tieren, waren sie von Strye zum Sha-
mandur gezogen. Und am Ende hatten sie gesiegt. 

Und in jener seltsamen Art und Weise, in der alle Geschöpfe 

von Bargelixwelt irgendwie miteinander verbunden sind, wuß-
ten alle Menschen von ihrem Sieg. So war der Weg zurück, 
ebenso lang wie vorher, sicher. Die Gnomen verbargen sich 
unter den tiefen Wurzeln der Berge und belästigten sie nicht; 
der alte Dzarmungzung begrüßte sie mit ernster Höflichkeit 
und führte sie durch sein Reich. Nirgends auf ihrer langen 
Reise drohte ihnen Gefahr: die Senmurven kamen nicht hervor, 
um sie anzugreifen. Die Waldler von Grymwood begegneten 
ihnen ehrerbietig und gaben ihnen ein Gastmahl und hießen sie 
willkommen. Sie waren auf ihrer Reise langsam zu jenem Ort 
der Ruhe gezogen, denn Bowman war dem Rand des Todes 
sehr nahe gekommen und war vom Blutverlust schwach wie 
ein Kind. Sie mußten langsam und vorsichtig gehen, weil 
Morgantyr seine Augen nicht gebrauchen konnte. 

Sie rasteten lange bei den Waldlern und gewannen ihre Kräf-

te zurück. Conyin war wieder ganz der alte, als sie die Höhen 
hinter sich gelassen hatten, ebenso übellaunig und streitsüchtig 
und dem Trunk ergeben wie zuvor. Denn jetzt war er ein gro-
ßer, siegreicher Held. 

Der Weg von Grymwood zu den Flüsternden Ebenen war 

kein leichter. Argyra ging an der Seite Morgantyrs, stets zur 
Stelle, um seine Schritte zu lenken und ihre jungen Kräfte 
einzusetzen, um ihn zu stützen, wenn er müde wurde. Denn er 
brauchte eine Weile, um sich daran zu gewöhnen, daß er jetzt 
in einer Welt ewiger Dunkelheit lebte, und es gab Zeiten, da 
die Furcht vor der Finsternis und die Angst vor der Einsamkeit, 
die die Finsternis mit sich brachte, ihn überkam, und dann 
weinte er im Schlaf. Aber sie war immer zugegen, um ihn zu 
trösten. Und es dauerte nicht lange, bis er sich an das Leben in 
der Dunkelheit gewöhnt hatte und sich nicht mehr fürchtete. 

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156

Wie erobernde Helden wurden sie begrüßt. Unter den Klip-

pen erwarteten sie die Wilden Reiter und grüßten sie mit mäch-
tigen Willkommensrufen. Lopers standen bereit, und sie ritten 
quer über die Ebenen ins Lager der Reiter, umgeben von einer 
Ehrengarde. Und während jenes wilden Rittes, sangen die 
Krieger Lieder von alten Helden und fabelhaften Siegen. 

Selbst Strye, als sie schließlich die Ufer des Gelben Drachen-

flusses erreichten, grüßte sie voll Ehrfurcht. Argyra sagte 
Morgantyr, wie die einfachen Fischerleute stumm, mit entblöß-
ten Köpfen, dastanden, als sie an ihnen vorüberritten, und wie 
einige niederknieten, um sie zu ehren, und wie die Frauen 
ihnen ihre Kinder entgegenhielten, so daß sie künftig sagen 
konnten, sie hätten die Helden von Tarandon-Tor gesehen. 

Sodaspes lächelte spöttisch, als sie das Ufer erreichten. Denn 

als er Wochen zuvor hierhergekommen war, hatte es dort nur 
einen jungen Burschen gegeben, der bereit war, ihm ein Boot 
zu vermieten. Und jetzt wetteiferten hundert Fischer um die 
Ehre, sie zur Kargoninsel zu rudern! 

Sie überquerten den braunen Fluß, jeder von ihnen in einem 

Boot für sich, und sie mußten für die Kargonesen wie eine 
Invasionsflotte gewirkt haben, als sie mit Morgantyr an der 
Spitze über das Wasser kamen. 

Earl Tasper Kargonlord erwartete sie am Kai, und mit ihm 

sein ganzer Hof. Schweigend standen sie in ihrer prunkvollen 
Kleidung in der Sonne, und als die Fischerleute dem Morgantyr 
halfen, den Kai zu ersteigen, ging Tasper vor ihm auf die Knie 
und mit ihm all die anderen Lords. Sie knieten auf beiden 
Knien, in der Begrüßung, die sonst nur Kaisern zuteil wird. Als 
er sie aufstehen hieß, zogen sie die Schwerter und hoben sie 
mit einem weithin hallenden Schrei zum Himmel, so daß die 
Seevögel in wirbelnden Wolken aufstiegen. 

Und so hatten sie Morgantyr wieder nach Kargoninsel zu-

rückgeleitet. 

 

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157

Einen Monat wohnten die Helden in Taspers Hallen und wur-
den mit großen Ehrungen überhäuft. Aber dann zogen sie, einer 
nach dem anderen, in ihre Heimat zurück: Bowman, um sich 
wieder den Waldlern von Grymwood anzuschließen, und So-
daspes, um wieder seinen Platz unter den Magierbrüdern von 
Babdaroul einzunehmen. 

Doch Conyin blieb in Kargonessa. Das rauhe Volk der Insel 

gefiel ihm, und er war damit beschäftigt, ein großes Lied von 
ihrem Abenteuer zu verfassen, und dazu würde er Jahre brau-
chen. 

Doch ehe die Gruppe auseinanderging, kam eine Deligation 

des Hohen Rates der Gemeinschaften, wie es sie seit sieben 
Jahrhunderten nicht mehr gegeben hatte. Sie knieten vor Mor-
gantyr nieder, wo er auf seinem hohen Thron saß, neben dem 
Stuhl von Tasper selbst, und nicht weniger hoch, und flehten 
ihn an, ihnen zu sagen, welchen Titel oder welche Ehre sie ihm 
anbieten sollten. Morgantyr verkündete würdig, daß der Hel-
denname, mit dem alle Leute ihn jetzt ansprachen, Ehre genug 
sei. Aber wenn sie ihm noch mehr Ehre erweisen wollten, so 
sollten sie von Tasper und seinem Volk den Fluch des Paktbre-
chers nehmen und sie wieder in die Bande der Gemeinschaft 
aufnehmen. Und so geschah dies mit großem Pomp und unter 
viel Zeremonie. Und nie wieder sollten die Bewohner von 
Kargoninsel von der Gemeinschaft von Bargelixwelt getrennt 
werden. Darüberhinaus verlangte er keine andere Ehre. 

Und dafür, wenn für keine andere Tat, würden die Menschen 

von Kargoninsel ihn stets lieben und verehren. 

Er sog die würzige Seeluft tief in seine Lungen und lächelte, 

spürte das Sonnenlicht auf seinem Gesicht und den rauhen, 
porösen Stein der Balustrade unter seinen Händen. Es war gut 
zu leben und unter Freunden zu sein und nach mächtigen Taten 
auszuruhen. Er war lange in den schwarzen Räumen, zwischen 
den weit verstreuten Sonnen des Weltraums gewandert, weit 
war er gezogen von der Welt seiner Geburt, und war zu einer 

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158

fernen Welt gelangt, die nur wenige Angehörige seiner Rasse 
bisher besucht hatten. Und hier hatte er sein Zuhause gefunden. 

Er vermißte sein Augenlicht nicht. Er war sehr glücklich. 
 

Und dann hörte er Schritte und das Rascheln eines langen 
Gewandes. Er war neugierig – einen Sinn hatte er verloren, 
aber all die anderen waren wie zum Ausgleich schärfer gewor-
den. Er drehte sich um und lächelte einer zu, die er nicht sehen 
konnte, von der er aber wußte, daß sie dort stand. 

Eine weiche, süße Stimme sagte: »Du bist früh aufgestanden, 

mein Ehemann, mein Lord.« 

»Ja, meine Liebe«, sagte er. »Aber ich liebe den Morgen so.« 
Und dann streckte er die Hand aus und spürte schlanke, 

warme Finger, die sich um die seinen schlossen. Und dann 
gingen er und seine Frau Argyra hinein, um mit ihren Söhnen 
das Frühstück einzunehmen. 

 
 

ENDE 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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159

NACHWORT DES AUTORS 

 

Für diejenigen, die solche Dinge wissen möchten, will ich 
sagen, daß dieser Roman ein Band in einer Folge von Bänden 
ist, die ich »Geschichten des Großen Imperiums« nennen 
möchte. 

Andere in dieser Folge bereits veröffentlichte Romane sind 

The Man Without a Planet (Der Mann ohne Planet) und Star 
Rogue
 (Meister der Sterne). 

Im Gegensatz zu einer Serie wie Asimovs FoundationErzäh-

lungen oder Fritz Leibers Stories von Fafhrd und dem Grauen 
Mausling hat die meine weder ein zusammenhängendes Thema 
oder einen Handlungsrahmen, der die verschiedenen Bände zu 
einem Ganzen verbindet, noch eine kontinuierliche Folge von 
Personen. Tatsächlich sehe ich in ihr eher eine Sequenz als eine 
Serie. Und das aus gutem Grund. Die einzelnen Bände haben 
ihre eigene Handlung, ihre eigenen Personen und stehen in 
keiner besonderen Beziehung zueinander, abgesehen davon, 
daß sie einen gemeinsamen Hintergrund historischer und 
galaktografischer Daten besitzen. 

Man erwartet nicht von Ihnen, daß Sie sie in chronologischer 

Reihenfolge lesen: tatsächlich können Sie das nicht einmal, 
wenn Sie es wollen, weil ich sie nicht in dieser Reihenfolge 
schreibe. Die Magier von Bargelix, das Buch, das von den drei 
bislang erschienenen das jüngste ist, ist chronologisch das 
früheste. 

Natürlich soll jeder Roman für sich alleine bestehen, und es 

ist nicht erforderlich, daß Sie, der Leser, die anderen Bücher 
gelesen haben, um dieses hier zu verstehen oder Spaß daran zu 
haben. 

Was künftige Bücher in der Sequenz angeht, so kann ich da-

zu nicht viel sagen. Für jedes einzelne davon gibt es ein Exposé 
– wenn nicht auf Papier, dann doch immerhin in meiner Vor-
stellung – aber es scheint mir unklug, sie hier zu diskutieren 

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160

oder auch nur aufzulisten. 

Warum? Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen weiß ich 

zwar, was ich in künftigen Jahren gerne schreiben möchte, aber 
meine Pläne können sich jederzeit ändern, wenn mir neue 
Ideen in den Sinn kommen. Und dann ist da noch ein anderer 
Grund: Ein Autor handelt nicht frei, sondern ist in gewisser 
Weise den Wünschen seiner Verleger unterworfen. Wenn ich 
jetzt das Buch ankündigen würde, das ich Galactic Agent 
nenne, oder das, welches Empire of Stars heißen soll, oder 
wieder ein anderes mit dem Namen Between Galaxies oder The 
Mischief-Makers
, dann wäre das voreilig und unklug. Ich kann 
nicht sicher sein, daß ich einen Verleger finde, der bereit ist, 
irgendeines dieser Bücher anzunehmen. Da Verleger gelegent-
lich eigensinnig und pervers sind, ist es schon vorgekommen, 
daß sie ›nein‹ gesagt haben. Selbst die Titel könnten sich än-
dern, was als traditionelles Vorrecht der Verleger gilt. Und so 
kann ich im Augenblick nur sagen, daß die Sequenz, so wie ich 
sie mir jetzt vorstelle, aus nicht weniger als acht bis zwölf 
Bänden bestehen und etwa zehntausend Jahre zukünftiger 
Geschichte umspannen sollte. 

Übrigens, es liegt mir fern, mir nicht zukommendes Lob auf 

mich zu ziehen, und ich darf daher darauf hinweisen, daß die 
Idee, eine Folge von Erzählungen verschiedener Art zu schrei-
ben, die sich über eine zukünftige Geschichte der Menschheit 
erstreckten, nicht gerade von mir stammt. Robert A. Heinlein 
tat das zum erstenmal in den vierziger Jahren mit einer Serie, 
die er durchaus passend als »The Future History Series« be-
zeichnete. Ich hoffe, daß niemand mir ein Plagiat vorwerfen 
wird, wenn ich zugebe, daß ich diese grundlegende Idee von 
ihm ausgeborgt habe – die Idee von Erzählungen, die vor ei-
nem sich kontinuierlich entwickelnden Hintergrund histori-
scher Ereignisse aufgebaut sind. Mir schien die Idee sehr inter-
essant, und ich habe sie schamlos übernommen und sie für 
meine eigenen Zwecke benutzt. Aber ich möchte hier erklären, 

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161

daß Robert Heinlein derjenige war, der als erster daran dachte. 
Sonst habe ich von seiner berühmten Serie nichts geborgt; ich 
hoffe, er wird mir diesen kleinen »Diebstahl« nicht verübeln. 

Dieser Notiz füge ich eine chronologische Tafel bei, die die 

Anordnung der historischen Ereignisse darstellt, die in Die 
Magier von Bargelix
 erwähnt wurden, ebenso wie die Daten 
der anderen Bücher, die bereits erschienen sind. 

 

 – Lin Carter – 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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162

Chronologie der wichtigsten historischen 

Ereignisse, die in diesem Roman 

erwähnt wurden.

 

 

 

Anno          Jahr des 

Schilderung der Ereignisse 

 

Domini      Imperiums 

 

 

3063           Das Jahr 1 

Gründung des Ersten Imperiums 

 

 

des Imperiums 

durch den Imperator Arion I. 

 

(3181) 

118 

Morgan wird im Centaurus- 

  

 

System 

geboren. 

 

(3215) 

152 

Politische Unruhen auf den 
Arcturus-Planeten. Die 
Semnedarjunta ergreift die 
Macht auf Trasna. Die »Frei- 
heitsunruhen« führen zum 
Einsatz der Flotte. Mardax 
Imperator erklärt die Zen- 
tralistenpartei als ungesetz- 
lich. Morgan im Exil; er er- 
reicht die Sierrasterne und 
trifft im fünften Jahr der 
Kaiserherrschaft Mardax’ auf 
Bargelix ein. 

 

(3217) 

154 

Die Suche der sechs Helden 
und die Schließung von 
Tarandon-Tor, wie im 
Roman Die Magier von 
Bargelix 
geschildert. 

 

(3376) 

313 

Das Imperium stellt 
offiziellen Kontakt mit 
Bargelix her und findet dort 
das Morgantyr-Epos vor. 

 

(3468) 

407 

Das Imperium breitet sich in 
den Grenzwelten von 
Herkules aus. Periode des 
Romans Der Mann ohne 
Planet
 

 

(7177) 

4114 

Periode des Romans 

 

 

 

Meister der Sterne 

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163

Als 

 

Utopia-Classics Band 72 

 

erscheint: 

 
 

Kurt Mahr 

 

Der Nebel frißt sie alle 

 
 

Der große Flug des Sternenschiffs EUR 2002 

 

Der große Flug des Sternenschiffs 

 

Für die Crew der EUR 2002 ist das Schiff noch das einzige, was 
sie an die Erde erinnert, von der sie im Oktober des Jahres 
2158 gestartet sind. 

Wenn auch nach Bordzeit kaum mehr als ein Jahr seit dem 

Start verstrichen ist, so sind die Männer und Frauen der EUR 
2002 sich dessen bewußt, daß sie den Preis zahlen müssen, 
den der Flug im hochrelativistischen Geschwindigkeitsbereich 
fordert: Sie werden, wenn sie zurückkehren, eine Erde wieder-
finden, die um Milliarden Jahre gealtert ist. 

Doch die Kosmonauten suchen nach wichtigen wissenschaft-

lichen Erkenntnissen – und sie finden das große Abenteuer 
zwischen den Sternen.

 


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